Protokoll der Sitzung vom 06.06.2008

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

„Ihre Anträge auf Bezirks- und Landesebene der CDU seien leider gescheitert. Das Problem sei die weit fortgeschrittene Planung der Trasse.“

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Eine Ministerin dieses Kabinetts hat in einer zentralen verkehrspolitischen Frage zur Entwicklung der maritimen Wirtschaft eine völlig konträre Haltung, zumindest zur offiziellen Position der Landesregierung und zur Mehrheit des Landtags.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Unerhört!)

Sie vertritt diese Position engagiert in Podiumsdiskussionen, bedauert auch noch die fortgeschrittene Planung, und Sie, Herr McAllister, stellen sich hier hin und sprechen sich für die Y-Trasse aus. Was gilt denn nun eigentlich? Das, was die Ministerin sagt, das, was der Verkehrsminister sagt, oder das, was ein Fraktionsvorsitzender immer wieder vollmundig verkündet hat?

Herr Will, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Hogrefe?

Nein, ich möchte fortfahren. - Möchten Sie die Y-Trasse nun wirklich, oder gilt bei Ihnen jeweils die Tagesform? Kann bei Ihnen jeder seine Wahrheit zur Y-Trasse verkünden, Herr McAllister?

Diesen Wackelkurs betreibt im Übrigen auch die Kollegin Pieper weiter

(David McAllister [CDU]: Was?)

durch ihre heute erneuerte Kritik an der Y-Trasse. Ich kann nur sagen: Entweder haben Sie, Frau Pieper, unseren Antrag nicht oder nur die Überschrift gelesen, oder Sie haben ihn schlichtweg nicht verstanden. Ich will daraus ausdrücklich zitieren: Unter anderem heißt es in unserem Antrag:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, … einen möglichst schonenden Flächenverbrauch bei der Planung der Neubaustrecke sicherzustellen und in Zusammenarbeit mit Bürgerinitiativen auf die angemessene Berücksichtigung der Interessen der Anwohner, insbesondere beim Lärmschutz, hinzuwirken.“

Das alles aber haben Sie negiert. Das haben Sie schlichtweg ausgeblendet. Wir hingegen kümmern uns in unserem Antrag auch um diese Belange. Sie müssten ihn nur zu Ende lesen.

Meine Damen und Herren, vor Ort schlägt man sich also wieder in die Büsche. Herr McAllister, sorgen Sie endlich für Ordnung in Ihrer Fraktion!

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Hör doch mal auf hier! Was soll das denn? Ich wollte Sie gerade loben!)

Meine Damen und Herren, wir erwarten von Ihnen eine klare eindeutige Aussage zur Y-Trasse, zur Finanzierung der Planungskosten, notfalls auch mit

vorgestreckten Mitteln der Länder, wobei ich aber auch hier sage: Hamburg hat sich hier schon wesentlich deutlicher positioniert als Niedersachsen. Außerdem fordern wir den Einsatz aller Planungskapazitäten auch für dieses Projekt. Schließlich erwarten wir von dieser Landesregierung ein Landesverkehrskonzept, das die vorhandenen Strecken möglichst schnell ertüchtigt, die Knoten ausbaut und die Belastungen für die Menschen im Raum der Y-Trasse minimiert.

Auch dazu sind Sie gewählt. Nehmen Sie Ihren Auftrag wahr, und handeln Sie nicht wie Frau Ministerin Frau Ross-Luttmann, die in der Podiumsdiskussion zudem äußerte, „dass führende SPDPolitiker im Bund und in Bremen nach wie vor zur Trasse stünden“. Ich sage Ihnen: Das war zwar als Kritik formuliert, aber man kann das schon als Lob auffassen.

Die niedersächsische SPD-Landtagsfraktion will eine zügige Planung und Realisierung der Y-Trasse bis zum Jahr 2017. Deshalb heute auch unser Antrag zur Planungsbeschleunigung. Herr McAllister, wir werden Sie an Ihren Taten messen und nicht an Ihren Ankündigungen. Ihre Ankündigungen sind bisher nur Pressekonferenzen oder Pressemitteilungen. Anscheinserweckung reicht hier nicht.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Zu einer Kurzintervention auf den Redebeitrag von Herrn Will hat sich Frau Pieper gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Will, ich möchte nur ganz kurz auf Ihre Einlassung antworten, da Sie mich erwähnt haben. Ich glaube, Sie vergessen, dass Sie hier so ein bisschen was verwechseln. Ich zitiere einmal aus einigen Sachen. 30. September 2007: SPD gegen Y-Trasse.

(David McAllister [CDU]: Was?)

11. Oktober 2007: Y-Trasse gehört auf den Planungsmüll.

(Lachen bei der CDU)

So geht es weiter: Die vorliegenden Gutachten der Universität Hannover und der Verkehrsclub Deutschland kommen zu dem Ergebnis, dass die Y-Trasse keine nennenswerten Vorteile zur Bewäl

tigung der prognostizierten Gütermengen aus den Seehäfen bringt.

Herr Will, wir haben immer gesagt: Die Y-Trasse wird kommen, und sie muss kommen.

Jetzt noch ein Wort zu dem, was Sie gemeinsam mit Ihrem Herrn Jüttner machen. In diesem Zusammenhang möchte ich aus einer anderen Quelle zitieren: Wolle ist froh, dass er die Y-Trasse auf dem Landesparteitag endlich begraben konnte. - Dieser Wendehals, den Sie heute fabrizieren, ist schon unglaublich. Ich kann nur sagen: Oh weh, oh weh, oh weh.

(Beifall bei der CDU)

Entschließungsanträge, bewahrt uns vor der SPD!

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege, eine Erwiderung auf die Kurzintervention haben wir nicht vorgesehen. Mir liegt jetzt die Wortmeldung des Kollegen Will zu einer Kurzintervention vor, der sich hier zu Wort gemeldet hat. Dann können wir das nicht zwei Mal machen, wenn ich richtig informiert bin.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie machte eine Kurzintervention! Er muss darauf antworten können!)

- Herr Will ja, Herr Möhrmann nicht.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Herr Möhr- mann wollte für Herrn Will antworten! Das ist zulässig!)

- Herr Will hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Er kann jetzt antworten. Bitte schön!

(David McAllister [CDU]: Schwarzer Tag für Will!)

Frau Pieper, ich kann Ihnen versichern: Uns ist es lieber, dass uns der Jüttner gehört und nicht Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Bravo! Sehr gut! - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Das war ein Kernsatz! - Weite- re Zurufe von der CDU)

Zumindest an der Stelle sind wir uns dann einig.

Wir haben auf unserem Landesparteitag einen sehr ausgewogenen Antrag beschlossen, der sowohl dieses wichtige Verkehrsprojekt als auch die Umsetzung der Planungen vor Ort und die Mini

mierung der Belastungen für die Menschen noch einmal unterstreicht. In der Hinsicht gibt es überhaupt keinen Widerspruch. Was Sie hier an Überschriften vorgelesen haben, ist die Interpretation der Presse.

(Lachen bei der CDU)

Im Übrigen haben wir hier im Landtag - ich habe schon darauf hingewiesen - eine gemeinsame Beschlusslage. Wenn Sie damit vor Ort nicht leben können, ist das Ihr Problem.

(Wilhelm Hogrefe [CDU]: Ihre Abge- ordneten vor Ort können damit nicht leben!)

Dann sollten Sie das hier aber auch deutlich sagen.

Nächster Redner ist Herr Hagenah von den Grünen. Bitte schön, Herr Hagenah!

(David McAllister [CDU]: Jetzt kommt: Im Prinzip sind wir für den Bahnver- kehr, aber wenn es konkret wird, sind wir dagegen!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In acht Jahren könnte, wenn alles so klappen würde, wie es sich die DB AG wünscht, mit dem Bau der Y-Trasse begonnen werden, Herr Will, nicht beendet werden; das wäre ja noch schöner; so schnell sind die da nicht. Es geht dabei um eine Planung aus den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, um einen kleinen Beitrag zur Lösung der heute schon akuten Kapazitätsprobleme im norddeutschen Bahnverkehr zu leisten. Wir müssen uns natürlich wegen der enormen zeitlichen und auch der finanziellen Dimension des Projektes kritisch fragen, ob der Bau dieser Y-Trasse wirklich im niedersächsischen Interesse liegt. Dabei hat Frau Ross-Luttmann mit den hier erwähnten Zitaten meiner Ansicht nach recht; denn Fachleute schätzen die Kosten des Baus dieses Schienenteilstücks für den schnellen Personenverkehr zwischen Hamburg und Hannover inzwischen - der Bau wird ja schon lange verschoben - auf 3 Milliarden Euro, während im ohnehin überzeichneten Bundesverkehrswegeplan nur 1,5 Milliarden Euro dafür eingeplant sind, Herr Will. Es klafft also noch eine Riesenlücke, Herr Will. Das sind Gründe genug, um den aktuellen Ausbaubedarf bei der Schieneninfrastruktur im Norden ins

gesamt mit dem Nutzen der Y-Trasse, Herr McAllister, kritisch zu vergleichen und nach Alternativen Ausschau zu halten, bevor man sich darauf festlegt.

Es ist fahrlässig und den ökonomischen wie auch ökologischen Konsequenzen einer möglichen Fehlplanung nicht im Geringsten angemessen, wenn hier vonseiten der SPD in dem vorliegenden Antrag, aber auch von der CDU in ihrem jüngsten Positionspapier ungeprüft und unkritisch alte Lösungen für neue Probleme hochgejubelt werden.