Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

„Mehr Ganztagsschulen heißt aber nicht mehr Schule. Die Frage ist, was die Kinder nachmittags machen. Wenn sie nicht von Lehrern unterrichtet werden, sondern töpfern, musizie

ren oder Fußball spielen können - und das auch nur, wer will -, dann sind sie zwar betreut. Ihre Bildungschancen steigen so aber nicht.“

Damit haben Sie bewiesen, dass Sie nicht die Interessen der Eltern und Schüler in diesem Land vertreten. Wir werden diese Baustellen im Januar 2013 wegräumen.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Wilhelm Hogrefe [CDU]: Was haben Sie gegen Sport?)

Auf den Beitrag von Herrn Politze hat sich Herr Klare zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich erteile Ihnen für anderthalb Minuten das Wort, Herr Klare. Bitte schön!

Ich möchte mich in meiner Kurzintervention mit der Frage auseinandersetzen, was Qualität im Ganztagsbereich ist. Herr Politze, glauben Sie wirklich, dass es ein Zeichen für Qualität ist, wenn im Grundschulbereich, also für Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren, den ganzen Tag ein richtig strammer Unterricht stattfindet? - Das ist die erste Frage.

(Anette Meyer zu Strohen [CDU]: Ge- nau! Das haben wir ja gehört! - Zurufe von der SPD)

Die zweite Frage ist: Wer entwickelt denn die Konzepte für den Ganztag? - Diese Konzepte werden doch entwickelt, indem sich Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler und andere zusammensetzen. Das Konzept einer Ganztagsschule im offenen Sinne heißt: gemeinsames Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, pädagogische Angebote mit außerschulischen Partnern, Betreuungsangebote, Angebote von Musikschulen und Kunstschulen, Angebote von anderen Partnern, zum Teil auch von Sozialpädagogen.

Wenn das alles an drei oder vier Tagen in der Woche bis 15.30 Uhr stattfindet und dem Wunsch der Eltern entspricht, dann kann man doch nicht sagen, dass das keine Qualität ist. Aber für Sie bedeutet Qualität offenbar, dass von morgens bis nachmittags stramm Unterricht stattfindet.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das sa- gen wir gar nicht! - Glocke des Präsi- denten)

Darüber haben wir unterschiedliche Auffassungen, meine Damen und Herren, und über diese unterschiedlichen Auffassungen können wir auch gerne draußen diskutieren.

Der gebundene Ganztag soll ja im Einzelfall möglich sein. Das wird auch so sein. Aber man kann doch nicht die Augen davor verschließen, dass Eltern Wünsche haben, die nicht Ihren ideologischen Vorstellungen entsprechen. Meine Damen und Herren von der SPD, bitte beachten Sie auch die Elternwünsche!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Politze möchte antworten. Auch Sie bekommen anderthalb Minuten. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Klare, ich antworte Ihnen mit der Lebenswirklichkeit. Ich bin Vater von sechs Kindern im Alter zwischen 3 und 24 Jahren. Alle haben das Schulsystem durchlaufen, die meisten während Ihrer Regierungszeit. Das war für die Kinder eine Tortur.

Wir wollen die Kinder nicht in den gebundenen Ganztag pressen, aber wir wollen es möglich machen, dass qualitativ hochwertig gearbeitet wird. Sie genehmigen den Schulen gar keinen teilgebundenen Ganztag, es sei denn, sie sind Oberschule. Sie zwingen die Schulen, das günstige Modell zu wählen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Und Sie zwingen vor allem die freien Träger und die Sozialpädagogen, die dort tätig sind und gute Arbeit leisten, in die Budgetierung, sodass sie gar keine auskömmlichen Mittel für einen vernünftigen Ganztag zur Verfügung haben.

Deswegen trägt das Argument, das Sie vorgetragen haben, nicht, Herr Klare, weil es der Lebenswirklichkeit in diesem Land nicht entspricht.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Der nächste Redebeitrag kommt vom Kollegen Försterling für die FDP-Fraktion. Herr Försterling, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich beginne mit der Lebenswirklichkeit: Ich habe einen Großteil meiner Schulzeit unter sozialdemokratischer Landesregierung verbracht.

(Oh! bei der SPD)

Da war an Ganztagsschule gar nicht zu denken. Wir sind um 11 Uhr vormittags nach Hause gegangen, weil wir eine Unterrichtsversorgung von 92 % gehabt haben. Das war die Lebenswirklichkeit in diesem Land.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Försterling, Frau Emmerich-Kopatsch möchte eine Zwischenfrage stellen.

Nein. Die Lebenswirklichkeit von Frau EmmerichKopatsch teile ich zu keiner Zeit. Deswegen genehmige ich auch keine Zwischenfrage.

8 % der Realschulen, 7,8 % der Hauptschulen, 6,8 % der Gymnasien und 3,17 % der Förderschulen waren vor 2003 Ganztagsschulen. 18 von 1 875 Grundschulen waren zu Ihrer Regierungszeit Ganztagsschulen. Aber 100 % der Integrierten Gesamtschulen waren Ganztagsschulen. Das ist ideologische Schulpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Oh! bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist die Wahrheit!)

Wenn man sich dann auch noch vor Augen hält, dass 6 % der bestehenden Ganztagsschulen in der Heimatstadt der Kultusministerin gewesen sind, dann weiß man, wie Sie Schulpolitik in Niedersachsen für das ganze Land gemacht haben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Wie sieht es denn heute aus? - Wir werden zum 1. August 2012 an einem Punkt sein, an dem fast jede zweite Schule in Niedersachsen Ganztagsschule ist. 1 500 Ganztagsschulen in Niedersach

sen! Da hilft es auch nichts, dass Sie landauf, landab so tun, als seien das nur Ganztagsschulen light.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das sind sie!)

Diese Ganztagsschulen machen ganz hervorragende Arbeit.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Hans-Henning Adler [LINKE]: Jeder versucht, das Beste daraus zu machen, ist doch klar!)

Und es hilft nichts, dass Sie versuchen, sie schlechtzureden. Mit mehr als 86 Millionen Euro kann das gar kein Light-Modell sein.

Ich sage auch ganz deutlich: Es macht überhaupt keinen Sinn, dass Sie immer nur mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld fordern. Das ist so einfach zu durchschauen. Sie wollen heute mit diesem mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld die Stimmen der Eltern kaufen, und die Kinder müssen das in den nächsten Jahrzehnten zurückzahlen. Das ist verantwortungslose Politik.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Astrid Vockert [CDU]: Das ha- ben Sie schon mal versucht!)

Und ja, es gibt Probleme mit den Honorarverträgen. Darüber haben wir in diesem Haus schon mehrfach diskutiert, und zwar u. a. über die komplizierten Fragen des Sozialversicherungsrechts.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Das ist gar nicht kompliziert!)

- Herr Adler, Sie müssen jeden Einzelfall nicht nur anhand der Verträge prüfen, sondern auch anhand der tatsächlichen Durchführung des Dienstvertrages.

(Zurufe von der SPD und von der LINKEN)

Darin besteht die Komplikation bei den Honorarverträgen. Da hilft es auch nicht, dass Sie sagen, die Ganztagsschulen brauchen einfach mehr Geld. Es war doch Frau Jürgens-Pieper, die diese Möglichkeit auf den Weg gebracht hat, um eine Flexibilität im Ganztagsschulbereich zu erreichen. Wenn Sie aus jedem Honorarvertrag ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis machen, dann wird ein Großteil des Angebots sterben, weil Sie plötzlich gezwungen sind, diese Kräfte in den TV-L einzugliedern. Da werden Sie ganz viele

Honorarkräfte verlieren, und das Angebot wird massiv eingedampft werden.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD und von der LINKEN - Glocke des Präsiden- ten)

Ich verwahre mich dagegen, dass Sie in dieser Diskussion permanent Ihren persönlichen Lebenspessimismus auf die Allgemeinheit übertragen wollen. Ihr Lebenspessimismus ist keine Zukunftsgestaltung für dieses Land. Mit CDU und FDP sind die Kinder und die Schulen in Niedersachsen in guten Händen

Das war Ihr Schlusssatz, Herr Kollege Försterling. Danke.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es gibt zwei Anträge auf Kurzintervention, und zwar von Frau Emmerich-Kopatsch für die SPD-Fraktion und von Frau Korter für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Emmerich-Kopatsch, ich erteile zuerst Ihnen das Wort. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte!