Protokoll der Sitzung vom 26.01.2005

In § 6 Abs. 5 des Schulgesetzes ist die Beratungspflicht der Schule gegenüber den Eltern festgelegt. Die Schule muss im vierten Schuljahrgang mit den Erziehungsberechtigten einen Dialog über die Frage des weiteren Bildungsweges führen. Es geht nicht um eine einfache Verordnung, ein Dialog ist

angesagt. Die Schule gibt den Eltern am Ende des Jahrgangs eine Empfehlung für die geeignete weiterführende Schulform, aber die Erziehungsberechtigten treffen die Entscheidung in eigener Verantwortung.

Als Anregung und Hilfestellung für Schulleitung, Lehrkräfte und Eltern haben wir über den ursprünglichen Erlass hinaus einen Leitfaden zur Schullaufbahnempfehlung entwickelt. Der ist im Internet veröffentlicht und wird demnächst auch als Broschüre zu erhalten sein. Wir erörtern Erkenntnisse aus Dienstbesprechungen mit Schulleiterinnen und Schulleitern, weil wir ja alle noch besser werden können. Auch führen wir landesweit mit gutem Erfolg eintägige Schulungen für Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer der vierten Klasse zum Thema Elternberatung durch.

Auch seitens der Lehrerschaft wird in diesem Bereich sehr verantwortlich gearbeitet. Der letzte Jahrgang war der erste Jahrgang, der nach dem neuen Verfahren beurteilt wurde. Ich kann nur sagen, dass das auch sehr gut gelungen ist.

Ich finde schon - da stimme ich der Einschätzung von Herrn Meinhold zu -, dass die Lehrerinnen und Lehrer insgesamt gute Prognosen abgegeben haben. Da und dort sind aber auch Standortsituationen zu berücksichtigen, und man muss die Entwicklung beobachten. Es soll auch vorkommen, dass Eltern irren. Und wenn die Begehrlichkeit der Eltern auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird, muss man aufpassen und Kinder eventuell vor dem Ehrgeiz der Eltern schützen.

Wir haben lange überlegt - dazu gab es zwar eine jahrzehntelange Diskussion, aber wir haben das auch in den Gesetzesberatungen sehr genau überlegt -, wie wir die Jahrgänge 5 und 6 gestalten sollen. Meine Einschätzung ist, dass am Ende der Klasse 6 notfalls ein Korrektiv in Form einer Entscheidung durch die Schule möglich sein muss, weil manchmal selbst bei richtiger Prognose die Entwicklung anders verlaufen ist. Dann muss man sich darüber unterhalten, was für das Kind das Beste ist.

Dass hier ein Diskussionsspielraum besteht, dass manche meinen, diese Entscheidung könnte man schon nach dem 5. Schuljahr treffen - ich bin da anderer Auffassung -, darüber muss doch wenigstens nachgedacht werden dürfen. Ich plädiere für die jetzige gesetzliche Regelung.

Wir sind ja alle gesetzestreue Bürger, in der Opposition und in der Regierung.

(Walter Meinhold [SPD]: Ja! In Regie- rung und Opposition!)

Weil wir die Stundentafeln für die 5. und 6. Jahrgänge kompatibel gestaltet haben - Stichwort Durchlässigkeit -, kann jeder vernünftige Mensch nur dafür sein, das jetzt einige Jahre laufen zu lassen, um die praktischen Auswirkungen zu sehen.

Deswegen bin ich sicher, dass Sie für 2008 nicht mit neuen Modellen zur Schulstruktur kommen. Schließlich wissen Sie genau, dass gute Grundlagen geschaffen worden sind und sich der Erfolg entsprechend einstellen wird.

(Walter Meinhold [SPD]: Wir werden sehen!)

Noch einmal zu dem Antrag selbst, meine Damen und Herren. Die Regierung und die Mehrheitsfraktionen möchten die Opposition in einer guten Sache ja auch einmal glücklich machen. Aber was fordern Sie eigentlich? - Sie fordern, den freien Elternwillen zu erhalten.

(Walter Meinhold [SPD]: Ja!)

Das habe ich Ihnen attestiert, indem ich gesagt habe, das steht so im Gesetz.

Sie wollen, dass keine Aufnahmeprüfungen durchgeführt werden, wenn der Elternwille und die Empfehlung seitens der Schule auseinander laufen. - Das passiert auch nicht.

(Walter Meinhold [SPD]: Das wird gefordert!)

Was kann ich Ihnen denn noch liefern? - Sie wollen, dass nicht nach dem 5. Jahrgang, sondern wie nach der jetzigen Rechtslage nach dem 6. Jahrgang die Schullaufbahn bewertet wird.

Mithin ist alles so, wie Sie es wollen. Nun weiß ich nicht, was wir für Sie beschließen sollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann nur sagen: Offenbar ist alles gut so, und ich bedanke mich für das Vertrauen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Jüttner das Wort. Sie haben zwei Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist schon höhere Logik, Herr Busemann, das war Klasse. In dem Antrag der SPD-Fraktion ist alles richtig, sagt Herr Busemann, und deshalb müssen wir dagegen stimmen. - Das ist schon toll.

(Beifall bei der SPD)

Die Aufgabe einer Opposition besteht darin, die Regierung und die sie tragenden Kräfte ordentlich auf Schwung zu halten.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist Ih- nen in den letzten zwei Jahren nicht gelungen!)

Wenn eine Regierungsfraktion einem Minister widerspricht, dann müssen wir das aufdecken.

(Ah! bei der CDU)

- Ja. Darum haben Sie sich auch 13 Jahre lang bemüht. Es hat aber selten geklappt.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie haben noch 13 Jahre vor sich!)

Hier haben wir ein schönes Beispiel, wo uns dies gelungen ist. Der Kultusminister hält sich an die Koalitionsvereinbarung und an das Gesetz und wird darin von uns unterstützt. Aber eine der Regierungsfraktionen findet das abgrundtief falsch. Das müssen wir hier für die Öffentlichkeit dokumentieren. Es ist Ihr Problem, sich dazu zu verständigen, und nicht unseres. Vor dem Hintergrund läge es nahe, dass wenigstens Herr Busemann unserem Antrag zustimmt.

Zweite Bemerkung. Herr Busemann, wir wollen einmal mit dieser Debatte um das Losverfahren aufräumen. Das gibt es übrigens schon heute an bestimmten Stellen im Gesetz. Immer dann, wenn die Eltern mehr Kinder an eine Schule schicken wollen, als dort Platz ist, braucht man ein geregeltes Verfahren. Dann wendet man ein Losverfahren an. - Das gibt es auch heute, und dagegen ist nichts zu sagen. Darum ging es auch in unserem Konzept, um nicht mehr und nicht weniger. Damit war keinerlei Einschränkung des Elternwillens gemeint.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist falsch, was Sie sagen! - Gegenruf von Walter Meinhold [SPD]: Das stimmt nicht!)

Ich will Ihnen auch einmal etwas sagen, weil Sie uns schon Vorschläge machen, dass wir nach 2008 alles so bleiben lassen sollten. Das wird mit Sicherheit - -

(Unruhe - Glocke der Präsidentin - Der Redner wendet sich an die Präsi- dentin)

- Es ist zu laut, nicht wahr? Die sind verärgert, weil das, was ich sage, so überzeugend ist.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Überzeu- gend, aber falsch! - Lachen bei der CDU)

Provozieren Sie mich nicht, Herr Jüttner. Ich war gerade glücklich, dass es so schön leise war.

Entschuldigung, Frau Präsidentin! - Ich will eine Bemerkung zu dem Thema Elternwillen machen. Hier geht es um Ihre Logik. Dafür haben wir Sie kritisiert und treiben Regierung und FDP-Fraktion gegeneinander.

(Lachen bei der CDU und der FDP)

Es gibt eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs. Da hat jemand die Frage aufgeworfen, ob eine IGS dem Elternwille gerecht wird. Der Staatsgerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass auch eine IGS dem Elternwillen voll Rechnung trägt. Er sagt, dass sich der Elternwille nicht auf die Schulform als solche richten kann, sondern darauf, für das Kind möglichst das Optimum zu erreichen. Mithin kann er auch in einem integrierten Schulsystem berücksichtigt werden.

Wir wollen mehr Förderung, mehr Differenzierung und mehr Forderung. Vor diesem Hintergrund wird ein Konzept von uns mit dem Elternwillen nie in Konflikt kommen. Sie werden es sehen.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Schwarz das Wort. Für eine Minute!

Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich mich in der Diskussion nicht einfach in eine Ecke drücken lassen will.

Ich habe im Namen meiner Fraktion klar gesagt, dass es sich hierbei um einen Vorschlag handelt, weil wir uns mit einer ganz bestimmten Situation, mit der wir nicht zufrieden sein können, auseinander gesetzt haben. Wir haben gesagt, wir brauchen eine Lösung. Sie verschließen sich einer solchen Lösung, wir hingegen diskutieren das in der Koalition. Das haben wir auch in der Vergangenheit schon getan, sind aber nicht auf einen Nenner gekommen; ich meine: noch nicht.

(Walter Meinhold [SPD]: Das be- fürchten wir auch!)

Es kann durchaus sein, dass die Zeichen der Zeit sogar Sie überzeugen

(Walter Meinhold [SPD]: Nein!)

und Sie plötzlich merken - wenn Sie Ihre Blockadehaltung aufgeben und neu nachdenken -, wo eigentlich die Schwierigkeit liegt.