Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dieser ideologiedurchtränkte Ansatz hilft uns bei der Haushaltspolitik und bei einer vernünftigen Investitionspolitik hier im Lande überhaupt nicht weiter.
Es geht nicht darum, dass wir irgendetwas ausschließen wollen, sondern darum, dass wir uns alle Möglichkeiten von Finanzierungsformen offenhalten wollen, um die wirtschaftlichste Form zu finden.
Das Beispiel, das Herr Aller anführte, macht es deutlich: In Bremervörde haben wir uns für die Finanzierung per ÖPP entschieden. Beim Justizzentrum Hannover entscheiden wir uns für eine andere Finanzierungsform, genau so, wie wir uns bei Straßeninvestitionen oder anderen Landesliegenschaften möglicherweise für andere Finanzierungsformen entscheiden. Das Wesen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit ist, dass man sich am Ende auf ein Finanzierungsverfahren festlegen muss. Wir wollen möglichst alle Lösungen offenhalten, damit wir die optimale Lösung finden.
Zum Thema JVA Bremervörde. Ich glaube, man kann zum jetzigen Zeitpunkt noch gar kein Ergebnis präsentieren und nicht beurteilen, ob es in der Nachbetrachtung unter dem Strich tatsächlich wirtschaftlicher war oder nicht. Man muss gerade bei diesem Lebenszyklusverfahren erst einmal Jahre und vielleicht sogar Jahrzehnte ins Land gehen lassen, bevor man am Ende tatsächlich ein Ergebnis präsentieren kann. Das, was Sie machen, indem Sie Ergebnisse frühzeitig vorwegnehmen, ist schlicht und ergreifend unseriös.
Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion wird diesen Kreuzzug gegen private Lösungen nicht mitmachen. Ich halte es für völlig deplaziert, hier ideologisch heranzugehen. Wir sollten uns alle Möglichkeiten offenhalten und die Wirtschaftlichkeit individuell prüfen. Das steht heute schon in der Landeshaushaltsordnung. Dazu sind wir heute schon verpflichtet. Dazu brauchen wir keinen Antrag der SPD-Fraktion.
Herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/4579 ablehnen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenenthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt wurde.
Wir haben beschlossen, jetzt in die Mittagspause einzutreten. Das heißt, dass wir uns hier wieder um 14.30 Uhr einfinden werden. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Appetit!
Abschließende Beratung: Mehr Steuergerechtigkeit für Niedersachsens Bürger - Kalte Progression abbauen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4577 -
Wir treten in die Beratung ein. Der Kollege Dammann-Tamke hat sich für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Dammann-Tamke, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die zweite und abschließende Beratung unseres Entschließungsantrags vom 13. März dieses Jahres. Die erste Beratung fand im AprilPlenum statt. Seitdem ist einiges passiert. Warum erwähne ich dieses explizit?
Erstens. Bezug nehmend auf die erste Beratung, Herr Klein, stelle ich fest, dass es nicht eines solchen Antrages bedurfte, um der FDP wieder auf die Beine zu helfen.
Zweitens. Ver.di hat ein in meinen Augen bemerkenswert gutes Ergebnis bei den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen erzielt, Herr Dr. Sohn.
Drittens. Die Oppositionsfraktionen sind weiter der Auffassung, dass der Abbau der kalten Progression keinen Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit darstellt.
Es ist aber auch zutage getreten, dass weite Teile der Opposition offensichtlich ein Problem mit dem gegenwärtig gültigen Steuersystem und dem Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit und der Progression haben, oder einfach formuliert: mit dem Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen als schwache. Das bedeutet in der konkreten Ausgestaltung, dass knapp ein Drittel der Steuerpflichtigen knapp 80 % des gesamten Einkommensteueraufkommens trägt. Anders ist jedenfalls nicht zu erklären, dass Sie bei der Ablehnung dieser Gesetzesinitiative damit argumentieren, dass höhere Einkommen eine stärkere Entlastung erfahren als niedrige.
Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Diese Gesetzesinitiative zielt auf Steuergerechtigkeit im Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern ab, indem sie nicht beschlossene Steuererhöhungen
durch die Hintertür - inflationsbedingt; also die kalte Progression - systematisch zurückführen will. Dies liegt insbesondere im Interesse der abhängig Beschäftigten in den unteren und mittleren Einkommensgruppen, die dem Steuertarif voll unterliegen und auch kaum über steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten verfügen, um ihre persönliche Steuerlast zu senken.
Ich stelle mir gerade eine Mai-Kundgebung vor, auf der beispielsweise Sie, Herr Schminke, den Zuhörern zu den guten Tarifabschlüssen gratulieren, um dann im nächsten Satz Ihr Bedauern darüber zum Ausdruck zu bringen, dass aufgrund des progressiven Verlaufs der Steuertabelle im Portemonnaie netto weniger ankommen werde und dass das auch nötig sei, weil auch der Staat bei seinen Ausgaben der Inflation unterliege.
Wenn Sie dann noch Rückgrat zeigen würden, Kollege Schminke - Sie haben ja bekanntlich Rückgrat -, würden Sie gleich dazu sagen, dass eine im Bundestag eingebrachte Gesetzesinitiative zur Beseitigung dieses Effektes über den Bundesrat mit der Begründung erfolgreich habe abgeschmettert werden können, dass unser Steuersystem zutiefst ungerecht sei und dass der zuletzt unter einer rot-grün geführten Bundesregierung mit der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder abgesenkte Spitzensteuersatz längst wieder hätte angehoben werden müssen und dass Sie, da dies nicht aufgegriffen worden sei und außerdem Steuerpflichtige mit absolut höherer Steuerschuld eine stärkere Entlastung erfahren würden als Steuerpflichtige mit einer niedrigeren Steuerschuld, stolz auf Ihren Standpunkt seien. - Herzlichen Glückwunsch dazu!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun noch Anmerkungen zur Verantwortung gegenüber den öffentlichen Haushalten - da wende ich mich ganz besonders an die Mitglieder der SPD-Fraktion -: Wir würden uns in Bezug auf Ihre Vorbehalte zu diesem Entschließungsantrag wünschen, dass Sie mit der gleichen Verve für die Schuldenbremse eintreten, wie Sie hier auf der Bremse stehen.
In konkreten Zahlen: Auf der Bundesebene würde sich durch die Anhebung des Grundfreibetrages und die Verschiebung der Steuertabelle ein Volumen von 6 Milliarden Euro an Mindereinnahmen ergeben. Der Anteil, der auf Niedersachsen entfiele - also Beteiligung beim Grundfreibetrag - wächst in 2013 auf 39 Millionen Euro, in 2014 auf 106 Mil
lionen Euro, und ab 2015 gäbe es in etwa ein gleichbleibendes Niveau von 130 Millionen Euro, jeweils vor KFA. Das sind Volumina, die angesichts der für Niedersachsen überaus erfreulichen Steuerschätzungen vom November - auch für die Mai-Steuerschätzung ist nochmals eine Verbesserung zu erwarten - ohne Probleme zu verbuchen wären.
Was die Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte angeht: Im Zuge der Anpassung der Grundfreibeträge besteht der Bund zu Recht auf der verfassungsgemäßen Beteiligung der Länder und Kommunen. Dies wird über eine Beteiligung über den Steuerverbund umgesetzt. Diese originären Mindereinnahmen belaufen sich beispielsweise für die Landeshauptstadt Hannover in 2013 auf ein Niveau von gut 2 Millionen Euro. Da drängt sich mir eine Frage auf: Kann mir jemand in diesem Hause erklären, warum der OB und Spitzenkandidat ausweislich der Berichterstattung in der HAZ vom 2. April zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst - ich zitiere - sagte: „Der Abschluss sei sowohl für die Kommunen als auch für die Beschäftigten in Ordnung. Die Stadt müsse versuchen, den Fehlbetrag im laufenden Haushalt zu erwirtschaften.“? Später erfährt der Leser, dass dies allein für das laufende Haushaltsjahr eine Größenordnung von 8 Millionen Euro ist.
„Ich erlebe gegenwärtig viel Unglaubwürdigkeit in der Frage, wie die jetzige Landesregierung die Perspektiven des Landes einschätzt. Ministerpräsident David McAllister und seine Minister streuen den Leuten Sand in die Augen. Ein Beispiel: Da stimmt die Landesregierung im Bundesrat Steuersenkungen zu, die im Ergebnis weniger Einnahmen für das Land in Höhe von 200 Millionen und für die Kommunen von 100 Millionen Euro bedeuten.“
Erstens trägt es nicht zur Glaubwürdigkeit bei, wenn Zahlen - auch wenn sie von einem ehemaligen Kämmerer kommen - einfach willkürlich gegriffen werden.
Zweitens. Es bleibt das Geheimnis von Herrn Weil, warum 8 Millionen Euro im Haushalt 2012, also im laufenden Haushalt, einfach so zu erwirtschaften
sind, während auf der anderen Seite 2 Millionen Euro Mindereinnahmen für den KFA - ausgelöst durch das Gesetz zum Abbau der kalten Progression - eine unverantwortliche Politik gegenüber der kommunalen Ebene darstellen sollen.
Meine Damen und Herren, Anhebung des Grundfreibetrags und Abbau der kalten Progression sind in unseren Augen Verfassungsgebot und vernünftige Ziele. Wer sich ihnen aufgrund parteitaktischen Kalküls verweigert, darf sich nicht wundern, wenn politische Kräfte an Einfluss gewinnen, die einfach nur Protest artikulieren wollen.
Wir setzen auf Vernunft, und wir stehen voll hinter der Positionierung der niedersächsischen Landesregierung. Abbau der kalten Progression bedeutet mehr Geld im Portemonnaie der Beschäftigten in den unteren und mittleren Einkommensgruppen.