Protokoll der Sitzung vom 17.02.2010

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Kalle, so wol- len wir dich haben!)

Jetzt zu der Eingabe, die eine Grundschule betrifft. An keiner der 1 803 Grundschulen in Niedersachsen gibt es einen Sozialarbeiter. An keiner!

(Zuruf von der SPD: Das ist schlimm genug!)

- Ja, das ist schlimm genug. Ihr habt das nicht einmal ins Auge gefasst.

Dieser Sozialarbeiter ist, als eine Hauptschule auf Beschluss des Schulträgers, der Stadt Hannover, aufgelöst wurde, aus Versehen an eine Grundschule versetzt worden. Dieses Versehen ist jetzt kurzfristig, und zwar vernünftigerweise, richtiggestellt worden. Dieser Sozialarbeiter wird jetzt an einer anderen Hauptschule seinen Dienst tun und wird dort im Rahmen seines Aufgabenbereiches vernünftige Sozialarbeit leisten.

Ich kann keinem erklären, warum die Grundschule Hägewiesen, die keine Ganztagsschule ist, einen Sozialarbeiter bekommen soll, während 60 oder 70 % aller Ganztagsschulen keinen Sozialarbeiter haben. Dieser Antrag geht also ins Leere. Nun kann man sagen: Die haben nachträglich einen Antrag gestellt. - Dann sollen sie ihren Antrag pünktlich stellen, um Ganztagsschule zu werden! Alle Schulen, die pünktlich einen Antrag gestellt haben, um Ganztagsschule zu werden, werden eine Genehmigung erhalten. So war es in den letzten fünf Jahren, und so wird es auch im nächsten Jahr sein.

(Zustimmung bei der CDU)

Was die Frage von Sozialpädagogen an Realschulen anbetrifft: Wir haben an keiner Realschule So

zialpädagogen. Wir haben mit Sozialpädagogen an Hauptschulen angefangen. Jetzt haben wir 400 Sozialpädagogen an Hauptschulen. Wir haben jetzt angefangen, zusätzlich an Grundschulen sozialpädagogische Stunden einzurichten - Stunden deswegen, weil die Schulen teilweise zu klein sind. Möglicherweise werden wir irgendwann, wenn genug Geld da ist, auch Realschulen ausstatten. Aber im Moment können wir das noch nicht. Deswegen konzentrieren wir uns weiter auf Hauptschulen, auf die eine oder andere Förderschule und auf Grundschulen. Irgendwann sind Realschulen dran. Aber jetzt alles zu fordern, ist typisches Oppositionsgehabe: Wir können mehr, wir können schneller, wir können höher, wir können weiter. - Im Moment können wir es noch nicht, auch wenn es wünschenswert ist.

Deshalb müssen wir die Einsender beider Petitionen über die Sach- und Rechtslage unterrichten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Eingabe 1284 das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wendet sich eine Kundin Hilfe suchend an den Niedersächsischen Landtag, weil sie die Regeln in diesem Land nicht mehr versteht. Vier Verkäuferinnen bei Schlecker werden gefeuert und über eine Leihfirma zum halben Lohn wiedereingestellt, einem Lohn, von dem die Frauen nicht leben können und den sie mit staatlichem Geld aufstocken müssen.

Bei der Landesregierung klopft die Frau aber vergeblich an die Tür. „Nicht zuständig“, schreibt man in die Stellungnahme an die Petentin mit Verantwortung und Sinn für das Gemeinwohl: Klopfen Sie doch an eine andere Tür, z. B. die des Arbeitsgerichts oder die der Tarifpartner! - Durchsichtiger können Ausreden nicht sein,

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

zumal Abhängigkeit einerseits und Einschüchterung andererseits beim Missbrauch von Leiharbeit systemimmanent sind. Außerdem kam die Stellungnahme viel zu spät, um noch fristgerecht vor Gericht ziehen zu können, zumal die Gesetze die

ses verfehlte Arbeitgeberverhalten bisher leider nicht ausschließen.

Aufs Schärfste verurteilen wir deswegen, dass das Wirtschaftsministerium sich hinter dem rechtlichen Rahmen versteckt, den die Politik und diese Landesregierung sehr wohl gestalten und ändern könnten, nämlich über den Bundesrat - wenn sie denn wollten. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist kein unveränderliches Produkt der Politik, sondern Ergebnis von Interessen. Die haben in der Praxis leider eine deutliche Schieflage erzeugt und müssen neu austariert werden, zugunsten der Beschäftigten

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

und zulasten von Zeitarbeitsfirmen aus der Schmuddelecke. Ein Anfang dazu wäre es, heute zu beschließen, diese Petition der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, damit die Landesregierung dann entsprechend tätig wird, damit der Rechtsrahmen nachgebessert wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Schminke von der SPD-Fraktion das Wort, ebenfalls zu dieser Eingabe.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die arbeitsrechtlich katastrophalen Zustände bei der Firma Schlecker sind erneut Gegenstand einer Eingabe, nämlich der Eingabe 1284. Langjährig Beschäftigten einer Schlecker-Filiale in Hilter wurde gekündigt. Über eine Zeitarbeitsfirma Meniar in Zwickau wurde eine neue Beschäftigung in einem XL-Markt zu einem sage und schreibe 6 Euro geringeren Stundenlohn angeboten. Wir halten das für sittenwidrig.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Wir sind der Meinung, dass Schlecker kein Einzelfall ist. Darum wollen wir solche skandalösen Fehlentwicklungen nicht nur beklagen, wie CDU und FDP es tun,

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

sondern den Vorgang der Landesregierung zur Berücksichtigung überweisen und damit eine Bundesratsinitiative in Gang setzen. Diese menschenverachtende Ausbeutung muss endgültig ein Ende haben.

Wir haben deshalb mit der Dringlichen Anfrage in der Drucksache 2208, die morgen früh beantwortet werden soll, die Landesregierung gefragt, ob vielleicht ein gesetzlicher Mindestlohn sinnvoll wäre und wie man es mit den sogenannten christlichen Gewerkschaften hält, die nicht tariffähig sind und die permanent dem Ziel dienen, sich für erbärmliche Billiglöhne herzugeben.

Meine Damen und Herren, die FDP will spätrömische dekadente Zustände bekämpfen. Machen Sie das doch bitte! Bekämpfen Sie die Schleckers, die Lidls und die nimmersatten Manager, Steuersünder und Finanzhaie!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Geben Sie endlich den Weg für einen gesetzlichen Mindestlohn frei! Hören Sie auf, die Ärmsten der Armen zu verfolgen!

(Christian Dürr [FDP]: Was reden Sie denn da?)

Auch die Ratschläge der Verwaltung - es tut uns leid - helfen wenig. Von Herrn Hagenah wurde schon gesagt: Die Frist für arbeitsrechtliche Klagen ist abgelaufen. Da geht einfach nichts mehr. Pech für die Geschädigten, kann man sagen. Das tut uns wirklich leid. Da ist leider keine Hilfe mehr möglich.

Die SPD-Fraktion will die Zustände wirklich ändern. Darum sind wir für „Berücksichtigung“.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ebenfalls zu dieser Abgabe erteile ich dem Abgeordneten Höttcher von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Hagenah, Herr Schminke, niemand will sich hier verstecken. Ihren Unmut können wir, kann ich verstehen. Das können Sie mir glauben. Das ist bei uns so.

(Beifall bei der CDU)

Aber ich möchte auch, dass Sie berücksichtigen, dass der Gesetzgeber nicht in die Lohnpolitik eingreifen kann. Das wissen Sie ganz genau. Das ist einfach so.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Arbeitneh- merüberlassungsgesetz! Mindestlohn! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Alles schön und gut! - Wir wollen zum Thema sprechen. Die aktuelle Entwicklung, dass die Bundesregierung eine Regierungskommission zu dieser Problematik einsetzt, begrüßen wir sehr. Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als Ihnen zu sagen: Wir werden bei dieser Eingabe für „Material“ stimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Bosse von der SPDFraktion das Wort. Er spricht zur Eingabe 1038/09/16.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich spreche zur Eingabe der Bürgerinitiative gegen Altlasten in der List. Hierin wird darum gebeten, einen Altlastenfonds im Land Niedersachsen einzurichten und im Übrigen auch ein Sofortprogramm zur finanziellen Unterstützung der Bürger hier in Hannover am De-Haën-Platz aufzulegen. Insgesamt sind 45 Häuser betroffen. Die Gesamtkosten betragen etwa 6 Millionen Euro. Dort am De-HaënPlatz stand von 1860 bis 1902 eine Chemiefabrik. Dann sind die Grundstücke von der Kommune verkauft worden, das ist natürlich auch von der damaligen Bezirksregierung abgesegnet worden. Dort wurde neu gebaut.

Nun gibt es verschiedenste Kontaminationen. Das Erdreich muss ausgetauscht werden. Kosten in Höhe von 6 Millionen Euro entstehen. Stadt und Region Hannover werden sich an einem Fonds beteiligen, und zwar nicht nur nach Pressemitteilungen, sondern auch nach der Beschlusslage der Region und der Stadt Hannover, meine Damen, meine Herren.

Auch Minister Sander - die Morgenpresse titelte: Land beteiligt sich an Altlastenfonds - hat gesagt, dass er einen Altlastenfonds sehr gut finden würde - natürlich auf Bundesebene. Da ist man natürlich sehr schnell fündig geworden. Eine Hannoveraner CDU-Politikerin schrieb Minister Röttgen an, wie es

denn aussehe, ob der Bund nicht Geld für einen Altlastenfonds springen lassen werde. Röttgen hat die Antwort gegeben: Das ist nicht Sache des Bundes; das ist eindeutig Sache des Landes.

Hier sagen wir ganz deutlich: Man kann nicht in der Zeitung vollmundige Versprechungen geben, wenn man selbst letzten Endes wieder den Schwarzen Peter zugeschoben bekommt. Hier muss eine juristische Einzelfallbetrachtung her. Wir wollen einen Altlastenfonds. Wir werden jetzt auch noch im Plenum darüber beraten. Wir wollen natürlich auch eine Hilfe des Landes Niedersachsen, und zwar nicht nur für die Kommunen, die letzten Endes in der Pflicht stehen. Wir wollen die Leute mit ihren Kosten nicht allein lassen.

Deshalb fordern wir „Berücksichtigung“.