Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Sie versuchen, da einen Keil hineinzutreiben, und zwar genau dort, wo es Wertstoffchargen gibt, die preislich attraktiv sind. Die wollen Sie den Privaten zur Verfügung stellen.

(Gabriela König [FDP]: Eben nicht!)

Das wirkt sich für den Gebührenhaushalt negativ aus. Sie sozialisieren die Verluste und privatisieren die Gewinne an dieser Stelle. Deshalb sage ich ganz deutlich: Schämen Sie sich für Ihren Beitrag! Sie werfen Nebelkerzen und sagen nicht ehrlich, was Sie eigentlich wollen, Herr Minister.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir haben es in der Vergangenheit oft erlebt, dass Sie sich am Redepult erregen

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Künst- lich! - Glocke der Präsidentin)

und vorgeben, etwas ganz anderes zu wollen, als eigentlich Ihr Interesse ist. Ich kann nur sagen: Schade, dass sich die CDU vor Ihren Karren spannen lässt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Detlef Tanke [SPD]: Bitter!)

Einen letzten Satz!

Darüber kann auch Ihr erregter Beitrag, Frau Körtner, nicht hinwegtäuschen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ebenfalls nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erhält Frau Kollegin Körtner von der CDUFraktion das Wort. Sie haben vier Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Wenzel, die Sache mit der Erregung hatten wir schon mal. Darüber müssen wir nicht wieder diskutieren.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich meine aber, dass Sie den Minister wieder sehr unredlich angegriffen haben. Sie haben hier nämlich selbst mit Nebelkerzen geworfen. Ich habe Ihnen im Ausschuss schon häufig vorgehalten, dass Sie das sehr oft tun. Auch jetzt war das wieder der Fall.

(Zustimmung bei der CDU)

Entweder Sie sagen hier bewusst in Richtung Minister etwas Falsches, oder Sie haben unseren Antrag nicht gelesen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich sage ganz klar zum Stichwort „wirtschaftlichste“: Auch die kommunalen Spitzenverbände wollen das wirtschaftlichste Angebot. Und „am wirtschaftlichsten“ heißt - das habe ich Ihnen im Ausschuss auch gesagt - nicht am billigsten, sondern eben am wirtschaftlichsten.

(Kurt Herzog [LINKE]: Dann definieren Sie das mal!)

Gegen wirtschaftliche Handlungen haben die Kommunen überhaupt nichts. Wir haben ganz klar gesagt: Das Primat der Entscheidung, welche Form der Abfallentsorgung in einem Kreistag gewählt wird, liegt bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, und das sind die Kreistage.

(Zustimmung bei der CDU)

Dafür setzen sich beide antragstellenden Fraktionen ein. - Das ist das Erste.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Eben nicht!)

Zweitens will ich Ihnen noch etwas zu der Wertstofftonne sagen, Herr Wenzel. Auch das, was Sie dazu gesagt haben, ist wieder völlig vorbei an dem, was die kommunalen Spitzenverbände sagen. Sie sagen nämlich - genau wie Herr Minister Sander -, eine Weiterentwicklung in Richtung Wertstoffverordnung, also Wertstofftonne, ist vernünftig. So die kommunalen Spitzenverbände. Aber eines muss gewährleistet sein, nämlich dass die Wertstofftonne in kommunaler Verantwortung bleibt. Auch dafür setzen wir uns ein.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Sie sind der größte Nebelkerzenwerfer in diesem Plenum! Im Umweltausschuss sagen Sie: Ach, wie schön, man könnte ja gemeinsam etwas machen. - Dann bekommen Sie einen sehr guten Antrag auf den Tisch; und dann stellen Sie sich in der Öffentlichkeit im Plenum hin und behaupten genau das Gegenteil von dem, was Sie im Ausschuss gesagt haben.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Da steht doch nichts drin in Ihrem Antrag! Wi- schiwaschi-Papier!)

Meine Damen und Herren, wir werden alles daransetzen, dass die Interessen der öffentlichen Entsorgungsunternehmen gewahrt bleiben. Das habe ich gerade ganz klar gesagt. Unser Antrag besagt deutlich, dass sich eine kommunal organisierte, von den jeweiligen Kreistagen beschlossene Abfallentsorgung als Leistung der kommunalen Daseinsvorsorge und finanziert über allgemeine Gebühren nicht für alle Elemente des Wettbewerbs auf dem Markt eignet. Genau das sagt der Antrag. Es kann und darf nicht sein - dafür werden wir uns einsetzen -, dass es privaten Marktteilnehmern ermöglicht wird, durch bundesgesetzliche Rege

lungen immer dann, wenn es lukrativ erscheint, bestimmte Wertstoffe aus dem Abfall herauszulesen, und den Kommunen der flächendeckende Auftrag zur Daseinsvorsorge bleibt. Das heißt, die Kommunen entsorgen dann den billigen Rest, nämlich den feuchten Hausmüll.

Wir wollen eben nicht - das habe ich in meinem ersten Redebeitrag schon gesagt -, dass es zu einer Privatisierung der Gewinne und einer Sozialisierung der Verluste kommt. Genau dafür setzen wir uns mit unserem Antrag ein, Herr Wenzel.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das steht aber nicht drin!)

Wir lassen uns das, was in diesem Antrag steht - und Sie sind des Lesens mächtig -, von Ihnen nicht zerpflücken und in eine absolut falsche Richtung bringen. Das werden Sie mit uns nicht machen!

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich habe auf Minister Sander geant- wortet!)

Herzlichen Dank. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat jetzt für die SPD-Fraktion Herr Kollege Möhrmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich mache seit 30 Jahren in einem Kreistag Kommunalpolitik.

(Daniela Behrens [SPD]: Sehr gut so- gar!)

Frau Körtner, auch mit Empörung und Rhetorik gelingt es Ihnen erstens nicht, zu verbergen, dass es erhebliche Meinungsunterschiede zwischen beiden Koalitionsfraktionen gibt.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Der zweite Punkt ist: Trotz Ihrer Empörung wird das, was Sie hier als Ihre Hauptlinie vertreten haben, nämlich dass die jeweilige Gebietskörperschaft entscheiden kann, was privat entsorgt wird und was nicht, aufgrund der Vorgaben, die jetzt im Bundesrat aus guten Gründen abgelehnt worden sind, leider nicht möglich sein.

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, dass wir schon jetzt in der Abfallwirtschaft das Problem haben, das bestimmte Bereiche von Privaten

wahrgenommen werden können, mit der Folge, dass die Landkreise die Fixkosten für ihre Deponien auf die übrig bleibenden Gebührenzahler umlegen müssen. Damit ist der Effekt der Preiserhöhung bereits eingetreten. Deswegen haben viele Kreistage - z. B. auch der Kreistag Soltau-Fallingbostel; dies allerdings ohne die Zustimmung der FDP - diese Resolution, die in dem Antrag der SPD wiederzufinden ist, unterstützt.

Ich finde es wichtig, dass im Bundesrat erreicht wird, dass man das ändert, weil das sonst in der Tat dazu führt, dass die kommunalen Entsorgungsbetriebe nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können, da der Fixkostenblock eine derartige Höhe erreicht hat und auf weniger Menschen verteilt werden muss, sodass es diesen Effekt der Preiserhöhung gibt.

Ich will noch ein Zweites sagen. Herr Minister Sander, ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern. Es gab einmal eine Mündliche Anfrage zu einem ähnlichen Thema. Dabei ging es auch um die öffentliche Daseinsvorsorge und um die Frage, ob es eigentlich effektiv ist, wenn Kommunen etwas tun. Da waren Sie noch erregter als heute und haben diverse Beispiele genannt - ohne allerdings Ross und Reiter zu nennen -, die nach Ihrer Auffassung dafür sprechen, dass Sie Recht haben. Ich habe mir dann die Mühe gemacht, in einer schriftlichen Anfrage alle diese Punkte nachzufragen. Meine Damen und Herren, zu meiner Überraschung ließ sich kein einziger dieser Vorwürfe von Herrn Sander belegen. Und heute hat er es wieder genauso gemacht!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, noch ein letzter Punkt. Ich komme aus dem, wie er bald heißt, Heidekreis; im Moment heißt er noch Landkreis SoltauFallingbostel. Dort hatten wir einen Regiebetrieb und eine private Vergabe. Das wurde umgestellt. Wir haben uns entschieden, daraus eine Anstalt öffentlichen Rechts zu machen. Mit nur drei zusätzlichen Beschäftigten arbeitet dieser Betrieb sehr wirtschaftlich. Seit dem 1. Januar 2011 ist es uns sogar gelungen, auch die Papierabfuhr zu organisieren, ebenfalls mit erheblich weniger Personal, als es der Private vorher gemacht hatte. Deswegen, Herr Minister Sander, lasse ich es nicht zu, dass Sie die kommunale Wirtschaft immer wieder in dieser Art und Weise abqualifizieren.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das nennt man einen Blattschuss!)

Herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei Minuten erhält jetzt von der Fraktion DIE LINKE Herr Herzog. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin in Lüchow-Dannenberg auch nicht mit allem einverstanden, was die Verwaltung in der kommunalen Abfallentsorgung macht. Sie macht z. B. viel zu wenig in Bezug auf die Gebührengestaltung mit wirklichen Anreizen. Aber ich kann Ihnen eines sagen: Einem Privaten wäre dies alles schnurz. Auf jeden Fall ist also gewährleistet, dass die Arbeit in der Abfallentsorgung durch den Kreistag und durch Fachausschüsse demokratisch kontrollierbar ist. Privatisierung bedeutet immer einen Verlust an demokratischer Kontrolle.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Was?)

- Ja, Herr Hocker, das tut weh, aber das ist leider die Wahrheit.