und zwar Umverteilung von oben nach unten. Die andere Richtung haben wir in den letzten Jahren wirklich schon genug erlebt.
Schauen Sie sich doch die Fakten an! Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung belegt die weit geöffnete Schere zwischen Arm und Reich in unserem Land.
Zwei Drittel des Vermögens liegen bei 20 % der Bevölkerung, Herr Kollege. Die Ungleichheit der Vermögensverteilung in Deutschland ist, gemessen nach dem berühmten Gini-Koeffizienten, in Europa in der Spitzengruppe. Hierin sind wir sogar schlechter als das Mutterland des Kapitalismus, als England. Die Summen, die jedes Jahr vererbt werden, erbringen bei uns 4 Milliarden Euro an Erbschaftsteuer. Wenn Sie sie im Jahre 2007 mit dem englischen Niveau besteuert hätten, hätte das 90 Milliarden Euro, also viermal den Haushalt Niedersachsens, ergeben. Überlegen Sie einmal, wie viele Ganztagsschulprogramme Sie damit auflegen könnten!
Meine Damen und Herren, unsere Gesellschaft akzeptiert durchaus eine ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung. Aber die Voraussetzung ist eben, dass darüber hinaus die starken Schultern auch einen entsprechenden Beitrag leisten und die Finanzierung der Gesellschaft nach Leistungsfähigkeit erfolgt.
Und noch ein Wort an die Damen und Herren von der FDP: Sie sind doch diejenigen, die immer darauf beharren und darauf hinweisen, dass unsere moderne Gesellschaft eine Leistungsgesellschaft ist. Warum soll denn dann ausgerechnet ein leistungsloses Einkommen, sollen also Vorteile allein aus Gründen der sozialen Herkunft, hier bei uns derartig belohnt werden?
Es gibt viele weitere gesellschaftliche Gründe. Ich erinnere Sie daran, dass die reichen amerikanischen Familien seit Langem darüber diskutieren, wie sie es erreichen, dass ihr vieles Geld ihre eigenen Kinder nicht zerstört, mit allem Drum und Dran, was wir nicht nur aus der Yellowpress kennen.
Die Einkommensteuer kann darüber hinaus einen Anreiz geben, die Zivilgesellschaft zu stärken, indem sie z. B. zur Gründung gemeinnütziger Stiftungen führt. Aber das Entscheidende ist doch, dass es unsere Gesellschaft ist, die durch Eigentumsrecht, durch Vertragsfreiheit, durch die Verfügbarkeit kollektiver Güter und durch die öffentliche Sicherheit die Voraussetzungen für diese Vermögensbildung überhaupt erst bildet. Ich erlaube mir, dazu ein Zitat von August Bebel vom
7. Dezember 1906 aus dem Reichstag anzuführen. August Bebel wusste das nämlich damals schon. Er sagte: Wer Besitz hat, für den hat der Staat am meisten zu sorgen, für diesen hat er am meisten zu verteidigen. In dem Maße, wie die Verteidigungskosten für das Einkommen und Eigentum der Besitzenden steigen, sollen die Besitzenden zu den Staats- und Reichslasten nach Maßgabe ihres Besitzes beitragen. Das ist ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit. - Ich finde, er hatte recht.
Es gibt einen Lösungsweg. Wir sind mit unserem Antrag relativ nahe an der aktuellen Diskussion geblieben, aber wir können gerne darüber hinausgehen. Es gibt nämlich die Möglichkeit, dieses Erbschaftsteuergesetz einzustampfen. Für diese Möglichkeit haben wir große Sympathie. Den Vorschlag erhebt z. B. auch Stefan Homburg, der in diesem Hause nicht ganz unbekannt ist. Es ist ganz einfach: Wir nehmen die Erbschaft und erklären sie zu einer zusätzlichen Einkommensart im Einkommensteuergesetz. Dann ziehen Sie zunächst von Ihrer Erbschaft den Freibetrag von z. B. 300 000 Euro ab. Den Rest verteilen Sie auf 10 oder 15 Jahre und versteuern ihn ganz normal zusammen mit dem Einkommen zu dem persönlichen Steuersatz. Das ist meines Erachtens eine gute und gerechte Idee. Ich meine, dass wir dann von den starken Schultern genügend Einkommen erzielen könnten, um für die Bildung unserer Kinder Ausreichendes zu tun.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Grünen haben ausweislich der Debatte im Haushaltsausschuss mit dem Antrag das Ziel verfolgen wollen, Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen zu bringen. Damals wurde ausgeführt, man wolle die Verhandlungen wieder in Gang bringen. Ich stelle fest, dass das nicht mehr notwendig ist. Es liegt ein geeigneter Kompromiss auf dem Tisch. Es waren schwierige Verhandlungen in der Großen Koalition, aber es ist eine gute Einigung erzielt worden.
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD sieht vor, dass die Erbschaftsteuer neu geregelt wird. Dabei sind die einschlägigen Formulierungen im Urteil des Verfassungsgerichts zu beachten. Das bedeutet, das Vermögen mit dem gemeinen Wert zu versteuern, alle Vermögensarten gleich zu behandeln und eine Verschonungsregelung nur dann einzuführen, wenn es dafür Gemeinwohlgründe gibt, aus denen dies zulässig ist. Hinzu kommt die Verpflichtung, diese Rechtsfolgen bis zum 31. Dezember 2008 in Form einer Neuregelung umzusetzen. Das ist mit diesen drei Punkten erreicht worden. Es ist wichtig, dass die Regelungen zur Erbschaftsteuer so formuliert wurden, dass dadurch die Eigentumsrechte gestärkt wurden.
Intensive Verhandlungen haben wichtige Verbesserungen für den Mittelstand, für die Wirtschaft, für die Fortführung von Unternehmen sowie für die Hausbesitzer ergeben. Für uns als CDU war immer klar, dass die Erbschaftsteuer nicht zu untragbaren Belastungen für Familienunternehmer und Eigentümer selbstgenutzter Immobilien führen darf. Ich betone die Worte „selbstgenutzte Immobilien“. Insbesondere muss vermieden werden, dass Ehepartner oder Kinder Verstorbener durch hohe Steuerlast gezwungen werden - das geschieht bei Ihrer Regelung, Herr Klein -, selbstgenutztes Wohneigentum verlassen zu müssen. Wir haben in den Verhandlungen erreicht: Ehegatten zahlen für selbstgenutztes Wohneigentum keine Erbschaftsteuer mehr. Für Kinder gilt das Gleiche, solange die Wohnfläche 200 m2 nicht überschreitet. Die Vererbung anderer Vermögen ist mit hohen Freibeträgen ausgestattet.
Wir haben uns mit einer zweiten Forderung durchgesetzt. Sie beinhaltet, die Erbschaftsteuer so auszugestalten, dass Erben von Familienunternehmen nicht durch die Steuerlast zum Verkauf oder teilweisen Verkauf ihres Unternehmens gezwungen werden. Familienunternehmen können zukünftig vollständig von der Erbschaftsteuer befreit werden. Das sichert Arbeitsplätze, meine Damen und Herren. Damit hat die CDU/CSU einen wichtigen Beitrag in der Diskussion geleistet. Für denjenigen, der das Unternehmen mindestens zehn Jahre fortführt, entfällt die Erbschaftsteuer vollständig, wenn die Lohnsumme in dem Zeitraum 1 000 % erreicht und das Verwaltungsvermögen nicht über 10 % liegt. Auch die Fallbeillösung ist vom Tisch. Das ist das, was für die Unternehmen besonders problematisch war. Die Lösung, die erreicht worden ist, ist deshalb tragbar. Sie ist au
ßerdem kein Selbstzweck, sondern dient dem volkswirtschaftlichen Nutzen und dem Allgemeinwohl, was in der Urteilsbegründung als wichtig hervorgehoben ist. Aus unserer Sicht sind darin also zentrale Forderungen enthalten.
Ich sage sehr deutlich: Uns ging es um die Schonung von Betriebsvermögen. Sie, Herr Klein, haben hier die Diskussion zwischen Arm und Reich sowie zu Chancen, Bildung usw. aufgebaut. Heutzutage muss aus Ihrer Sicht dafür schon jede Steuer herhalten. Sie haben in Ihrem Antrag geschrieben, es sei eine gerechte Steuer. Ich frage mich zunächst einmal: Was ist denn eine gerechte Steuer? Wie kann ich denn Leistungsfähigkeit daran orientieren, ob ich in dem Jahr zufällig eine Erbschaft erhalten habe? - Das hat mit Leistungsfähigkeit nichts zu tun.
Wir haben uns dafür ausgesprochen, die Erbschaftsteuer aufkommensneutral in der jetzigen Höhe beizubehalten.
Sie trägt dann zum Gesamtsteueraufkommen bei. Ich gebe zu - das ist uns als Volkspartei wichtig -, dass die Erbschaftsteuer auch dazu beiträgt, die Verteilung von Vermögen in unserem Land zu beeinflussen. Sie müssen sie aber so ausgestalten, dass es Anreize gibt, Vermögen zu bilden. Sie darf nicht dazu führen, dass Unternehmer aufgeben müssen, weil sie Steuern zahlen müssen, und dass Vermögen nicht im Land belassen wird, weil man es nicht vererben kann oder weil es sich nicht lohnt, Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen. Damit leisten Sie einen Bärendienst.
Sie schreiben weiter in Ihrem Antrag, die Steuer leiste einen wesentlichen Beitrag zum gesamten Steueraufkommen. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Es ist ein bescheidener Beitrag. Bundesweit sind es 0,8 %, in Niedersachsen 2,5 % des Steueraufkommens. Das ist zwar eine wichtige Größe, die wir brauchen. Aber es ist alles andere als wesentlich.
Sie wollten die Bemessungsgrundlage verbreitern. Das Gericht hat deutlich gesagt, sie soll nicht verbreitert, sondern vereinheitlicht werden, sodass alle Vermögensarten in gleicher Weise zur Besteuerung herangezogen werden. Das wird mit entsprechenden Freibeträgen sichergestellt. Deswegen ist das eine gute Lösung.
Ich sage noch einmal: Uns ist durchaus wichtig, dass es diese Steuer weiterhin gibt. Wir als Niedersachsen haben uns immer dafür ausgesprochen, dass sie nicht abgeschafft, sondern in der Art und Weise, wie jetzt geschehen, reformiert wird. Wir wollen, dass auch in Zukunft eine Besteuerung stattfindet, wenn hohes Vermögen auf die nächste Generation übergeht. Aber Sie müssen wissen: Dieses vererbte Vermögen kommt aus versteuertem Einkommen, und es muss nach verschiedenen Vermögensarten differenziert werden. Würden Sie pauschal einfach die Sätze erhöhen, wie Sie es vorhaben, träfen Sie damit in erster Linie nicht die immer zitierten Besitzer der Häuschen am Starnberger See, sondern Sie träfen in erster Linie die Mittelständler, die Betriebsvermögen vererben. Dieses Betriebsvermögen ist aber notwendig, um Arbeitsplätze in unserem Land zu halten und volkswirtschaftlich weiterzukommen. Mit Ihren Vorschlägen würden Sie Unternehmen kaputt machen und Arbeitsplätze vernichten. Sie leisteten damit einen Bärendienst. Deswegen ist Ihr Antrag an der Stelle völlig verfehlt.
Sie gehen in Ihrem Antrag von weiteren Fehlannahmen aus. Sie setzen auf Bürokratie. Wir setzen auf Eigenverantwortung. Wir setzen mit der Einführung der Freibeträge auch weiterhin auf eine gerechte Besteuerung in unserem Land. Wir setzen darauf, die Erben großer Vermögen heranzuziehen, aber den Mittelstand zu schonen und damit Arbeitsplätze zu sichern. Damit verfolgen wir einen wichtigen Ansatz.
und Sie sollten ihm zustimmen. Ich glaube, wenn die Dinge so gestaltet werden, wie es jetzt verabredet wurde, ist in Berlin die Kuh vom Eis.
Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Klein gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hilbers, Sie bauen hier doch Phantome auf. Mir kommen die Tränen, wenn Sie hier über die Betriebe reden. Entschuldigen Sie! Ganze 10 % des bisherigen Aufkommens der Erbschaftsteuer stammen aus betrieblichem Vermögen. Bisher ist kein Betrieb - Sie werden mir nicht einen nennen können - an der Erbschaftsteuer zugrunde gegangen. Dafür gibt es ganz andere Gründe. Wenn es um Pflichterbteile und Ähnliches geht, mag es Schwierigkeiten geben, aber bestimmt nicht wegen der Erbschaftsteuer. Da wird etwas aufgebauscht, was schlicht und einfach nicht vorhanden ist.
Beim selbstgenutzten Wohneigentum tun Sie ja gerade so, als wohne in der Villa im Zooviertel die alleinerziehende Verkäuferin mit Hartz-IV-Aufstockung. Ich kann Ihnen garantieren: Die wohnt da nicht. Die Erben solcher Häuser können auch die Erbschaftsteuer tragen. Wegen der Erbschaftsteuer muss niemand ausziehen oder verkaufen.
Anders ist es - das sage ich immer wieder - bei den Pflichtteilen. Damit greifen Sie sehr viel stärker in den Willen des Erblassers ein. Darüber können wir gerne reden. Die Erbschaftsteuer ist für die von Ihnen geschilderten Folgen jedenfalls nicht verantwortlich.
Herr Kollege Klein, dass Unternehmen nicht in größerem Umfang herangezogen werden, ist ja gerade darin begründet, dass bisher nicht der gemeine Marktwert Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer ist, sondern andere Werte, nämlich die Einheitswerte, der Maßstab sind. Genau das hat das Gericht aber bemängelt.
(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Das hat das Gericht beanstandet, und das sollten Sie ändern, aber nicht beseiti- gen!)
Würden Sie ein Unternehmen in Zukunft nach dem aktuellen Unternehmenswert bewerten und keine Freibeträge und keine Sonderregelungen einführen, unterläge Unternehmensvermögen in ganz hohem Umfange der Erbschaftsteuer. Dann wäre es eben nicht mehr so, dass Unternehmen überwiegend nicht herangezogen werden.
Das gilt im Übrigen in der Landwirtschaft auch für verpachtete Unternehmen und für die dort vorhandenen Flächen. Sie zerstören damit nicht nur Familienbesitz, sondern auch produktiv tätiges Vermögen.