Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

(Glocke des Präsidenten)

Gleiches gilt auch für die Weiterbildung von Lehrern und Erziehern, wobei es in beiden Fällen spannend sein wird, sich anzuschauen, wie denn die bereits existierenden Angebote angenommen werden. Ich müsste allerdings noch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, davon überzeugt werden, ob es wirklich Sinn macht oder notwendig ist, ein eigenes Sprachgesetz zu erlassen.

Zum Titel des Antrages „14 Antworten statt 140 Fragen“ möchte ich jedenfalls für meine Fraktion anmerken, dass wir darum bitten, in der Ausschussberatung die Antwort auf die Große Anfrage der Regierungsfraktionen abzuwarten,

(Zustimmung bei der CDU)

weil sie doch vermutlich noch den einen oder anderen Aspekt beitragen wird, den wir für die Beschlussfassung vielleicht brauchen könnten.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE] - Glocke des Präsidenten)

Was aus unserer Sicht in dem Antrag fehlt, ist beispielsweise die Erwähnung der Sprache Romani. Jedenfalls von der deutschen Sprachencharta ist auch die Sprache der Sinti und Roma erfasst. Auch sie leben in Niedersachsen und haben aus unserer Sicht ein Recht darauf, dass man sie beim Erhalt ihrer Muttersprache unterstützt.

Grundsätzlich gilt, denke ich, für das Thema der Regionalsprachen: Wir sind umso überzeugender, je grundsätzlicher wir argumentieren. Bilingualen Spracherwerb sollten wir bei allen Kindern unterstützen, die das Glück haben, neben Hochdeutsch noch eine zweite Muttersprache zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, Ihr letzter Satz bitte!

Ich komme zum letzten Satz. Herr Thiele, Ihr flammendes Plädoyer für die Zweisprachigkeit - so, vermute ich jedenfalls, haben Sie argumentiert; ich muss gestehen, ich habe Sie nicht verstanden - würden wir uns auch für die Integrationsdebatten wünschen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Sie sind gar nicht auf die Argumente von Herrn Thiele eingegangen!)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE spricht nun der Kollege Perli. Bitte!

(Reinhold Hilbers [CDU]: Jetzt kommt Potsdamer Plattdeutsch!)

Herr Hilbers, vielleicht gibt es ja eine Überraschung. Warten wir mal ab!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Europa gibt es etwa 90 Sprachen. Dazu gehören über 50 Regional- und Minderheitensprachen, wie das Niederdeutsche und das Saterfriesische in Niedersachsen. Zum Schutz dieser Sprachen und Kulturen wurden in den letzten Jahren Maßnahmen auf den Weg gebracht. Dazu zählt auch die 1998 in Kraft getretene Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen. Die Sachverständigen des Europarates haben wiederholt festgestellt, dass sich die Situation der Sprachen in Deutschland und in Niedersachsen nicht wirklich verbessert hat. Im Gegenteil, die Kritik wächst.

Die Lage des Saterfriesischen ist weiterhin prekär. Beim Niederdeutschen ist sie vergleichsweise weniger angespannt, aber auch hier gibt es keine spürbare Verbesserung. Es fehlt an einer aktiven Strukturpolitik zur Förderung der Sprachen. Dementsprechend fehlt es auch an einem Mechanismus, der die Wirksamkeit der bestehenden Maßnahmen überprüft und sicherstellt. Es gibt keine koordinierten schulischen und außerschulischen Angebote.

(Ulf Thiele [CDU]: Das stimmt doch gar nicht! Das ist doch verkehrt!)

Das lässt sich lange fortsetzen. Der Heimatbund und andere haben weitere Kritikpunkte oft wiederholt; das können Sie nachlesen.

Für die Linke ist völlig klar: Die Bewahrung und Förderung von Regional- und Minderheitensprachen wie dem Saterfriesischen und dem Niederdeutschen mit ihrem besonderen Lautbild und den eigenen Sprachbildern trägt zum Erhalt der kulturellen Vielfalt in Niedersachsen bei und muss daher unser aller Anliegen sein.

(Beifall bei der LINKEN - Glocke des Präsidenten)

Die besondere Aufgabe, die wir haben, ist es aber, gerade diejenigen, die nicht Platt sprechen, dafür zu sensibilisieren, welche Bedeutung diese Sprachen für uns haben.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Deshalb empfehle ich Ihnen, Herr Kollege Thiele: Sprechen Sie doch einmal zu einem nicht plattdeutschen Thema auf Platt, z. B. zur Finanzpolitik von Herrn Möllring, und zu einem plattdeutschen Thema, wie wir es hier haben, auf Hochdeutsch, damit im ganzen Land erfahren wird, wie wichtig es ist, diese Sprache zu erhalten.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Wir wenden uns strikt dagegen, Plattdeutsch und Saterfriesisch zur Folklore zu degradieren. Regionale Kulturen sind keine musealen Überbleibsel.

Die 14 Forderungen der SPD wirken teilweise etwas bemüht. Wir stimmen der grundsätzlichen Ausrichtung des Antrags aber zu. Der Schwerpunkt liegt auf den formalen Bildungsinstitutionen. Sicherlich ist es richtig, das in Kitas und Schulen verbindlich zu verankern sowie an der Hochschule Lehre und Forschung langfristig abzusichern.

(Glocke des Präsidenten)

Was allerdings zu kurz kommt, sind Angebote in der Erwachsenen- und Weiterbildung oder auch die Förderung von Kulturveranstaltungen oder Festivals, die eine andere Zielgruppe ansprechen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Meine Fraktion erwartet konstruktive Beratung im Ausschuss. Na denn man tau!

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Oetjen das Wort. Bitte schön!

Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich dafür entschieden, auf Hochdeutsch zu sprechen, weil ich möchte, dass die Antragstellerin mich versteht. Ich möchte aber deutlich machen, dass ich mir durchaus wünschen würde, dass wir in diesem Hause häufiger Diskussionen auf Plattdeutsch führen. Gerade wenn es um die einzige anerkannte Regionalspra

che geht - das ist das Niederdeutsche -, finde ich das durchaus angemessen. Herr Kollege Thiele, ich bedanke mich dafür.

Verehrte Damen und Herren, wenn Sie auf die 140 Fragen, die wir gestellt haben, 14 Antworten geben, dann bleiben 126 Fragen offen und unbeantwortet. Allein das zeigt, dass der Ansatz, den Sie gewählt haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sich nämlich einzig und allein auf die Frage der Schul- und Hochschulpolitik zu beschränken, eigentlich zu kurz greift. Der Kollege Thiele hat aus meiner Sicht zu Recht ausgeführt, dass Plattdeutsch sich nicht allein als Schulsprache entwickeln sollte, wobei man also in der Schule sitzt und Unterricht im Plattdeutschen hat.

(Claus Peter Poppe [SPD]: Das steht so gar nicht drin!)

Sondern das Plattdeutsche sollte eigentlich eine Sprache sein, die im Alltag gelebt wird. Deswegen ist der Ansatz wichtig, zu untersuchen, inwieweit das Plattdeutsche als Alltagssprache und Kultursprache nicht nur auf Laienspielbühnen, sondern auch in unseren Zeitungen, im Fernsehen und im Radio vorkommt, inwieweit das Plattdeutsche als Verwaltungs- und Gerichtssprache - die Kollegin Heinen-Kljajić hat ja recht, wenn sie vom Bundespatentamt spricht - überhaupt noch durchsetzungsfähig ist und ob das Personal vorhanden ist, das damit arbeiten kann. Da kann ich im Antrag der SPD durchaus richtige Ansätze erkennen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, ich glaube, dass wir, wie Sie gesagt haben, gerade im Bereich der Lehrerausbildung einen Nachholbedarf haben, was das Plattdeutsche angeht, und dass wir viel aktiver mehr Lehrer dafür begeistern müssen, die Angebote, die am Lehrstuhl gemacht werden, tatsächlich zu nutzen. Wir müssen die Lehrerausbildung nutzen, um das Plattdeutsche weiter in die Schule zu vermitteln. Das ist, denke ich, durchaus ein richtiger Ansatz.

Genauso müssen wir dafür kämpfen, dass wir in den offenen Ganztagsangeboten mit unseren Heimatvereinen und den Organisationen vor Ort Lehrerinnen und Lehrer außerhalb der Berufsausbildung finden, die zu den Kindern gehen und mit ihnen Plattdeutsch sprechen. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Sprache lebt nur, wenn sie gesprochen wird, und zwar im Alltag und nicht nur in der Schule. Das möchte ich hier betonen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich finde auch gut, dass die Grünen angekündigt haben, dass sie die Beantwortung der Großen Anfrage abwarten wollen.

(Glocke des Präsidenten)

Denn ich glaube, dass wir viel mehr daraus ziehen können, als Sie von der SPD-Fraktion hier aufgeschrieben haben, und dass das weit über das hinausgeht, was jetzt bereits in der Frage des Erlasses „Die Region im Unterricht“ vom Kultusministerium erarbeitet wird.

Ich freue mich auf eine intensive Beratung und habe jetzt leider keine Zeit mehr.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Poppe. Bitte sehr, Herr Poppe!

(Ulf Thiele [CDU]: Er kann wenigstens Platt!)

Leiwe Präsident! Leiwe Kolleginnen und Kollegen! Ick hebb lang nich mehr so veel dumm Tüch hört as vandoge van CDU-Siete öwer usen Andrag.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU: Oh, oh!)