Protokoll der Sitzung vom 18.09.2003

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Regionalplanerische und städtebauliche Vorgaben gehören aus unserer Sicht sicherlich nicht zu den überflüssigen Vorschriften, von denen unsere Gesellschaft dringend befreit werden muss.

Wir alle leben von den Qualitäten unserer Städte, wie sie gewachsen ist, und wir alle wissen, welches Chaos und welche Misswirtschaft nicht geplante Städte darstellen; wir brauchen uns dazu nur im außereuropäischen Ausland umzusehen.

Was heute beschlossen werden soll, ist unüberlegt. Ich bin überzeugt, dass mir dabei eine Mehrheit in diesem Hause vom Grundsatz her zustimmen kann, beispielsweise wenn Sie an die Qualität der Planung und die Urbanität Ihrer eigenen Stadt denken. Wenn Sie dem aber zustimmen, warum wollen Sie dann die Zweckentfremdungsverordnung unbedingt loswerden? Wissen denn alle hier in diesem Haus, worüber sie konkret abstimmen?

Wir haben ein wenig Ursachenforschung betrieben und sind auf Folgendes gestoßen: Wir meinen, es liegt vielleicht an dem sperrigen Wort. Der Begriff „Zweckentfremdungsverordnung“ klingt doch geradezu nach Gängelung und Verboten, nach Einschränkungen. Wenn die Zweckentfremdungsverordnung so hieße, wie sie eigentlich wirkt, nämlich „Wohnungsschutzgesetz“ - analog zum Denkmalschutzgesetz -, vielleicht könnten Sie dann besser damit leben. Ich glaube aber nicht, dass es sinnvoll ist, politische Entscheidungen von einem sperrigen oder weniger sperrigen Titel einer Verordnung abhängig zu machen. Vielmehr sollte man diese Entscheidungen von ihrer Wirkung abhängig machen. Wohnraumschutz ist genau das, was mit dieser Verordnung bewirkt wird.

(Dr. Harald Noack [CDU]: Nein!)

Das brauchen wir auch heute noch in vielen Innenstädten und Aufwertungsquartieren, trotz der demographischen Entwicklung und trotz der Leerstände in anderen Bereichen.

(Dr. Harald Noack [CDU]: Das ist ab- solut praxisfremd!)

Ich illustriere Ihnen das mit einem Ausschnitt aus einer dpa-Meldung aus diesem Monat, vom 12. September. Darin hieß es:

„In Südniedersachsen gibt es zu viele und zu große Geschäfte. In Northeim und Bad Gandersheim z. B. steht jeder dritte Laden leer.“

Das sind Ihre Investoren, die dringend Platz brauchen. Es heißt weiter:

„Während die Verkaufsfläche je Einwohner im Bundesgebiet 1,3 m² be

trägt, liegt sie in Südniedersachsen um fast 25 % höher. Dennoch werde weiter gebaut.“

Ich frage Sie: Wo wirkt denn da der Markt, Herr Beckmann? Wo ist denn da die Regulierung durch die freie Entscheidung der Unternehmer, die zu einer vernünftigen Entwicklung führt? - Genau an der Stelle ist die Selbstverteidigung von Stadtplanung für Urbanität dringend erforderlich.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Dazu ist die so genannte Zweckentfremdungsverordnung bisher sehr hilfreich gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Entscheidung zur Aufhebung der Zweckentfremdungsverordnung ist kommunal- und sozialpolitisch kurzsichtig. Hier wird eine notwendige Steuerungsfunktion der Kommunen aus ideologischen Gründen ohne wirtschaftliche Notwendigkeit ersatzlos gestrichen. Kollege Beckmann von Haus & Grund Hannover kann heute zwar eine lange Schlacht siegreich abschließen, aber in vielen Städten werden durch diese falsche Entscheidung die Probleme wachsen.

(Dr. Harald Noack [CDU]: Völlig falsch!)

Das in der Anhörung u. a. von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände und der Stadt Hannover gegebene Einverständnis zur Abschaffung wurde unter einer Bedingung gemacht. Die Bedingung hieß, dass eine andere Verordnung den Gemeinden die Ermächtigung zum Erlass gemeindlicher Satzungen gibt. Davon ist aber weit und breit nichts zu sehen. Sie schaffen die eine Verordnung ab, ohne dass Aussicht auf Erfolg im Hinblick auf diese gemeindliche Satzungsgebung besteht. Damit schaffen Sie eine Lenkungs- und Planungslücke. Das wird in niedersächsischen Städten negative Folgen haben. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hagenah. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich darf vorausschicken, dass die Beschlussempfehlung des Ausschusses auf Annahme lautet.

Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Stimmenthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen.

Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung zustimmen und damit die in die Beratung einbezogene Eingabe für erledigt erklären möchte, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen.

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass wir jetzt in die Mittagspause eintreten. Um 14.30 Uhr werden wir unsere Beratungen wieder aufnehmen. Ich wünsche Ihnen guten Appetit.

Unterbrechung: 12.37 Uhr.

Wiederbeginn 14.30 Uhr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Sitzung wieder. Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 17: Einzige (abschließende) Beratung: Antworten der Landesregierung auf Beschlüsse des Landtages zu den Haushaltsrechnungen für die Haushaltsjahre 1992 bis 1998 Drs. 12/5835, 13/641, 13/1640, 13/1900, 13/2900, 14/750, 14/1590 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/399

Zu diesem Tagesordnungspunkt ist keine Berichterstattung vorgesehen. Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen darüber einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird. – Dazu zeigt sich kein Widerspruch.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Der Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde bei wenigen Stimmenthaltungen gefolgt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 18: Einzige (abschließende) Beratung: Haushaltsrechnung für das Haushaltsjahr 2001 - Anträge der Landesregierung - Drs. 14/4020 - Bemerkungen und Denkschrift des Landesrechnungshofs - Drs. 15/180 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/401

Die Beschlussempfehlung lautet: Annahme mit Änderungen. – Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zur Beratung liegt mir die Wortmeldung von Heiner Schönecke vor. Herr Schönecke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Wir haben einen Tagesordnungspunkt mit recht einfach formulierter Überschrift vorliegen: Haushaltsrechnung für das Haushaltsjahr 2001.

Als Vorsitzender arbeitet man in Ausschusssitzungen eigentlich mit gebremstem Schaum. Das habe ich auch in diesem Fall getan. Recht herzlichen Dank möchte ich den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für die intensive und qualifizierte Mitarbeit sagen.

(Beifall)

Für mich als Vorsitzenden des Unterausschusses war es recht angenehm, mit Ihnen diese Arbeit zu tun. Hervorragende, präzise Vorarbeit haben wir vom Landesrechnungshof mit seiner neuen Präsidentin, Frau Jansen, erhalten. Vielen Dank, Frau Jansen.

(Beifall)

Meine Damen, meine Herren, heute ist die Zeit der politischen Bewertung. So lange hält man sich als Vorsitzender eines solchen Ausschusses zurück. Uns wurde vom Landesrechnungshof für das Haushaltsjahr 2001 eine Bewertung vorgelegt, die es in sich hatte. In 25 Jahren politischer Arbeit habe ich mich immer gefreut, wenn das Rechnungsprüfungsamt seine Berichte vorgelegt hat. Das, was ich jedoch vom Landesrechnungshof zu lesen bekommen habe, hat bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Solche Bemerkungen habe ich zur Arbeit eines politischen Gremiums noch nie zur Kenntnis bekommen.

Für das Jahr 2000 wurde sogar empfohlen, die Landesregierung nicht zu entlasten – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte Niedersachsens!

Wer geglaubt hatte, dass im Jahre 2001 Besserung eintreten würde, hatte sich schwer getäuscht. Herr Möhrmann weiß das ganz genau: Das Chaos nahm seinen Lauf. Noch am 28. Februar 2001 stellte man in den Kontoständen eine Differenz von 538 Millionen DM fest – unwidersprochen!

(Zurufe von der CDU)

Trotz dieser Missstände, trotz der schlampigen Haushaltsführung, die durch Ihr Regierungshandeln verstärkt worden ist, sollen wir heute über die Entlastung der Landesregierung für diese Zeit abstimmen.

Der Bericht des Landesrechnungshofs enthält 48 Punkte, einer dramatischer als der andere, Formulierungen von einer Drastik, von einer Härte, von einer Deutlichkeit, die eigentlich jeden erschüttern müsste.

Meine Damen, meine Herren, hier wurde geschrieben, dass man, obwohl keine umfassenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorgelegen haben, obwohl die erforderlichen Haushaltsmittel nicht zur Verfügung standen, obwohl die Finanzierung nicht gesichert war, auf Anweisung aus dem Hause des Finanzministers die Beschaffung eines Enterprise Management Systems in Höhe von 10 Millionen Euro vorgenommen hat. So geht das in diesem Bericht munter weiter. Dies alles vorzutragen würde jeden Rahmen sprengen.

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben das mitverfolgt. Wenn man weiß, dass mittlerweile die Hälfte eines jeden Gehaltes, das die Bundesbürger an den Staat abgeben, von Menschen verwaltet wird,

(Zuruf von der SPD: Der redet nur Blödsinn!)

die es nicht verdient haben, dann weiß man auch, dass das mit Sicherheit auf die letzte Landesregierung zutrifft.