Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Schönen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, Sie sprachen von einer Auftragsarbeit von ver.di.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ja, so klang das ein bisschen!)

Wenn Sie unserem Antrag nicht zustimmen wollen, nachdem Sie 90 % der Inhalte zustimmend bewertet haben, ist dieses Argument doch ein bisschen flach. Da hätte Ihnen etwas anderes einfallen müssen. Denn ich weise Sie einfach einmal auf Folgendes hin: Es ist unsere Aufgabe als Parlamentarier, Interessen von Gewerkschaften und Verbänden oder Interessen von Beschäftigten aufzunehmen, zu bewerten und dann hier als parlamentarische Initiative einzubringen. Wenn das im Einvernehmen mit ver.di ist, dann ist das keine Auftragsarbeit, sondern es ist unsere Aufgabe, diese Punkte dann auch hier einzubringen. Schließlich sind wir gewählt, um dann parlamentarisch etwas zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wäre echte Größe von Ihnen und der SPD sowie von den Grünen gewesen, nachdem Sie fast allen unseren Punkten zugestimmt haben, zu sagen: Okay, jetzt stimmen wir diesem Antrag zu. - Ihre Ausreden waren sehr flach. Sie werden sicherlich diesen Antrag im neuen Jahr nach dem 20. Januar in ähnlicher Form wieder einbringen. Dann können wir sagen: Das hätten wir schon vier Monate vorher haben können. - Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten über Ihren Schatten springen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt erhält Kollege Riese zur Kurzintervention auch für 90 Sekunden das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich hätte uns allen gerne diese Zeit gespart; aber der Kollege Schwarz hat es an sich, dass er sich manchmal ans Pult stellt und Dinge so darstellt, wie sie nicht waren.

Richtig ist, dass wir ein Gespräch mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst über die Frage geführt haben, ob ein Gesetzentwurf einer Beratung durch die kommunalen Spitzenverbände bedarf. Wir sind dort aber nicht in dem Sinne beraten worden, dass jeglicher Gesetzentwurf aus der Opposition - der ohnedies keine Chance hat, im Landtag eine Mehrheit zu finden, was sich im Ausschuss auch gezeigt hat - durch diese Mühle gehen muss.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Genau so ist es!)

Ich halte das auch für klug, weil die Oppositionsfraktionen die Arbeit des Landtages anhalten könnten, wenn jede Woche mehrere abstruse Gesetzentwürfe vorgelegt würden, zu denen dann eine solche Anhörung erfolgen müsste. So ist es also nicht gewesen.

Noch einmal zum Inhaltlichen: Wie sich die Welt im Einzelhandel wirklich darstellt, kann jeder betrachten, der sich nach draußen bewegt. Es ist keineswegs so, dass Sie da nur geknechtete Persönlichkeiten finden, die entgegen anderen gesetzlichen Schutzvorschriften, die alle in Kraft sind, von morgens früh um 6 Uhr bis abends um 22 Uhr an der Theke stehen. So ist es nicht. Vielmehr finden Sie dort Teilzeitkräfte, die zum Teil sehr wohl den Wunsch haben, zu etwas ungewöhnlichen Zeiten tätig zu sein, weil gerade das eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten kann. Ein anderes interessantes Beispiel, das uns auch begegnet, wenn wir uns umschauen: Beruf und Studium. Da gibt es doch den einen oder anderen, der den Tag über studiert und sich abends im Laden gerne noch ein paar Euro verdient. Und so geht es dann doch auch.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Henning Adler [LINKE]: Deswe- gen gibt es ja auch Studiengebühren!)

Jetzt hat der Kollege Schwarz die Möglichkeit, zu antworten, und zwar ebenfalls anderthalb Minuten.

(Unruhe)

Ich erteile Ihnen aber erst das Wort, wenn sich wieder alles beruhigt hat. Kleinen Moment, bitte, Herr Schwarz! - Jetzt haben Sie das Wort.

Zuerst zur Kollegin Weisser-Roelle: Die Einschätzung, dass Sie eine Auftragsarbeit herausgegeben haben, lässt sich aus den Ausführungen Ihrer Kollegen im Ausschuss ableiten. Dort sind wir nämlich dafür beschimpft worden, dass wir einem Antrag nicht zustimmen, der doch bei ver.di erarbeitet worden ist. Insofern ist das eine Auftragsarbeit. Ich habe auch gar kein Problem damit - - -

(Zuruf von Patrick-Marc Humke [LINKE])

- Dann klären Sie das doch im Innenverhältnis. Mich hat das schon sehr irritiert. Natürlich lässt man sich beraten. Aber man ist doch auch in der Lage, einen solchen Antrag allein zu formulieren, und muss ihn nicht fremdschreiben lassen.

Ich habe nur darauf hingewiesen, dass wir in großen Teilen damit übereinstimmen, weil ver.di natürlich auch zu großen Teilen unsere Position hat - mit Ausnahme dessen, was Sie dort zu den Kur- und Tourismusorten übernommen haben.

Damit sind wir bei der Frage: Kann man hier heute zustimmen, oder kann man hier heute nicht zustimmen? - Das betrifft auch die Aussage, die Herr Riese hier eben angesprochen hat. Der GBD hat auf Folgendes hingewiesen - ich habe das dabei; falls Sie es nicht mithaben, können Sie bei mir noch einmal hineingucken -:

„Nach Artikel 57 Abs. 6 der Niedersächsischen Verfassung muss der Landtag eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände durchführen, bevor durch Gesetz …“

Das war eine klare Aussage. Und dann gab es die Einschränkung - hören Sie bitte zu; das ist nicht unwichtig -:

„Im Umkehrschluss folgt daraus, dass eine Anhörung rechtlich nicht zwingend erforderlich ist, wenn ein Gesetzentwurf abgelehnt wird.“

Deshalb habe ich hier vorhin gesagt: Wir könnten heute diesem Gesetz gar nicht zustimmen, auch nicht nach Ihrer Änderung,

(Glocke des Präsidenten)

weil dann nach dem Gutachten des GBD erst wieder die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände erfolgen muss. Das ist absolut korrekt.

(Jens Nacke [CDU]: Wir wollen ja auch nicht!)

- Herr Nacke, Ihr Zwischenruf macht doch deutlich, worum es hier geht.

(Der Präsident schaltet dem Redner das Mikrofon ab - Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schwarz. Die Zeit ist abgelaufen. - Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Kollege Focke zu Wort gemeldet. Sie haben jetzt das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon spannend, zu beobachten, wie sich Herr Schwarz von der SPD links wegducken will und mit rechts versucht, mit Pike den Ball noch wegzuspielen, nur um bei ver.di nicht schlecht dazustehen. Es war gerade schon eine hervorragende Leistung, die Sie hier vollbracht haben.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der LINKEN)

Dann haben Sie hier auch noch einmal deutlich gemacht: Im Ausschuss hätten wir ja vielleicht; aber jetzt ist es so, dass wir hier gar nicht zustimmen könnten. - Herr Schwarz, ich habe noch Ihren Wortlaut im Ausschuss im Ohr. Ich könnte es auch zitieren, darf es aber nicht. Ihr Wortlaut war: Das war immer parlamentarisch gang und gäbe. - Das waren Ihre Worte im Ausschuss, Herr Schwarz. Daran müssen Sie sich auch heute messen lassen.

Die Änderungen, die von den Linken jetzt noch gekommen sind, finde ich am Ende inkonsequent. Warum sind Angestellte in Ausflugs- und Erholungsorten für Sie plötzlich weniger wert als die Angestellten in normalen Orten? Oder warum sind Floristinnen für Sie plötzlich weniger wert und sollen nach Ihren Vorstellungen sonntags Schnittblumen verkaufen? Warum sind Sie so inkonsequent und fangen hier plötzlich an, zu schliddern? - Daher ist das auch nur Effekthascherei.

Meine Damen und Herren, das geltende niedersächsische Ladenöffnungsgesetz orientiert sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen. Es schützt

die Familien und den Sonntag in unserem Land. Das ist ganz deutlich.

Es gibt keine Verödung in den Innenstädten. Wenn es Probleme in Innenstädten gibt, so sind sie vor Ort zu regeln. Sie haben nichts mit den Ladenöffnungszeiten zu tun. Es gibt keine unbegrenzten Einkaufszeiten. Ein Rundumkommerz findet in den Städten und Gemeinden einfach nicht statt.

Sie selbst schreiben in der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf - ich zitiere -:

„In den meisten Filialen des Einzelhandels haben sich seitdem Öffnungszeiten von 7 bis 22 Uhr etabliert.“

Herr Kollege Riese hat gerade gesagt, wie der Markt es regelt, wenn zu bestimmten Zeiten niemand kommt.

Weil es hier um Ihren Gesetzentwurf geht, möchte ich - anders als Herr Schwarz, der sich auf irgendwelche Wahlkampftermine festgelegt hat und irgendeine Generalabrechnung mit der FDP gesucht hat, anstatt sich inhaltlich mit dem Gesetzentwurf zu beschäftigen - sagen:

Erstens lese ich hier den Satz, „dass diese Arbeitszeiten“ - 7 bis 22 Uhr - „gesundheitsgefährdend für die Beschäftigten“ seien. Wollen Sie jetzt also auch die Schichtarbeit abschaffen? Wollen Sie jetzt auch die Menschen nicht mehr zur Arbeit schicken, die nachts arbeiten? Wollen Sie also auch Krankenhäuser samstagnachmittags zumachen?

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: So viel Populismus!)

All das gehört dann auch an dieser Stelle zur gesamten Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens schreiben Sie: „Außerdem schließen solche Arbeitszeiten die Beschäftigten des Handels weitgehend vom gesellschaftlichen, geselligen und kulturellen Leben aus.“ Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall! Wir haben heute flexiblere Arbeitszeiten. Es gibt Menschen, die froh sind, dass sie um 20 Uhr, wenn sie von der Arbeit kommen, noch im Supermarkt einkaufen können. Auch das hat etwas mit sozialer Teilhabe zu tun, wenn man nach der Arbeit auch noch mal in den Supermarkt gehen kann und auf andere Menschen trifft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der LINKEN: So ein Quatsch! - Unruhe - Glocke des Prä- sidenten)

Drittens sei die Verkürzung der Ladenöffnungszeiten ein effizientes Mittel, um Verstöße gegen die Regelungen für Mittagszeiten und Ruhezeiten einzudämmen. Meine Damen und Herren, das kann ja wohl nicht wahr sein! Wenn es schwarze Schafe gibt, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausbeuten, dann sind diese schwarzen Schafe hart zu bestrafen. Aber dafür müssen wir doch nicht die Öffnungszeiten der Läden verkürzen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Viertens schreiben Sie, längere Ladenöffnungszeiten würden nur den Großkonzernen nutzen. Das nehme ich einmal als Kampffloskel heraus. Der Supermarkt in meinem Wohngebiet, wo ich lebe, ist inhabergeführt. Auch dieser hat bis 21 Uhr geöffnet, weil viele Pendler in Schierbrok mit dem Zug ankommen und dann gegen 20 Uhr zu Fuß zum Supermarkt gehen, um noch einzukaufen, meine Damen und Herren. Das ist doch die Lebenswirklichkeit der Menschen!