Im Bundesrat wurden jüngst das Immissionsschutzrecht und das Umweltverträglichkeitsrecht verschlankt. Den Betrieben werden weniger Auflagen gemacht. Wir bringen in Niedersachsen partnerschaftlichen Naturschutz mit den Landwirten auf den Weg. All das müssen Sie zur Kenntnis nehmen und sehen, dass diese Landesregierung gute Beiträge zum Bürokratieabbau leistet.
(Clemens Große Macke [CDU]: Guter Anfang! - Gegenruf von Karin Stief- Kreihe [SPD]: Da kommt ja bloß nichts nach!)
Ich wünsche mir - das sage ich auch ein bisschen nachdenklich -, dass wir in manchen Bereichen auch lieb gewordene Standards auf den Prüfstand stellen; denn das ist über den Bereich der Verfahrensvereinfachung hinaus ein ganz wichtiger Bereich. Es wird Zeit, dass wir unseren Bauern wieder mehr Zeit im Stall und auf dem Feld gönnen und sie nicht so viel am Schreibtisch sitzen müssen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es mit Max Weber zu halten: „Bürokratie ist die rationale Form der legalen Herrschaft.“ Lassen Sie mich vorweg ferner bemerken: Bürokratie gibt es nicht nur in der öffentlichen Verwaltung, sondern auch in der Privatwirtschaft. Änderungen an Letzterer, meine Damen und Herren, an der Bürokratie in der Privatwirtschaft, lassen sich mit einem Entschließungsantrag aber natürlich nicht erreichen.
Herr Kollege Klein, in dem, was Sie zu Anfang gesagt haben, sind wir uns ja noch einig: dass man einen Teil Bürokratie braucht, um den Staat mit all seinen Facetten letztendlich in Gang zu halten. Aber was dann kam, passte nicht mehr ins Bild. Ich glaube, Sie sollten so langsam aus den Träumen, die Sie zuzeiten der Bundeslandwirtschaftsministerin Künast hatten, erwachen.
Meine Damen und Herren, Bürokratie abzuschaffen, ist schon ein anspruchsvolles Unterfangen, weil - das muss man festhalten - ein gewisses Maß an Bürokratie immer erforderlich sein wird. Im positiven Sinne verhindert Bürokratie eine Bevorzugung oder Benachteiligung Einzelner durch willkürliche Entscheidungen und dient letzten Endes auch der Umsetzung der Ziele der jeweiligen Gesetze und ihrer Ausführungsbestimmungen.
Aber es stellt sich immer die Frage, welches Maß an Bürokratie tatsächlich notwendig ist. Pauschal gefragt: Wie viel Gesetze brauchen wir eigentlich? - Manche Leute fühlen sich in der Bürokratie ja auch wohl, weil nämlich alles geregelt ist. Das sind die Leute, die immer alles 200-prozentig abgesichert haben wollen. Und wenn etwas noch nicht geregelt ist, wird halt ein Prozess geführt. - Meine Damen und Herren, auch das ist etwas, was wir nicht wollen.
Der vorliegende Antrag nimmt genau diese Aspekte aufs Korn. Er führt uns auch ganz deutlich die Konflikte zwischen den fachpolitischen Zielaussagen vor Augen. Außerdem zeigt er, dass man beim Bürokratieabbau auch aufpassen muss, dass man nicht, wie der Volksmund sagt, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben will.
Bürokratieabbau besteht nicht nur in der Vereinfachung von Verfahren, dem Abbau von Rechtsvorschriften oder dem Vorhaben, diese übersichtlicher zu gestalten, sondern vor allen Dingen auch in einem Abschiednehmen von zum Teil schon lieb gewordenen Standards.
Es ist - das klang in der Vorrede bereits an manchmal gar nicht so einfach, wenn einige am Markt teilnehmende Gruppen sich sträuben, dass Dinge, die der Staat in der Vergangenheit geregelt hat, abgeschafft werden sollen, z. B. wenn es darum geht, Marktnormen und Handelsklassen zu definieren. Ich meine, in der heutigen Zeit brauchen wir gerade so etwas nicht mehr. Das kann die Wirtschaft alleine regeln, und ich glaube, das sollte sie auch tun. Wir müssen den am Wirtschaftsprozess Beteiligten allerdings die Möglichkeiten dazu geben. Da fängt wahrer Bürokratieabbau an.
Meine Damen und Herren, es gibt Gesprächsebenen, auf denen wir schon weiterkommen sind. Herr Kollege Johannßen, es mag ja stimmen, dass seitens des Bauernverbandes, der Landfrauen und der Landjugend ein Prozess in Gang gesetzt worden ist. Wir rechnen damit, dass wir nächste oder übernächste Woche vom Bund eine Liste bekommen. Mit dieser Liste wird Bundesminister Seehofer nach Brüssel fahren, um die Belange, die alle Bundesländer in Deutschland zusammengetragen haben und womit sie schon das vorweggenommen haben, womit wir uns hier im Detail beschäftigen, vorzubringen.
Herr Johannßen, Sie haben zu uns gesagt: Das ist eure Regierung! - Nach meinem Dafürhalten regiert die SPD auf Berliner Ebene mit, und damit ist das auch Ihr Ding.
- Das spürt man hier nicht, genau. Ich weiß nicht, warum Sie hier Gräben schaufeln müssen, die gar nicht nötig sind.
Meine Damen und Herren, hier ist an Lebensmittelskandale erinnert worden. Aber da sind wir doch gar nicht so weit auseinander! Auch ich meine, dass wir hier eine größere Kontrolldichte und mehr Überwachungselemente brauchen. Wir müssen
nur aufpassen, dass wir nicht überborden. Wir müssen auf die Dinge eingehen, bei denen wir etwas ändern können, wo wir etwas in der Hand haben, Dinge, die nicht rechtens sind und letztendlich dem guten Ruf der Landwirtschaft schaden können. Wir müssen das richtige Maß finden.
Der landwirtschaftliche Sektor ist zu 80 bis 90 % von europäischen Bestimmungen abhängig. Über die Verknüpfungen, die da entstehen - wir haben eben das Beispiel mit Cross Compliance gehört -, sind schon intensive Diskussionen im Gange, ob man hier nicht das eine oder andere vereinfachen kann. Da müssen wir noch mehr Grundsatzarbeit leisten - ich glaube auch, dass das im Ausschuss gemacht werden kann -, um Ziele neu zu formulieren.
Meine Damen und Herren, die Deregulierung des EU-Rechts mit all seinen Auslegungen ist ein schwerer Brocken, schon fast eine Wissenschaft für sich; das muss man einfach so sagen. Wenn man dann einmal nachfragt, wie diese Regulierungen auf EU-Ebene zustande kommen, stellt sich heraus, dass einige Mitgliedsländer noch gar nicht genug haben: Die wollen noch viel mehr geregelt wissen. Lieber Kollege Oetjen, allerdings ist es so, wie Sie gesagt haben: Da kommt jetzt so langsam ein Umdenkungsprozess in Gang.
Meine Damen und Herren, wir stehen in dieser Frage auch in Kontakt mit unseren Nachbarn. Dänemark, Großbritannien, Frankreich und die Niederlande haben ähnliche Erkenntnisse gewonnen wie wir und versuchen mit uns, das EU-Recht zu vereinfachen.
Ich komme nun zu der Frage, ob es nach wie vor so sein muss, dass man dieselben Daten in mehrere verschiedene Anträge eingeben muss, oder ob man das nicht mit einem einzigen Antrag erledigen kann. Ich wäre sehr dafür, aber man muss sehen, dass hier auch der Datenschutz berührt ist. Man muss schon ausdrücklich damit einverstanden sein, wenn man seine Daten mehrfach genutzt wissen will. Wir sind da schon ein ganzes Stück weiter. Aber es darf halt nicht zum „gläsernen Landwirt“ kommen, dem ein Computerhacker oder wer auf immer auf Knopfdruck ins Portemonnaie schauen kann.
Zu der Frage der 1 : 1-Umsetzung von EU-Richtlinien. Wir müssen noch sehr viel intensiver darauf drängen, dass es z. B. beim Immissionsschutz
oder beim Pflanzenschutz zu einer 1 : 1-Umsetzung kommt. Ich finde es gut, dass die Bundeskanzlerin dies in ihrer Regierungserklärung angesprochen hat.
Meine Damen und Herren, wir täten gut daran, im Miteinander im Ausschuss niedersächsische Positionen herausarbeiten und diese dann mit nach Berlin zu nehmen, damit Minister Seehofer für die Verhandlungen in Brüssel auch das richtige Konzept hat. - Danke schön.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich erteile Herrn Klein das Wort für zwei Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich sind wir bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren, was sinnvolle und was überflüssige Bürokratie ist. Aber wenn wir das tun wollen, dann brauchen wir natürlich klare Sicht und nicht den Nebel, den Sie mit Ihrem Antrag hier aufgewirbelt haben. Wenn ich Sie ernst nehmen soll, dann werden Sie schlicht und einfach konkret. Mehr verlange ich ja gar nicht.
- Herr Biestmann, Sie haben Allgemeinplätze in Ihrem Antrag, die kein Mensch nachkontrollieren kann.
Sagen Sie uns ganz konkret, was Sie in Niedersachsen tun werden! Sagen Sie uns ganz konkret, welches Gesetz, welche Verordnung, welchen Erlass Sie ersatzlos streichen wollen! Sagen Sie uns ganz konkret, welche Einzelvorschrift Sie wie verändern wollen! Sagen Sie uns, welchen Organisationsablaufplan Sie in welcher Art und Weise verändern wollen! Dann bin ich gerne bereit, mit Ihnen darüber zu sprechen.
Der Antrag soll in den Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen werden. Wer so verfahren möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Ist jemand anderer Meinung? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 20: Zweite Beratung: Förderung der Mädchen- und Jungenhilfe in Niedersachsen gezielt weiterentwickeln Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2315 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Drs. 15/2819