Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Abschließende Beratung: Bienen vor Pestiziden, Gentechnik und Nahrungsverlust schützen - Imkerei fördern - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2697 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Er

nährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 16/3899

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich zunächst der Kollege Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Meyer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag zu den Gefahren für die Bienen durch Pestizide, Gentechnik und Nahrungsverlust sowie zur Stärkung der Imkerei ist brandaktuell, auch wenn er sich schon seit über einem Jahr in der Beratung befindet.

In der Anhörung, die wir zu dem Antrag durchgeführt haben, ist noch einmal bestätigt worden, dass die Bienenverluste in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen haben. Zum Beispiel gab es in Baden-Württemberg in 2008 dramatische Bienenverluste durch ein Pestizid. In Niedersachsen gab es in 2003 und 2006 ein massives Bienensterben durch ein Insektizid auf Kartoffelfeldern. In diesem Bereich besteht eine klare Bedrohung.

Ich will mit dem Bereich Gentechnik anfangen. Dazu liegt ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofes vor. Ein bayerischer Imker hat erfolgreich geklagt: Er war der Auffassung, dass es nicht sein kann, dass er keine Entschädigung bekommt, wenn in seinem Honig Pollen von genmanipulierten Pflanzen enthalten sind.

Wir begrüßen dieses Urteil sehr;

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

denn es wird dazu führen, dass kein Genpflanzenanbau stattfinden kann, wenn in der Nähe Imkerei betrieben wird. Das Urteil zeigt auch, dass die bisherigen Regelungen zu den Sicherheitsabständen - 150 m bei konventionellem und 300 m bei ökologischem Anbau - bei Genpflanzen völlig überholt sind. Denn Bienen haben einen Flugradius von mindestens 4 km.

Leider hat sich Niedersachsen bisher zu dem Thema der Sicherheitsabstände nicht geäußert. Den entsprechenden Unterlagen war zu entnehmen, dass niedersächsische Landesämter z. B. in Brandenburg beratend tätig waren und man dort

um Naturschutzgebiete Schutzzonen von 4 bis 5 km einrichtet. In Niedersachsen gibt es solche Schutzzonen nicht - wir haben das mehrfach beantragt -, sondern in Niedersachsen ist es sogar erlaubt, in der höchsten Schutzzone von Naturschutzgebieten - z. B. in der Elbtalaue - zugelassene Genpflanzen anzubauen, obwohl diese nachweisbar gefährlich für Insekten sein können. Damit ist die Gefahr der Gentechnik noch einmal bestätigt.

Was die Pestizide angeht, so kann man dem Bieneninstitut natürlich nur zustimmen, dass der beste Schutz für die Bienen wäre, wenn alle Pestizide verboten würden. Wir haben in unserem Antrag gefordert, vor allem die akut und chronisch wirkenden Bienengifte zu verbieten, vor allem die Neonikotinoide. Das Bieneninstitut hat bestätigt, dass sie besonders problematisch für die Bienen sind. Leider gab es immer wieder Vorstöße - z. B. von Herrn Thümler -, diese Beizstoffe als Pestizide zuzulassen. Das wäre aber eine große Gefahr für die Bienen in Niedersachsen.

Der dritte und mindestens genauso wichtige Punkt, den wir in unserem Antrag ansprechen, ist der zunehmende Verlust des Lebensraums der Bienen. Es entsteht ein Nahrungsmangel durch zunehmende Monokulturen in der Landwirtschaft, weil es immer weniger Blühstreifen gibt. Die meisten Monokulturen und der Rückgang von Blühstreifen sind daher sehr problematisch. Das ist uns auch mitgeteilt worden. Ich kann nur appellieren, dass man z. B. bei Biogasanlagen stärker darauf setzt, blühende Wildpflanzen zu nutzen. Dazu gibt es erfreuliche Versuche, gerade aus dem Diepholzer Bereich. Das kann sehr effektiv sein, jedenfalls effektiver, als wenn man rein auf Maismonokulturen macht.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Damit könnte man etwas für die Bienen, für das Landschaftsbild, für die Natur und auch für die Umwelt tun. Deshalb fordern wir dringend Änderungen. Der NawaRo-Bonus muss weg. Stattdessen wäre es sinnvoll, solche Wildpflanzen, die auch für die Bienen von Vorteil sind, zu fördern. Deshalb bitten wir um Unterstützung für den Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Schminke. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits mehrfach habe ich für meine Fraktion erklärt, dass wir uns sehr viel intensiver mit den Ursachen des Bienensterbens auseinandersetzen müssen. Ebenso deutlich hatten wir Ihnen gesagt, dass Blühstreifen allein nicht geeignet sind, den Bienen ausreichend Futter zu gewähren. Meine Damen und Herren, das reicht hinten und vorne nicht.

Wir haben uns damit beschäftigt und Ihnen bereits im Ausschuss erklärt, dass es uns auch darum geht, deutlich weniger Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft einzusetzen. Wir wollen Bienengifte verbieten und Monokulturen ohne Fruchtfolge nicht mehr fördern. Wir wollen die Umkehr der Beweislast bei Pflanzenschutzmitteln. Wir wollen möglichst in allen Teilen des Landes öffentliches Grün in öffentliches Bunt umwandeln. Wir sind gegen Gentechnik in der Landwirtschaft und für die Regresspflicht der Verursacher, wenn Honig nachweislich durch genmanipulierte Pollen verunreinigt wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Urteil des EuGH in Bezug auf Gentechnik und Honig muss für Sie doch wie ein K.o.-Schlag gewirkt haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nun sind wir gespannt, wie Sie dieses Urteil in der Praxis beachten, meine Damen und Herren.

Sie beschäftigen sich zwar nicht wirklich mit Bienenkrankheiten, aber Sie erklären in Ihren Sonntagsreden, dass Sie die Sorgen der Imker ernst nehmen.

Es geht auch und insbesondere darum, durch eine ausgewogene Agrarbewirtschaftung und Landschaftspflege eine abwechslungsreiche Flora zu schaffen. Dabei geht die Honigproduktion wie kein anderes Agrarhandelsprodukt in Einklang mit der Natur, sofern der Mensch diese Natur nicht grob fahrlässig gefährdet, wie Sie das öfter tun, meine Damen und Herren. Deshalb sagen wir Ihnen das auch.

Hinter der Bestäubungsleistung der Bienen steht nur dann eine enorme Wertschöpfung, wenn den Bienen genügend Nahrung zur Verfügung steht.

(Clemens Große Macke [CDU]: Dann hätten Sie ja unserem Antrag zustim- men können!)

„Gib der Biene Zucker!“ Dieser Artikel von gestern aus der HAZ ist wirklich termingerecht gekommen. Man braucht ihn eigentlich nicht mehr zu kommentieren. Das trifft den Tagesordnungspunkt hier heute sehr genau. Klaus Möller, seit nunmehr 25 Jahren im Imkerhandwerk beschäftigt, erklärt dort für jeden verständlich, wo die Probleme liegen, nämlich dass den Bienen die Nahrung knapp wird. Selbst der Erwerb von Bienenzucker ist kaum noch möglich, ist zu lesen. Die Imker haben bereits ernsthafte Probleme, ihre Bienen mit Futter zu versorgen. Das allein muss uns ganz dringend zum Handeln bringen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jedes Jahr gehen ca. 30 % der Bienenvölker verloren. Viele Imker geben bereits entnervt auf. Es gibt regional Totalverluste in nie da gewesener Höhe. Der Präsident des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes erklärt, dass unsere Bienenvölker auf hochproduktiven Landwirtschaftsflächen verhungern,

(Ingrid Klopp [CDU]: Das stimmt so nicht!)

weil einfach zu wenig Nahrung in zu kurzer Zeitspanne vorhanden ist, Frau Klopp.

Meine Damen und Herren, es ist ein beliebtes Spiel, immer zuerst und allein die Varroamilbe als Ursache großer Bienenverluste anzuführen. Das war früher uneingeschränkt richtig. Heute stimmt das aber nur noch bedingt. Die hohen Verluste sind in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Bienen durch zu wenig Nahrung geschwächt und nicht mehr gesund sind. Deshalb sind sie der Varroamilbe ausgeliefert und können ihr keine Widerstandskraft mehr entgegensetzen. Das ist die Wahrheit. Darum sterben so viele Bienen.

(Beifall bei der SPD)

Pollenmangel führt also zum Brutrückgang und dies wiederum zur Erhöhung des Parasitisierungsgrades mit der Varroamilbe.

Ich denke, dass sich der großflächige und vor allem hausgemachte Nährpflanzenmangel nicht durch Ihre Blühstreifen allein beseitigen lässt, meine Damen und Herren.

Wir unterstützen den Antrag der Grünen, weil die darin aufgelisteten und von mir angesprochenen Maßnahmen extrem wirkungsvoll sind. Wir müssen viel mehr für die Bienen tun. Wir sollten die Paketlösung des Antrags schnellstmöglich umsetzen. Darum stimmen wir dem Maßnahmenpaket des Antrags der Grünen gerne zu.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Clemens Große Ma- cke [CDU]: Schade eigentlich!)

Frau von Below-Neufeldt hat das Wort für die FDPFraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Grünen wird bereits zu großen Teilen vom Bieneninstitut beantwortet. Die Vorlage dazu liegt vor, und darauf verweise ich.

Der Schutz der Bienen vor Pestiziden ist bei sachgerechter Anwendung auf jeden Fall gegeben.

(Clemens Große Macke [CDU]: Richtig!)

Bienengiftigkeit ist nämlich auszuschließen. Das ist ein ganz wichtiges Kriterium im Zulassungsverfahren. Tun Sie also nicht so, als wäre das anders.

Wir Regierungsfraktionen hatten vor fast genau einem Jahr einen Antrag zum Wohle der Bienen angekündigt, und er ist längst verabschiedet. Das Blühstreifenprogramm sei erwähnt, ebenso ein umfangreicher Maßnahmenkatalog, der - danke schön an das ML - gerade vorbereitet wird.

Es steht fest: Die Biene ist nicht nur ein fleißiger Honigproduzent; sie ist auch ein wichtiger Faktor für die Biodiversität und ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Landwirte. Deshalb brauchen wir die Bienen. Deshalb ist der Rückgang der Imkerei mit Sorge zu sehen. Wir wollen diesen Rückgang nicht hinnehmen. Deshalb bereitet unsere Landesregierung den eben erwähnten Maßnahmenkatalog vor.

(Rolf Meyer [SPD]: Hoffentlich erleben wir den noch!)

Ein besonderes Augenmerk ist auf die Bienengesundheit zu legen. Ein ausreichendes und lang andauerndes Nahrungsangebot - dies möchte ich

betonen - ist dafür ein ganz wichtiger Grundstein. Damit müssen Imker dann nicht mehr notfüttern. Gute Nahrung macht Bienen stark und widerstandsfähiger gegen Krankheiten sowie Parasiten und erhält auch die Reproduktionsrate.