Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Nun wollen wir mal nicht Äpfel mit Birnen verglei- chen!)

Damit liegen Sie auch durchaus auf der Linie Ihres Ministerpräsidenten; denn der spielt sich in letzter Zeit auch gern als Schattenkanzler auf, durchaus auch zum Nachteil unseres Landes, wenn man zum Beispiel daran denkt, in welcher Art und Weise er Gorleben der Republik als Atomklo andient.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Er- hard Wolfkühler [SPD]: Jetzt weichen Sie aber vom Thema ab!)

- Das hat nichts damit zu tun, meinen Sie? - Herr Schünemann, Ihrer Verantwortung für einen effektiven Meeres- und Küstenschutz werden Sie mit Ihren Äußerungen jedenfalls nicht gerecht. Gerade Niedersachsen muss ein besonderes Interesse an einer funktionsfähigen Küstenwache haben. Vor der niedersächsischen Küste liegen nämlich besondere Schwerpunkte des Schiffsverkehrs. Deshalb ist schon die statistische Wahrscheinlichkeit besonders groß, dass Niedersachsen bei einem folgenschweren Unfall auch direkt betroffen wäre. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich kann Sie daher wirklich nur dringend auffordern: Lassen Sie es nicht zu, dass Ihr Innenminister durch seine Blockadehaltung den niedersächsischen Interessen in diesem Punkt weiter Schaden zufügt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Anstatt immer wieder lauthals „Nein!“ zu rufen, ist es im fundamentalen niedersächsischen Interesse, dass wir uns offensiv in die Diskussion um eine einheitliche nationale Küstenwache einbringen, die im Übrigen auch die schleswig-holsteinische Landesregierung befürwortet.

(Erhard Wolfkühler [SPD]: Einzelmei- nung!)

Wir müssen dafür eintreten, dass die Besitzstandswahrer auch auf der Seite des Bundes endlich in die Schranken gewiesen werden. Wir brauchen effektive und schlanke Entscheidungsstrukturen, die nicht nur bei Unfällen schnelles und durchgreifendes Handeln ermöglichen. Wir brauchen klare Verantwortlichkeiten, die an einer Stelle gebündelt werden, damit die Zuständigkeiten nicht zwischen Bund und Ländern und zwischen den einzelnen Ressorts hin und her geschoben werden können.

Auch im Alltagsbetrieb müssen wir durch eine schlanke und effektive Verwaltung dafür sorgen, dass sich die Küstenwache nicht vorrangig mit

Abstimmungen untereinander beschäftigt, sondern effektiv genau das tut, wofür sie eigentlich da ist, dass sie für die Sicherheit auf See sorgt und die immer wieder vorkommenden Umweltsauereien wirksam bekämpft.

(Roland Riese [FDP]: Hat er „Sauerei“ gesagt?)

Herr Minister Schünemann, das Maritime Sicherheitszentrum, von dem Sie ja meinen, es mache eine nationale Küstenwache überflüssig, ist lediglich die räumliche Zusammenfassung von zwölf Behörden und Dienststellen, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Dass dieses Zentrum ein Fortschritt ist, ist unbestritten. Das ist aber zu kurz gesprungen, weil sich damit an der Parallelität des Arbeitens nichts geändert hat. Noch immer hat jede Behörde sowohl räumlich als auch fachlich ihren eigenen Zuständigkeitsbereich. Die vorhandenen Schiffe und Ressourcen sind damit nicht effizient einsetzbar. Die Fischereiaufsicht des Landes Niedersachsen - Herr Minister Ehlen ist im Moment leider nicht da - ist innerhalb der 12Seemeilen-Zone zuständig, die des Bundes außerhalb der 12-Seemeilen-Zone, und die Wasserschutzpolizei hat natürlich nichts mit der Einhaltung fischereirechtlicher Auflagen zu tun.

Die nach dem Unfall der „Pallas“ 1998 eingesetzte Kommission hat unter anderem auch die Einrichtung gemischter Besatzungen auf Einsatzschiffen gefordert, damit Ressourcen, nämlich Schiffe und Personal, optimal einsetzbar sind. So etwas hat natürlich auch finanzielle Auswirkungen. Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordsee schätzt, dass mit der Einrichtung einer nationalen Küstenwache jährlich Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe möglich sind.

(Unruhe)

Herr Kollege Meihsiehs, könnten Sie mit Ihren Gesprächspartnern bitte nach draußen gehen?

(Andreas Meihsies [GRÜNE] verlässt mit seinen Gesprächspartnern den Plenarsaal)

Selbst wenn wir keine inhaltlichen Verbesserungen im Alltagsbetrieb oder in Schadensfällen erwarten könnten, wäre allein dieses Einsparpotenzial

Grund genug, die einheitliche nationale Küstenwache endlich auf den Weg zu bringen. Nur weil sich staatliches Handeln auf See naturgemäß eher der öffentlichen Kontrolle entzieht, sollten wir hier nicht weniger genau hinsehen und die über Jahrzehnte in Ressortegoismen entstandenen Strukturen endlich in eine moderne und effiziente Verwaltung überführen.

Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren: Holen Sie gemeinsam mit uns Herrn Schünemann aus dem Bremserhäuschen! Beteiligen wir uns frühzeitig und offensiv an Überlegungen des Bundes zur Schaffung einer einheitlichen Küstenwache, und sorgen wir so dafür, dass die Sicherheit und der Schutz unserer Küsten besser und effektiver werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat der Kollege Ontijd, CDU-Fraktion, das Wort. Bitte schön, Herr Ontijd!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke nicht, dass Herr Schünemann im Bremserhäuschen sitzt. Ich glaube eher, dass er im Führerhaus sitzt

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Und warum hat er den Rückwärtsgang eingelegt?)

und versucht, das herauszuholen, was für die Sicherheit unserer Küste wichtig und notwendig ist.

Meine Damen und Herren, mit diesem Antrag ist es genauso wie mit dem Placebo-Antrag, über den wir gerade unter dem Tagesordnungspunkt 27 diskutiert haben: Dieser Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist in sich unschlüssig, oberflächlich und dadurch eigentlich auch überflüssig.

(Zustimmung bei der CDU)

Man könnte das ganze Antragswerk mit einem Satz beantworten und dazu sagen: Es ist alles grundgesetzlich in Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit dem Bundespolizeigesetz geregelt, nämlich die Zuständigkeiten von Bund und Ländern im Bereich innerhalb und außerhalb des deutschen Küstenmeeres an Nord- und Ostsee. Deshalb haben die Küstenländer bereits am 6. September des letzten Jahres eine Vereinbarung geschlossen. Herr Janßen, dabei handelt es

sich um fünf Küstenländer und nicht um vier, wie Sie in Ihrem Antrag formuliert haben.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Ich habe mich auf die Nordsee bezogen!)

- Wir sind doch ein Bundesstaat. Dazu gehört auch Mecklenburg-Vorpommern. Das müssen Sie doch wissen. Das ist doch auch ein Küstenland.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Die Formulierung bezieht sich auf die Nordsee!)

- Bessern Sie das aus! Aber das beweist ja auch Ihre Oberflächlichkeit, mit der Sie solche Anträge stellen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, gemeinsam mit dem Bund hat man die Einrichtung eines Maritimen Sicherheitszentrums in Cuxhaven - also vorzugsweise in Niedersachsen - vereinbart. Darin sind alle derzeit tätigen Institutionen integriert. Wir haben es also mit einer Anlaufstelle - so, wie Sie es fordern - zu tun. Vielleicht haben Sie diesen Umstand nicht wahrgenommen. Vielleicht - ich gehe davon aus und vermute das - wollten Sie diesen Umstand gar nicht wahrnehmen, damit Sie wieder einen Antrag stellen können.

Sie sprechen wider besseren Wissens von undurchsichtiger Verantwortungslosigkeit des Innenministers, von unsachgemäßen Vorhaben usw. Das sind alles falsche Behauptungen, meine Damen und Herren. Die von Ihnen geforderte Effektivierung ergibt sich gerade aus dieser Vereinbarung, die Ihnen sicherlich noch durch den Innenminister selbst erklärt werden wird. Es kommt eben nicht auf ideologisch gefärbten Zentralismus an, sondern darauf, dass eine Gefahren abwehrende Einrichtung funktioniert.

Im Übrigen - lassen Sie mich das in diesem Zusammenhang noch einmal sagen - funktioniert die innere Sicherheit in Deutschland in unserem föderativen Aufbau mit den Bundesländern bereits seit über 50 Jahren. Auch nach der Wiedervereinigung funktioniert das in allen 16 Bundesländern sehr gut. Lassen Sie mich sagen: Wenn Sie einmal das Bundeskriminalamt als Bundesbehörde im Zusammenwirken mit den Landeskriminalämtern arbeiten sehen und sich damit befassen, dann werden Sie feststellen, dass es sich um eine funktionsfähige Institution handelt, die gemeinsam alles

das, was notwendig ist, auf den Weg bringt. Auch die Bundespolizei, die früher Bundesgrenzschutz hieß, ist mit den Länderpolizeien in einer ganz guten Gemeinschaft. Auch bei der Fußballweltmeisterschaft, die vor uns steht, wird die innere Sicherheit in Deutschland wohl gewährleistet sein.

Meine Damen und Herren, es kommt darauf an, dass ein Team zusammenarbeitet. Das haben wir beim Havariekommando. Das haben wir in der Seeschifffahrt immer gehabt. Es ist Tradition, dass Teams zusammenarbeiten. Das sind Gefahrengemeinschaften, die gut zusammenarbeiten. So ist es auch hierbei. Wir haben qualifiziertes Personal, und wir haben auch die richtigen Einsatzmittel parat.

In Ihrem Antrag sprechen Sie von Substandardschiffen. Auch die sind auf den Weg gebracht. Sie werden erleben, dass das Lotsenwesen in der nächsten Zeit auch mit einem solchen Schiff ausgerüstet wird.

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass es, gemessen an den alltäglichen Lagen, nur zu einem ganz geringen Prozentsatz zu besonderen polizeilichen Lagen kommen kann bis hin zum GAU. Ich gestehe Ihnen zu, das treibt uns alle sehr um. Wir haben immer vor Augen, dass so etwas an unserer Küste passieren kann. Aber wir wissen auch, dass eine übergestülpte Mammutbehörde, wie Sie sie fordern - eine Zentrale mit einer großen Verwaltung und umständlichen Führungsinstituten -, nicht das bringt, was wir in dieser Vereinbarung der fünf deutschen Küstenländer zustande gebracht haben.

Herr Ontijd, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Janßen?

Nein, danke schön. - Es kommt darauf an, dass die gemeinsam beschlossene Zentrale, nämlich das Maritime Sicherheitszentrum in Cuxhaven, bereits geschlossen und qualitativ gut aufgestellt ist. Alles spricht dafür, dass das auch so funktioniert.

Also: Effizienz und Synergien sind gewährleistet. Dass es dennoch zu einem von Ihnen in Szene gesetzten Schiffsunfall - ich sagte es bereits - mit den Folgen bis hin zum GAU kommen kann, haben wir vor Augen. Wir müssen alles tun, dass diese Gefahr, auch wenn sie nicht ganz beseitigt werden kann, so gering ist, dass wir nach aller Wahr

scheinlichkeit einen solchen GAU nicht bekommen.

Das beste Mittel dagegen sind nach meiner Einschätzung sichere Schiffseinheiten. Die IMOVorschriften sagen es: Bei Tankern gibt es keine einfachen Wandungen mehr, sondern es geht hier immer um die Doppelhüllentanker. Darüber haben wir in diesem Landtag seit Jahren immer wieder diskutiert. Außerdem kommt die ständige Wachsamkeit des Maritimen Sicherheitszentrums hinzu. Das fordern wir, und wir begrüßen, dass unser Innenminister, Herr Schünemann, auf diesen Weg gekommen ist. Es gibt also keinen von Ihnen behaupteten unsachlichen Widerstand des Innenministers - ich finde Ihren Umgang damit schon etwas grob fahrlässig -, zumal die von mir genannte Vereinbarung von ihm paraphiert worden ist. Die Landesinteressen wurden also nicht beschädigt, sondern es besteht ein Vorteil, nicht zuletzt auch mit dem Standort Cuxhaven.

Herr Janßen und meine Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrünen, Sie wollen, wie bei anderen Anträgen und Initiativen auch - wir haben sie in diesen Tagen wieder erleben dürfen -, ein Negativimage erreichen und Angst verbreiten. Die Angst spielt in Ihren Anträgen immer eine Rolle.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Zum Abschluss möchte ich Ihnen auch noch etwas zu Ihrem gestern zurückgezogenen Antrag sagen. Auch darin haben Sie genau das gefordert: Die EU soll eingebracht werden. Die EU will eine neue Küstenwache. Wenn sie das will, dann soll sie das tun, dann soll sie auch gleich die Konnexität mit übernehmen. Dann können wir auch die EU noch gerne in die vereinbarte Küstenwache in Cuxhaven aufnehmen und alles noch funktionsfähiger machen. Ich glaube, das wäre ein guter Weg. - Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als Nächster hat Herr Kollege Buß für die SPDFraktion das Wort. Bitte schön, Herr Buß!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist absolut überflüssig.