Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schluss der Sitzung: 14.56 Uhr.

Anlagen zum Stenografischen Bericht

noch:

Tagesordnungspunkt 22:

Mündliche Anfragen - Drs. 15/645

Anlage 1

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 5 der Abg. Ina Korter (GRÜNE):

Miete für Schulbücher?

Kultusminister Busemann hat im Oktober vor dem Landtag erklärt, dass sein Ministerium überprüft, ob das bisherige System der Lernmittelfreiheit durch ein „Mietverfahren“ ersetzt werden kann.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch wäre der Arbeitsaufwand für ein Mietsystem für Schulbücher zu veranschlagen, und durch wen wären die Kosten zu tragen?

2. Wie will die Landesregierung verhindern, dass die Kinder einkommensarmer Eltern, die sich die Schulbücher nur mieten und nicht darin arbeiten könnten und sie am Ende des Schuljahres wieder abgeben müssten, benachteiligt würden gegenüber den Kindern wohlhabender Eltern, die sich die Schulbücher kaufen, in diesen Büchern arbeiten und sie zum späteren Nachschlagen aufbewahren können?

3. Welche Initiativen hat die Landesregierung mit dem Ziel ergriffen, dass neuartige aktuellere, projektbezogenere und zugleich kostengünstigere und leichtere Schulbücher entwickelt werden?

In der vorliegenden Kleinen Anfrage gibt die Abgeordnete Frau Korter meine Aussage zu einem möglichen „Mietverfahren“ für Schulbücher zutreffend wieder. Ich erklärte im Oktober-Plenum u. a., dass mein Ministerium überprüfe, ob das bisherige System der Lernmittelfreiheit durch ein „Mietverfahren“ ersetzt werden könne.

Kurz vor Abschluss dieser Prüfung auf Fachebene und kurz vor meiner darauf basierenden Entscheidung erreichte uns die Hiobsbotschaft von den weiteren Einbrüchen bei den Steuereinnahmen. Dadurch drohte der von der Vorgängerregierung übernommene und durch die Politik der Bundesregierung größer gewordene Schuldenberg noch höher zu werden. Damit wäre der ohnehin geringe Handlungsspielraum weiter eingeschränkt, die Zukunft der heute jungen Generation weiter be

lastet worden. Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, war die Landesregierung zum umgehenden Handeln gezwungen. Wie die anderen Ressorts hat auch das Kultusministerium in dieser schwierigen Zeit seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten.

Die ursprünglich im Haushaltsplanentwurf 2004 für Lernmittel vorgesehenen 9,7 Millionen Euro sind vor diesem Hintergrund gestrichen worden. Auch in anderen Bundesländern hat es bei der Lernmittelfreiheit Einschnitte gegeben. Dennoch werden wir den Eltern, die nicht aus eigener Kraft die Schulbücher kaufen können, helfen. Der in den Schulen vorhandene Lernmittelbestand wird für zumindest ein Jahr dazu ausreichen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Ein Mietverfahren gegen Entgelt würde für die Schulen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen durch die Ermittlung derjenigen, die an dem Verfahren teilnehmen wollen, durch die Überwachung der Zahlung des Mietentgelts und die Verwaltung des dafür erforderlichen Schulkontos. Da die Schulen das Verfahren völlig selbständig über ein eigenes Schulkonto abwickeln würden, würde der bisherige Verwaltungsaufwand in den Bezirksregierungen bzw. deren Nachfolgebehörde vollständig entfallen. Welcher Aufwand in den Schulen insgesamt entstünde, hinge von der Größe einer Schule, der Anzahl der am Mietverfahren teilnehmenden Schülerinnen und Schüler, dem Einsatz technischer Hilfsmittel und dem Organisationsgeschick der handelnden Personen ab. So wie bei der Durchführung der Lernmittelfreiheit wegen der diesbezüglichen großen Unterschiede in den Schulen keine Messzahlen hierzu vorlagen, können auch für ein Mietverfahren keine Zahlen hinsichtlich des Aufwandes und damit der Verwaltungskosten angegeben werden.

Zu 2: Auch nach Einführung der Lernmittelfreiheit haben nicht alle Familien an dem Leihverfahren teilgenommen, sondern ihren Kindern eigene Schulbücher gekauft. Ob den Kindern sozial schwacher Familien die Bücher künftig entliehen oder übereignet werden, ist noch nicht abschließend entschieden.

Zu 3: Als die Lernmittelfreiheit eingeführt worden ist, hat die damalige Landesregierung bei den Schulbuchverlagen darauf hingewirkt, dass die

Vier- und Dreijahresbände in Einzelbände aufgeteilt werden, weil sie für das Leihverfahren zu kostenintensiv waren. Weil teurere feste Einbände im Leihverfahren wirtschaftlicher sind, ist hier damals nicht auf billigere flexible Einbände hingewirkt worden. Die jetzige Landesregierung wird sich nach Aufhebung der Lernmittelfreiheit abgestimmt auf die Nachfolgeregelung dafür einsetzen, dass Schulbücher allen Anforderungen möglichst optimal entsprechen werden.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 7 des Abg. Ingolf Viereck (SPD):

Neuer Stil der Landesregierung - Wahlkampf in Polizeidienststellen?

Am Sonntag, dem 2. November 2003, wurde in Osterode (Harz) ein neuer hauptamtlicher Bürgermeister gewählt. Für die CDU kandidierte erfolglos - Frank Seeringer, Ehemann der CDULandtagsabgeordneten Regina Seeringer. Wenige Tage zuvor, am Montag, dem 27. Oktober, hat Innenminister Schünemann (CDU) ausweislich Seite 1 des Harzkuriers vom darauf folgenden Tage die Polizeiinspektion Osterode besucht. Auf Seite 2 des Harzkuriers wird wörtlich wie folgt von diesem Besuch berichtet: „(Der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes) erläuterte dem Minister, Regina und Frank Seeringer sowie dem CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Jochen Freckmann vor einer größeren Anzahl von Kollegen die Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich die Arbeit im Kreis vollzieht.“

Diese offene Wahlhilfe für den CDUBürgermeisterkandidaten Frank Seeringer durch den niedersächsischen CDU-Innenminister in Dienstgebäuden des Landes verwundert bereits deshalb, weil ein Kabinettsbeschluss, der noch aus Zeiten der Albrecht-Regierung stammt und der stets beachtet worden ist, Landesbehörden ausdrücklich untersagt, in den Wochen vor einer Wahl Kandidatenbesuche zu empfangen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Kennt der Innenminister diesen Kabinettsbeschluss, und fühlt er sich durch ihn gebunden?

2. Würde der geschilderte Vorgang nach Auffassung der Landesregierung einen Wahlanfechtungsgrund darstellen, wenn der CDUKandidat die Bürgermeisterwahl in Osterode gewonnen hätte (bitte begründen)?

3. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus diesem Vorfall, und wie wird sie

dafür Sorge tragen, dass sich derartige Vorfälle nicht wiederholen?

Am 27. Oktober 2003 habe ich die Polizeiinspektion Osterode in der Zeit von 13 bis etwa 15 Uhr besucht. Der Besuch war dienstlich veranlasst und diente der Information über die Tätigkeit im Bereich der Polizeiinspektion. Zu diesem Besuch hatte ich alle Landtagsabgeordneten aus dem betroffenen Wahlkreis eingeladen. Daraufhin erschien lediglich die Landtagsabgeordnete Frau Regina Seeringer in Begleitung ihres Ehemanns, Herrn Frank Seeringer, und des CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Herrn Jochen Freckmann.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Ja.

Zu 2: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass den Mitgliedern der Landesregierung jederzeit und unabhängig von Wahlterminen die Möglichkeit gegeben ist, aus dienstlicher Veranlassung ihnen untergeordnete Dienststellen zu besuchen.

Die vom Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung von zulässiger Öffentlichkeitsarbeit staatlicher Organe und unzulässiger Wahlwerbung entwickelten Grundsätze gelten entsprechend auf Landesebene und im kommunalen Bereich. Werden die verfassungsrechtlichen Schranken nicht beachtet, so kann eine darauf gestützte Wahlanfechtung, sofern die Verstöße gravierend sind und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Mandatsverteilung beeinflusst worden ist, im Wahlprüfungsverfahren nicht ohne Konsequenzen bleiben und die Wahl gefährden (BVerfGE Bd. 44 S. 125, 141, 149 f. – Schreiber; Kommentar zum BWG, Rdnr. 23 w ).

Von einer amtlichen Wahlbeeinflussung ist selbstverständlich nur dann auszugehen, wenn von Inhabern eines staatlichen Amtes in amtlicher Eigenschaft oder unter Hinweis auf ihren Amtscharakter auf die Willensbildung der Wahlberechtigten Einfluss genommen wird. Aufgrund des eindeutigen dienstlichen Charakters meines Besuches, liegen Verstöße gegen den Grundsatz der Wahlfreiheit erkennbar nicht vor. Konsequenzen in einem Wahlprüfungsverfahren wären nicht zu befürchten.

Zu 3: Aus den dargelegten Gründen besteht für die Landesregierung keine Veranlassung, Konsequenzen zu ziehen.

Anlage 3

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 8 des Abg. Andreas Meihsies (GRÜNE):

Rentenversicherung für Strafgefangene

Während Strafgefangene, die im geschlossenen Vollzug beschäftigt sind, keine Rentenansprüche erwerben können, sind Strafgefangene, die im so genannten offenen Vollzug einer Beschäftigung nachgehen, partiell Nichtinhaftierten gleichgestellt und rentenversichert. Eine bundesgesetzliche Regelung, die zur Einbeziehung aller Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung führen müsste, scheitert bisher am Widerstand der Länder. Dies hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vor dem Hintergrund zahlreicher Eingaben jüngst wieder bedauernd festgestellt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hält sie die Ungleichbehandlung Strafgefangener beim Erwerb rentenrechtlicher Ansprüche nach wie vor für gerechtfertigt?

2. Wird sie ihren Widerstand gegen eine zukünftige bundeseinheitliche Regelung zur Einbeziehung aller Strafgefangenen in die Rentenversicherung aufgeben?

3. Welche Folgen hat die bisherige zweigeteilte Rechtssituation für die „rentenversicherungsrechtliche Biografie“ der Betroffenen im Alter?