Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

Meine Damen und Herren, wir sehen, wir sind hierbei seitens der Landesregierung auf dem richtigen Weg. Die CDU-Fraktion hat hierzu interessante Initiativen vorgelegt. Vor diesem Hintergrund begrüßt die CDU-Landtagsfraktion umso mehr, dass die Jugendverbände in Niedersachsen nicht einfach kommen und die Hand aufhalten, sondern dass sie mit sehr konkreten und kreativen Vorschlägen aufwarten, wie wir gemeinsam an der Lösung dieser schwierigen Probleme arbeiten können.

Ein weiterer wichtiger und richtiger Schwerpunkt in der Jugendpolitik der Landesregierung ist die flächendeckende Einrichtung von Pro-Aktiv-Centren, die wir auch unter Nr. 1 unseres Antrages thematisiert haben. Mit diesem konsequenten Schritt haben wir den jugendpolitischen Förderwirrwarr der vorherigen Landesregierung beendet. Diese jetzt für die jungen Menschen nachvollziehbare Förderung ist insbesondere im Interesse der schwächeren jungen Menschen, die wir mit unseren Hilfestellungen erreichen wollen, ein richtiger Schritt. Klare Strukturen sind hierbei von großer Wichtig

keit. Diese Politik wird von den Fachleuten vor Ort wie den kommunalen Jugendämtern ausdrücklich begrüßt.

Aber auch von anderer Seite erhält die Landesregierung für diesen Kurs Unterstützung. So erklärt die Landesarbeitsgemeinschaft der Jugendsozialarbeit in einer Stellungnahme vom 27. November 2003 - ich zitiere und komme dann auch zum Schluss -: „Die Absicht des Landes, die bisherigen Einzelprogramme in Pro-Aktiv-Centren zusammenzuführen, ist sinnvoll und wird ausdrücklich begrüßt.“

Sie können also sehen, dass sich die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen auch nach Auffassung von Fachleuten mit ihren jugendpolitischen Schwerpunkten auf dem richtigen Weg befinden.

Die CDU-Landtagsfraktion sieht in diesem Antrag die Voraussetzungen dafür gegeben, eine fundierte Diskussion zu führen, und freut sich auf eine lebendige Diskussion mit den Kollegen aus dem Parlament, aber insbesondere auch auf einen leidenschaftlichen Dialog mit der jungen Generation in Niedersachsen. Die jungen Menschen sollten im Mittelpunkt dieser Diskussion stehen und uns ein wichtiger Ratgeber sein. - In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Inzwischen liegt mir auch zu Tagesordnungspunkt 23 von der beantragenden Fraktion eine Wortmeldung vor. Ich erteile Herrn Albers von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Thümler, zum Wohle unserer Kinder und Jugendlichen hoffe ich, dass Sie selbst das nicht glauben, was Sie eben von sich gegeben haben.

(Zuruf von der CDU: Doch, wir glau- ben das schon!)

Das war schon eine peinliche Nummer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Jugendhilfe und Jugendarbeit sind von der Niedersächsischen Landesregierung in den letzten zwei Jahren eklatant vernachlässigt und benachteiligt worden.

Auf diesen einen Satz lässt sich die Bilanz der CDU/FDP-Landesregierung für die letzten zwei Jahre zum Thema Jugend zusammenfassen.

(Thorsten Thümler [CDU]: Wer sagt das?)

Wie komme ich zu diesem Urteil? - Das will ich gerne erläutern, damit Sie, Herr Thümler, auch wissen, worum es sich dreht. Seit dem Amtsantritt der Regierung Wulff werden der Ministerpräsident und die zuständige Sozialministerin nicht müde, auf jeder Veranstaltung und in jeder Publikation darauf hinzuweisen, dass ein besonderes Augenmerk auf Kindern und Jugendlichen liegt.

(Thorsten Thümler [CDU]: Das ist auch so!)

Das sind warme, sehr warme Worte, die Sie auch gewählt haben, die von der Bevölkerung gerne gehört, aber immer seltener geglaubt werden. Und tatsächlich: Die Realität spricht eine völlig andere Sprache.

Keine Landesregierung - ich wiederhole: keine Landesregierung - hat die Mittel im Bereich Jugendhilfe und Jugendarbeit derart drastisch gekürzt wie die jetzige. Hierbei überholen Sie im negativen Sinne sogar die Regierung Ernst Albrecht. Alle Achtung!

Beispiele kann ich Ihnen nennen. Ministerpräsident Wulff schreibt im Geleitwort zum aktuellen JULEICA-Handbuch - :

„Umso wichtiger ist es, für das Ehrenamt zu werben und die Rahmenbedingungen für diese Arbeit zu verbessern. Deshalb verdient das Engagement der Ehrenamtlichen eine ganz besondere Unterstützung und Anerkennung.“

Doch wie sieht diese Verbesserung der Rahmenbedingungen aus der Sicht der CDU/FDP-Landesregierung in der Realität aus? - Sie kürzen im Bereich der Förderung von Trägern der Jugendarbeit fast 75 % - d. h. von 2,5 Millionen Euro auf 600 000 Euro - aus dem Haushalt. Diese Kürzung trifft insbesondere die ehrenamtlich Tätigen. Herr Ministerpräsident Wulff, die Kürzung von knapp 2 Millionen Euro aus dem Bereich der Jugendarbeit verstehen Sie also als besondere Unterstützung des Ehrenamtes.

Zweites Beispiel: Im Geleitwort zum JULEICAPraxisbuch G - d. h. für geschlechtsbewusste Jugendarbeit - schreibt Frau Sozialministerin von der Leyen:

„Mir ist es ein besonderes Anliegen, dass geschlechterbezogene Ansätze weiterentwickelt werden und die Geschlechterperspektive in allen Arbeitsfeldern der Jugendarbeit integriert wird.“

Weil das ein ganz besonderes Anliegen der Ministerin ist, wurde die Haushaltsstelle „Förderung der Gleichberechtigung von Mädchen in der Jugendhilfe“ um nahezu 50 % gekürzt. Wem wollen Sie das erklären, meine Damen und Herren von CDU und FDP?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Kommen wir zum dritten Beispiel. Die 150 Millionen Euro, die Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, den Kommunen aus dem Finanzausgleich gestrichen haben, müssen vor Ort erbracht werden. Nun raten Sie einmal - Herr Thümler, Sie können sich darüber auch Gedanken machen -, wie und in welchen Bereichen die Kommunen fast schon gezwungen sind, die Mittel einzusparen: natürlich bei den so genannten freiwilligen Leistungen, d. h. auch in der Jugendarbeit, zunehmend aber auch in der klassischen Jugendhilfe.

Kurz gesagt: Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP sparen nicht für die Jugend, nein, sie sparen an der Jugend. Das ist das Schlimme.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Thorsten Thümler [CDU]: Das erzählt ihr schon seit zwei Jah- ren, und nichts anderes!)

So planlos, wie Ihr Handeln in der Jugendarbeit und der Jugendhilfe ist, so planlos erscheint auch das Handeln der Regierung beim Thema Kinderund Jugendschutz. Wir haben zu vielen Themen tolle Aufsätze und Pressemitteilungen gelesen, und passiert ist zum Thema Kinder- und Jugendschutz in Niedersachsen nichts in den letzten zwei Jahren. Meine Damen und Herren, darüber würde ich mir auch einmal Gedanken machen: Entweder ich kündige an und setze um, oder ich sage erst einmal gar nichts davon. Großartigen Pressemit

teilungen stehen in der Realität empfindliche Haushaltskürzungen durch CDU und FDP gegenüber.

Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, dass gerade das Thema Kinder- und Jugendschutz von Ihnen immer dann aus der Schublade geholt wird, wenn es angenehm ist und wenn die Öffentlichkeit dabei ist, und dann verschwindet das Thema wieder ganz schnell.

Der Niedersächsische Kinder- und Jugendplan der SPD-Vorgängerregierung war ein nützliches und effektives Mittel,

(Thorsten Thümler [CDU]: Hochbüro- kratisch!)

um gerade neue Impulse in der Jugendhilfelandschaft Niedersachsens zu setzen.

(Thorsten Thümler [CDU]: Papier habt ihr hergestellt!)

- Herr Kollege Thümler, Sie haben irgendwann einmal von Vorbildern gesprochen, was die Jugendarbeit anbelangt. Wenn Sie nach wie vor dazwischenbölken, dann weiß ich nicht, ob das für die Jugend ein Vorbild ist.

(Beifall bei der SPD - Thorsten Thümler [CDU]: Ich bölke nicht dazwi- schen, ich weise Sie nur darauf hin!)

Ebenfalls durch die SPD-Regierung initiiert, wurden allein in den letzten Jahren 45 Projekte durch das Impuls-Programm gefördert. Neue Ideen aus den verschiedensten Bereichen der Jugendarbeit und Jugendhilfe konnten niedersachsenweit, aber vor allem vor Ort angeschoben und weitergeführt werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Programm PRO-JULEICA des Landesjugendringes. Ihm allein ist es zu verdanken, dass Niedersachsen die meisten Jugendleitercard-Inhaber aller Bundesländer aufweist. Hier konnte mit verhältnismäßig wenig Mitteln viel für die ehrenamtliche Jugendarbeit erreicht werden. Wenn sich die heutige Landesregierung und anscheinend auch der jugendpolitische Sprecher der CDU-Fraktion mit der hohen Zahl von Ehrenamtlichen in der Jugendarbeit und Jugendleitercard-Inhabern brüstet, so ist das vor allem dem Engagement des Landesjugendringes und dem Programm PROJULEICA zu verdanken, leider aber nicht Ihnen.

(Beifall bei der SPD - Thorsten Thümler [CDU]: Was wir auch gesagt haben! Sie müssen uns einmal zuhö- ren, Herr Kollege!)

Nach zwei Jahren Regungslosigkeit der Landesregierung soll unser Antrag ein Aufschlag dafür sein, dass dem Thema Jugendhilfe/Jugendarbeit auch hier im Parlament und in der Landespolitik endlich wieder der Stellenwert eingeräumt wird, der ihm zusteht.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch die Fraktionen von CDU und FDP haben anscheinend bemerkt, dass sie in Niedersachsen im Bereich Jugendhilfe in den letzten zwei Jahren nichts bewegt haben. Sie haben einen Antrag gestellt; doch dieser Antrag, verehrter Herr Thümler, ist eine Verhöhnung all derer, die in der Jugendhilfe und in der Jugendarbeit tätig sind.

(Thorsten Thümler [CDU]: Das sah der Landesjugendring aber anders!)

So halten Sie sich vor allen Dingen mit Selbstverständlichkeiten auf. Beispiel: Sie bitten die Landesregierung, die Zusammenarbeit der Sozialarbeiter an den Hauptschulen mit der örtlichen Jugendhilfe weiter zu intensivieren. - Sprechen Sie doch einmal mit den Sozialarbeitern! Was ist denn schon jetzt ihr Aufgabengebiet? - Sie fordern hier eine Selbstverständlichkeit, die schon längst umgesetzt wird.

Ferner bitten Sie die Landesregierung, die Kooperation von Jugendverbänden, Vereinen, Kirchen und örtlicher Jugendhilfe mit den Schulen im Rahmen ihrer Ganztagsangebote weiterzuentwickeln. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, da ist Ihr Bildungsminister - leider ist er im Moment nicht da -, Herr Busemann, schon viel weiter. Der hat mit den Jugendverbänden bereits eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen.

(Thorsten Thümler [CDU]: Das wissen wir!)

Ich glaube aber, Herr Thümler, dass das Kultusministerium für Sie noch eine Ausgabe hat, damit auch Sie das nachlesen können.

(Thorsten Thümler [CDU]: Das haben wir wahrscheinlich intensiver gelesen als Sie!)

Viel wichtiger ist mir, dass in Ihrem Antrag Ihre drei Hauptanliegen deutlich werden. Diese will ich jetzt auch einmal benennen. Sie fordern andere auf, ihre Anstrengungen zu intensivieren, sind jedoch

nicht bereit, das Ihrige dazu beizutragen. Etliche Jugendverbände und Vereine vor Ort befürchten zum Beispiel, beim Thema Angebote im Rahmen der Ganztagsschulen als Nachmittagsbetreuungskräfte missbraucht zu werden. Es ist ja auch eine billige Lösung, meine Damen und Herren, sich mit Ganztagsschulen zu schmücken, die Nachmittagsbetreuung aber auf die Vereine und ehrenamtliche Kräfte abzuwälzen.

(Thorsten Thümler [CDU]: Das nennt man Zusammenarbeit!)

Ich sage Ihnen aber: So einfach können Sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP.