Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Bührmann, nur ganz kurz: Uns ist es ein Herzensanliegen, uns um die Kinder und Jugendlichen zu kümmern und ihnen Möglichkeiten zur Entfaltung und Chancen zur Entwicklung zu geben. Ich meine, das merken auch Sie.
Ich bin Ihnen, liebe SPD-Fraktion, sehr dankbar - auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind -, dass wir aufgrund Ihres Antrags die Chance haben, heute noch einmal unsere Politik darzustellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um die Zukunft unseres Landes. Wir wollen in der kulturellen Bildung nicht nur die Jugend, sondern alle Niedersachsen stärken, weil wir kreative Köpfe brauchen, um dieses Land voranzubringen.
In den fast vier Jahren unserer Regierungszeit haben wir unter Einbeziehung der bestehenden Strukturen und insbesondere mit der Stärkung und Unterstützung der vielen Verbände, die stark von ehrenamtlichen Kräften unterstützt werden, viele neue und wichtige Akzente gesetzt und damit die kulturelle Bildung für alle Menschen in Niedersachsen ressortübergreifend - an der Spitze natürlich das Wissenschaftsministerium, aber auch zusammen mit Sozial- und Kultusministerium - auf einen guten und richtigen Weg gebracht.
Eine große Bedeutung haben dabei die Zusammenfassung von Aufgaben und die Zusammenlegung von Verbänden. Ich erinnere an die drei Säulen im Kulturbereich. Dies ist ganz wichtig - manche von Ihnen verstehen das nicht, das haben wir schon in der vorhergehenden Diskussion gemerkt -, damit die finanziellen Mittel direkt an die Verbände und Institutionen vor Ort fließen. In diesen Säulen werden die Zielvereinbarungen ständig hinterfragt, überprüft und neu ausgerichtet.
Es konnten noch nicht alle Wünsche erfüllt werden. Aber der große Schuldenberg, den wir aus den Landeshaushalten Ihrer Regierungszeit übernommen haben, muss auch im Interesse unserer nachfolgenden Generationen bewältigt werden.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass Bildung mehr ist als die Vermittlung von Kompetenzen, die bei PISA gemessen werden. Wir stellen die Persönlichkeit des Menschen mit seinen individuellen Begabungen in den Mittelpunkt unserer Politik. „Neu, einzigartig, auf den Anfang kommt es an.“ Darüber haben wir heute Morgen verstärkt diskutiert. Die Fähigkeiten und Stärken der Kinder, ihre Fantasie, ihre Kreativität und die Freude am Lernen müssen geweckt werden, und zwar frühzeitig. Nach den neuesten Forschungen - das muss ich nicht wiederholen - wissen wir, dass sich die Intelligenz der Kinder so besser entwickelt.
Wir müssen auch - Frau Bührmann, da sind wir uns ja einig - der kulturellen Verarmung begegnen. Kunst, Musik und Kultur sind wichtig für die Identifikation des Menschen, sind Ausdruck unserer Lebensgestaltung und unverzichtbares Element unseres Zusammenlebens.
Kulturelle Bildung, meine Damen und Herren, verbindet alle, ermöglicht Innovation, sichert Tradition und überwindet gesellschaftliche, ethnische und religiöse Schranken. Ich habe gerade gehört, dass heute ein wichtiges Gespräch mit dem Landeschorverband über die Integration von Aussiedlern stattgefunden hat; das geht über Singen und Musik viel leichter. Wir haben dies in der CDU-Fraktion erkannt und gemeinsam mit unseren Ministerien Initiativen entwickelt, die insbesondere die Kulturverbände, die Kunst- und Musikschulen und die Landschaftsverbände unterstützen, damit die Menschen von Kindheit an bis ins hohe Alter beim lebenslangen Lernen unterstützt werden.
Nur 8 % der Jugendlichen und Heranwachsenden haben starkes Interesse an Kunst und Kultur. Dies besagt eine Information des Jugend-Kulturbarometers. Angebote richten sich manchmal nur an die Besserverdienenden. Hauptschüler müssen mehr Zugang erhalten. Das ist alles unsere Politik. Das wollen wir weiter bearbeiten; denn wir möchten, dass auch diese Kinder an Theater und Konzert teilhaben. Sie sollen die Angebote kennenlernen. Auch mit der Ausweitung des Musikunterrichts auf zwei Stunden, liebe Frau Bührmann, haben wir ab der dritten Klasse angefangen. Wir haben eine Rahmenvereinbarung des Landesverbandes der kulturellen Jugendbildung mit dem
Kultusministerium zur Mitarbeit in den Ganztagsschulen geschlossen. Mit dem gesamten Angebot des Musiklandes Niedersachsen sind wir auf dem richtigen Weg. Wir handeln. Wir sprechen nicht nur davon, dass wir eine Landesmusikakademie bauen und beauftragen müssen, sondern wir tun es. Sie wissen, dass die 11 Millionen Euro eingesetzt worden sind.
Meine Damen und Herren, Sie kennen noch weitere Beispiele unserer Politik, die ich schon in der ersten Beratung unseres Antrags erwähnt habe. Ich möchte sie nicht wiederholen, sondern erinnere nur stichwortartig an die Öffnung der Theater, Museen und Konzerthäuser, an unsere Kinderkonzerttreffen und unsere Bläsertreffen sowie an das Rhythmikmobil. Die Ausbildung von Musiklehrern und Kulturpädagogen gelingt uns an unseren Hochschulen nur, wenn wir junge Menschen frühzeitig für Musik und Kunst begeistern können. Dann haben wir auch genügend Lehrer in unseren Schulen, in Grundschulen und auch in Kindertagesstätten.
Im Internet habe ich festgestellt, dass die Heimvolkshochschulen und die Volkshochschulen nicht nur ein gutes Angebot der Fortbildung, sondern auch der musischen Bildung für alle Erwachsenen vorhalten. Das ist begrüßenswert.
An dieser Stelle danke ich allen Ehrenamtlichen und allen Kultur treibenden Vereinen, die auch gemeinsam mit Hauptamtlichen diese Arbeit unterstützen. Dankbar bin ich auch für die Stiftungen, die in vielen Kreisen des Landes Niedersachsen in diesem Bereich arbeiten.
Sehr geehrte Damen und Herren, die SPD hat mehr Unterricht durch Fachlehrer auch in Ganztagsschulen gefordert. Wir erhoffen uns eine Stärkung der kulturellen Bildung von früher Kindheit an. Lassen Sie mich abschließend auf das neue Projekt hinweisen, das Sie, Frau Bührmann, auch angesprochen haben. Hier geht es um das 400 000-Euro-Projekt für niedersächsische Musikschulen, Kindertagesstätten sowie Grund-, Hauptund Realschulen, bevorzugt mit großen Anteilen von Schülern mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Elternhäusern. Ich halte deren Teilnahme für unverzichtbar. In diesem Bereich müssen wir viel stärkere Anregungen geben. Wir haben die Verantwortung in unserem Kulturstaat,
Ich stelle fest, dass wir keinen Masterplan benötigen, da wir alles auf den richtigen Weg gebracht und die entscheidenden Beschlüsse gefasst haben. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. - Vielen Dank fürs Zuhören.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Seeringer, es ist zweifelsohne richtig, dass es in Sachen kultureller Bildung in Niedersachsen bereits gute und erfolgreiche Projekte innerhalb und außerhalb von Schulen gibt.
Auch unsere Theater haben zum Glück ihren Bildungsauftrag längst angenommen und häufig bereits eine eigene Sparte Jugendtheater eingerichtet. Aber oft - das ist das Problem, Frau Seeringer sind es eben nur punktuelle Projekte, die kein kontinuierliches Angebot ersetzen können.
Um dieses Manko zu beheben, kann das Auflegen eines Masterplans durchaus sinnvoll sein. Aber noch viel dringender brauchen wir Angebote, die allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Alter und ihrer Stellung in der Gesellschaft die Chance geben, ihren ganz eigenen Zugang zu Kunst und Kultur zu finden. Dabei müssen wir gerade diejenigen abholen, um einmal einen Jargon aus der Sozialarbeit zu bemühen, die etwa klassische Angebote an der Musikschule weder erreichen noch ansprechen. Der Landesmusikrat, die Musikschulen, die Jugendkunstschulen, der Landesverband kulturelle Jugendbildung, die Soziokultur und die Theater - diese Aufzählung erhebt ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit -, sie alle haben längst ein Rollenverständnis, das auf der Einsicht basiert, dass es nicht reicht, das gewohnte Programm anzubieten und zu warten, dass die Menschen zur Kunst und zur Kultur kommen. Vielmehr müssen Angebote gemacht wer
den, die Menschen in einer Sprache oder mit einer Musik ansprechen, die sie tatsächlich verstehen. Das Problem ist also kein Erkenntnisproblem, sondern vorwiegend ein Problem der Ausstattung und der nicht ausreichenden Infrastruktur.
Hier haben Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, mit Ihrer Haushaltspolitik dafür gesorgt, dass gerade dort der Rotstift besonders radikal angesetzt wurde, wo traditionell der Zugang zu breiten Bevölkerungsschichten geradezu zum Selbstverständnis der eigenen Arbeit gehört, nämlich bei den sogenannten freien Kulturträgern. Sie haben zwar mit dem Haushalt 2007 erste Reparaturen vorgenommen. Aber unter dem Strich sieht Ihre Bilanz in Sachen kultureller Bildung weitaus schlechter aus, als Sie es uns hier weismachen wollen. Umfragen zeigen - Frau Seeringer hat es schon erwähnt -, dass wir gerade in Niedersachsen einen enormen Nachholbedarf in Kulturpolitik haben. In keinem anderen Bundesland haben Jugendliche so erschreckend häufig keinen Zugang zu staatlich geförderten Kulturangeboten wie in Niedersachsen. Da das Entdecken und Ausbilden der eigenen Kreativität eine große Bedeutung für die positive Entwicklung von Lernfähigkeit und Persönlichkeit hat und Teilhabe an Kunst und Kultur somit ein Bildungsangebot ist, ist es im Sinne der Chancengerechtigkeit unsere Pflicht, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die allen Menschen diese Teilhabe ermöglichen.
Meine Damen und Herren, wir haben die von CDU und FDP in den Haushalt 2007 eingebrachte Aufstockung der Mittel für die Musikschulen ausdrücklich mitgetragen und begrüßen es, dass die Mittel eingesetzt werden sollen, um verstärkt Jugendliche mit Migrationshintergrund anzusprechen. Gleiches gilt für die Kooperationsprojekte zwischen Schulen und Kunstschulen. Aber solange wir jenseits von Projekten keine dauerhafte Vernetzung der kulturellen Bildung mit dem Stadtteilmanagement in sozialen Brennpunkten oder der klassischen Jugendhilfe schaffen, werden wir auch weiterhin bestimmte Gruppen nicht erreichen. Die Einsetzung einer interministeriellen Arbeitsgruppe, Herr Minister Stratmann, mag zugegebenermaßen ein Schritt in die richtige Richtung sein. Aber wir brauchen mehr als einen Schritt, wir brauchen eine Trendwende. Im Rahmen der Aufstellung eines Masterplans hätte man die hier kurz skizzierten Fragen sicherlich noch einmal ausdrücklich diskutieren können. Umso bedauerlicher ist es, dass Sie diesem Antrag nicht zustimmen können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht der SPD mit dem Begriff „Masterplan für kulturelle Bildung“ nur um eines, das wir alle aus der Politik sehr gut kennen, nämlich darum, einen Begriff in die Diskussion einzuführen, um ihn dann zu besetzen und hinterher zu definieren. Diese raffinierte Taktik wäre vielleicht ganz schön, wenn ein Inhalt mit dem Etikett verbunden wäre, Frau Bührmann.
Der Ausschuss ist allerdings zu dem Ergebnis gekommen, den Antrag schlicht nicht anzunehmen. Wir wollten ihn noch nicht einmal verändern, sondern werden ihn schlicht nicht annehmen, weil im Antrag nichts drinsteht. Es steht einiges Wohlfeile im Antrag, worüber wir uns alle sehr schnell einig sind, was die Bedeutung von Kunst und Kultur in der Bildung angeht. Das haben Sie Frau Bührmann, auch gerade noch einmal richtig dargestellt. Die Verbindung zwischen intellektueller, sozialer, kultureller Kompetenz als wichtiger Bestandteil der Bildung ist eine schöne Erkenntnis; aber alleine dafür brauchen wir den Entschließungsantrag nicht. Es geht Ihnen um das Etikett Masterplan. Schön wäre es, wenn das auch auf Deutsch ausgedrückt werden könnte. Der Masterplan hat, wie ich auch schon in der ersten Lesung habe vortragen müssen, keinen Inhalt außer Leerformeln über die Vernetzung und Zusammenarbeit von Ressorts, die im Alltag ja stattfindet, wie der Minister für Wissenschaft und Kultur und auch andere Ministerinnen und Minister hier bestätigen können. Der Tiefpunkt der Flachheit jedoch war - das muss ich Ihnen, Frau Bührmann, leider noch einmal persönlich sagen -, dass Sie hier vorgetragen haben, Riese wolle lieber Freiheit. Davon steht aber nichts in dem Protokoll unserer Sitzung vom 9. November. Das haben Sie sich ausgedacht!
Es gab Zeiten, in denen die Sozialdemokratie in der kulturpolitischen Diskussion eine klare Führungsrolle gespielt hat.
Diese Führungsrolle verbinde ich z. B. mit dem Namen Hilmar Hoffmann, dem wirklich beachtenswerten Kulturdezernten, der in Frankfurt unter der Ansage „Kultur für alle“ eine hervorragende Kulturarbeit geleistet hat.
Lange nach den 1970er-Jahren, nämlich in der Zeit zwischen 1990 und 2003, haben Sozialdemokraten - manchmal auch Sozialdemokraten und Grüne - dann Regierungsverantwortung im Land Niedersachsen getragen. Eines der Dinge, die mich in die Politik getrieben haben, war der Mangel an einer erkennbaren Kulturpolitik. Als Leiter einer Musikschule habe ich in den 1990er-Jahren nicht unter Haushaltssteigerungen, sondern unter Haushaltskürzungen gelitten, die der Niedersächsische Landtag mit seiner SPD-Mehrheit zu verantworten hatte.
Insofern sind Sie, meine Damen und Herren von der SPD, in gewisser Weise selbst schuld daran, dass ich jetzt hier stehe.
Richtig ist, dass die Aufgabe der kulturellen Bildung wieder aufgegriffen werden muss. Dazu hat die Kollegin Dr. Heinen-Kljajić einen richtigen und bemerkenswerten Satz gesagt, nämlich: Projekte ersetzen kein kontinuierliches Angebot. - Der erste Ort, an dem Kinder und Jugendliche Bildung erfahren, ist die Schule. Deswegen sind wir dafür verantwortlich, dass in der Schule kulturelle Bildung durchgehend und gut vermittelt wird. Richtig ist allerdings auch, dass die Themen im Bereich der Kultur so vielgestaltig und so differenziert sind, dass eine Schule, die naturgemäß im Klassenverband unterrichtet, nicht alles so differenziert anbieten kann. Ebenso wichtig ist deshalb ein Netzwerk von öffentlich geförderten Musikschulen, Kunstschulen und anderen Einrichtungen der Jugendbildung sowie eine Zusammenarbeit zwischen der Schule und solchen außerschulischen kulturellen Jugendeinrichtungen, wie wir sie auf den Weg bringen.
Lassen Sie uns diesen Weg fortsetzen. Ich darf Ihnen noch mitteilen, dass die Bundes-FDP die Kultur zum Leitthema für das Jahr 2007 erklärt hat.