Protokoll der Sitzung vom 15.01.2009

Wir haben im Schienenbereich schon einiges erreicht; dies ist wichtig und richtig. Aber wir dürfen die Straße nicht vernachlässigen, die den Löwenanteil des Verkehrs trägt. Leider ist die Brisanz des wachsenden Verkehrs in Niedersachsen noch nicht bei Herrn Tiefensee im Bundesverkehrsministerium angekommen. Da gebe ich Ihnen ausdrücklich recht, Herr Jüttner - er ist leider nicht da. Es ist besonders dringlich, dass wir alle die Initiative ergreifen und den Forderungen, die wir in den Nrn. 1 bis 4 beschrieben haben, Ausdruck verleihen.

Frau König, Sie müssen bitte zum Ende kommen!

Okay. - Das Konjunkturprogramm des Bundes hat auf unsere Forderungen keinen Einfluss. Es umfasst lediglich die Jahre 2009 bis 2011. Wir wollen den Ausbau der Autobahnen. Deswegen ist es wichtig, dass das im Bundesverkehrswegeplan mit aufgenommen und vom Bund zügig finanziert wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich bitte um sofortige Abstimmung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Das Wort hat Herr Minister Hirche.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße den Antrag für die Landesregierung. Er setzt um, was der Deutsche Bundestag als Gesetz beschlossen hat, nämlich den Bau der A 39 und der A 22. Der Deutsche Bundestag hat das beschlossen, weil - im Gegensatz zu dem, was Herr Hagenah hier immer streut - am Beispiel Niedersachsens zu beweisen ist, welche wirtschaftsfördernde Tatsache Autobahnen sind. Die Kreise Verden, Vechta und Emsland haben durch die Nutzung der Autobahnen eine besonders positive Entwicklung auf den Arbeitsmarkt, meine Damen und Herren. Das ist in Ostdeutschland genau das Gleiche.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Außerdem stehen die Autobahnen A 39 und A 22 in engem Zusammenhang mit der in weiten Teilen auch von der SPD getragenen Vorstellung der Landesregierung, dass wir Norddeutschland und die Küste stärker entwickeln, als es bis heute der Fall ist. Dazu gehört die Infrastruktur auf Straße und Schiene; wir reden heute aber vor allem über die Straße.

Für die A 39 ist die Linienführung formell bestätigt. Wenn der Bundesumweltminister jetzt Vorschläge macht, dann gehen sie als Anregungen ins weitere Verfahren ein, wie es üblich ist. Das ist nichts Besonderes. Gerüchte über Alternativen, die zu prüfen seien, zu streuen, wie es Herr Hagenah eben gemacht hat, ist mittlerweile zwecklos; das alles ist mit der Linienbestimmung vom Tisch.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir gehen davon aus, dass das Planfeststellungsverfahren für den ersten Abschnitt der A 39 im Jahr 2011 beginnen wird und ein Planfeststellungsbeschluss für diesen Abschnitt bis Ende 2013 vorliegen wird. Die anderen Abschnitte werden schrittweise bis 2016 folgen.

Für die A 22 werden wir im nächsten Monat das Ergebnis der Landesplanerischen Feststellungen bekommen. Anschließend wird das gesetzlich vorgeschriebene Linienbestimmungsverfahren beginnen. Auch bei diesem Projekt verfolgen wir das ehrgeizige Ziel, bis 2013 einen Planfeststellungsbeschluss für den ersten Abschnitt zu erwirken. Dies hängt natürlich davon ab, wie schnell das Linienbestimmungsverfahren abgeschlossen sein wird.

Meine Damen und Herren, man kann feststellen, dass die Planungen für die A 39 und die A 22 auf einem guten Wege sind. Ich füge hinzu: Die Planungen für die A 26, die in diesen Zusammenhang gehört, sind es ebenfalls. Als Landesregierung haben wir auch zusätzliches Personal bereitgestellt.

Es ist immer so: Solche Infrastrukturprojekte haben einen langen Planungshorizont und benötigen einen langen Atem. Angesichts der Gesetzesbestimmungen, die Anhörungen und verschiedenste weitere Verfahrensschritte vorsehen, ist es auch nicht verwunderlich, dass das alles etwas länger dauert, obwohl ich es mir in kürzeren Zeiträumen vorstellen könnte. Innerhalb von 20 Jahren - Herr Kollege Hagenah, das werden Sie vielleicht auch noch erfahren - ändern sich gelegentlich in Deutschland die Fakten. Zum Beispiel ist die Situation nach der Wiedervereinigung aufgrund der Veränderungen in Europa, die zu erheblichen Verkehren von Osteuropa aus durch Niedersachsen geführt haben, eine andere, als es bis 1989 der Fall war.

Es war ein gutes Zeichen, dass der Kollege Marnette aus Schleswig-Holstein nach Abstimmung mit Niedersachsen in den letzten Tagen gesagt hat, der erste Abschnitt der Elbquerung werde kommen. Nach seinen Worten wird das Planfeststellungsverfahren im 2. Quartal 2009 begonnen werden, Baubeginn wird im Jahre 2011 sein, und die Autos werden dort ab 2017 fahren. Dies hängt natürlich mit dem Thema A 22 zusammen.

Es ist schon gesagt worden, dass wir uns auch um Alternativen in der Finanzierung bemühen. Es geht

da um ein A-Modell oder ein F-Modell; ich will das jetzt nicht im Einzelnen erläutern. Es sind unterschiedliche Modelle für die Einwerbung privaten Kapitals. Bei mir stehen die Baukonzerne durchaus vor der Tür, um im Rahmen eines bestimmten Modells mitzufinanzieren. Darüber werden wir mit dem Bund weiterverhandeln, und zwar außerhalb der übrigen Länderquoten.

Lassen Sie mich eine Schlussbemerkung machen, meine Damen und Herren: A 22, A 39, A 26, der sechsspurige Ausbau der A 1, das alles sind Maßnahmen zur Erschließung des Küstenraumes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn es darum geht, die Küste zur zweiten Wirtschaftsachse Niedersachsens zu entwickeln, gehören der Schienenausbau für nicht bundeseigene Eisenbahnen, der Bau des CFK Nord in Stade, Varel und Nordenham dazu, die Entwicklung der Windkraft onshore wie offshore sowie die Hafenentwicklung in Emden, Wilhelmshaven, Brake, Cuxhaven und Stade dazu. Das ist ein Gesamtkonzept, von dem die Autobahnen nur ein kleiner Teil sind. Ich hoffe sehr, dass es gelingen wird, ein Hafensystem „Deutsche Bucht“ zu entwickeln. Hierbei setze ich auch auf die Zusammenarbeit mit Bremen und Hamburg. Vielleicht werden wir sogar dazu kommen, so etwas wie eine zweite Hanseregion aufzubauen.

Jedenfalls ist Niedersachsen auf einem guten Weg. Mit einem starken Norden wird Deutschland immer weit oben sein.

Danke schön.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Hagenah bittet um zusätzliche Redezeit. Die Landesregierung hat ihre Redezeit geringfügig überschritten. Ich erteile Ihnen eine zusätzliche Redezeit von einer Minute, Herr Hagenah.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines muss ich wieder zurechtrücken, Herr Minister Hirche: Das Emsland war aufgrund der jahrzehntelangen EU-Förderung auch vor Fertigstellung des „Friesenspießes“ schon dynamisch. Die Autobahnen, die nach Cuxhaven und Wilhelmshaven führen sowie am Harz vorbeiführen, haben in Niedersachsen nicht zu blühenden Landschaften geführt. Ihre Behauptung,

dass Autobahnen zum wirtschaftlichen Aufschwung führten, ist auch am Beispiel Niedersachsens nicht belegt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktionen von CDU und FDP haben für ihren Antrag in der Drs. 16/706 beantragt, die zweite Beratung und damit die Entscheidung über den Antrag gemäß § 39 Abs. 3 Satz 2 unserer Geschäftsordnung sofort anzuschließen.

Wie mir mitgeteilt wurde, sind die Fraktionen bereit, dem Wunsch der Antragsteller nach sofortiger Abstimmung über den Antrag zu folgen.

Der guten Ordnung halber frage ich unter Hinweis auf die eben von mir zitierte Geschäftsordnungsbestimmung gleichwohl, ob eine Ausschussüberweisung mit dem nach § 27 Abs. 2 Satz 1 unserer Geschäftsordnung erforderlichen Quorum von 30 Mitgliedern des Landtags verlangt wird. - Das ist nicht der Fall. Wir kommen daher zur Abstimmung.

Wer den Antrag in Drs. 16/706 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag beschlossen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf:

Erste Beratung: Freiwilliges Soziales Jahr Politik - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/782

Zu Wort hat sich Astrid Vockert von der CDUFraktion gemeldet. Bitte schön, Frau Vockert, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen, dass der Jugendfreiwilligendienst für junge Leute eine hervorragende Möglichkeit darstellt, neue Lernerfahrungen zu sammeln und vielleicht sogar die eine oder andere Orientierung im Hinblick auf die Berufswahl zu erlangen. Sie alle kennen das Freiwillige Soziale Jahr, das im Bereich des Sports ein absoluter Renner an den

Schulen ist. Sie kennen genauso gut das Freiwillige Kulturelle Jahr, mittlerweile das erfolgreichste Projekt der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung. Festzustellen ist, dass in diesen Projekten positiv prägende Erfahrungen genauso wie wichtige fachliche, soziale und interkulturelle Fähigkeiten vermittelt werden. Junge Menschen, die an diesen Programmen teilgenommen haben, zeichnen sich im Anschluss an derartige Freiwillige Soziale Jahre durch ein unheimlich hohes Maß an Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein aus.

Aus diesen Gründen sind wir der Auffassung, dass wir das Freiwillige Soziale Jahr auf den Bereich der Politik ausweiten sollten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für uns soll die Botschaft sein: Machen statt meckern.

(Beifall bei der CDU)

Sie alle kennen mit Sicherheit die Aussprüche: „Die da oben machen doch, was sie wollen“ und „Die da oben haben sowieso keine Ahnung“. Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Ausspruch, den jedenfalls ich häufiger zu hören bekomme und der leider Gottes häufig die einzige politische Meinung vieler Menschen, darunter auch junger Menschen, ist. Je nach Anlass und Standpunkt wird die Schuld für alles Mögliche bei den Politikerinnen und Politikern, bei uns, gesucht.

Viele Menschen dokumentieren diese Distanz zur Politik, die sich erkennbar zeigt, indem sie den Wahlen fernbleiben. Wenn Sie alle einmal in dem Buch - auch bei uns im Eingangsbereich zu sehen - nachlesen, wie sich die Wahlbeteiligung in Niedersachsen entwickelt hat - das ist aber auch bundesweit zu verzeichnen -, dann muss man feststellen, dass sie seit 1974 rapide abgenommen hat. Damals hatten wir eine Wahlbeteiligung von 84,4 %. Im vergangenen Jahr, am 27. Januar, betrug sie gerade einmal 57,1 %. Das ist leider Gottes bundesweit festzustellen, das ist also kein rein niedersächsisches Problem. Insgesamt müssen wir feststellen, dass diese Haltung fatal ist, fatal, weil sie letztlich auch unsere Demokratie in ihrem Fortbestand gefährdet. Ein großer Teil der Politikferne ist mit Sicherheit auf Unkenntnis zurückzuführen: die Unkenntnis des politischen Systems, seiner Funktionen, seiner Grenzen, aber auch seiner Möglichkeiten. Deshalb wollen wir handeln und sagen: Wir wollen jungen Leuten in einem politischen Bildungsjahr die Gelegenheit

geben, einen freiwilligen Dienst in Bereichen zu absolvieren, in denen Politik stattfindet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir machen schon eine ganze Menge. Ich denke an zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, die ich in dieser Woche in Begleitung von Schülerinnen und Schülern gesehen habe. Auch das ist ein wichtiger Baustein. Es geht also um viele einzelne Mosaiksteine.

Ich hoffe, dass wir uns parteiübergreifend einig sein werden, dass auch dieses Freiwillige Soziale Jahr Politik ein weiterer wichtiger Baustein sein wird, um Jugendliche dafür zu motivieren, sich für Politik zu begeistern, das Verständnis von und für Politik zu fördern. Die jungen Menschen müssen auch Respekt und Toleranz gegenüber anderen Haltungen gewinnen können. So sollen sie durch eine aktive Teilhabe an der Gestaltung des Gemeinwesens Politik und politische Prozesse verstehen lernen.

Wir können uns folgende Einsatzstellen - Sie kennen das vom Freiwilligen Sozialen Jahr im sozialen oder kulturellen Bereich - für den Bereich Politik vorstellen: Verwaltungen, in denen politische Entscheidungen vorbereitet und umgesetzt werden, Landkreisverwaltungen, Stadtverwaltungen, Arbeitsfelder, in denen Parlamentarier agieren und an politischen Entscheidungen mitwirken, d. h. auch bei den Fraktionen hier im Niedersächsischen Landtag. Es bieten sich aber auch öffentlich-rechtliche Medien oder Institutionen, in denen Veranstaltungen der politischen Bildung geplant und gestaltet werden, also auch Bildungsinstitutionen, an.

Meine Damen und Herren, ein Freiwilliges Soziales Jahr Politik ist für uns ein Jahr für die Zukunft, ein Jahr für unsere Demokratie. Analog zu den bisherigen FSJ-Plätzen sollte nach unserer Einschätzung das Land jeweils monatlich einen bestimmten Betrag übernehmen. So sind wir der Landesregierung ausgesprochen dankbar, dass sie diesen bereits für unsere Beratung im Dezember 2008 in den Haushaltsplanentwurf 2009 eingesetzt hat.