tagsabgeordneten im Januar für flexiblere Regelungen eingesetzt - anscheinend mit Erfolg. Denn das Bundeskabinett hat einige Ergänzungen zur Eckpunkteregelung, insbesondere eine Härtefallregelung, aufgenommen, die dann greifen soll, wenn selbst die minimale Inlandsquote von 10 % bei Gefahr für Ernte und Betriebserhalt nicht erreicht werden kann. Unser Antrag hätte sich damit in einigen Punkten erledigt. Richtig ist: Die Ergänzungen stimmen zum Teil mit unseren Forderungen überein, sind aber bis heute nur ein Kabinettsbeschluss, auch wenn die Signale eindeutig sind.
Demnach sollen die Arbeitsagenturen flexibel auf zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräften eingehen, wenn Erweiterungen der Anbauflächen oder andere Umstrukturierungen mehr Erntehelfer gegenüber dem Basisjahr 2005 erfordern. Weitere 10 % können dann nach Prüfung der Vermittlungsmöglichkeiten inländischer Arbeit Suchender mit ausländischen Saisonbeschäftigten gedeckt werden.
In Fällen, in denen trotz seriöser Bemühungen aller Seiten nicht genügend inländische Erntehelfer zur Verfügung stehen, können ebenfalls weitere 10 % an ausländischen Arbeitskräften eingesetzt werden. Damit könnten insgesamt mehr als 90 % ausländische Arbeitnehmer beschäftigt werden, aber nur in besonders begründeten Ausnahmefällen.
Wir begrüßen zudem das angekündigte Monitoring, mit dem festgestellt werden soll, ob die erforderliche Zahl der inländischen Saisonarbeiter erreicht werden kann oder ob weitere Ergänzungen auf den Weg gebracht werden sollen, z. B. durch die Beseitigung von erkennbaren Schwachstellen. Den Betrieben und auch den Arbeitsagenturen helfen langfristig nur Regelungen, die in der Praxis durchführbar sind.
Meine Damen und Herren, damit polnische Saisonarbeitskräfte unbürokratisch und bedarfsgerecht gewonnen werden können, ist es zusätzlich notwendig, in Bezug auf die Sozialversicherungspflicht polnischer Beschäftigter eine bilaterale Sonderregelung mit Polen analog zu der bestehenden deutschen Minijobregelung anzustreben. Der bürokratische Aufwand bei der Abführung der Sozialbeiträge an die polnischen Sozialversicherungsträger soll und muss gesenkt werden. Dies fordern wir in unserem Entschließungsantrag.
Meine Damen und Herren, nach all dem ist es notwendig, unsere Forderungen weiterhin aufrechtzuerhalten, damit in ein paar Wochen tatsächlich genügend Erntehelfer zur Verfügung stehen. Das oberste Ziel besteht darin, die Ernte 2006 zeitgerecht sicherzustellen. Dazu sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Deshalb bitten wir die Landesregierung zusätzlich, die Aktivitäten der Arbeitsverwaltung bei der Vermittlung inländischer Arbeit Suchender aktiv zu begleiten. Es bietet sich an, in Kooperation mit den Arbeitsverwaltungen und Arbeitgeberverbänden beispielhafte Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Unser Antrag, den wir zusammen mit der FDP-Fraktion gestellt haben - möglicherweise und hoffentlich von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, unterstützt -, berücksichtigt sämtliche Interessen. Wir wollen unseren heimischen Arbeitsmarkt entlasten. Wir wollen unseren Freiland-, Gemüse-, Obstanbau- und Sonderkulturbetrieben helfen, eine erfolgreiche Einfuhr der mühsam angebauten und gepflegten Feldfrüchte zu erreichen. Mit diesen Maßnahmen, meine Damen und Herren, habe ich die begründete Hoffnung, dass ab Mitte April in Niedersachsen und in anderen Teilen Deutschlands niedersächsischer Spargel zu zerlassener Butter an niedersächsischen Kartoffeln mit Schinken in ausreichendem Maße auf dem Speiseteller vorzufinden ist. - Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns überrascht dieser Antrag der Koalitionsfraktionen, weil er weitestgehend Forderungen für Maßnahmen aufstellt, die schon längst erledigt sind - Herr Biestmann, Sie haben eben darauf hingewiesen -, bis auf eine Forderung, nämlich die Forderung nach Sozialversicherungsbeiträgen.
Seit dem Beitritt Polens zur EU am 1. Mai 2004 gilt das europäische Recht auch für Polen. Es gilt das Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes. Knapp 48 % Sozialversicherungsbeiträge sind in Polen zu entrichten.
Im Jahre 2005 kamen die Probleme rund um die Sozialversicherungspflicht der polnischen Arbeiter in die öffentliche Diskussion. Der damaligen SPDgeführten Regierung gelang es, eine Ausnahmevereinbarung abzuschließen, die besagte, dass für Saisonarbeitsverhältnisse, die bis zum 30. Juni 2005 eingegangen wurden, keine Nachforderungen für Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden. Damit sind natürlich die, die gesetzestreu waren, bestraft worden. Für etwa 246 000 von 350 000 polnischen Arbeitnehmern sind keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden.
Das europäische Recht verlangt im Interesse der Arbeitnehmer, dass sie, wenn sie ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis im Heimatland und eine kurzfristige Nebenbeschäftigung im Ausland haben, in einem Sozialversicherungssystem, und zwar in dem des Heimatlandes, verbleiben und der ausländische Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nach polnischem Recht an die polnischen Sozialversicherungen entrichten muss. Auch in Deutschland ist dies so. Wenn Sie hier ein zweites Arbeitsverhältnis eingehen, bekommen Sie eine zweite Lohnsteuerkarte und zahlen Sozialversicherungsbeiträge.
Bisher hat es die 68 %-Regelung gegeben. Das heißt, 68 % der benötigten Arbeitskräfte waren gesichert. Jetzt gibt es die so genannte 80/10/10Regelung. Das heißt, 80 % der Arbeitsverhältnisse dürfen wieder mit polnischen Arbeitnehmern besetzt werden, 10 %, wenn der Nachweis geführt wird, dass diese 10 % am deutschen Arbeitsmarkt nicht zu rekrutieren sind, und 10 % müssen verpflichtend mit deutschen Arbeitskräften besetzt werden. Betriebe, die im letzten Jahr zehn Arbeitskräfte beschäftigt haben, können jetzt acht polnische Arbeitskräfte weiter beschäftigen und vielleicht noch eine zusätzliche, wenn sie keinen deutschen Arbeitnehmer bekommen. Ein deutscher Arbeitnehmer muss beschäftigt werden. Diese Vereinbarung ist von der Bundesregierung gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband, dem Zentralverband des Deutschen Gartenbaus und der IG BAU geschlossen worden.
Herr Biestmann, auf die Probleme der Umstrukturierung der Betriebe sind Sie eingegangen. Sie selbst haben ja gesagt, dass es dafür Lösungen geben wird, dass dort pragmatisch gehandelt wird.
Die Bundesagentur hat im Auftrage des Ministeriums Arbeitshilfen herausgegeben, wie die deutschen Arbeitnehmer zu rekrutieren sind. Es findet
eine überregionale Vermittlung statt, und Trainingsmaßnahmen werden durchgeführt - Sie haben Stade angesprochen -, die es bereits in der Vergangenheit für Erntehelfer und Mitarbeiter in Sortieranlagen gegeben hat. Dies war relativ erfolgreich. Es wird eine Schnellvermittlung bei Ausfällen geben, Unterbringungsmöglichkeiten und Transporte werden organisiert, finanzielle Anreize werden geschaffen, und es findet das begleitende Monitoring statt. Für die Betriebe gibt es also eine Planungssicherheit.
Herr Biestmann, die Betriebe konnten sich rechtzeitig darauf einstellen. Seit mehr als zwei Jahren ist bekannt, dass diese Regelung auf uns zukommt. Anstatt hier pressemäßig so ein Theater nach dem Motto „Wer sticht in Niedersachsen den Spargel?“ aufzuführen - darauf sind Sie ja eingegangen -, sollten Sie vielmehr die Betriebe in ihrem Bemühen unterstützen, deutsche Arbeitnehmer zu rekrutieren. Sie sollten nicht die Hoffnung erwecken, dass es noch Änderungen geben kann.
Meine Damen und Herren, es gibt ja einen Koalitionsvertrag. Dieser Koalitionsvertrag ist in diesem Punkt, gerade was das Arbeitsrecht angeht, maßgeblich von Herrn Stoiber mit erarbeitet und vom Ministerpräsidenten Wulff unterzeichnet worden. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag:
„Bei der Zulassung von Saisonkräften aus dem Ausland wird die Bundesregierung die Ende dieses Jahres auslaufende Eckpunkteregelung modifiziert verlängern.“
„Dabei muss sicher gestellt bleiben, dass die Landwirtschaft ihren saisonalen Arbeitskräftebedarf ausreichend decken kann. Angesichts der unverändert hohen Arbeitslosigkeit ist es aber unser Ziel, vor allem arbeitslose Leistungsbezieher verstärkt auch in kurzfristige Saisonbeschäftigungen zu vermitteln. Dazu ist es zum einen erforderlich, die Vermittlungsbemühungen durch die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den Branchen mit Saisonbeschäftigung zu intensivieren. Zum anderen ist es notwendig, die Eckpunkte über eine betriebliche
Begrenzung der Zulassungen so zu modifizieren, dass der Arbeitskräftezugang aus dem Ausland steuerbar bleibt. Der in den letzten Jahren erreichte Umfang der mittel- und osteuropäischen Saisonkräfte muss deutlich reduziert und so weit wie möglich durch Vermittlung inländischer Arbeitskräfte ersetzt werden. Nach dem europäischen Recht unterliegen Saisonkräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten seit deren Beitritt dem Sozialversicherungsrecht ihres Heimatlandes. Die Anmeldung der Saisonarbeitnehmer und die Übermittlung der Beiträge durch deutsche Arbeitgeber an die dortigen Sozialversicherungsträger ist gegenwärtig noch mit erheblichem Aufwand behaftet. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass hierfür möglichst unbürokratische Verfahren entwickelt werden.“
Herr Biestmann, ich fordere Sie auf, den Koalitionsvertrag, den Ihr Ministerpräsident mit unterzeichnet hat - vielleicht auch mit entwickelt hat; davon gehe ich aus -, öffentlich zu unterstützen und nicht Forderungen zu stellen, die schon längst erfüllt sind.
Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten fordern die Angleichung der Sozialstandards der EU in allen Bereichen und nicht die Absenkung in einigen Bereichen. Wir wollen kein neues Tagelöhnertum, sondern Arbeit, die den Lebensunterhalt sichert.
Sie fordern, die Regelung für 400-Euro-Jobs auch in Polen einzuführen. - Es ist schon merkwürdig, dass ein deutsches Parlament ein anderes europäisches Parlament auffordert, seine Sozialgesetzgebung zu ändern. Das hat es bisher noch nicht gegeben. Baden-Württemberg hat eine solche Entschließung in den Bundesrat eingebracht, die dort bisher aber noch nicht behandelt worden ist.
Meine Damen und Herren, wie wollen Sie da denn eine Lösung herbeiführen? - Sie sagen, das soll auf deutschem Niveau mit 400 Euro Zuverdienst geschehen. Wie viele Stunden dürfen die denn arbeiten? Dann kommen die für zwei oder drei
Tage aus Polen nach Cloppenburg, um dort den Spargel zu stechen. Das glauben Sie doch wohl selbst nicht!
Meine Damen und Herren, wir sind sicher, dass es auch in diesem Jahr deutschen Spargel mit deutschen Kartoffeln, deutscher Butter, deutschem Schinken und deutschem Bier geben wird, Herr Biestmann, weil das bei unserer Bundesregierung mit unserem Sozialminister in guten Händen ist.
Wir beantragen, mit diesem Antrag mitberatend den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien zu befassen. - Danke schön.
Vielen Dank. - Als nächstem Redner erteile ich Herrn Jan-Christoph Oetjen von der FDP-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Wir diskutieren heute Nachmittag über ein Thema, das in vielen landwirtschaftlichen Betrieben in Niedersachsen das Aufregerthema Nummer eins ist, nämlich den Einsatz ausländischer Saisonarbeitskräfte. Gleichgültig, ob es der Spargelbauer im Landkreis Diepholz, der Obstbauer im Alten Land, der Gemüsebauer im Landkreis Lüneburg oder der Erdbeerbauer bei Holzminden ist
sie alle sind auf den unbürokratischen Einsatz von Erntehelfern angewiesen. Ich sage Ihnen hier ganz deutlich: Das ist eine Existenzfrage für hunderte von Betrieben in Niedersachsen.
Gerade ist schon ausgeführt worden, dass seit Sommer 2005 die polnischen Saisonarbeitskräfte der polnischen Sozialversicherungspflicht unterliegen und damit die Kosten für diese Arbeitskräfte um etwa 50 % gestiegen sind. Viel schlimmer aber ist: Einmal mehr wird den landwirtschaftlichen Unternehmen zusätzliche Bürokratie aufgebürdet. Damit, meine Damen und Herren, muss endlich Schluss sein.
Selbstverständlich wollen auch wir, dass möglichst viele inländische Arbeitsuchende die Arbeit auf unseren Feldern machen. Wer aber glaubt, meine Damen und Herren, dass wir mit ihnen einen großen Teil des Bedarfs decken können, der ist aus meiner Sicht schief gewickelt.
Denn selbst die Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass nur etwa 10 % der Arbeitsplätze mit inländischen Arbeitsuchenden besetzt werden können. Selbst diese Zahl halte ich für reichlich optimistisch, haben doch alle Modellversuche, alle Erprobungen und alle Anreizsysteme der letzten Jahre gezeigt, dass wir in dieser Frage kaum weiterkommen. Herr Kollege Meyer, auch heute zeigt sich, dass z. B. in unserer Spargelregion Nummer eins, im Bereich der Arbeitsagentur NienburgDiepholz, der Rücklauf derjenigen, die sich für diesen Bereich interessieren, äußerst mager ist. Ich glaube nicht, dass wir da 10 % erreichen werden.
Aus diesem Grunde ist es auch wichtig, dass wir mit einem Antrag hier im Niedersächsischen Landtag Druck machen und die Position Niedersachsens klar aufzeichnen, um das im wahrsten Sinne des Wortes nicht im Sande verlaufen zu lassen.
Eines der größten Probleme ist aber, dass die Betriebe auch weiterhin nicht auf ausländische Erntehelfer zurückgreifen können, wenn nachweislich keine deutschen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Trotz aller Ankündigungen - das sage ich hier ganz deutlich - handelt diese Bundesregierung in Berlin viel zu zögerlich.
Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend ein bilaterales Abkommen mit Polen, um einen unbürokratischen Einsatz polnischer Erntehelfer schnellstmöglich zu gewährleisten. Das sind wir unseren Betrieben in Niedersachsen schuldig. Wir dürfen sie nicht im Regen stehen lassen.