Der Finanzminister hat darauf hingewiesen, dass wir in den Jahren 2009 und 2010 die Neuverschuldung jeweils um 2,3 Milliarden Euro anheben werden. Das fällt uns allen nicht leicht. Dieser Schritt tut uns weh. Auch der Finanzminister hat geschildert, dass uns dieser Schritt insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir in den letzten Jahren der Haushaltskonsolidierung ganz besonders verpflichtet waren, nicht leicht fällt und dass uns diese Situation nicht zufrieden stimmt.
Niedersachsen ist aber kein Einzelfall. Der Bund wird die Neuverschuldung in den Jahren 2009 und 2010 auf ungefähr 90 Milliarden Euro anheben. Das geschieht unter Ihrem Bundesfinanzminister, Herrn Steinbrück.
- Ja, wir sind in der Großen Koalition bis zum Sonntagabend. Ich freue mich allerdings, dass wir ab Montag neuen Mehrheiten im Deutschen Bundestag entgegensehen können.
Weil Herr Jüttner es hier so geschildert hat, als handele es sich um ein spezifisches niedersächsisches Problem, will ich sagen, dass der Bund die Neuverschuldung kräftig angehoben hat, und zwar in ganz anderen Dimensionen, als wir es tun.
Nordrhein-Westfalen hebt die Nettokreditaufnahme an, Hessen und Bremen tun es ebenfalls. Dies tun aber nicht nur unionsgeführte Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Hessen. Rheinland-Pfalz erhöht die Nettokreditaufnahme um 500 Millionen Euro. Schleswig-Holstein erhöht die Nettokreditaufnahme 2010 um 1 Milliarde Euro. Berlin, von Herrn Wowereit in Ihrer Wunschkonstellation RotRot regiert, erhöht die Nettokreditaufnahme um sage und schreibe 2,8 Milliarden Euro. Auch dies gehört zur Wahrheit, Herr Jüttner. Die Anhebung der Nettokreditaufnahme, die jetzt in Niedersachsen erfolgt, fällt uns nicht leicht. Aber sie ist im Bund und in den Ländern ebenfalls überall gang und gäbe. Es hätte zur Ehrlichkeit dazugehört, dass Sie darauf hinweisen.
Eines ist für die Union und, wie ich denke, genauso für die FDP klar - dabei sind wir mit der Landesregierung völlig im Konsens -: Wir halten an unserem selbst gesteckten Ziel eines Haushalts ohne Neuverschuldung in Niedersachsen fest. Wir haben durch den weltweiten Finanztsunami unbestritten einen Rückschlag erlitten, aber wir wollen am Ziel einer Nettoneuverschuldung von null festhalten. Das sind wir insbesondere künftigen Generationen schuldig.
Deshalb unterstützt die CDU-Landtagsfraktion das neue Ziel der Landesregierung, in der Mipla verankert, die Neuverschuldung in den nächsten Jahren ab 2011 sukzessive wieder abzubauen, um den Niedersachsen 2017 einen Haushalt ohne Nettokreditaufnahme vorzulegen. Das wäre immer noch drei Jahre eher, als es die Grundgesetzänderung für die Länder vorsieht. Wir wissen: Das ist ein ausgesprochen ehrgeiziges, ein ausgesprochen ambitioniertes Ziel. Aber wir wollen dieses Ziel erreichen und sind auch fest entschlossen, es zu erreichen, und zwar aus zwei Gründen:
Erstens sind wir für die grundgesetzliche Schuldenbremse. Sie markiert einen längst überfälligen Wendepunkt in der deutschen Finanzpolitik. Wir bekennen uns ohne Wenn und Aber zu dem, was Bund und Länder dort vereinbart haben. Sie, Herr Jüttner, sind isoliert. Sie sind gegen die im Grundgesetz verfassungsrechtlich festgelegte Neuverschuldungsbremse. Sie fallen damit Ihren eigenen Finanzpolitikern in den Rücken. Sie lassen Ihren Bundesfinanzminister im Regen stehen. Weil Sie vorhin u. a. darauf hingewiesen haben, dass man
nicht aus moralischen Gründen haushaltsmäßig argumentieren könne, will ich Ihnen sagen: Eine Nettoneuverschuldung von null muss das Ziel einer generationengerechten, nachhaltigen und moralisch einwandfreien Politik bleiben. Das sind wir unseren Kindern und Enkelkindern schuldig.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Haushaltslage des Landes ist alles andere als einfach. Wohl wahr, der Finanzminister hat vorhin formuliert: Wir werden die schwierige Haushaltssituation erfolgreich meistern. - Ich teile die Einschätzung von Minister Möllring. Das haben wir auch unter Beweis gestellt. Wir haben die Nettokreditaufnahme von 2003 bis 2009 von 3 Milliarden auf 250 Millionen Euro abgesenkt, haben also gezeigt, wozu wir in der Konsolidierungspolitik in der Lage sind. Ich will noch einmal darauf hinweisen: Ihre Neuverschuldung in den Jahren 2002/2003 mit 3 Milliarden Euro war höher als die, die jetzt angedacht ist, obwohl die damaligen konjunkturellen Rahmenbedingungen nun wirklich nicht mit dem größten wirtschaftlichen Einbruch in Deutschland seit 1946/47 vergleichbar sind.
Nicht nur, dass Sie uns damals diese Neuverschuldung hinterlassen haben, nein, Sie haben sich in den letzten sechs Jahren außerdem konstruktiven haushaltspolitischen Debatten verweigert. Sie haben alle unsere Konsolidierungsvorschläge abgelehnt, polemisch bekämpft und hier in den Landtagsdebatten vehement dagegen gestritten. Deshalb sind Sie in den letzten Jahren leider nicht Ihrer finanzpolitischen Verantwortung gerecht geworden. Aber wie auch immer: Wenn wir auf Sie gehört und diese Konsolidierungserfolge seit 2003 nicht erzielt hätten, dann hätten wir Anfang 2009 nicht eine angedachte Nettokreditaufnahme von 250 Millionen Euro gehabt, sondern wir wären auf dem Niveau verblieben, auf dem Sie uns damals im Jahr 2003 die Verantwortung übergeben haben. Dann würden wir jetzt über eine Nettokreditaufnahme von mehr als 5 Milliarden Euro sprechen. Das ist die Wahrheit, Herr Oppositionsführer!
- Herr Tanke, ich weiß nicht, warum Sie sich zu Wort melden. Sie sind bisher gar nicht dabei gewesen. Sie können gern einmal nachlesen, was
Also, meine Damen und Herren: Wir haben die Landesfinanzen seit 2003 wieder in Ordnung gebracht, und kein anderes Land in Deutschland hat seit 2003 die Neuverschuldung so stark zurückgefahren, wie wir das in Niedersachsen gemacht haben. Das verschafft uns jetzt auch einige Handlungsspielräume in dieser nicht einfachen Zeit. Das ist für Niedersachsen auch die Grundlage, aus der weltweiten Krise schnell wieder herauszukommen. Ich lasse mir von Ihnen die Konsolidierungserfolge dieser Landesregierung, unseres Ministerpräsidenten, unseres Finanzministers und der Mehrheit in diesem Hause durch solche Beiträge nicht kaputt reden.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Die machen Sie schon selber kaputt mit Ihrer Poli- tik!)
Meine Damen und Herren, der Finanzminister hat auf die Details des Haushalts 2010 hingewiesen. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten auch viel Zeit haben, darüber in den Ausschüssen und im Plenum im Einzelnen zu diskutieren. Die Politik kann die Folgen der Krise nicht abwenden. Sie kann aber versuchen, die Folgen der Krise abzumildern.
Genau das tut Niedersachsen auch. Wir haben uns unserer bundespolitischen Verantwortung bei den Abstimmungen im Bundesrat über die konjunkturstabilisierenden Maßnahmen gestellt, und wir sind mit der Umsetzung der Initiative Niedersachsen eines der ersten Länder, das den Pakt für Stabilität und Beschäftigung der Bundesebene auf Landesebene umsetzt. Wir werden mit dem Konjunkturpaket II - das wissen Sie - in den nächsten zwei Jahren insgesamt 1,4 Milliarden Euro in die Bildung und in die Infrastruktur investieren.
Ich möchte nur drei Zahlen nennen, auf die diese Regierung gemeinsam mit den Kommunen stolz sein kann. 3 000 Vorhaben der Initiative Niedersachsen sind bereits gemeldet. Insbesondere die
Kommunen beginnen fortlaufend jede Woche neue Projekte. Weiter gestiegen ist dadurch auch die Zahl der Kommunen mit konkreten Vorhaben. Annähernd 90 % unserer Kommunen in Niedersachsen haben mittlerweile mit der Umsetzung ihrer Projekte begonnen. Das Programm wird von der kommunalen Ebene unwahrscheinlich gut angenommen. Auf mehr als 900 Millionen Euro beläuft sich inzwischen das Volumen der gemeldeten Vorhaben. Das sind rund zwei Drittel des mit der Initiative Niedersachsen beabsichtigten Investitionsvolumens.
Ich möchte damit festhalten, dass die Umsetzung des Konjunkturpakets II und der „Initiative Niedersachsen“ in Niedersachsen effektiv, zeitnah und vor allem kommunalfreundlich verläuft. Die Maßnahmen greifen. Wir sind auf einem guten Weg. Auch hier hätten Sie einmal Größe zeigen und die Landesregierung für die vorbildliche Umsetzung des Konjunkturpakets loben können.
Unbestritten ist: Wir haben auch Sorgen, was die wirtschaftliche Entwicklung angeht, was die Automobilzulieferindustrie angeht, was die besonders schwierige Situation im Schiffbau angeht - auch mit Blick auf die aktuelle wahrlich nicht einfache Debatte in Emden -, was die Umschlagszahlen in den Häfen angeht und was die Logistikbranche angeht. Es gibt viele Branchen, bei denen wir vor 12, 18 oder 24 schwierigen Monaten stehen.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch Grund zum Optimismus, wie der Finanzminister bereits deutlich gemacht hat. Unser größter Arbeitgeber im Land, Volkswagen, steht vergleichsweise gut und stabil da. Unsere Norddeutsche Landesbank, früher für ihre konservative Geschäftspolitik vielfach gescholten, steht jetzt wie ein Fels in der Brandung. Ich will deutlich sagen: Wir sind froh und dankbar dafür, dass wir in all den Jahren kluge Leute an der Spitze der NORD/LB hatten, die diese Bank auch mit Umsicht geführt haben. Deshalb sind wir froh und dankbar und auch stolz darauf, dass unsere Norddeutsche Landesbank so sehr viel besser dasteht als andere Institute.
Trotz der alles andere als einfachen Situation beispielsweise in der Milchwirtschaft haben wir insgesamt eine stabile Ernährungswirtschaft im Land. Auch darauf hat der Finanzminister hingewiesen.
Bundesländer; vielleicht auch deshalb, weil wir in den letzten Jahren landespolitisch eine robuste Grundlage geschaffen haben. Niedersachsen lag 2008 beim Bruttoinlandsprodukt mit rund 214 Milliarden Euro und einem Plus von 1,7 % auf dem dritten Platz im Ländervergleich. Letztes Jahr hatte Niedersachsen die niedrigste Arbeitslosenquote seit 16 Jahren, und auch jetzt mitten in der Krise steigt die Arbeitslosigkeit deutlich geringer an als anderswo. Während in Niedersachsen im Vergleich zum Vorjahr 3,9 % mehr Menschen arbeitslos sind, stieg die Zahl der Arbeitslosen etwa in Bayern um 23,6 % oder in Baden-Württemberg um 32,37 %.
Ich weiß, Herr Jüttner, Ihre stärkste Disziplin ist immer die Schwarzmalerei, die Negativmalerei. Ich weiß ja auch, dass Sie gerügt haben, dass ich im Dezember positive Zeitungsüberschriften vorgelesen habe. Bei Teilen der Sozialdemokratie ist es inzwischen offensichtlich untersagt, so etwas zu tun. Dennoch: Ich habe mich über die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom letzten Samstag gefreut. Dort sagte unter der Überschrift „Neuer Optimismus in Niedersachsen - Umfrage in 1 500 Firmen weist wieder aufwärts“ der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hannover, Herr Prewo - ich zitiere - „Wir gehen mit erheblichem Schwung in die Erholungsphase“.
Wir setzen darauf, dass es in diesem Land trotz aller Probleme Unternehmer und Arbeitnehmer gibt, die anpacken, die optimistisch sind. Wir wollen, dass das Land schnell wieder aus der Krise kommt. Wir sind nicht ins Scheitern verliebt. Wir sind nicht in die Krise verliebt. Wir sind ganz zuversichtlich, dass Niedersachsen sehr viel schneller aus der Krise kommt als andere.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Zeitplanung für die Haushaltsberatungen: Wir werden hier im Oktober den Nachtragshaushalt 2009 endgültig beschließen und den Haushalt 2010 im Dezember beschließen. Am 16./17. November kommen die Koalitionsfraktionen zu ihrer Klausurtagung in Hannover zusammen. Dann werden wir die letzte entscheidende Sitzung des Haushaltsausschusses am 19. November inhaltlich vorbereiten und entsprechende Änderungsanträge formulieren. Kein Haushaltsentwurf verlässt den Niedersächsischen Landtag 1 : 1 so, wie er eingebracht wurde. Der Landtag wird mit Sicherheit eigene Schwerpunkte deutlich machen. Aber für
meine Fraktion und auch für unseren Koalitionspartner gilt: Änderungsvorschläge zum Haushalt müssen seriös gegenfinanziert werden. Ich bin mir ganz sicher - auch nach der heutigen Ansprache des Fraktionsvorsitzenden der SPD -, wir werden von der SPD detaillierte Finanzierungsvorschläge bekommen.
Sollten Sie in diesem Jahr - im letzten Jahr sind Sie dem nicht ganz nachgekommen - seriöse Gegenfinanzierungsvorschläge vorlegen, dann werden wir diese prüfen und schauen, ob sie Substanz enthalten oder nicht.
Ein Letztes. Herr Jüttner, Sie haben Mehrausgaben gefordert. Sie haben die zu hohe Neuverschuldung kritisiert, und bei den Deckungsvorschlägen sind Sie immer sehr zurückhaltend. Wir haben das in den letzten Jahren bei Ihnen und auch bei Ihrem Vorgänger, Herrn Gabriel, schon mitbekommen. Trotzdem werden wir Ihre Argumente sorgfältig analysieren und schauen, ob etwas Brauchbares dabei ist. Manchmal war es auch gut, Ihren Ratschlägen nicht Folge zu leisten. Ich will an eines erinnern: Vor genau einem Jahr haben Sie an diesem Rednerpult die Regierung aufgefordert, Volkswagenaktien im Wert von bis zu 3 Milliarden Euro zusätzlich zu kaufen. Stellen Sie sich einmal vor, was es für die Haushaltssituation bedeutet hätte, wir wären damals Ihrem Vorschlag gefolgt. Deshalb ist es im Sinne einer klugen Haushaltspolitik häufig gut, nicht auf die Vorschläge des Oppositionsführers zu hören.
Ich finde, Sie hätten Größe bewiesen, wenn Sie gegebenenfalls auf diese Fehleinschätzung hingewiesen hätten.
Ich komme zum Schluss. Der dritte Nachtragshaushalt und der Haushaltsplan 2010 sind die richtige Antwort auf die schweren Herausforderungen der Krise. Sie sind krisengerecht, konjunkturgerecht und zukunftsfähig. Wir gehen jetzt in detaillierte Haushaltsberatungen. Wir sind für konstruktive Vorschläge der Opposition stets dankbar. Am Ende werden wir im Dezember den Haushalt 2010 verabschieden. Damit ist Niedersachsen auf einem guten Weg. Wir glauben fest daran: Wir werden durch diese Krise kommen. Wir halten am