Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

(Beifall bei der SPD)

Die Kosten für die Durchführung einer Aufgabe können bekanntlich erst dann ermittelt werden, wenn Einzelheiten einer Aufgabenerfüllung verbindlich geregelt sind.

Wir halten es für unverantwortlich, Vermögen des Landes in erheblicher Größenordnung der Hafengesellschaft zu einem Zeitpunkt zu übertragen, zu dem weder die Fragen der Übertragung der Aufgaben der Daseinsvorsorge noch die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben geregelt sind; denn auch das Hafensicherheitsgesetz, das die Voraussetzungen für die Übertragung der hoheitlichen Aufgaben regelt, ist bekanntlich bis heute nicht verabschiedet.

Auch die Fragen, welche investiven Maßnahmen zukünftig von der neuen Hafengesellschaft selbst erwirtschaftet werden müssen, für welche Bereiche Kredite aufgenommen werden dürfen und welche Investitionen weiterhin aus dem Landeshaushalt zu finanzieren sind, sind bis heute nicht abschließend geklärt.

Meine Damen und Herren, den Beweis für die Aussage, der Betrieb von Häfen sei ausschließlich in privater Hand effektiver und effizienter zu betreiben, sind Sie bis heute schuldig geblieben. Obwohl Sie selbst zugegeben haben, dass die Gründung der privaten Hafengesellschaft zunächst Mehrkosten verursache, ist im Haushalt 2005 das Budget gekürzt worden. Ihr bisheriges Taktieren hat allerdings dazu geführt - und das war womöglich beabsichtigt -, dass zurzeit niemand mehr genau nachvollziehen kann, welche Auswirkungen diese Kürzungsmaßnahmen und die aufzubringenden

Mehrkosten für die Gründung auf die einzelnen Bereiche der Hafenwirtschaft haben werden.

Die Tatsache, dass jetzt die Übertragung der Grundstücke auf die neue Hafengesellschaft mit aller Gewalt durchgesetzt werden soll, hat natürlich auch eine Ursache. Bekanntlich sind die Zuweisungen an die Hafengesellschaft für den investiven Bereich im Haushalt 2005 so stark reduziert worden, dass damit lediglich einige begonnene Maßnahmen fortgeführt werden können. Mit der Übernahme dieser Liegenschaften wird die Hafengesellschaft in die Lage versetzt, Kredite aufzunehmen, um dringend notwendige Investitionen in Angriff nehmen zu können.

Nach all den Erfahrungen im Rahmen der Diskussion um die HanBG und um die LTS hat es uns dann natürlich nicht mehr verwundert, dass Sie es im Zusammenhang mit der Übertragung der Liegenschaften auf die private Hafengesellschaft wieder einmal abgelehnt haben, die von dieser Gesellschaft aufgenommenen Kredite auf die Nettokreditaufnahme des Landes im Sinne des Artikel 71 der Niedersächsischen Verfassung anrechnen zu lassen. Der Landesrechnungshof hat aber gerade diese Anrechnung ausdrücklich gefordert. Es ist ja auch viel einfacher, in der Öffentlichkeit weiterhin den Eindruck zu vermitteln, die Nettokreditaufnahme des Landes werde kontinuierlich gesenkt, und dann die über diese selbst gesetzte Grenze hinausgehenden Kreditaufnahmen einfach zu verlagern.

Meine Damen und Herren, bei diesem Täuschungsmanöver werden wir Sie nicht unterstützen und daher der Übertragung der Grundstücke auf die neue Hafengesellschaft zu diesem Zeitpunkt nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Kollege Althusmann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Geuter, sehr geehrter Herr Wenzel, es ist schlicht nicht mehr nachvollziehbar, dass Sie nach vier Beratungen im Haushaltsausschuss und den entsprechenden Beratungen im

Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“, nach einer Vorlage 124, in der nahezu alle Fragen beantwortet wurden - -

(Dieter Möhrmann [SPD]: Nahezu!)

- In der nahezu alle Fragen beantwortet wurden. Eine einzige Frage steht noch im Raum und muss noch verhandelt werden; ich werde diese Frage im Rahmen meiner Ausführungen noch ansprechen.

Meine Damen und Herren, Sie sprechen von Täuschungsmanövern und Schattenhaushalten. Es ist Ihnen alles erläutert worden. Entweder nehmen Sie Ihre Rolle als Opposition in den entsprechenden Fachausschüssen endlich ernst und stellen vielleicht einmal kluge Fragen,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

oder Sie können sich aus der Opposition verabschieden.

Meine Damen und Herren, mit der Übertragung des betriebsnotwendigen Liegenschafts- und beweglichen Vermögens auf die im November 2004 gegründete Hafengesellschaft sichern wir nicht nur die Zukunft der niedersächsischen Seehäfen. Wir sparen darüber hinaus in den nächsten Jahren über 5 Millionen Euro ein und senken damit kontinuierlich den Landeszuschuss an die ehemalige Hafengesellschaft. Auch das ist ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten für unser Land.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, gesellschaftsrechtlich handelt es sich um die Einbringung von Vermögen eines Kommanditisten - hier des Landes Niedersachsen - in eine Kommanditgesellschaft, die bereits am 1. Januar 2005 als GmbH & Co. KG ihre aktive Geschäftstätigkeit aufgenommen hat. Aber eine vollständige Marktteilnahme oder aber eine Zusammenarbeit mit Privaten, die, wenn man sich die Entwicklung der Hafenwirtschaft in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten anschaut, auch ausdrücklich gewollt ist, ist nur dann möglich, wenn dieser Gesellschaft auch ein entsprechendes Betriebsvermögen mit auf den Weg gegeben wird. Zur Teilnahme am privaten Wettbewerb benötigt die private Hafengesellschaft Niedersachsen entsprechendes Vermögen und Kapital und soll sich dann dem Wettbewerb stellen. Um nichts anderes geht es.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Ziel der Gründung der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG ist also eine Vollprivatisierung der ehemaligen niedersächsischen Häfen- und Schifffahrtsverwaltung. Wer will, dass die 15 niedersächsischen Seehäfen schlagkräftige und wettbewerbsfähige Strukturen erhalten und im Wettbewerb mit anderen Häfenstandorten nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa mithalten können, der muss ihnen auch die Möglichkeit geben, wie ein Privater wirtschaftlich zu handeln.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dazu gehört die schnelle und konsequente Übertragung des Betriebsvermögens von immerhin rund 574,4 Millionen Euro. Das im Übrigen insbesondere deshalb, damit Investitionskredite im Rahmen einer völlig normalen Geschäftstätigkeit einer Gesellschaft aufgenommen werden können.

Im Übrigen ist diese Kreditaufnahme durch die übertragenen Grundstücke in einem Wert von 177,7 Millionen Euro eindeutig begrenzt. Es ist also auch eine werthaltige Abgrenzung. Dem steht ein entsprechendes Grundvermögen gegenüber. Es handelt sich also mitnichten um einen Schattenhaushalt. Diese Behauptung ist falsch!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, deshalb besteht unseres Erachtens auch kein Grund dafür, die Kreditaufnahme der Gesellschaft der Kreditaufnahme des Landes zuzurechnen.

(Zuruf von Dieter Möhrmann [SPD])

- Das ist falsch! Selbst Liquiditätskredite dürfen nur für kurzfristige Überbrückungen aufgenommen werden.

(Björn Thümler [CDU]: So ist es! Nichts anderes!)

Meine Damen und Herren, künftig soll eine privatisierte Hafengesellschaft mit einer Geschäftsführung, einem Aufsichtsrat, in dem das Land Niedersachsen vertreten ist, und einem substanziellen Vermögen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen arbeiten und handeln, Arbeitsplätze sichern und Arbeitsplätze schaffen. Das tut Niedersachsen gut.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am Rande sei bemerkt, dass Kreditaufnahmen der Gesellschaft, die längerfristig belastende Auswirkungen auf diese Hafengesellschaft haben und/oder deren Wert über 100 000 Euro liegt oder diese Summe überschreitet, gemäß der entsprechenden Satzung der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen.

Also: Wer das Gesamtbild betrachtet, kann hier nicht allen Ernstes von einem Schattenhaushalt sprechen. Es ist eine Bilanz aufzustellen, es ist eine Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen, es ist ein Wirtschafts- und Finanzplan vorzulegen, und es ist eine Vermögensrechnung vorzulegen. Im Übrigen wird am Ende eines Jahres - voraussichtlich 2006 - ein Testat durch einen Wirtschaftsprüfer vorgelegt. Mehr Transparenz ist bei dieser Gesellschaft nicht möglich. Setzen Sie eine Brille auf, oder schauen Sie sich wenigstens einmal die Unterlagen an!

(Beifall bei der CDU)

Einen geringen Unterschied gibt es allerdings, der für die privatisierte Hafengesellschaft im Grunde genommen alles ein wenig erschwert. Vor dem Verkauf von Grundstücken mit einem Wert von über 1 Million Euro erhält der Haushaltsausschuss diesen vorab zur Kenntnis. Darüber hinaus ist es aufgrund des Landeszuschusses und des übertragenen Landesvermögens in die KG selbstverständlich Recht und Pflicht des Landesrechnungshofes, eine entsprechende Prüfung vorzunehmen. Der Landesrechnungshof behält sein Prüfungsrecht trotz dieser Privatisierung. Insofern müssten sämtliche Bedenken damit nahezu vollständig ausgeräumt sein.

Jetzt komme ich auf den Punkt zu sprechen, den ich am Anfang nannte. Es bleibt letztendlich nur eine einzige Frage übrig, nämlich ob die im Haushaltsplan veranschlagten Betriebskostenzuschüsse und Zuschüsse für Investitionen als Verlustausgleich des Landes als Gesellschafter oder als Zuwendung im Sinne der Landeshaushaltsordnung zu qualifizieren sind. Diese Frage berührt aber nicht die grundsätzliche Entscheidung über die Privatisierung, sondern hat einzig und allein ertragund umsatzsteuerrechtliche Aspekte. Um nichts anderes geht es dabei.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dieses Thema ist, eben weil es sich um die Übertragung eines umfassenden Landesvermögens

handelt, im Haushaltsausschuss und auch im zuständigen Fachausschuss umfassend von allen Seiten beleuchtet worden. Darüber ist umfassend diskutiert worden. Alle Aspekte sind dargelegt worden. Insofern kann es nicht angehen, dass Sie immer noch - wo auch immer - einen Schatten sehen.

Mit dieser Übertragung, mit der Privatisierung der Hafen- und Schifffahrtsverwaltung sichern wir den Standort Niedersachsen als wichtigen maritimen Standort in Deutschland und in Europa. Jeder große Prozess beginnt bekanntlich mit einem ersten Schritt, und diesen werden wir heute tun. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses - sie lautet auf Zustimmung - zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses eindeutig gefolgt worden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 38: Zweite Beratung: Haushalt konsolidieren, Einsparmöglichkeiten offen legen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1912 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/1972

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Das Wort hat Herr Kollege Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

(Vizepräsident Ulrich Biel über- nimmt den Vorsitz)

Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren!