Protokoll der Sitzung vom 22.04.2005

„Panorama" berichtete in der Sendung vom 31. März 2005 über Hygieneverstöße in dem niedersächsischen Schlachthof D+S. Dabei wurde auch aus Protokollen der Anwälte, die anlässlich von Telefonüberwachungen angefertigt wurden, zitiert.

„Ich sag mal, ich hab mich ja fast schon daran gewöhnt, dass mir ab und zu mal einer hinter die Kisten scheißt. Die müssen die simpelsten Personalhygienedinge machen! Hände waschen.“

Selbst der Betriebsrat zeigt sich fassungslos angesichts der massiven Fäkalbakterien.

Auszug aus der Telefonüberwachung: „Was für (Coli-) Werte, so was hab ich noch nicht gesehen. Ich bin jetzt mittlerweile auch fast neunzehn Jahre mit Fleisch zugange, so was hab ich noch nicht gesehen. So was gibt‘s normal nicht.“

Wir fragen die Landesregierung:

1. In welchem Umfang werden in den Schlachtund Zerlegebetrieben Hygienekontrollen durchgeführt, und gab es in den Jahren 2003/2004/2005 besondere Auffälligkeiten und Beanstandungen?

2. Welche Kontrollen zu den Angaben der Beschäftigten führen die Gesundheitsämter im Rahmen der Ausstellung von Belehrungsnachweisen durch?

3. Wie viele Belehrungsnachweise für Beschäftigte der Schlacht- und Zerlegebetriebe wurden in den Jahren 2003/2004/2005 beantragt, und wie viele davon negativ beschieden?

Im Namen der Landesregierung beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu 1: Die von den zuständigen Behörden gemäß § 11 b der Fleischhygiene-Verordnung vorzunehmende Überwachung in zugelassenen Betrieben durch den amtlichen Tierarzt erfolgt in Schlachtbetrieben mindestens während der gesamten Dauer

der Schlachttier- und Fleischuntersuchung, in Zerlegungsbetrieben während der Zerlegung mindestens einmal täglich. Durch die Präsenz des amtlichen Tierarztes während der Betriebszeiten ist gewährleistet, dass festgestellte Hygienemängel unverzüglich angesprochen und behoben werden. Hierbei handelt es sich regelhaft um Marginalvorgänge.

Die Überwachung in registrierten Betrieben durch den amtlichen Tierarzt erfolgt in einem Umfang, der von der Zahl und dem Zeitpunkt der Schlachtungen, dem Umfang der Zerlegung sowie dem Umfang und dem Ergebnis vom Betrieb durchgeführter Eigenkontrollen abhängt.

Zugelassene und registrierte Schlachtbetriebe sind verpflichtet, im Rahmen ihrer betrieblichen Eigenkontrolle die allgemeinen Hygienebedingungen durch bakteriologische Probenahme und -untersuchung an Schlachtkörpern zu überprüfen. Zusätzlich haben diese Betriebe sowie zugelassene Zerlegungsbetriebe die Wirksamkeit ihrer Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durch die Entnahme und Untersuchung mikrobiologischer Proben von Lebensmittelkontaktflächen zu überprüfen. Art und Umfang dieser Eigenkontrollmaßnahmen sind in der Entscheidung 2001/471/EWG festgelegt. Die Ergebnisse dieser betriebseigenen Untersuchungen werden regelmäßig durch amtliche Kontrolluntersuchungen verifiziert.

Besondere Auffälligkeiten und Beanstandungen sind hier in den letzten Jahren nicht zur Kenntnis gelangt.

Zu 2: Zielsetzung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ist, die Eigenverantwortung der Träger und Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen, Lebensmittelbetrieben, Gesundheitseinrichtungen sowie des Einzelnen bei der Prävention übertragbarer Krankheiten zu verdeutlichen und zu fördern. Die Rechtssystematik des IfSG fordert grundsätzlich keine regelmäßigen Kontrollen des Gesundheitsamtes mehr. Stattdessen werden Personen, die gewerbsmäßig eine Tätigkeit im Lebensmittelbereich ausüben, über Tätigkeits- und Beschäftigungsverbote aufgrund von übertragbaren Krankheiten durch das Gesundheitsamt oder einen dafür beauftragten Arzt vor Aufnahme der Tätigkeit belehrt. Darüber wird eine Bescheinigung ausgestellt. Nachfolgende jährliche Belehrungen müssen vom Arbeitgeber durchgeführt und dokumentiert werden.

Zu 3: Statistiken über die Häufigkeit der durchgeführten Belehrungen durch die Gesundheitsämter oder der beauftragten Ärzte werden auf Landesebene nicht geführt. Wie beschrieben wird über die Belehrung lediglich eine Bescheinigung ausgestellt. Ein Bescheid hierüber ergeht nicht.

Anlage 30

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 34 der Abg. Klaus Fleer, Karin StiefKreihe, Uwe Harden, Claus Johannßen, Rolf Meyer und Dieter Steinecke (SPD)

Missbrauch in der Fleischbranche bekämpfen - was tut die Landesregierung?

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) hat die Regierungen der Bundesländer aufgefordert, im Rahmen der Anzeigepflichten nach § 14 Gewerbeordnung bei Dienstleistungsunternehmen in der Fleisch verarbeitenden Industrie Missbrauchstatbestände zu prüfen und mit der Bundesregierung geeignete Schritte zum Ausschluss solcher Missbrauchstatbestände zu vereinbaren.

Außerdem hat die Landesregierung in ihrer Antwort vom 20. Juli 2004 (Illegale Beschäfti- gung in der niedersächsischen Fleischindustrie wirksam bekämpfen, Drs 15/1208) mitgeteilt, „… dass die illegale Beschäftigung bekämpft werden muss, da die große Bedeutung der Fleischproduktion und Fleischverarbeitung in Niedersachsen nur durch produktive Arbeitsplätze und fairen Wettbewerb gesichert werden kann. Sie hat daher bereits im letzten Jahr die Ermittlungen unterstützt und wird sich auch in Zukunft für wirksame Kontrollen einsetzen.“

Wir fragen die Landesregierung:

1. In welchem Umfang wurden Kontrollen durch die Gewerbeaufsichtsämter in den Jahren 2003/2004/2005 in den Schlacht- und Zerlegebetrieben durchgeführt?

2. Zu welchen Ergebnissen führten die Kontrollen der Gewerbeaufsichtsämter?

3. In welcher Form hat sich die Landesregierung für „wirksame Kontrollen“ eingesetzt, und wurden Schwerpunktprüfungen insbesondere in den Bereichen Oldenburg und Osnabrück durch die OFD Hannover, Abteilung FKS (Drs 15/1208) , durchgeführt?

Die Zuständigkeit für die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und der Schwarzarbeit liegt bei der Zollverwaltung des Bundes. Die Behörden des Landes haben in diesem Zusammenhang keine Kontrollbefugnisse. Dies gilt auch für die Frage der

Sittenwidrigkeit des Lohnniveaus und der Einhaltung des Lohnwucherverbots gemäß § 291 StGB.

Der in der Frage angesprochenen Bitte des Bundeswirtschaftsministers, unabhängig davon auch im Rahmen der Anzeigepflicht nach § 14 der Gewerbeordnung bei Dienstleistungsunternehmen in der Fleisch verarbeitenden Industrie Missbrauchstatbestände zu prüfen, ist das Niedersächsische Wirtschaftsministerium mit folgendem Ergebnis nachgekommen. Nach Aussage der für die Gewerbeanzeigen zuständigen Gemeinden sind die ausländischen Gewerbetreibenden in der Regel über die Rechtslage nach der Gewerbeordnung unterrichtet, sodass bei den Vollzugsbehörden Umgehungsabsichten nicht offenkundig werden. In Einzelfällen wurde bei Verdachtsmomenten die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte über vermutete Scheinselbständigkeiten in Kenntnis gesetzt. Das Gewerbeanzeigeverfahren ist allerdings nur ein bedingt taugliches Mittel, um illegale Beschäftigungsverhältnisse aufzudecken. Sofern die ausländischen Dienstleister ihrer Anzeigepflicht nachkommen, ist der Informationsfluss vom Gewerberegister zu den zuständigen Ermittlungs- und Verfolgungsbehörden gewährleistet. Nicht erfasst werden jedoch die Gewerbetreibenden, die unter Missachtung der Anzeigepflicht Dienstleistungen erbringen. Das Wirtschaftsministerium hat die Gewerbebehörden angehalten, beim Auftreten von Verdachtsmomenten auch die zuständigen Behörden zur Aufdeckung illegaler Beschäftigungsverhältnisse zu unterrichten.

Im Zuständigkeitsbereich des Niedersächsischen Sozialministeriums sind die Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter für die Überwachung des Arbeitsschutzes zuständig. Dies geschieht in den Betrieben stichprobenartig in Verantwortung der einzelnen Gewerbeaufsichtsämter.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: In den letzten Jahren wurden in Niedersachsen 291 Betriebe (2003) und 330 Betriebe (2004) der Fleisch verarbeitenden Industrie einschließlich Schlachtereien besichtigt. Weitergehende Angaben wurden routinemäßig nicht erfasst. Sie wurden allerdings bereits im Zuge einer Anfrage des BMWA mit einer Fristsetzung bis Mitte Mai von den Gewerbeaufsichtsämtern abgefragt.

Davon unabhängig hat die niedersächsische Gewerbeaufsichtsverwaltung eigeninitiiert 2004 im

Raum Oldenburg stichprobenartig Kontrollen mit dem Schwerpunkt „Unternehmen mit Werkverträgen“ durchgeführt, die zu folgenden Ergebnissen geführt haben:

Die Betriebe, in denen Werkvertragsarbeitnehmer beschäftigt wurden, unterschieden sich nicht durch erhebliche Mängel von Betrieben ohne Werkvertragsarbeitnehmer. Offensichtliche Arbeitszeitverstöße wurden nicht festgestellt. Bei der Überprüfung der Gemeinschaftsunterkünfte wurden nur geringe Mängel vorgefunden. Schwierigkeiten bestanden allerdings bei den eigentlichen Betriebsrevisionen. Es ist vorgekommen, dass in den Betrieben nicht ein einziger Arbeitnehmer der deutschen Sprache mächtig war. Es war teilweise schwierig, eine verantwortliche Person zu finden, die als Ansprechpartner zur Verfügung stand. Ebenso war die Zustellung von Revisionsschreiben und anderen Schriftstücken schwierig und ging schleppend voran, da sich im allgemeinen der Firmenhauptsitz nicht in Deutschland befindet.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die vorgefundenen Verhältnisse keine Einstellung der Arbeiten durch das Gewerbeaufsichtsamt gerechtfertigt haben. Verstöße gegen die tägliche Höchstarbeit sind in der Regel nicht nachweisbar. Revisionsschreiben sind wirkungslos, da die ausländischen Firmen in der Regel nur kurzzeitig in Deutschland tätig sind.

Zu 3: Zuständig für die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung ist die Zollverwaltung des Bundes, und zwar die OFD Köln, Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), mit ihren Außenstellen u. a. in Hannover. Die Landesregierung hat deshalb sowohl schriftlich als auch in mehreren Gesprächen mit der für Niedersachsen zuständigen Außenstelle der FKS um schwerpunktmäßige Prüfungen bei Betrieben der Fleischbranche gebeten. Das Ob und das Wie der Durchführung derartiger Prüfungen bestimmen entsprechend den gesetzlichen Regelungen des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz allerdings allein die dem Bundesministerium der Finanzen nachgeordneten Behörden der Zollverwaltung.

Nach Information durch die FKS - Außenstelle Hannover - werden Schwerpunktprüfungen gemäß den internen Abläufen bei der FKS bundesweit durchgeführt. Angesichts des erheblichen Aufwandes derartiger Aktionen muss ihre Zahl naturgemäß begrenzt sein. Das Problem von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung ist zudem nicht auf

die Fleischwirtschaft beschränkt, auch wenn diese Branche gerade in letzter Zeit in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt ist. Die Zollverwaltung hat mitgeteilt, dass sie kürzlich eine bundesweite Schwerpunktprüfung bei Betrieben der Fleischwirtschaft durchgeführt habe. Dabei seien wegen der Konzentration entsprechender Betriebe gerade in den Bereichen Oldenburg und Osnabrück auch in diesen Regionen Prüfungen vorgenommen worden. Eine Auswertung der Prüfung liege derzeit noch nicht vor.

Anlage 31

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 35 der Abg. Thomas Oppermann, Heinrich Aller, Ulrich Biel, Werner Buß, Frauke Heiligenstadt, Günter Lenz, Hans-Werner Pickel, Hans-Hermann Wendhausen, Gerd Will und Erhard Wolfkühler (SPD)

Anstrengungen zur Einhaltung des Landesvergabegesetzes

Mit dem Landesvergabegesetz sollten illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit zumindest im ÖPNV und auf den Baustellen des Landes unterbunden werden. Es mehren sich jedoch die Berichte, dass die tatsächliche Einhaltung des Landesvergabegesetzes nicht hinreichend überprüft wird und es daher auch zu Verstößen kommt. Die Vorkommnisse auf der Gefängnisbaustelle in Göttingen-Rosdorf sind ein Beispiel dafür.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie viele Beschäftigte des Landes aus welchen Dienststellen sind mit der Überwachung der Einhaltung des Landesvergabegesetzes betraut?

2. Sind die Anstrengungen des Landes aus Sicht der Landesregierung ausreichend, um die flächendeckende Einhaltung des Landesvergabegesetzes sicherzustellen?

3. Wie viele Verstöße in welchem Ausmaß sind seit In-Kraft-Treten des Landesvergabegesetzes durch die Dienststellen des Landes aufgedeckt worden?

Die Bekämpfung von illegaler Beschäftigung, Schwarzarbeit und Lohndumping basiert u a. auf den im Arbeitnehmerentsendegesetz enthaltenen Regelungen, die die Zahlung gesetzlicher Mindestlöhne im Baubereich vorsehen. Sie erfolgt durch die Dienststellen des Bundes - Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Bundeszollverwaltung -, die hierfür auch mit den entsprechenden hoheitli

chen Befugnissen ausgestattet sind. Darüber hinausgehend schreibt das Niedersächsische Landesvergabegesetz die Zahlung von am Ort der Leistungserbringung geltenden Tariflöhnen vor. Die Kontrolle der Tariftreue obliegt im Bereich der Landesverwaltung dem Staatlichen Baumanagement Niedersachsen (SBN).

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: