Die zusätzlichen zwölf Ermittlungsverfahren bzw. Strafanzeigen, die unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg eingegangen sind, sind bereits abschließend bearbeitet worden. Dabei ist den Strafanzeigen wegen Verdachts des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz (Haltung von Hunden der Landespolizei Nordrhein-Westfalen in ihren Transportboxen) und der Strafanzeige wegen unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen sowie Verdachts der Körperverletzung im Amt (Halt des Castortransportzugs in der Nachbar- schaft des Bahnhofs Dahlenburg) schon mangels Anfangstatverdachts gemäß §§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 StPO keine Folge gegeben worden, während alle übrigen Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden.
Das Ermittlungsverfahren gegen den französischen Einsatzbeamten wegen Verdachts der Amtsanmaßung ist noch nicht abgeschlossen.
In einem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 17. Oktober 2011 wird der stellvertretende Polizeipräsident von Hannover, Thomas Rochell, im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Hells Angels in Hannover insbesondere im Umfeld des Steintorviertels, wie folgt zitiert: „Richtig ist, dass wir die wirtschaftliche Expansion der Rocker mit der ‚Basis‘ Steintor mit Sorge betrachten.“ Weiter sagt er im Zusammenhang mit dem Steintorviertel: „Das Viertel lockt zwielichtige Gestalten an. Ich persönlich halte überhaupt nichts von einem Aufenthalt dort. Ich finde auch, die Hannoveraner sollten ihr Geld nicht dort ausgeben, wo die ‚Hells Angels’ davon profitieren. Jeder, der das tut, muss wissen, dass er damit die Position der Rocker und ihres Chefs stärkt.“
Am 14. Oktober 2011 berichtet der WeserKurier darüber, dass die Verdener Staatsanwaltschaft gegen die Firma GAB Security GmbH, an welcher Hannovers Hells-AngelsChef Frank Hanebuth und Hells-Angels-Schatzmeister und Bordellbetreiber Wolfgang Heer beteiligt sind, wegen des Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz ermittelt. Die Firma soll Inkassodienstleistungen angeboten haben, ohne die nötige Lizenz zu besitzen.
Am 27. September 2011 berichtet die Nordwestzeitung - Oldenburger Münsterland über ein Treffen von Hells Angels und Red Devils Friesland in Kamperfehn (Landkreis Cloppen- burg). Die Polizei vermutet als Hintergrund, dass sich die Rockergruppierung Red Devils mit einem Clubhaus im Nordkreis Cloppenburg niederlassen will, um somit „Gebietsansprüche“ geltend zu machen.
1. Wie bewertet die Landesregierung die benannten Aktivitäten der Hells Angels und der Red Devils der letzten Monate?
2. Teilt die Landesregierung die vom stellvertretenden Polizeipräsidenten Hannovers, Thomas Rochell, getätigten Aussagen zum Treiben der Hells Angels im Steintorviertel von Hannover, und unterstützt die Landesregierung in diesem Zusammenhang den Aufruf von Rochell an die Hannoveraner, im Steintorviertel kein Geld auszugeben?
3. Was tut die Landesregierung, um beispielsweise den Einfluss der Hells Angels im Steintorviertel von Hannover zurückzudrängen?
Im Hinblick auf die Bekämpfung der Rockerkriminalität wird auf die Beantwortung der Mündlichen Anfrage Nr. 51 der Abgeordneten Pia-Beate Zimmermann (Plenarprotokoll 16/107) durch das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport sowie diverse weitere darin genannte Beantwortungen hingewiesen.
Die umfassenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Rockerkriminalität zielen in ihrer Gesamtheit darauf ab, die Erkenntnisse zu den einzelnen Rockergruppierungen zu bündeln, die Bearbeitung der Strafverfahren weiter zu optimieren und letztlich, wenn die Voraussetzungen vorliegen, kriminelle Rockerclubs zu verbieten.
Dies vorangestellt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung auf der Grundlage des Berichtes des Landeskriminalamtes Niedersachsen wie folgt:
Zu 1: Zu den in der Anfrage benannten Sachverhalten ist bekannt, dass der aktuelle Handelsregisterauszug für die Firma GAB Security GmbH u. a. die Beitreibung von Geldforderungen (Inkasso) ausweist. Der geschäftsmäßige Einzug fremder Forderungen bedarf nach §§ 2 Abs. 2, 10 Abs. 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes der Erlaubnis. Der Umstand, dass die Firma GAB Security GmbH möglicherweise nicht die erforderliche Erlaubnis besitzt, ist aktuell Gegenstand der Prüfung der zuständigen Staatsanwaltschaft Verden.
Der Red Devils MC Ammerland hatte für den 24. September 2011 eine Veranstaltung geplant, die durch den Landkreis Ammerland untersagt worden ist. Die Ausweich-/Ersatzveranstaltung hat in einer angemieteten Gaststätte in Kamperfehn, Stadt Friesoythe, Landkreis Cloppenburg, stattgefunden und ist mit polizeilichen Einsatzmaßnahmen begleitet worden.
Dem Landeskriminalamt Niedersachsen liegen aktuell keine Erkenntnisse vor, dass der Red Devils MC plant, im Landkreis Cloppenburg ein Charter zu eröffnen.
Gleichwohl ist es in Niedersachsen neben der schon länger zu beobachtenden Expansion des Unterstützerclubs Red Devils MC in jüngster Zeit zur Neugründung von zwei Chartern des Hells Angels MC in Nordhorn und Helmstedt (Eastgate) sowie dem Anwärtercharter Göttingen, und damit in Gegenden, in denen der Hells Angels MC bislang nicht vertreten war, gekommen. Diese Expansion führt zur Ausweitung des Einflussbereichs der genannten Clubs.
Die Bewertung, dass es bei den Streitigkeiten um die von den Gruppen jeweils reklamierten Einflussbereiche zu gewalttätigen Auseinandersetzungen auch in Niedersachsen kommen kann, wird angesichts der Entwicklung im Bundesgebiet aufrechterhalten.
Aus diesem Grund hat die niedersächsische Polizei das Maßnahmenkonzept zur Intensivierung der Bekämpfung der Rockerkriminalität insbesondere auch mit Blick auf die beiden genannten Motorradclubs fortgesetzt und entsprechende Maßnahmen zur Verhinderung und Unterbindung gewaltsamer Auseinandersetzungen konsequent durchgeführt.
Zu 2: Der Vizepräsident der Polizeidirektion Hannover hat in dem genannten Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 17. Oktober 2011 deutlich gemacht, dass es die Polizei nicht dulden wird, wenn die Hells Angels den öffentlichen Raum - insbesondere im Steintorviertel, aber auch sonst in Hannover - für sich beanspruchen. Die Hells Angels stehen in Hannover unter intensiver Beobachtung. Sofern sich ein Anlass bietet, wird die Polizei mit allen gebotenen Mitteln gegen die Hells Angels einschreiten. Diese Haltung teilt die Landesregierung uneingeschränkt.
Zu 3: Die Polizeidirektion Hannover setzt bereits seit mehreren Jahren Schwerpunkte sowohl im Bereich der Informationssammlung über Mitglieder relevanter Rockergruppierungen als auch in der Bekämpfung von Straftaten durch Mitglieder von Rockergruppierungen.
Für die vergangenen Jahre ist bis heute hervorzuheben, dass im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Hannover keine Auseinandersetzungen rivalisierender Rockergruppierungen stattgefunden haben.
Die Schwerpunktsetzung der Polizeidirektion Hannover wird insbesondere durch nachfolgende Maßnahmen belegt:
- Einsatz eines „Szenekundigen Beamten Rocker“ als Angehöriger der Zentralen Kriminalinspektion seit 2005,
- Initiierung eines einjährigen „Auswerteprojekts Türsteher“ im Juni 2005 mit gleichzeitig einhergehender zentralisierter Sachbearbeitung, welche bis heute Bestand hat,
- öffentlichkeitswirksame starke polizeiliche Präsenz und niedrigschwellig angewandte präventive und repressive Eingriffsmaßnahmen im Rah
- Umsetzung des Erlasses zur Bekämpfung der Rockerkriminalität, Bekämpfungsstrategie und Mindeststandards vom 2. März 2011 bei gleichzeitiger Verknüpfung mit bestehenden Konzepten der Polizeidirektion Hannover.
Die Maßnahmen der Polizei des Landes Niedersachsen zielen auf eine nachhaltige Beeinträchtigung aller illegalen Aktivitäten von Rockergruppierungen durch die Verfolgung eines ganzheitlichen Ansatzes unter Einbindung aller Behörden mit Ordnungs-, Verwaltungs- und Sicherheitsaufgaben. Durch die Erhöhung der polizeilichen Kontrollmaßnahmen, wie z. B. im Steintorbereich in Hannover, wird Niedersachsen auch dem präventiven Aspekt der ganzheitlichen Bekämpfungsstrategie gerecht.
Ein Beispiel für die Einbindung der Behörden mit Ordnungs-, Verwaltungs- und Sicherheitsaufgaben ist die enge Abstimmung der Landeshauptstadt Hannover mit der Polizeidirektion Hannover im Zusammenhang mit Anträgen von Sondernutzungserlaubnissen für Veranstaltungen der Steintor Event GmbH bei der Landeshauptstadt Hannover.
Im Übrigen verweise ich auf die in den Vorbemerkungen genannten diversen weiteren Beantwortungen von Anfragen mit Rockerbezug.
Nachdem es über ein Jahr gedauert hat, bis es personelle Konsequenzen in einem im April 2010 angezeigten Fall sexuellen Missbrauchs einer Lehrperson an Grundschülerinnen vonseiten der Landeschulbehörde und des Kultusministeriums gab, und der beschuldigte Lehrer bis Mai 2011 weiter Kinder unterrichten konnte, wird vonseiten der Eltern infrage gestellt, ob die Landesregierung Schülerinnen und Schüler tatsächlich wirksam und unverzüglich vor sexuellen Übergriffen schützt. Auf meine Mündliche Anfrage hatte Kultusminister Althusmann im April 2010 erklärt: „Sofern Verdachtsmomente auch aufgrund von Beschwerden aus der Elternschaft an einer öffentlichen Schule auftreten, wird die Landesschulbehörde eingeschaltet, die dann den Fall in der Bearbeitung übernimmt und über alle weiteren Maßnahmen ent
scheidet. Es wird zunächst ein Disziplinarverfahren eingeleitet und im Falle eines sexuell motivierten Fehlverhaltens gleichzeitig eine vorläufige Dienstenthebung ausgesprochen. Soweit bereits strafrechtliche Ermittlungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft aufgenommen sind, wird das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt“ (Ste- nografischer Bericht über die 71. Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 30. April 2010, S. 8950).
Im oben angesprochenen Fall war ein Lehrer aus Hannover im April 2010 kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist von zwei ehemaligen Grundschülerinnen wegen Missbrauchs in 144 Fällen angezeigt worden. Die Landesschulbehörde erfuhr von dieser Anzeige im September 2010, das Kultusministerium im Dezember 2010. Weder das Kultusministerium noch die Landesschulbehörde wurden offensichtlich unverzüglich aktiv.
Erst im Juli 2011 wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Lehrer war zu diesem Zeitpunkt bereits aus gesundheitlichen Gründen im vorzeitigen Ruhestand. Am 4. Oktober 2011 wurde der geständige Täter zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt und entging knapp einer Gefängnisstrafe.
Vor diesem Hintergrund fragen sich viele Eltern, ob die Landesregierung Schulkinder ausreichend schützt und ob es noch weitere Fälle gibt, in denen trotz vorliegender Strafanzeigen nicht reagiert wurde.