Die Eigenverantwortliche Schule ist für uns Liberale seit dem Wiedereinzug in den Landtag 2003 eines der wichtigsten Anliegen gewesen. Sehr frühzeitig haben wir in Anhörungen mit ausgewiesenen Experten bei Besuchen in Finnland, aber auch in anderen Bundesländern und durch entsprechende Fachliteratur Erfahrungen zusammengetragen. Die Absicht war damals schon vorgegeben: Die Schulen sollen in einem Wettbewerb um die bestmögliche Vermittlung von Wissen stehen. Das Ziel muss klar beschrieben sein. Der Weg zu diesem Ziel soll dort formuliert werden, wo man die Verhältnisse am besten kennt und damit auch am besten umgehen kann, nämlich in den Schulen vor Ort. Sie sind nämlich am besten in der Lage, mit dem vorhandenen Umfeld ein eigenes Profil zu entwickeln.
Wir sind fest davon überzeugt, dass gerade unseren politischen, gesellschaftspolitischen Grundwerten wie Eigenverantwortung, Persönlichkeitsentwicklung, Toleranz und Gerechtigkeit mit diesem Bildungsangebot größere Chancen geboten werden können, als es bisher der Fall war.
An dieser Stelle wollen wir auch nicht verschweigen, dass bis zum Zeitpunkt der Didacta-Veranstaltung hier in Hannover andere Themen das Bildungsfeld beherrscht haben: Abschaffung der Orientierungsstufe, Stärkung des gegliederten Schulwesens, Stärkung der Hauptschule mit der Absicht, die Begabungen der einzelnen Schüler gezielter fördern zu können und auch schwächere
Schüler ausbildungsfähiger zu machen, Einführung von Vergleichsarbeiten, Zentralabitur usw. usw. Das war ein gewaltiges Pensum! Und dennoch gelingt es in dieser Legislaturperiode auch noch, das Gesetz zur Eigenverantwortlichen Schule umzusetzen.
Mit dem Gesetzentwurf, der heute hier verabschiedet wird, wird der Weg für die Schulen frei gemacht, sich eigenständig zu entwickeln. Wir meinen, dass keine Schule einen Vergleich scheuen muss. Wenn wir heute in Schulen hineinschauen - das tun wir Bildungspolitiker ja eigentlich ständig -, dann schüttelt man oft erstaunt den Kopf, wie unsere PISA-Ergebnisse zustande gekommen sind. Mein Vertrauen in die Vergleichsstudien ist jedenfalls oft - das betrifft alle Schulformen - erschüttert worden.
Jede Schule hat ihre Stärken. Die Schulinspektion war der erste Schritt, um diese Stärken zu zeigen und für Schwächere den Weg zur Verbesserung zu finden. Darum würde, nebenbei bemerkt, aus unserer Sicht eine Veröffentlichung der Ergebnisse auch Sinn machen.
Ich gehöre zu denen, die auch mal zugeben, dass politische Arbeit Freude machen kann. Das ist zwar nicht immer so, aber das wäre auch zu viel des Guten. Aber die Arbeit an dieser Schulgesetznovelle hat Freude gemacht, vor allem deshalb, weil ganz offensichtlich alle Beteiligten die Bereitschaft hatten, konstruktiv mitzuarbeiten. Vor allen Dingen wurde das in der Anhörung deutlich. Es gibt doch überhaupt gar keinen Zweifel:
Wir erreichen eine Verbesserung der Bildungsqualität in Niedersachsen nur, wenn alle Beteiligten vor Ort - also Lehrer, Schulleiter, Schulträger, Eltern und Schüler - an einem Strang ziehen. Die Schulen, denen es gelingt, ihre Kräfte zu bündeln und sich nicht von Ewiggestrigen und Nörglern aus der Ruhe bringen zu lassen, werden die erfolgreichsten sein. Die Kollegen, die den Untergang der Demokratie und dazu den Untergang des Abendlandes predigen, werden zu den Verlierern gehören.
Allerdings war für uns von Anfang an klar: Die Schule darf nicht zu einem Markt der Beliebigkeit werden. Bei der Festschreibung der Bildungsstandards muss auch gewährleistet sein, dass die Professionalität das entscheidende Gewicht hat.
Das demokratische Organ Gesamtkonferenz bleibt in bisheriger Zusammensetzung erhalten. Gleiches gilt für die Teil- und Fachkonferenzen. Diese Konferenzen behalten die pädagogische Kompetenz. Vor allem über das Schulprogramm und die Schulverfassung entscheidet weiterhin die Gesamtkonferenz auf Vorschlag des Schulvorstandes. Übrigens war das ja auch bisher gängige Praxis, dass Vorschläge außerhalb der Gesamtkonferenz erarbeitet wurden und dass dann auf dieser Basis Entscheidungen getroffen werden mussten.
Die künftige Arbeit zwischen Schulvorstand und Gesamtkonferenz wurde daher dieser Vorgehensweise angepasst. Von einer Schwächung des demokratischen Entscheidungsweges kann keine Rede sein. Wer das behauptet, will nichts anderes als verunsichern.
Herr Schwarz, einen Augenblick, bitte! - Meine Damen und Herren, bisher war es bei dieser Debatte wirklich ruhig. Jetzt ist noch ein Redner da. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Ruhe bewahren könnten.
Danke schön, Herr Präsident. - Eine Forderung, die nicht nur von den kommunalen Spitzenverbänden formuliert wurde, war, ein effektiv arbeitendes Gremium für die Steuerung einer Eigenverantwortlichen Schule zu installieren. Nun kann man auch darüber streiten, ob die Regelung 25 % Schüler, 25 % Eltern und 50 % Lehrer der Weisheit letzter Schluss ist. Die ist ja aus dem Bereich der gymnasialen Elternschaft gekommen. Aus unserer Sicht macht es mehr Sinn, die Schulleitung als zusätzliches, also aus der Lehrerschaft herausgezogenes Element im Schulvorstand zu etablieren. Damit wäre der Professionalität noch ein wenig mehr der Rücken gestärkt worden.
Kritisch wird bei uns vor allem der 25-prozentige Anteil der Schüler im Schulvorstand gesehen, wenn man an die Arbeit in der Praxis denkt. Aber das alles war dann nicht konsensfähig. Wir müssen gerade in diesen Fragen künftig sehr genau die Entwicklung beobachten.
Herr Schwarz, bitte noch einen Augenblick! - Meine Damen und Herren, das ist wirklich so. - Danke schön.
Auch die Frage der zwingend erforderlichen Beteiligung des Schulträgers konnte im Einvernehmen gelöst werden. Gleichwohl haben wir uns darüber gefreut, dass die Aufgabenverlagerung von der Gesamtkonferenz zum Schulvorstand nun doch noch vorgenommen worden ist. Bis zuletzt hat es auch noch Veränderungen gegeben, die ganz in unserem Sinne sind, wenn es z. B. darum geht, dass über die Entsendung der Lehrer in den Schulvorstand nicht die Gesamtkonferenz, sondern die Lehrkräfte entscheiden.
Die FDP-Fraktion ist mit der vorliegenden Gesetzesnovelle zufrieden; denn wir sehen weitestgehend unseren Landesparteitagsbeschluss vom März in Göttingen umgesetzt. CDU und FDP haben in den vergangenen drei Jahren eine Menge umgesetzt. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass die Schulen zur Ruhe kommen, damit sie an die Umsetzung gehen können. Das kann Schritt für Schritt geschehen. Die Schulen müssen selbst den Zeitpunkt finden, zu dem sie eigenverantwortlich werden. Sie müssen dabei von uns unterstützt werden. Wir haben den Schulen jetzt mit verschiedenen Maßnahmen, zuletzt mit diesem Gesetz, eine Basis gelegt, auf der sie sich entfalten können.
Einige Bemerkungen sind mir jetzt noch wichtig: Wir haben mit dieser Gesetzesnovelle einen wichtigen und bedeutenden Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wer aber meint, dass damit unsere Probleme im Bildungsbereich, in der Bildungslandschaft gelöst seien, der liegt falsch.
Gerade in diesen Wochen sprechen viele Menschen von positiven Veränderungen in unserem Land. Ich sage Ihnen: Wenn wir wirklich etwas im Bildungswesen erreichen wollen, dann gehören auch Veränderungen im Elternhaus dazu.
kel, in dem Experten und Erzieher eindringlich mehr Einsatz, Respekt und Pflichtgefühl von Kindern und von Eltern forderten.
Das sind übrigens Tugenden, die uns insbesondere in beeindruckender Weise in Finnland aufgefallen sind. Der Bielefelder Soziologe Klaus Hurrelmann ist der Meinung, dass ein Drittel der Mütter und Väter überfordert sei. Ein anderer hat drei Schritte der werteorientierten Pädagogik aufgezeigt und von liebevoller Zuneigung, Schaffung von Gemeinsinn und Einfordern von Anstrengung und Disziplin gesprochen.
Beeindruckend war auch der Beitrag von Anna Wahlgren, Skandinaviens populärste Erziehungsexpertin. Sie sagt: Eltern repräsentieren die Gesellschaft. Du musst deinem Kind zeigen, nach welchen Regeln wir zusammen leben. Kinder erwarten, dass du deine Rolle als Leiter und Beschützer überzeugend spielst. Um Anweisungen zu geben und Grenzen festzusetzen, musst du genau wissen, wo du selbst stehst. Bei Regelverstößen müssen Konsequenzen folgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese letzten Sätze habe ich Ihnen vorgetragen, weil ich meine, dass wir uns mit den Rahmenbedingungen - sprich: mit der Gesetzesnovelle von heute - noch so viele Mühe geben können - der Schule alleine wird es nicht gelingen, das Bildungsniveau zu verbessern, schon gar nicht als Reparaturbetrieb. Es gibt auch noch andere Baustellen in unserer Gesellschaft.
Ich freue mich über eine Gesetzesnovelle, von der wir sagen können: Sie wird erfolgreich sein, wenn alle auch wirklich bereit sind, an einem Strang zu ziehen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Ergebnisse von TIMSS, PISA und anderen Studien und im Vollzug eines klaren Wählerauftrages hat die Niedersächsische Landesregierung das umfassendste Reformprogramm an unseren Schulen auf den Weg gebracht, das je in Niedersachsen begonnen wurde.
So haben wir seit 2003 - das klang schon an - die Schulstruktur entscheidend verändert. Und, Frau Eckel, ich muss mich doch nicht dafür entschuldigen, dass wir heute mehr Gymnasiasten haben als vor einigen Jahren und dass diese mit gutem Erfolg durch das Gymnasium kommen.
Wir haben die Schulzeit des Gymnasiums verkürzt. Wir haben die frühkindliche Bildung sehr stark wiederbelebt - wir sind aber noch längst nicht am Ende aller Maßnahmen.
Wir haben die individuelle Förderung von Kindern thematisiert. Wir haben die Schulinspektion mit großem Zuspruch eingeführt. Wir haben Beratungs- und Unterstützungssysteme eingeführt. Wir sind zusammen mit dem Wissenschaftsminister an die Lehrerausbildung herangegangen. Es passiert also einiges an den Schulen.
In diesem großen Mosaik von Reformen, meine Damen und Herren, ist die Gestaltung der Eigenverantwortlichen Schule ein zentrales Element. Unsere Schulen sollen zukünftig wesentliche Teile des Lernens und des Schullebens in eigener Verantwortung gestalten. Zugleich aber werden ihre Leistungen und Ergebnisse regelmäßig von außen überprüft und ihnen Ressourcen für ihre Beratung zur Verfügung gestellt. Das ist der Kern unseres zusammenhängenden Konzeptes der Reform, das den Schulen helfen will, besser zu werden.
Diese Reform, meine Damen und Herren, ist in ihrem Ausmaß - einer sagte es, glaube ich, schon ein historischer Vorgang.
Immerhin, seit 30 Jahren gibt es diese Thematik ich bin der siebte Kultusminister, der sich an der Thematik abarbeitet. Jetzt sind wir offenbar am Ziel. Heute Morgen war in einer Zeitung zu lesen, dass das offenbar auch etwas Revolutionäres hat. Nun geht mir der Begriff der „Revolution“ etwas schwer über die Lippen. Aber dahinter steckt eine
Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, den die Landesregierung vorgelegt hat, wurde durch die Anhörung und die anschließende Beratung im Kultusausschuss deutlich verändert. Ich gebe offen zu, dass ich persönlich eine solche Erwartung hatte. Ich möchte auch nicht verhehlen, dass das Konzept der Schule der Zukunft, wie es sich in den parlamentarischen Beratungen herauskristallisiert hat, meinen persönlichen Vorstellungen außerordentlich nahe kommt.
Das Parlament hat die Anhörung und die dort vortragenden Verbände und Personen ernst genommen und viele Anregungen aufgegriffen.