Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss es leider so deutlich sagen: Die Antwort der Landesregierung auf unsere Anfrage nach den Auswirkungen der weitgehenden Abschaffung des bürgerfreundlichen Widerspruchsverfahrens ist eine Unverschämtheit, die ich so nicht für möglich gehalten hätte.

(Beifall bei der SPD)

Es wird eine Verharmlosung und Verschleierung der längst sichtbar gewordenen Auswirkungen der weitgehenden Abschaffung des Widerspruchsverfahrens vorgenommen, für die mir jedes Verständnis fehlt.

In Wahrheit haben sich die Folgen der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens längst in ganz Niedersachsen herumgesprochen. „Ende der Widerspruchspraxis beschert Niedersachsens Verwaltungsrichtern eine wahre Klageflut“ - so etwa die Nordsee-Zeitung bereits am 9. September dieses Jahres. Doch die Justizministerin stellt sich taub. Sie will die Entwicklung dieser Fallzahlen weiter beobachten und hält die Schaffung zusätzlicher Stellen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit für überflüssig, obwohl ihr der Haushaltsgesetzgeber - nämlich wir - hierfür per Haushaltsvermerk schon im laufenden Haushaltsjahr die Möglichkeit geschaffen hat. Frau Ministerin, mit einer derart ignoranten Haltung tragen Sie dazu bei, dass die Stimmung in der niedersächsischen Justiz bald ebenso schlecht ist wie die in der niedersächsischen Polizei.

(Beifall bei der SPD)

Ich erwarte von einer Landesregierung, dass sie sich ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch ihrer Verantwortung gegenüber ihren Beschäftigten bewusst ist und diese Verantwortung auch ernst nimmt.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört, dass man sich mit realen Problemen konstruktiv auseinander setzt und diese Probleme nicht entweder totschweigt oder gar schönredet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit dem 1. Januar 2005 findet in der Mehrzahl der verwaltungsrechtlichen Rechtsgebiete - übrigens gegen den Rat nahezu aller Experten kein Widerspruchsverfahren mehr statt. Betroffen sind insbesondere das Steuer-, Beitrags- und Gebührenrecht, das Ausländerrecht, das Ausbildungs- und

Studienförderungsrecht, Teile des Beamtenrechts, das Gewerberecht, das Wohngeldrecht, das Verkehrsrecht und das Polizeirecht. Wenn man die Antwort der Landesregierung um die erkennbaren methodischen Fehler bereinigt, dann zeigt sich, dass für das Jahr 2005 mit einem Gesamteingang von rund 30 000 verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu rechnen ist. Die Zunahme der Eingangszahlen gegenüber dem Vorjahr beträgt damit 9,4 %, und nicht nur 4 %, wie es uns die Landesregierung weismachen will.

Auch die Belastung der Verwaltungsrichterinnen und -richter liegt nicht bei 225, sondern bei 246 Verfahren je Jahr. Dies entspricht einem Anstieg von sage und schreibe 21 % gegenüber dem Vorjahr.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Wie sollen sie das schaffen?)

Doch es liegt auch hier noch eine statistische Verzerrung vor. Von den rund 26 000 Eingängen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Jahres 2004 entfielen 4 800 auf sozialhilferechtliche Verfahren. Für diese Verfahren sind seit dem 1. Januar 2005 die Sozialgerichte zuständig. Der Gesamteingang 2004 ohne sozialhilferechtliche Verfahren belief sich bei den Verwaltungsgerichten also auf rund 21 500 Verfahren. Gegenüber diesem Eingang ist im laufenden Jahr mit einem Gesamteingang - wiederum ohne sozialhilferechtlichem Verfahren von rund 30 000 Verfahren zu rechnen. Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird ein Mehreingang von rund 8 400 Verfahren sichtbar. Dieser ist nahezu ausschließlich auf den Wegfall des Widerspruchsverfahrens zurückzuführen.

Ich stelle fest: Bei methodisch sauberer Betrachtung zeigt sich, dass es durch die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens zwischen 2004 und 2005 einen Anstieg der verwaltungsgerichtlichen Eingangszahlen um sage und schreibe 39,1 % gegeben hat. Es liegt auf der Hand, dass diese sprunghafte Mehrbelastung von fast 40 % ohne eine personelle Verstärkung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht zu bewältigen ist.

Doch was macht Frau Justizministerin angesichts dieser Fakten? Sie muss in der Antwort auf unsere Anfrage einräumen, dass sich die Zahl der tatsächlich besetzten Richterstellen bei den Verwaltungsgerichten von 2004 auf 2005 sogar um drei reduziert hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sollte man sich einmal auf der Zunge

zergehen lassen: Die Justizministerin begleitet einen sprunghaften Anstieg der Arbeitsbelastung auch noch mit einem Stellenabbau. Ich bin sehr gespannt, Frau Ministerin, wie Sie das rechtfertigen wollen. Ich bin gespannt auf Ihre Antwort. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Nach § 45 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung erhält jetzt die Landesregierung das Wort. Bitte schön, Frau Heister-Neumann!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bockmann, ich hoffe, dass sich die Spannung bei Ihnen gleich legen wird. Ganz kurz: Was Sie über Statistiken sagen, das kann man immer sagen. Statistiken sind immer problematisch; da gebe ich Ihnen völlig Recht. Aber ich habe versucht, auf Ihre Fragen die entsprechenden Zahlen zu liefern. Das eine ist, was sich vermeintlich in Niedersachsen herumgesprochen hat. Das andere ist, was wir anhand der Daten des statistischen Landesamtes mit Fakten belegen können. Ich denke, wir sollten auf diese Fakten zurückkommen, wenn es um die Beantwortung Ihrer berechtigten Großen Anfrage geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Große Anfrage der SPD-Fraktion gibt mir vor allen Dingen Gelegenheit, einerseits die Leistungsfähigkeit der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit in das rechte Licht zu rücken und andererseits die mit der Großen Anfrage verbundene Unterstellung, die jetzige Arbeitsweise sei bürgerunfreundlich, zu widerlegen.

Lassen Sie mich zwei einfache Kennzahlen präsentieren, die beide Gesichtspunkte klar und verständlich verdeutlichen. Zum einen ist das die Verfahrensdauer. Sie ist von 13,7 Monaten im Jahr 2000 auf 10,6 Monate im dritten Quartal 2005 gesunken und hat damit den niedrigsten Stand seit 1995 erreicht. Die Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter sind sich ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern also durchaus bewusst und haben kontinuierlich eine Verbesserung erreicht. Zieht man die durchschnittliche Verfahrensdauer aller Bundesländer im Vergleich hinzu, wird die besondere Leistung der nie

dersächsischen Verwaltungsgerichte noch sehr viel deutlicher. Sie lag im Jahr 2004 bei Hauptverfahren der allgemeinen Kammern bei 13,5 Monaten und bei den Asylkammern bei 14,3 Monaten. Der Bundesdurchschnitt liegt also um knapp drei bzw. um knapp vier Monate höher.

Die zweite Kennzahl sind die Eingänge und vor allem die Erledigung pro eingesetztem Richter. Die niedersächsischen Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter hatten im Jahr 2004 203 Eingänge zu bearbeiten und erledigten 220 Verfahren. Die bundesdurchschnittlichen Vergleichszahlen liegen hier bei 176 Eingängen und 193 Erledigungen. Auch hier ist Niedersachsen also in der Spitzengruppe.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben es in Niedersachsen also mit einer schlagkräftigen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu tun. Das - lassen Sie mich das an dieser Stelle auch einmal sagen - hat ganz besonders mit dem besonderen Engagement und der Motivation der Richterinnen und Richter zu tun, denen ich an dieser Stelle - ich hoffe auch in Ihrem Namen - für ihre guten Leistungen sehr herzlich danken möchte.

(Beifall bei der FPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage in ihren wesentlichen Punkten wie folgt zusammenfassen:

Erstens. Bei den Verwaltungsgerichten ist in diesem Jahr von einem Anstieg um ca. 1 600 Verfahren, also rund 4 %, auszugehen.

Zweitens. Die Verfahrensdauer ist, wie ich Ihnen bereits dargelegt habe, äußerst erfreulich.

Drittens. Der Anstieg der Verfahren in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nach derzeitigen Erkenntnissen selbstverständlich auch auf den Wegfall der Widerspruchsverfahren zurückzuführen. Die Einzelheiten hierzu können Sie der Antwort entnehmen. Mit dieser Entwicklung haben wir als zunächst vorübergehende Erscheinung gerechnet. Sie ist daher - das möchte ich auch ausdrücklich betonen - für mich und, ich glaube, für niemandem in diesem Raum überraschend.

Viertens. Ein längerer Evaluationszeitraum von fünf Jahren ist meines Erachtens schlicht geboten, um die Auswirkungen der Abschaffung der Wider

spruchsverfahren vernünftig und solide bewerten zu können. Das gilt für die Gesamtheit der Auswirkungen. Das gilt einerseits für die Beschleunigung der Verfahren und damit der Bürgerfreundlichkeit, das gilt aber natürlich auch für die durchgehende Belastung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens ist ein Beispiel dafür, dass sich bei der relativ kleinen Verwaltungsgerichtsbarkeit Veränderungen sehr leicht bemerkbar machen. Der Blick auf die Entwicklung der Eingangszahlen bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Jahren 1995 bis 2005 zeigt Ihnen, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit immer wieder erheblichen Belastungsschwankungen ausgesetzt gewesen ist. So lagen 1995 die Eingänge um über 17 % unter denen des Vorjahres. In den Folgejahren gingen die Eingangszahlen kontinuierlich zurück, um dann im Jahr 2002 wieder um knapp 20 % anzusteigen.

In der Vergangenheit waren es ausschließlich Änderungen des materiellen Rechts, die zu einer Veränderung - zu einem Anstieg oder einem Abfallen - der Eingangszahlen führten. Veränderungen des materiellen Rechts haben nun auch in einem anderen Zweig der Fachgerichtsbarkeit zu einem Anstieg der Gerichtsverfahren geführt. Die Umstellung der Sozialhilfe und die gleichzeitige Änderung des Rechtsweges bei Sozialhilfeangelegenheiten hat bei den Sozialgerichten zu einem erheblichen Anstieg der Fallzahlen in den letzten Monaten geführt, aber gleichzeitig auch zu einem Aufgabenabgang bei den Verwaltungsgerichten. Dies zeigt sehr deutlich, dass wir beide Gerichtsbarkeiten gemeinsam betrachten müssen, was uns allen zukünftig sicherlich leichter fallen wird. Die Landesregierung wird das jedenfalls weiter tun, unabhängig davon, welche Gerichtsbarkeit gerade in die politische Diskussion gerückt wird.

Bisher sind die Sozialgerichte durch Abordnungen von Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichtern unterstützt worden. Dass dies keine dauerhafte Lösung darstellt, liegt auf der Hand und wird schon wegen der erforderlichen Zustimmung der Richterinnen und Richter zu Abordnungen zu Rückkehrern an die Verwaltungsgerichte führen. Dies wiederum führt auch dazu, dass die Schaffung zusätzlicher Stellen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit eher unwahrscheinlich ist. Das Personal von 2004 wird also den Arbeitsanfall von 2006 zu erledigen haben. Bei einer Mehrbelastung von circa 1 600 Verfahren wird das meines Erachtens

auch machbar sein; denn das bedeutet nichts anderes, meine Damen und Herren, als dass jeder Richter in einem Monat 1,1 Verfahren zusätzlich zu erledigen hat. Selbst wenn Sie von anderen Zahlen ausgehen und zusätzliche NC-Verfahren für das letzte Quartal ab Oktober 2005 noch mit einbeziehen sollten, wird das - wenn die Zahlen tatsächlich so eintreffen - nicht dazu führen, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit unter der Arbeitslast schlicht und ergreifend ertrinkt. Das würde letztendlich nur bedeuten, dass statt der 1,1 Verfahren pro Monat auf den Verwaltungsrichter zwei Verfahren pro Monat zusätzlich hinzukommen, und das, meine Damen und Herren, bei einem Bereich - es geht um NC-Verfahren -, die als Sammelverfahren kommen, die in ihrer inhaltlichen Qualität in den vergangenen Jahren eigentlich immer nur dazu geführt haben, dass die Erledigungsdauer im vierten Quartal noch größer wird, sprich die Verfahrensdauer noch kürzer wird, weil es in sich gleichgelagerte einfachere Fälle sind als die übrigen Verwaltungsverfahren. Ich gehe also davon aus, dass das sehr wohl auch dann noch zu schaffen ist.

Im Übrigen zeigt sich auch im Verwaltungshandeln der Kommunen und anderer Verwaltungsbehörden eine große Flexibilität und Bereitschaft zu einer bürgernahen Bescheidpraxis, sodass ein längerer Zeitraum für eine endgültige Betrachtung und Beurteilung der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens wirklich richtig ist.

Meine Damen und Herren, die Situation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit zeigt auf besondere Weise, warum eine Zusammenlegung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten ein richtiger Schritt wäre. Auf die beide Gerichtsbarkeiten treffenden Schwankungen ist uns zwar ein kurzfristiger Ausgleich durch das verantwortungsbewusste Handeln aller Beteiligter gelungen. Aber eine dauerhafte Lösung ist aus den oben genannten Gründen so nicht möglich.

Aufgrund der Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter sind Versetzungen gegen ihren Willen unzulässig. Personal kann nicht einfach bei einer Gerichtsbarkeit abgezogen und einer anderen zugewiesen werden, auch wenn - wie z. B. bei diesen letzten Vorkommnissen im Zusammenhang mit Hartz IV - es sich lediglich um eine Aufgabenverlagerung handelt. Bei einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit könnten das Präsidium der Richterschaft bzw. die Leitung jedes Gerichts dem übrigen Personal die im gesamten Ge

richt anfallenden Aufgaben dagegen frei zuweisen; wohlgemerkt nicht die Exekutive, sprich dieser Landtag oder das Ministerium, sondern die Gerichte, die Präsidien selbst. Dadurch würde nicht nur den Kolleginnen und Kollegen in den am stärksten belasteten Rechtsbereichen geholfen. Vielmehr profitierten davon auch die Verfahrensbeteiligten, weil ihr Rechtsstreit dann schlicht schneller entschieden werden könnte.

Meine Damen und Herren, ich werde mich deshalb weiterhin dafür einsetzen, dass dieser Weg, den wir bereits im Zusammenhang mit der maßgeblich von Niedersachsen initiierten Justizreform beschrieben haben, endlich eröffnet wird. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Frau Ministerin. - Für die CDUFraktion Herr Dr. Biester, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben das Widerspruchsverfahren nicht völlig abgeschafft, sondern wir haben es weitestgehend abgeschafft. Sie haben das in der Überschrift Ihrer Großen Anfrage ja auch richtig dargestellt. Ich lege Wert auf diese Feststellung, weil wir nämlich vor der gesetzgeberischen Entscheidung Folgendes getan haben. Wir haben uns gefragt: Wo hat sich das Widerspruchsverfahren eigentlich nach den Zahlenergebnissen bewährt? Wo hat es tatsächlich dazu geführt, dass der Ausgangsbescheid abgeändert worden ist und der Bürger dann mit der Verwaltungsentscheidung zufrieden war? Wo hat er es zumindest so weit akzeptiert, dass er nach erfolglosem Widerspruchsverfahren nicht in ein Klageverfahren übergegangen ist? Dort, wo wir solche Feststellungen getroffen haben, haben wir das Widerspruchsverfahren beibehalten. Und wir haben das Widerspruchsverfahren auch überall dort beibehalten, wo nach Erlass eines Verwaltungsaktes erstmals dritte Personen beteiligt werden - ich nenne einmal den großen Bereich des Baurechts -, um dort den dritten Personen die Möglichkeit zu geben, sich noch im Verwaltungsverfahren an der Entscheidungsfindung zu beteiligen. Aber umgekehrt, überall dort, wo wir diese Feststellungen nicht treffen konnten, wo die Zahlen also andere waren, haben wir in der Tat das Widerspruchsverfahren abgeschafft.

Nun neigen ja die Menschen gern dazu, Vergangenes zu glorifizieren. Ich muss feststellen, dass auch die SPD-Fraktion dieser Versuchung unterliegt.

(Dr. Harald Noack [CDU]: Sehr rich- tig!)

War der Widerspruch in der Vergangenheit denn wirklich ein einfaches, schnelles und kostengünstiges Verfahren des Rechtsschutzes? Ist es nicht eher so, dass eine Befriedung durch ein Widerspruchsverfahren gerade nicht erreicht worden ist? - Über den Widerspruch entscheidet auch eine Verwaltungsbehörde, aber der Bürger hat sich mit dem Widerspruch gerade gegen eine Verwaltungsentscheidung wehren wollen. Er akzeptiert also nicht ohne weiteres eine weitere Entscheidung der Verwaltung; die Akzeptanz einer gerichtlichen Entscheidung ist etwas ganz anderes.

Was heißt denn eigentlich kostengünstig? - Natürlich ist auch das Widerspruchsverfahren für den Widerspruchsführer kostenpflichtig. Wenn er es verliert, hat er dafür eine entsprechende Verwaltungsgebühr zu zahlen.

(Heidrun Merk [SPD]: Das ist lächer- lich wenig gegenüber den Gerichts- gebühren!)

Was heißt schnell? Was ist denn, wenn Sie ein Widerspruchsverfahren durchführen müssen, bevor Sie die Verwaltungsgerichte anrufen dürfen? Das verursacht zusätzliche Zeit und stellt keineswegs eine Verkürzung dar. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Kostengünstig ist das Widerspruchsverfahren noch lange nicht für das Land Niedersachsen; denn auch über einen Widerspruch entscheidet immerhin ein Beamter, der sich in den Fall einliest, der den Fall bescheidet, der den Bescheid ausstellt und versendet. Das alles ist zeitaufwändig, und dafür fallen Kosten beim Land Niedersachsen an. Von einem kostengünstigen Widerspruchsverfahren kann man also schlicht und ergreifend nicht reden.

Schon gar nicht ist der Wegfall des Widerspruchsverfahrens eine Verkürzung des Rechtsschutzes. Natürlich bekommt eine „arme“ Partei im Sinne der prozesskostenhilferechtlichen Vorschriften auch im Verwaltungsgerichtsverfahren Prozesskostenhilfe. Natürlich erhalten Sie, wenn Sie obsiegen, auch einen entsprechenden Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber der unterlegenen Partei. Es ist letztlich nichts anderes passiert, als das - einmal