Protokoll der Sitzung vom 19.02.2004

Wir sind mit diesen Maßnahmen unserem Ziel, in einem gemeinsamen Kraftakt unser niedersächsisches Schulwesen zum Wohle der Kinder und Jugendlichen umzugestalten und zu verbessern, einen großen Schritt näher gekommen. Ich darf mich an dieser Stelle ausdrücklich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kultusministerium bedanken. Sie haben im vergangenen Jahr Außergewöhnliches geleistet und haben gezeigt, welche

Kraft und Innovationsfähigkeit in der öffentlichen Verwaltung steckt, wenn sie nur gefordert wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn diese Anerkennung nicht in Form von Applaus gekommen wäre, hätte ich diesen sozusagen gern hervorgerufen, denn diese gewaltige Arbeitsleistung verdient Lob, Anerkennung und, wie gerade vernommen, auch den Beifall dieses Hauses.

Allen Unkenrufen und aller gezielten Schwarzmalerei zum Trotz haben wir unsere selbst gesteckten Ziele erreicht. Von einer konstruktiven Mitarbeit der Landtagsopposition kann allerdings dabei keine Rede sein. Sie, meine Damen und Herren zur Linken, haben jedes Mal aufs Neue gehofft, dass der Kultusminister in die Fallgrube fällt. Bei der Einstellung von über 4 000 Lehrkräften hieß es: Kann er nicht bezahlen, kann er nicht finden und dies und das.

(Walter Meinhold [SPD]: Konnten Sie auch nicht!)

Bei der Umsetzung des Schulgesetzes, bei der Verwirklichung von neuen Verordnungen - jedes Mal haben Sie sich getäuscht.

(Walter Meinhold [SPD]: Nein!)

Das wird auch in diesen Tagen so sein, Herr Meinhold. Das ist wie mit Hase und Igel, und ich darf immer sagen: Ick bün all hier!

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Was habe ich schon wieder damit zu tun? Das ist unglaublich!)

Ich warte bis heute, meine Damen und Herren, auf Gegenmodelle von SPD und Grünen. Die Grünen schielen auf Finnland - wobei ich auch sage, Äpfel kann man nicht mit Birnen vergleichen; Sie kennen die Diskussion -, und die SPD hat bis auf den Tag überhaupt kein Konzept, wie die künftige Schulstruktur in Niedersachsen überhaupt aussehen soll.

Einmal mehr hat sich die strategische Hoffnung, insbesondere der SPD, nicht erfüllt, wenn es etwa um die ersten Trendmeldungen in Bezug auf die Schullaufbahnentscheidungen der Eltern geht. Für die Grundschulen und für die Orientierungsstufen gab es eine völlig neue Situation. Die einen mussten sich zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten der Aufgabe der Schullaufbahnempfehlung stellen, die anderen mit zwei Jahrgängen

nunmehr zum letzten Mal. Erste Rückmeldungen zeigen, dass unsere Lehrkräfte diese so wichtige Aufgabe ernst genommen haben und dass sie dieser Aufgabe auch gewachsen sind.

Wir alle wissen, dass es sich noch nicht um die endgültigen Laufbahnempfehlungen handelt und die Annahme weiterer Beratungsangebote noch aussteht. Es sind noch Veränderungen beim Elternwahlverhalten zu erwarten, und auch die im Schulgesetz verankerte Durchlässigkeit mit dem Rechtsanspruch auf Ausstieg, aber auch eine mögliche Rückläuferquote sind noch nicht einkalkuliert. Doch das erste Ergebnis zeigt, dass wir in Niedersachsen den Lehrkräften und auch den Eltern vertrauen können. Rund 20 % Elternwunsch für die Hauptschule, rund 40 % für die Realschule und rund 35 % für das Gymnasium sind ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Selbst wenn sich diese Dinge in den nächsten ein, zwei Jahren noch etwas einpendeln, ich glaube, wir dürfen, wie es aussieht, schon jetzt feststellen - keine Zwischenfragen, Herr Meinhold -,

(Walter Meinhold [SPD]: Das ist aber schade!)

dass wir die Hauptschule langfristig stabilisieren, dass Niedersachsen das Realschulland überhaupt bleibt und dass wir für die Gymnasialbeteiligung einen Wert von 35 % erreichen, den Sie ja in 13 Jahren nicht erreicht haben; das muss man bei der Gelegenheit auch mal sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der von vielen Seiten befürchtete, aber auch gezielt herbeigeredete Run auf das Gymnasium ist ausgeblieben.

(Walter Meinhold [SPD]: Stimmt doch nicht!)

Wir bleiben mit dem Elternwahlverhalten in dem Korridor vergleichbarer Bundesländer.

(Walter Meinhold [SPD]: Herr Minister, Hannover!)

Meine Amtsvorgängerin hat im Parlament und sicherlich auch in Ihrer Fraktion immer wieder prognostiziert: Egal ob Elternwille oder ob andere Mechanismen, am Ende wird vernünftigerweise ein Ergebnis von etwa 35 % gymnasialer Beteiligung herauskommen. - Sie haben allenthalben geredet, vielleicht sogar Ihrer Ministerin nicht geglaubt. Wir

setzen das einfach um und liegen absolut im Planquadrat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von wegen, alles zu schnell! Wir haben in das Schulgesetz eine Möglichkeit für die Schulträger eingebaut: Wenn man das mit der Umsetzung der Abschaffung der O-Stufe nicht schafft, kann man sich noch ein Jahr Verlängerung holen. - Bezeichnenderweise hat kein Schulträger von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Orientierungsstufe über den 1. August des Jahres hinaus fortzuführen. Der Ausstieg ist zügig angegangen worden.

Leider ist Herr Gabriel nicht da, aber ich darf sagen, dass der Landkreis Goslar sogar im Rahmen der Umsetzung ermittelt hat, dass er 350 000 Euro sparen könne. Angesichts des Konnexitätsprinzips, meine Damen und Herren Innenpolitiker, müssten wir jetzt eigentlich Geld aus Goslar bekommen. Aber sind wir mal generös.

(Heiterkeit bei der CDU)

Auch das Geraune in Bezug auf eine Schließung von Schulstandorten ist durch die Wirklichkeit des neuen Schulgesetzes Lügen gestraft worden. Wir haben den Schulträgern ein Höchstmaß an Flexibilität eingeräumt, wenn es etwa um die Errichtung von Außenstellen geht. In bestimmten regionalen Ausnahmefällen haben wir auch kleine Haupt- und Realschulen zugelassen, wenn die Schülerzahlen dies dauerhaft ermöglichen, bestehende Schulen nicht gefährdet werden und die Qualität der schulischen Arbeit einschließlich der Standards und Abschlüsse gewährleistet bleibt.

Unsere Bilanz - nun hören Sie gut zu -: Wir haben 7 neue Gymnasien genehmigt, bis zu 15 können es werden. Wir haben 13 neue Realschulen genehmigt, bis zu 50, meine Damen und Herren, können es werden. Auch 3 neue Hauptschulen sind bislang hinzugekommen, sodass wir bislang 70 Schulneugründungen in Niedersachsen zu verzeichnen haben. Rund 170 Außenstellen von Schulen haben wir bereits genehmigt: für rund 130 Gymnasien, etwa 25 Realschulen und etwas mehr als 10 Hauptschulen. Wir halten für jede Schülerin und jeden Schüler zum Schuljahresanfang das passende, begabungsgerechte Angebot wohnortnah vor.

Frau Korter, ich verstehe nicht Ihren Hinweis auf die Außenstellen. Die eröffnen wir doch gerade, damit die Schüler kurze Wege haben. Warum se

hen Sie denn das völlig anders? Sie scheinen nicht beim Thema zu sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir tragen ausdrücklich weiterführende Bildungsangebote gezielt in die Fläche, sodass der eigentliche Gewinner schon jetzt der ländliche Raum in Niedersachsen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Walter Meinhold [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Sie haben über Bildungsangebote in der Fläche nur geredet. Wir haben gehandelt. Ihre Förderstufe - irgendjemand hat es schon gesagt - wäre der Tod für hunderte von Schulstandorten im Haupt- und Realschulbereich gewesen. Das haben wir nicht nur gestoppt, sondern wir haben die Angebotspalette sogar verbreitert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das neue Schulgesetz ist als Gesetz zur Verbesserung von Bildungsqualität und zur Sicherung von Schulstandorten seinem Anspruch schon jetzt gerecht geworden, weil wir beides erreicht haben. Deshalb sage ich jetzt mit etwas Engagement, dass der Antrag zum gebrochenen Versprechen verbunden mit dem Thema Standortsicherung perfide ist. Das ist genau umgekehrt. Es ist eigentlich eine Frechheit,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und den GRÜ- NEN)

in diesem Stadium mit einem solchen Antrag aufzuwarten. Lesen Sie wenigstens die Verordnungen, und hören Sie sich im Lande um, was tatsächlich entsteht, bevor Sie solche Anträge stellen.

Das Gleiche, meine Damen und Herren, gilt für die Durchlässigkeit unseres Schulwesens, die wir nicht nur schulgesetzlich festgeschrieben haben, sondern auch durch eine entsprechende Verordnung mit Leben gefüllt haben. Schülerinnen und Schüler haben bei entsprechenden Leistungen das verbriefte Recht auf einen Schulformwechsel hier in Niedersachsen. Die Stundentafeln in allen weiterführenden Schulformen sind im fünften und sechsten Schuljahrgang nahezu deckungsgleich. In den weiterführenden Schulen können am Ende des zehnten Jahrgangs alle relevanten Abschlüsse erworben werden. Die Chancen des berufsbilden

den Schulwesens bis hin zum Hochschulstudium sind Ihnen allen bekannt. Durchlässiger kann man ein Schulwesen wirklich nicht gestalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sage ganz offen: Das ist eine Grundsatzentscheidung. Wer sich für das gegliederte Schulwesen entscheidet, muss auch das Durchlässigkeitsthema entsprechend bedienen. Beides bedingt einander.

Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, wenn der Landtag heute den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion bezüglich der gebrochenen Versprechen mit deutlicher Mehrheit ablehnt. Es verwundert schon, wenn ausgerechnet diese Fraktion, die heute auch wegen ihrer völlig verkorksten Schulpolitik auf den Oppositionsbänken sitzt,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

in dem neuen Schulgesetz die angekündigte Einfachheit und Klarheit vermisst. Ihre Behauptung, das neue Schulgesetz führe zu Verwerfungen in der niedersächsischen Schullandschaft, weil ein überzogenes Tempo Vorrang vor Sorgfalt hätte, ist durch die tatsächliche Entwicklung im Lande, Herr Jüttner, schon längst widerlegt. Auch Sie müssten schon bemerkt haben, dass die jetzige Landesregierung verlässlich und berechenbar diejenige Schulpolitik umsetzt, die sie den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl vorgestellt hat.

Diese Schulpolitik wird von den Schulträgern, Schulen und Elternvertretungen durchweg unterstützt und in ihrer Umsetzung konstruktiv begleitet. Das geht durch das gesamte Schulwesen. Trotz eines Meinungsstreites da oder dort ziehen alle hervorragend mit. Man darf auch hoffen, dass bei der Umsetzung ein Impuls gegeben wird und es mit der Schule aufwärts gehen wird.

Dass man es nicht allen recht machen kann, zeigt der neue Erlass zur Unterrichtsversorgung. Er ist transparent, er ist nachvollziehbar, und er ist gerecht, weil er alle Schulformen bei der Zuweisung der Schülerpflichtstunden gleich behandelt. Das heißt natürlich auch, dass überflüssige, überzogene und überholte Regelungen korrigiert werden müssen. Das führt an Einzelstellen manchmal zu als schmerzhaft empfundenen Umschichtungen; doch eine landesweite Protestwelle gegen diese Regelungen hat es nicht gegeben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei allem Respekt vor dem Petitionsrecht, Herr Jüttner, die Aktion war etwas organisiert. Aber das mag dann hier entsprechend entschieden werden. Landesweit kann ich die ganz große Protestwelle nicht ausmachen - schlicht und ergreifend auch deshalb auch nicht, weil die neuen Regelungen vernünftig und für jedermann nachvollziehbar sind.

Das gilt in diesem Zusammenhang auch für die niedersächsischen Gesamtschulen. Es ist ein Gebot der Fairness, dass sie die gleiche Lehrerstundengrundausstattung wie andere allgemein bildende Schulen erhalten. Sie bekommen einen gesamtschulspezifischen Zusatzbedarf für äußere Fachleistungsdifferenzierung, für die Bildung einer Schnellläuferklasse für das Abitur nach Klasse 12, für sozialpädagogische Unterstützungsmaßnahmen für Hauptschülerinnen und Hauptschüler. Sie erhalten den gleichen Stundenpool von zwei Lehrerwochenstunden pro Klasse. Sie erhalten den gleichen Ganztagszuschlag wie alle anderen vergleichbaren Schulen in Niedersachsen. Ich weiß, dass an vielen Gesamtschulen eine hervorragende pädagogische Arbeit zum Wohle unserer Schülerinnen und Schüler geleistet wird. Dafür erhalten sie über eine gute Lehrerstundenausstattung mit den neuen Erlassen weitest gehenden Gestaltungsspielraum im Sinne der Eigenverantwortung von Schulen und können damit ihr gesamtschulspezifisches Profil erhalten, schärfen und weiterentwickeln, wie sie es für richtig halten.