Heute Morgen hat uns die Nachricht erreicht, dass die Streiks in der Druckindustrie zu einem Ergebnis bei den Tarifverhandlungen geführt haben. Der stellvertretende Vorsitzende von ver.di, Kollege Frank Werneke, hat bekannt gegeben, dass sich ver.di und der Bundesverband Druck und Medien darauf verständigt haben, dass der Manteltarifvertrag für die Druckindustrie für drei Jahre in unveränderter Form bestehen bleibt. Es wurden Einkommenserhöhungen vereinbart.
Eines lässt sich schon jetzt sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Dieses Ergebnis ist ein Resultat des seit Wochen andauernden Streiks in der Druckindustrie.
Daran waren auch viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus Niedersachsen beteiligt. Die Beschäftigten in der Druckindustrie und die Gewerkschaft ver.di haben mit den Warnstreiks auf die unerhörte Provokation der Arbeitgeberverbände in der Druckindustrie reagiert. Der Erhalt der 35-Stunden-Woche im Manteltarifvertrag der Drucker kann nicht hoch genug gewertet werden.
Dieses Ergebnis hat natürlich auch Signalwirkung für andere Bereiche. Die Arbeitgeberverbände der Druckindustrie hatten in dieser Tarifrunde zum Generalangriff auf die in den 80er-Jahren hart und lange erkämpften Errungenschaften geblasen. Lassen Sie mich ganz kurz in die Historie gehen! Fast auf den Tag genau vor 27 Jahren, im April 1984, hat der Streik in der Druckindustrie für die 35-Stunden-Woche begonnen. Vier Wochen später folgten die Kolleginnen und Kollegen der IG Metall. Der bis dahin längste und schwerste Arbeitskampf der Bundesrepublik wurde am 6. Juli erfolgreich beendet. Jetzt kämpfen die Kolleginnen und Kollegen dafür, dass dieses Ergebnis weiterhin im Tarifvertrag bestehen bleibt.
Die Tarifforderungen der Beschäftigten bei den Zeitungsverlagen und in Redaktionen sind nach wie vor nicht erfüllt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Linke steht weiterhin solidarisch an der Seite der Streikenden in diesen Verlagen und Zeitungsredaktionen, im Einzelhandel, bei privaten Versicherungsgesellschaften und bei den nicht bundeseigenen Eisenbahnen. Die Linke wird die Aktivitäten der Gewerkschaften und der Beschäftigten bei ihrem Kampf um einen erfolgreichen Abschluss ihrer Tarifforderungen weiterhin aktiv unterstützen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für dieses Thema und für die Forderung, die Sie im ersten Teil Ihrer Ausführungen erhoben haben! Auch wir von der FDP wollen und wollten schon immer die Bürger am Wirtschaftswachstum beteiligen.
Mit unserer Forderung nach einer Entlastung im Blick auf die aus unserer Sicht viel zu rigorose Steuerprogression gehen wir sogar noch einen Schritt weiter. Denn was nutzt es dem Mitarbeiter, wenn auf seiner Abrechnung zwar mehr steht, er unter dem Strich aber kaum etwas davon hat?
Die linken Parteien streiten seit jeher für mehr Lohn, selbst dann, wenn es wirtschaftlich kaum vertretbar ist. Aber was bleibt den Mitarbeitern unter dem Strich? - Ein kleiner Bruchteil! Wir müssen jedes Jahr aufs Neue erleben, wie die Mittelschicht fälschlicherweise als sogenannte Spitzenverdiener deklariert und geschröpft wird, damit der Staat noch mehr zu verteilen hat.
Wir von der FDP wollen den Bürgern wieder den Teil zurückgeben, der in den vergangenen Jahren stetig mehr vereinnahmt wurde. Noch nie hat der Staat so viel Steuern von seinen Bürgern eingenommen wie in den letzten Jahren, sieht man einmal von der Krise ab.
Mit 561 Milliarden Euro haben wir im Jahr 2008 den Höchststand bei den Steuereinnahmen erreicht. Dieser Stand dürfte nach der Krise wieder erreicht, wenn nicht sogar noch überschritten werden. Die Steuereinnahmen lagen um 110 Milliarden Euro höher als vor zehn Jahren. Da sollte es eigentlich selbstverständlich sein, Entlastungen für die Bürger zu generieren.
Wir freuen uns über jede vernünftige tarifliche Anhebung der Löhne und Gehälter. Es ist vollkommen richtig, dass das Wirtschaftswachstum bei denjenigen Menschen ankommen muss, die es erwirtschaftet haben. Leistung muss sich schließlich lohnen. Aber das mühsam erarbeitete Geld darf nicht durch eine harte Steuerprogression wieder abgeschöpft werden.
Wenn sich Arbeitgeberverband und Gewerkschaften auf einen branchenspezifischen Lohnanstieg einigen, dann sollte dieser nicht alleine zu einer Belastung der Lohnkostenstruktur in den Unternehmen führen,
Ich will versuchen, Ihnen das zu erläutern. Wenn die Unternehmen Ihrer Forderung folgen, den Lohn beispielsweise um 100 Euro erhöhen, dann steigen ihre eigenen Aufwendungen nicht nur um 100 Euro, sondern um 150 Euro. Auf der anderen Seite erhält der Mitarbeiter, dem die Lohnerhöhung eigentlich zugute kommen soll, davon gerade einmal 49 Euro. Finden Sie das in Ordnung?
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist doch gar nicht das Thema! - Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: In der Schule würde man sagen: Sechs, setzen!)
Der Rest geht für Steuern und Versicherungen drauf. Was meinen Sie, wie viele Menschen allein deshalb aus der Kirche ausgetreten sind, um Steuern zu sparen?
Eine weitere Anmerkung. Sie beklagen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet. Ich sehe das genauso. Deshalb fordere ich die Tarifparteien auch schon seit über 30 Jahren auf, keine prozentualen Erhöhungen zu vereinbaren. Es ist doch klar, dass sonst der, der 10 000 Euro im Monat verdient, davon stärker profitiert als der, der 3 000 Euro im Monat verdient. Dadurch geht die Schere doch automatisch weiter auseinander.
Meine Damen und Herren, zum Schluss vermischen Sie dann auch noch alles: Einzelhandel, Drucker, Redakteure, Versicherungskaufleute.
Sie bringen alles durcheinander, egal wie sich der Aufschwung in den einzelnen Branchen tatsächlich darstellt. Für Sie ist alles ein und dasselbe.
Wir sind der Meinung, Arbeit muss sich lohnen. Sie muss bezahlbar und damit sicher sein. Um wirklich mehr im Portemonnaie zu haben, bedarf es mehr als nur Lohntarifverhandlungen. Genau dafür setzen wir von der FDP uns seit Jahr und Tag ein. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Dies kann auch bei einer gleichzeitig stattfindenden strikten Haushaltskonsolidierung gelingen. Und zu Ihrer Beruhigung darf ich sagen: Wenn
mehr im Geldbeutel ist, kommt das dem Wohlstand zugute. Das hilft mit Blick auf die Nachhaltigkeit unserer Wirtschaft, mit Blick auf die Arbeitsplätze und die Einkommen und führt damit auch zu einem vermehrten Steueraufkommen.
Das ist ein äußerst gelungener Kreislauf einer sozialen Marktwirtschaft, die aus sich heraus Wachstum generiert. Genau das ist der richtige Ansatz. Da wollen wir hin. Und wenn die Tarifvertragsparteien dieses mit entwickeln, dann unterstützen wir sie nach Kräften.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Das war peinlich! - Gegenruf von Christian Grascha [FDP]: Das war die richtige Antwort auf diese Anfrage!)
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für uns Sozialdemokraten ist das in Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes verankerte Recht der Tarifparteien, Vereinbarungen mit normativer Wirkung frei von staatlichen und sonstigen Eingriffen abzuschließen, ein hohes und schützenswertes Gut.
Darum werden wir auch nicht der Verlockung erliegen, in laufende Tarifverhandlungen einzugreifen. Tarifverhandlungen zu führen, ist allein Aufgabe der Tarifvertragsparteien.
Natürlich sind auch wir dafür, dass es in den angesprochenen Branchen gute Tarifabschlüsse für die Arbeitnehmerseite gibt. Wir sehen dort einen gewaltigen Nachholbedarf, nachdem die Gewerkschaften und die Arbeitnehmer in der Krise und auch bereits Jahre zuvor Lohnzurückhaltung geübt und Minuslohnrunden hingenommen haben.
Darum sollte nach unserem Verständnis auch wieder einmal ein richtiger Schluck aus der tarifpolitischen Pulle möglich sein. Weil die Leute in der Krise und auch schon vorher lange genug stillgehalten haben! Trotzdem bleibt es allein Aufgabe der Tarifpartner, dies zu bewerkstelligen.
Meine Damen und Herren, für die Binnennachfrage sind die Einkommensverhältnisse entscheidend. Darum bedeutet ein guter Tarifabschluss auch immer eine höhere Kaufkraft. Genau diese höhere Kaufkraft brauchen wir jetzt, um die Binnennachfrage nachhaltig zu stützen, meine Damen und Herren.