Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Schelten Sie uns also, wenn wir abgestimmt haben, falls wir in Ihrem Sinne falsch abgestimmt haben. Aber Sie müssen sehen, dass Sie heute nicht das vorwegnehmen können, was sich in den nächsten sieben Tagen bezüglich der Aufsichtsratssitzung am 21. November entwickeln wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Ministerpräsident. - Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Jüttner noch einmal zu Wort gemeldet. Sie erhalten drei Minuten zusätzliche Redezeit. Bitte schön!

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema ist erstens von größter Wichtigkeit. Zweitens haben wir ein relativ großes Einvernehmen und wollen natürlich gewährleisten, dass das Land hinreichenden Einfluss wahrnimmt.

Herr Hirche und eben auch Herr Wulff haben darauf hingewiesen, dass die Interessen von Porsche und Volkswagen nicht immer identisch sind. Sie

haben im Aufsichtsrat die Verpflichtung, die Interessen der Volkswagen AG zu vertreten. Vor diesem Hintergrund ergibt sich meine Einschätzung, dass dieser im September geschaffene Ausschuss dem am meisten Rechnung trägt. Es gäbe also gute Gründe, dafür zu plädieren.

Herr Wulff hat auf eine Grenze aufmerksam gemacht, bei der es um die Frage geht, wo das operative Geschäft anfängt. Das ist ein ernsthaftes Thema, mit dem man sich befassen muss. Das bestreite ich gar nicht.

Zweitens. Herr Thümler hat deutlich gemacht, dass alles, was in der Begründung steht, in Ordnung ist, weil wir uns da weitestgehend einig sind. Dann aber, meine Damen und Herren, gibt es eine Debatte, in der Sie ausführen, aus rechtlichen Gründen könnten Sie das nicht mittragen. Herr Adler hat einen Vorschlag gemacht, wie man diese Rechtswidrigkeit beseitigen kann. Klar ist, nur die Hauptversammlung kann solche Weisungen beschließen, die Aufsichtsratsmitglieder nicht. Aber der Landtag kann natürlich zu jedem Zeitpunkt eine politische Bitte äußern. Die steckt in der Formulierung des Kollegen Adler. Verstehen Sie das auch als Rückendeckung! Wir möchten, dass dort aus Landesinteresse ein Optimum stattfindet.

Herr Wulff, Sie müssten schon auf eines hinweisen: Wenn Sie sich auf den Ausschuss, der 2005 gebildet worden ist, zurückziehen, dann haben Sie sicherlich recht, dann ist damit die offene Frage des Eingriffs in das operative Geschäft erledigt, aber auch die Möglichkeiten der Gestaltung sind in die Nähe von null gebracht worden.

(Zuruf von Minister Walter Hirche)

- Ja, ja. Ich meine, wir sind nicht so weit auseinander. Wir - die Fraktion - möchten einen Beschluss erreichen, mit dem der Landtag ausdrücklich unterstützt, dass an die Grenze dessen gegangen wird, was Landesinteressen sind. Wir wünschen uns - das wäre dann ja der Beschluss, darüber wäre dann heute abzustimmen, damit das als Signal vor der Aufsichtsratssitzung vorliegt -, dass diese Landesinteressen durch die Vertreter des Eigners Land, die von der Hauptversammlung gewählt sind, wahrgenommen werden. Von daher übernehme ich als Antragsteller die Formulierung des Kollegen Adler, weil dann Ihre Rechtsvorbehalte erledigt wären und wir in der Tat - im Sinne eines politischen Signals - abstimmen können, ohne die rechtliche Bindung einer Weisung hier vorzunehmen. Vielleicht können wir uns auf der Ebene verständigen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN sowie Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Wulff das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Jüttner, ich bitte das Plenum, den Antrag nicht zu beschließen, weil ich die Einengung der beiden Aufsichtsratsmitglieder des Landes Niedersachsen für falsch halte.

Es finden in den nächsten Tagen noch Gespräche statt. Es ist nicht absehbar, was der beste Weg für Volkswagen sein dürfte. Eine Entscheidung des Aufsichtsrates mit 20 : 0, dass all die Dinge, die uns wichtig sind, die der Arbeitnehmerseite wichtig sind, in dem einen Ausschuss behandelt werden, kann sehr viel besser sein als ein Festhalten an der letztmaligen Entscheidung, die mit 10 : 9 bei einer Enthaltung getroffen wurde.

(Zuruf von Wolfgang Jüttner [SPD])

- Nein, die Frage ist einfach, dass ich am Ende nicht eine Rückendeckung haben möchte, die ich nicht umsetze, und dass ich Ihnen dann erklären muss, dass das zwar als Rückendeckung recht hilfreich war, dass wir aber aus anderen Gründen ganz anders entschieden haben. Ich möchte gerne die Freiheit haben, uns dort sachgemäß für das Unternehmen zu entscheiden. Das kann ein einstimmiger Beschluss mit einem Ausschuss im Gegensatz zu einem Beschluss sein, der mit 10 : 8 bei zwei Enthaltungen fiele, diesen anderen Ausschuss, der auf rechtliche Bedenken stößt, nicht aufzulösen. Dieser hat aber bisher seine Arbeit nicht aufgenommen, weil dafür bisher nur drei Arbeitnehmervertreter benannt worden sind. Es bedarf ja auch der Benennung durch die Anteilseignerseite. Diese hat bisher keine Mehrheit unter den zehn Anteilseignervertretern, Vertreter in den Ausschuss zu entsenden. Wir reden hier über einen Ausschuss, der mit drei von sechs zu Benennenden bisher nur skelettartig vorhanden ist. Die Lage ist also komplex.

Ich verstehe die Absicht, und wir sind uns sehr nahe. Aber eine Beschlussfassung kann es hier aus meiner Sicht nicht geben. Ich baue darauf, dass CDU und FDP so viel Vertrauen in die beiden Vertreter im Aufsichtsrat haben, dass sie auf eine Beschlussfassung in dem Sinne verzichten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Auch der Herr Kollege Rickert von der FDP-Fraktion hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Sie haben eineinhalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf das, was der Herr Ministerpräsident eben gesagt hat, bestätigen. Die Landesregierung hat die volle Rückendeckung der Regierungsfraktionen. Es bedarf keines gesonderten Beschlusses. Die Landesregierung kann hören und verstehen, wo der eine oder andere Wunsch liegt.

Herr Adler hatte vorgeschlagen, dass wir den Antrag im Ausschuss beraten. Ich empfehle, dies so tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir diskutieren jetzt nicht weiter inhaltlich und beschließen jetzt auch noch nicht zu Inhalten. Die Verfahrensentscheidung geht vor. Wir kommen zunächst zu dem Antrag des Herrn Kollegen Jüttner für die Fraktion der SPD, über den Antrag in der Drs. 16/622 sofort abzustimmen. Sie alle wissen, dass das nach § 39 unserer Geschäftsordnung möglich ist, es sei denn, dass 30 Mitglieder des Hauses widersprechen und eine Ausschussüberweisung bevorzugen.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: So vie- le sind wir auf jeden Fall!)

- Herr Kollege Althusmann signalisiert, dass er für seine Fraktion den Antrag stellt, dass der Antrag in den Ausschuss überwiesen wird. Das heißt, ich habe zunächst darüber abstimmen zu lassen, sodass sich damit der Antrag auf sofortige Abstimmung erledigt hat.

Wer also die Ausschussüberweisung beantragen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist nach dem Antrag doch logisch!)

- Ich will es vorsichtshalber abgesichert wissen.

Jetzt kommen wir zu der Empfehlung des Ältestenrats, diesen Antrag an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer möchte so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 19.

Einzige (abschließende) Beratung: Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/539 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/609

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Kollege Klein zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Klein, Sie haben das Wort.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann übernimmt den Vorsitz)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte um die Erbschaftsteuer gehört zu den traurigsten und beschämendsten Kapiteln aktueller Politik in unserem Land. Wie sich die Große Koalition mit kräftiger Assistenz der FDP nach monatelangem Gezerre zu einer Schutzgemeinschaft für Millionäre zusammengefunden hat, das ist schon Bananenrepublik pur.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gesellschaftliche Solidarität? - Fehlanzeige! - Chancengerechtigkeit? - Fehlanzeige! - Angemessener Beitrag der starken Schultern? - Fehlanzeige! - Besteuerung nach Leistungsfähigkeit? - Fehlanzeige!

Erinnern Sie sich doch noch einmal daran, warum das Bundesverfassungsgericht dieses Gesetz für verfassungswidrig erklärt hat! Es wurden hohe Abschläge bei Immobilien- und Firmenbesitz beanstandet. Jetzt schauen Sie sich den auf dem Tisch liegenden Kompromiss an. Seine zentralen Kennzeichen sind - Sie werden es fast erraten haben - hohe Abschläge auf Immobilien- und Firmenbesitz. Das geht bis zur vollständigen Steuerbefreiung. Das heißt, hier wurde nicht nur die Auflage des Gerichtes missachtet, hier wurde sogar noch einer draufgelegt. Es ist durchaus nachvollziehbar - und

auch wir wünschen -, dass das normale Reihenhaus in der Vorstadt oder der Bungalow im Grünen weitgehend unbesteuert bleiben. Aber was soll denn daran gerecht sein, wenn auch die millionenschwere Villa am Starnberger See oder das Penthouse in der Hamburger Hafencity steuerfrei bleiben? - Das versteht kein Mensch mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Solche Lösungen kommen natürlich heraus, wenn man nicht nach sachlich-fachlichen Argumenten sucht und entscheidet, sondern wenn es nur noch um die Demonstration von Machtinteressen geht. Worum ging es denn? - Es ging darum, dass der Oberopportunist Seehofer den unbesiegbaren bayerischen Löwen geben kann, nachdem ihm als Einäugigen unter den Blinden die Macht in der Alpenrepublik zugefallen war. Ich finde das erbärmlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was erleben wir? - Die CSU und die FDP, die ihre Macht in den F-Ländern entdeckt hat, nörgeln noch immer. Meine Damen und Herren von der FDP, wenn Sie unbedingt Ihre Machtkämpfe im konservativen Lager auskämpfen wollen, warum machen Sie das dann nicht mit Fingerhakeln oder Maßkrugstemmen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Warum machen Sie das auf Kosten der Staatsfinanzen und auf Kosten unserer Kinder? - Denn darum geht es letzten Endes. Wir brauchen eine Bildungsoffensive. Diese Bildungsoffensive kostet Geld. In Niedersachsen erbringt die Erbschaftsteuer knapp 400 Millionen Euro im Jahr. Insofern kann man guten Gewissens sagen: Chancengleichheit legitimiert diese Erbschaftsteuer. - Bei Bildungschancen habe ich auch überhaupt keine Skrupel, die Begrifflichkeit der Umverteilung zu benutzen,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

und zwar Umverteilung von oben nach unten. Die andere Richtung haben wir in den letzten Jahren wirklich schon genug erlebt.