Wir hören, Sie wollen zustimmen. Aber Sie wissen immer noch nicht, wie die Abbaupfade aussehen. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ministerpräsident David McAl- lister [CDU]: Weil wir mitten in den Verhandlungen sind! - Heinz Rolfes [CDU]: Das war eher Hilflosigkeit! - Zuruf von der CDU: Von blanker Un- kenntnis getrieben!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wenzel, Sie haben ja völlig recht. Seit einem Jahr diskutieren wir darüber, und jetzt, nach einem Jahr, kommt endlich auch einmal ein grüner Vorschlag auf den Tisch,
nicht zur Verfassungsänderung - was sehr enttäuschend ist -, sondern nur zur Landeshaushaltsordnung. Was soll das? Sie wissen ganz genau, dass es eine Mehrheit gibt, die anders organisiert ist, bis zur Wahl allemal.
Das heißt, das, was Sie jetzt vorlegen, wird entweder rechtzeitig abgelehnt - davon gehe ich aus; ich hoffe, Sie werden sich nicht dagegen sträuben, dass wir wenigstens das jetzt noch in die Beratungen aufnehmen, die ja längst laufen -, oder es fällt der Diskontinuität anheim. Sie wissen also: Das kann nichts bringen. Und dann werden hier Nebelkerzen geworfen; denn das einzige Mittel, das Sie haben, sind zusätzliche Steuern.
(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Schau- en wir einmal, was die kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung da- zu sagen!)
Glauben Sie, es beruhigt die Menschen, dass Sie sagen „Wir finanzieren einfach alles, indem wir es euch aus den Taschen nehmen“?
(Johanne Modder [SPD]: Diese platte Attitüde glaubt Ihnen keiner mehr, wenn das Ihre Wahlkampfstrategie ist!)
Bringen Sie sich ernsthaft ein! Herr Klein ist doch bei den Beratungen immer dabei. Wir hören aber nichts Konstruktives von ihm.
Wir hören nur Bedenken, Fragestellungen: Dieses oder jenes wissen wir noch nicht, wir haben noch keine Meinung gebildet, wir müssen einmal sehen, wir kommen vielleicht noch.
(Johanne Modder [SPD]: Das stimmt nicht, und das wissen Sie auch! Sie sagen hier die Unwahrheit! - Stefan Schostok [SPD]: Was für ein Zerrbild stellen Sie denn hier dar? Sie sind doch gar nicht verhandlungsfähig!)
Sie ziehen sich in die Schützengräben des Wahlkampfs zurück. Sie wollen vor der Wahl nicht mit der Katze aus dem Sack, weil Sie sich nicht trauen, den Menschen die Wahrheit zu sagen. Dafür habe ich allerdings großes Verständnis. Denn Ihre Politik, alles, was Sie hier vorstellen, ist im Ergebnis nicht finanzierbar. Das wissen Sie ganz genau. Deswegen kommen Sie damit nicht weiter.
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Rednerliste fort. Jetzt hat Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Ihm stehen noch 5:25 Minuten zur Verfügung. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Herr Grascha vorhin geredet hat, habe ich einen heiligen Schrecken bekommen. Mein Eindruck beim Lesen des Gesetzentwurfs und auch des Antrags der Grünen war auch: mehr Schatten als Licht. Als er die gleiche Formulierung wählte, habe ich schon gedacht, dass ich jetzt in die Nähe der FDP gerate. Aber es ist nicht so. Schatten und Licht sind doch anders verteilt.
Ich komme zunächst zum Licht. Über eines habe ich mich unglaublich gefreut. Wir haben wie jedes Mal eine Haushaltsbroschüre gemacht. Ihnen, Herr Möllring, und auch den Fraktionen hier im Hause kann ich ankündigen: Wir werden das in diesem Herbst wieder machen. Wenn es sonst keiner macht, werden wir - natürlich nicht ganz so umfangreich, wie Sie das können, aber schon in Konturen - einen Haushaltsplan 2013 vorlegen, weil wir es vernünftig finden, dass man Jahr für Jahr einen Haushalt aufstellt und nicht dann kneift, wenn Wahlkampf ist.
In unserem letzten Haushaltsplan stand auch - ich kann das vorlesen, aber das ist eben schon geschehen; deshalb kann ich es kurz machen -: Wiedererhebung der reformierten Vermögensteuer - das ergäbe für Niedersachsen Einnahmen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro -, Änderung der Erbschaftsteuer hin zur Großerbensteuer; das brächte
zusätzlich 600 Millionen Euro. Das macht 1,7 Milliarden Euro. Dann haben wir noch ein paar Posten mehr als in dem Antrag der Grünen. Aber wir kommen zumindest in diesen Posten auf ungefähr gleiche Werte.
Insofern begrüßen wir Ihre Auflistung und Ihre Betonung der Notwendigkeit der Herleitung einer aufgabengerechten Finanzausstattung, die Sie auf 2 Milliarden Euro summieren. Wir kommen auf ein bisschen mehr, weil wir auch ein bisschen mehr Belastung der Reichen wollen. Das ist aber schon auf gutem Weg.
Herr Klein, Schatten werden aus unserer Sicht überall dort geworfen, wo Sie grundsätzlich für das Kreditverbot fechten. Das ist der große Unterschied.
Denn Sie haben ein Problem. Sie erwähnen zwar den Fiskalpakt - dazu wird Frau Flauger morgen noch ausführlicher argumentieren -, aber man kommt natürlich in eine Argumentationsnot, wenn man auf der einen Seite zum Kreditverbot in unseren Verfassungen Ja sagt und dann erklären muss, warum man auf der anderen Seite zum Fiskalpakt, also zur Übertragung des Kreditverbots auf europäischer Ebene, Nein sagt.
(Beifall bei der LINKEN - Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Wir sagen doch gar nicht Nein! Wir sehen bloß, dass Fra- gen offen sind!)
Das ist tatsächlich ein bisschen schwierig und führt zu einer Art struktureller Eierei in Ihrer Argumentation. Das ist auch deutlich geworden.
Wir sind aus einem schlichten Grund - diesen Kern kann man gar nicht oft genug wiederholen - gegen dieses Hereinschleichen eines Kreditverbotdenkens in unsere politische Argumentation. Kerne sind ja immer schlicht. Das ist in der Physik wie in der Politik so. Der Grund ist: Es gibt keine Schulden ohne Vermögen. Es gibt immer eine Gegenbuchung.
Weil das so ist, ist es begrifflicher Unsinn, von Schuldenkrise zu reden, wie es genauso begrifflicher Unsinn wäre, von einer Vermögenskrise zu reden, weil das nur die andere Hälfte wäre. Dann würde jeder fragen: Wieso ist das eine Vermögenskrise? - Es gibt keine Schulden ohne Vermögen. Deshalb gibt es nur eine Art von Krise, wenn
Es gibt weder eine Schuldenkrise noch eine Vermögenskrise. Es gibt in diesem Land eine Verteilungskrise! Sie hat eine ganz einfache Kernziffer: 1 % der Bevölkerung - knapp 1 Million Menschen, also rund 850 000 Menschen; manche sagen, dass es inzwischen tatsächlich 1 Million sind - hat 46 % aller Vermögen in diesem Lande. Solange das nicht in Ordnung gebracht wird, kommt man in diesem Lande auf keinen grünen Zweig.
Erstens plädiere ich dafür - auch in unserer Partei sind wir damit noch nicht ganz durch -, nicht von Umverteilung zu sprechen; denn auch dieser Begriff ist unpräzise. Der präzise Begriff - Herr Nacke, jetzt komme ich zu Ihrem In-die-Tasche-Greifen - für das, was wir in diesem Lande machen müssen, lautet „Rückverteilung“. Denn woher kommen denn diese 46 % des Gesamtvermögens bei so wenigen, diese gigantischen Vermögensberge? - Dieses Vermögen kommt doch nicht von der Hände Arbeit dieser Leute! Vielmehr kommt dieses Vermögen von der permanenten Lohndrückerei der letzten 20 Jahre,
von der permanenten Steuerumverteilung zugunsten der Reichen, von der permanenten zusätzlichen Belastung von Lohnabhängigen, Lohnersatzleistungsabhängigen und Millionen von Rentnern, die nicht mehr wissen, wie sie ihren Hintern an die Wand kriegen.
Deshalb muss dieses Geld rückverteilt werden. Deshalb weigern wir uns gegen alles, was in Ihrem Antrag steht, was diese Aufgabe verschleiert und so tut, als müsse der Staat jetzt unbedingt vor allen Dingen die Neuverschuldung begrenzen.
Ich bin völlig zufrieden mit dem alten Artikel 71 unserer Verfassung. Es ist aberwitzig, nur deshalb, weil wir ihn nicht durchgesetzt haben - im Kern ist er nämlich völlig perfekt; danach dürfen Schulden nur gemacht werden, wenn man investiert; das ist urvernünftig -, davon abzugehen und den Leuten
im Ergebnis die Sozialleistungen noch weiter zu kürzen. Dieses Spiel, Herr Klein, werden wir niemals mitmachen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weil die Landesregierung jetzt mehrfach angesprochen worden ist, möchte ich gerne auch - - -