Protokoll der Sitzung vom 27.05.2004

(Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Geldverschwen- dung!)

Wir haben doch erst gestern auf Antrag der FDPFraktion über die Finanznot auf Bundesebene und über die Unterfinanzierung des Bundesverkehrswegeplans gesprochen. Wo leben Sie denn?

(Jörg Bode [FDP]: In Niedersachsen!)

Diese A 22 lehnen wir wegen Unfinanzierbarkeit und wegen verkehrlichen Nichtbedarfs ab. Leider macht die SPD-Fraktion damit für uns den ganzen Antrag, weil sie ihn mit der A 22 verknüpft, nicht zustimmungsfähig. Wahrscheinlich erzählen Sie in der Region dann wieder, wir wären gegen den Hafen. Aber wenn Sie das miteinander vermixen, kommt so etwas dabei heraus.

Erst wenn Minister Hirche die ersten privaten Investoren an der Hand hat, die wirklich bereit sind, für die ganze A 22 das wirtschaftliche Investitionsrisiko zu übernehmen, und meinen, das über eine Maut wieder einnehmen zu können, dann können wir wieder über diese Frage reden. Solange bleibt das Thema ein Hirngespinst.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Statt derartige Hürden für den Bau des Tiefwasserhafens aufzustellen, sollten wir uns doch besser auf die Investitionen konzentrieren, die für den Betrieb des Tiefwasserhafens unverzichtbar sind. Wir brauchen dringend Investitionen in das Schienennetz, wie Sie es in Ihrem Antrag u. a. auch beschrieben haben. Die Bahn AG hat gerade die Strecke erneuert, aber sie ist natürlich noch längst nicht in dem Zustand, in dem wir sie für das zusätzliche Transportbedürfnis von Nord nach Süd aufgrund des Tiefwasserhafens brauchen.

Die Anwohner der Bahnstrecke werden künftig unter stark zunehmendem Lärm leiden. Die Güterzüge mit mehr als 600 m Länge fahren vor allem nachts und das zum Teil - wie im Ort Sande - nur wenige Meter von den Wohnhäusern entfernt. Deswegen fordern auch wir ausreichenden Lärmschutz, der genau betrachtet vom Land Niedersachsen als Störungsverursacher zu finanzieren wäre; denn es gibt keinen Rechtstitel, mit dem wir hier die Bahn dadurch, dass das Land einen Tiefwasserhafen bauen will, in die Pflicht nehmen könnten. Alternative Streckenführung, Lärmschutzwände - all das ist denkbar. Wir erwarten, dass uns die Landesregierung dazu Vorschläge vorlegt, damit wir an der Stelle den sicherlich schwierigen Knoten im Sinne der Bevölkerung und Anlieger entflechten können und das Problem lösen; denn die Verkehre müssen dort lang.

Am Ende bleibt natürlich noch die Frage, wie wir das alles bezahlen wollen. Hier sollten wir ehrlich miteinander umgehen. Nach den derzeitigen Verhandlungen - Sie haben Hamburg als Mitfinanzierer verloren und noch immer keine privaten Inves

toren gefunden bleiben summa summarum 500 Millionen Euro für Niedersachsen übrig. Das ist eine Größenordnung, zu der bisher noch niemand steht, dass ein Tiefwasserhafen aus Steuergeldern wirklich so viel kosten darf. Dazu müssten Sie sich einmal äußern; denn das würde 30 Jahre lang Tilgung und Zinszahlungen von 32 Millionen Euro bedeuten. Das ist angesichts der derzeitigen finanziellen Situation in unserem Lande absolut nicht darstellbar. Wenn es nicht anders wird und die Landesregierung nicht schnellstmöglich andere Mitfinanzierer für den Tiefwasserhafen findet, dann ist das gesamte Projekt aufgrund dieser Tatsache infrage gestellt. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Hirche das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/FDP-Landesregierung freut sich über das erneute Bekenntnis der SPD-Fraktion zum Projekt JadeWeserPort. Zwar mussten wir - das zu Ihrem Zwischenruf von vorhin, Herr Buß - in dieser Legislaturperiode 89 Millionen Euro nachfinanzieren. Das ist uns das Strukturprojekt jedoch wert gewesen. Ich freue mich, dass die Gemeinsamkeit hier anhält.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dieses mit Abstand größte Infrastrukturprojekt des Landes wird die niedersächsische Seehafenverkehrswirtschaft und die Internationalisierung sowie den Ausbau des Logistikstandorts stärken. Es wird helfen, die Strukturschwäche im Nordwesten unseres Landes zu überwinden. Schon seit geraumer Zeit hat sich eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Wirtschaftsministeriums intensiv mit der Hinterlandanbindung befasst. Sie hat sich insbesondere mit der Verbesserung der Anbindung des Tiefwasserhafens an das Schienennetz beschäftigt und detaillierte Empfehlungen vorgelegt. Dabei gab es einen durchaus konstruktiven Dialog mit der Deutschen Bahn. Deshalb möchte ich zu den einzelnen Punkten einige Anmerkungen machen.

Zur A 22 in aller Kürze Folgendes: Ich denke schon, dass die A 22 bei der Vernetzung der beiden Häfen Bremerhaven und Wilhelmshaven zu

einem großen Nordseehafen à la Rotterdam eine wichtige Rolle spielt.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Zwei Lkw pro Stunde!)

Aber die hauptsächliche Begründung für die A 22 liegt natürlich nicht in dem Hafen von Wilhelmshaven, sondern in der Herstellung einer Magistrale von Stockholm nach Amsterdam und in der Erschließung des Elbe-Weser-Dreiecks.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Wir wissen, dass sich die Finanzierung der Gesamtstrecke angesichts knapper werdender Baumittel nicht im Rahmen der normalen Haushalte darstellen lassen wird. Wir werden eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel einbringen, das Fernstraßenprivatfinanzierungsgesetz entsprechend zu ändern. Ich sage das einmal so: Wenn dabei der eine oder andere Stolpe(r)stein aus dem Weg zu räumen ist, dann werden wir auch das hinbekommen.

Für den sechsspurigen Ausbau der A 1 hat der Bundesverkehrsminister eine Finanzierung nach dem Betreibermodell in Aussicht gestellt, wenn die Lkw-Maut eingeführt ist. Inzwischen werden entsprechende Musterregelungen für das A-Modell ausgearbeitet. Ich denke, wir werden noch in diesem Jahr mit den Arbeiten zur Vorbereitung und Vergabe einer Konzession beginnen.

Die Schienen- und Straßenanbindungen im Bereich Wilhelmshaven, Oldenburg, Bremen sind natürlich von allergrößter Bedeutung. Wir brauchen bis zur Inbetriebnahme des JadeWeserPorts 2009/2010 eine leistungsfähige Bahnanbindung. Die Bahnstrecke zwischen Wilhelmshaven und Oldenburg bzw. Bremen wird ertüchtigt. Im Jahre 2003 ist mit der Beseitigung von Langsamfahrstellen begonnen worden. Der nächste Schritt ist der durchgängige zweispurige Ausbau der Bahnstrecke bis Oldenburg und die Elektrifizierung. Mit der Deutschen Bahn und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen stehen die Länder Bremen und Niedersachsen auf Fachebene in ständigem Kontakt, um insbesondere für den Engpass Bremen mit Zulaufstrecken Lösungen zu finden.

Bei allen Baumaßnahmen - das ist selbstverständlich - werden die Belange der Anwohner im Rahmen der Genehmigungsverfahren berücksichtigt,

sodass erforderliche Lärmschutzverfahren eingeleitet werden können.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Der zunehmende Lkw-Verkehr wird nach Inbetriebnahme des JadeWeserPorts - ich glaube, darüber sind wir uns alle einig - von der A 29 ohne Probleme verkraftet werden können. Im Bahnbereich gibt es aufgrund der Prognosen punktuell absehbare Probleme, wenn wir dort nichts tun; diese werden sich durch zusätzliche Bahnverkehre im Zusammenhang mit dem JadeWeserPort verstärken. Eine Verschärfung entsteht vor allem - das ist angesprochen worden - durch längere Schrankenschließzeiten. Insoweit sind die örtlichen Gebietskörperschaften aufgefordert, im Schulterschluss mit uns Verbesserungen bei der Bahn einzuleiten.

Meine Damen und Herren, insgesamt ist festzuhalten: Die Probleme sind nicht neu. Sie sind erkannt. Sie sind in dem uns vorliegenden Antrag benannt. Ich denke, wir werden gemeinsam darangehen können und müssen, die Probleme zu lösen - im Interesse dieses Infrastrukturprojekts, das für Niedersachsen - ich sage es noch einmal auf lange Sicht eine ähnliche Bedeutung haben wird wie der Bau des Mittellandkanals vor 100 Jahren.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Wulf noch einmal gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Abgeordneter aus der Region will ich insbesondere an die Adresse der Grünen klar sagen: Die Menschen bei uns wollen den JadeWeserPort. Sie stehen dazu. Sie wollen auch die Küstenautobahn. Das ist eindeutig so.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Enno Hagenah [GRÜNE]: Da ken- nen wir aber ganz andere Menschen aus Ihrer Region!)

Insbesondere durch Initiativen der Handwerkskammern und der Industrie- und Handelskammer ist nachgewiesen worden, wie wichtig und notwendig diese Autobahn ist.

Auf eines möchte ich noch eingehen - darauf haben dankenswerterweise bereits der Kollege Will und auch die Kollegin Ortgies hingewiesen -: Das ist die Besorgnis der Anwohnerinnen und Anwohner, was den Schienenverkehr angeht. Frau Ortgies hat sehr richtig auf die Situation in Sande hingewiesen. Als Oldenburger Abgeordneter möchte ich darauf hinweisen, dass die Bahnstrecke von Wilhelmshaven nach Oldenburg und Bremen etwa die Hälfte der Einwohner in Oldenburg tangiert, also etwa 75 000 Menschen. Diese 75 000 Menschen werden nach Fertigstellung des JadeWeserPorts davon betroffen sein, dass in der Tat - das ist richtig gesagt worden - bis zu 36 Züge mit bis zu 600 m Länge, und zwar vor allem nachts, durch die Wohngebiete fahren.

Angesichts dessen haben die Menschen zu Recht Befürchtungen und Ängste. Entsprechend hat sich der Widerstand, der sich dort entwickelt hat, artikuliert. Die Leute wollen den JadeWeserPort, verlangen aber, dass dieses Problem gelöst wird. So haben sich z. B. die Bürgervereine und Siedlungsgemeinschaften zwischen Wilhelmshaven, Oldenburg und Bremen zusammengefunden und eine Gemeinschaft „Bürger für den JadeWeserPort“ gegründet, die aber auch für den Lärmschutz an dieser Strecke eintritt. Es sind tausende von Menschen, die hier aktiv werden. Wir wollen natürlich, dass der JadeWeserPort auf Akzeptanz stößt. Das erreichen wir aber nur dann, wenn wir auf die Bedürfnisse und Ängste der Menschen eingehen.

Da ist natürlich, Herr Riese, auch die Landesregierung in der Pflicht. Es geht nicht an, einfach nur auf die Zuständigkeit der Deutschen Bahn oder der Bundesregierung oder der Kommunen zu verweisen; vielmehr verlangen wir von der Landesregierung, dass sie die Interessen und Bedürfnisse der Menschen an der Strecke ernst nimmt und die Befürchtungen beseitigt. Da reicht es nicht zu sagen, Herr Hirche, wie Sie es gerade getan haben, dass die Interessen der Anwohner berücksichtigt werden; sie haben die Möglichkeit, Einspruch zu erheben, und dann werden Lärmschutzmaßnahmen eingeleitet. Die entscheidende Frage ist doch, wer das bezahlt.

(Zuruf von der CDU: Der Verkehrsträ- ger natürlich!)

Dass wir in dieser Frage gemeinsam aktiv werden müssen, ist völlig klar. Aber ich denke, Herr Hirche, es kommt entscheidend darauf an, dass die Landesregierung die Befürchtungen der Menschen

aufnimmt und deutliche Signale dafür setzt, wie ihnen begegnet werden soll. Diesbezüglich erwarten wir von Ihnen konkrete Schritte. Nur dann sind wir in einem Boot. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sein der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, mitberatend der Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen und der Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 26 aufrufe, kann ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, den Antrag unter Tagesordnungspunkt 28 direkt zu überweisen. Dann wollen wir das auch gleich tun.

Ich rufe also auf

Tagesordnungspunkt 28: Waldkindergärten in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1034

Federführend soll der Kultusausschuss sein, mitberatend sollen sein der Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung: Nordhorn-Range: Belastungen minimieren - langfristig schließen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1031

(Zuruf von der CDU)

- Nein, es spricht im Augenblick der Präsident. Eingebracht wird der Antrag vom Abgeordneten Will. Ich erteile ihm hiermit das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Nordhorn-Range ist im Niedersächsischen Landtag nicht neu. Bereits Ende der 80er-Jahre und Ende der 90er-Jahre haben eindeutige Entschließungen des Niedersächsischen Landtages die jeweilige Bundesregierung aufgefordert, den Luft/Boden-Schießplatz Nordhorn-Range aufzugeben und endgültig zu schließen.