Auch der Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, hat dazu gesagt, erst 2012 werde dieses Thema wieder auf der Tagesordnung stehen.
Wodurch ist also Ihre Aufgeregtheit begründet, eine Bundesratsinitiative zu starten? Lassen wir der Koalition doch die Zeit und Muße, dieses wichtige Thema zu behandeln.
Lassen wir sie doch abwägen, was zukunftsfähig ist und was nicht. Wir sind uns sicher, dass dieser Abwägungsprozess ganz im Sinne unserer Familien erfolgen wird.
Wir in Niedersachsen sind selbstbewusst genug, unsere familienfreundliche Struktur weiterhin auszubauen. Wir sind auch selbstbewusst genug, ein Veto einzulegen, falls es nicht in unserem Sinne sein sollte.
Zum Dritten: In dieser Diskussion wird oftmals vergessen, dass es auch um die Akquirierung der fehlenden Fachkräfte sowie um Gleichstellungspolitik geht. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hinweisen, in der nachgewiesen worden ist, dass die Aufstockung des öffentlichen Betreuungsangebots keineswegs große Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. Nach dieser Studie steigen gerade einmal 5 % der Familien von der häuslichen auf eine externe Betreuung um. Vielmehr greifen die Familien auf das häusliche Angebot zurück, weil es flexibler, individueller und auch bedarfsgerechter erscheint.
Somit kann das Betreuungsgeld auch in dieser Hinsicht für eine Entlastung sorgen, indem das Geld gezielt für die Kinder dieser Eltern eingesetzt wird. Dieser Aspekt darf im Abwägungsprozess nicht außer Acht gelassen werden.
Gestatten Sie mir abschließend eine grundsätzliche Anmerkung. Familien nehmen in unterschiedlicher Form und Ausprägung externe Betreuung in Anspruch. In vielen Fällen ist der Hintergrund, dass
Frauen ihre hoch qualifizierte Ausbildung nutzen und arbeiten wollen. Wir als CDU haben uns immer dafür eingesetzt, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter voranschreiten kann.
Wir setzen uns aber auch dafür ein, dass Frauen oder Familien, die sich für ein anderes Lebensmodell - wie die Betreuung im elterlichen Haus - entscheiden, mit den Eltern gleichgestellt sein müssen, die die öffentliche Betreuung nutzen.
Frau Staudte möchte gerne auf den Beitrag von Frau Pieper mit einer Kurzintervention reagieren. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Pieper, Sie haben gerade ein Zitat aus unserem Antrag vorgelesen, das Sie bereits im Sozialausschuss angeführt haben. Schon dort habe ich Sie darauf hingewiesen, dass Sie hier unsere Formulierung falsch verstehen. Ich gebe zu, dass sie auch etwas missverständlich ist.
Ich lese diese Passage noch einmal vor: „Das Betreuungsgeld soll eingeführt werden, um die Erziehungsleistung von Eltern anzuerkennen und sie zu unterstützen. Eine Krippe mit guten pädagogischen Rahmenbedingungen kann diese Aufgabe viel nachhaltiger erfüllen.“ Vor dem Punkt müsste der Satz eigentlich mit „als ein Betreuungsgeld“ weitergehen - und nicht mit „als Familien“, wie Sie das immer wieder unterstellen wollen.
Wir respektieren nämlich alle Familienmodelle. Wir wollen auch wirklich eine Wahlfreiheit herstellen.
Im Moment besteht keine Wahlfreiheit. Es gibt nicht ausreichend Betreuungsplätze. Insofern ist die von Ihnen angeführte Studie möglicherweise auch wenig aussagekräftig. Fragen Sie doch ein
mal den Kollegen Limburg! Auf sein Kind wird gerade in unseren Fraktionsräumen aufgepasst, weil er keinen Krippenplatz gefunden hat. Auch mein Mitarbeiter Herr Nebendahl sucht in Hannover händeringend nach einem Betreuungsplatz.
- Weil das Land für Hannover und alle anderen Kommunen nicht ausreichend Investitionsmittel zur Verfügung stellt. Das wissen Sie ganz genau, Herr Böhlke.
Ich danke Ihnen, Herr Präsident. - Frau Staudte, dass es in Hannover nicht genügend Krippenplätze gibt, finde ich sehr bedauerlich.
Ich kann Ihnen aber ganz viele Regionen nennen - das habe ich auch getan -, in denen es mehr Plätze gibt.
Außerdem müssen Sie sich einmal fragen, wer denn in Hannover die Mehrheit hat. Das sind nämlich die SPD und die Grünen. Die hätten schon längst dafür sorgen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern haben wir uns an dieser Stelle darüber unterhalten, ob auch Millionäre einen einkommens- und vermögensunabhängigen Nachteilsausgleich er
halten sollten. Die Grünen hatten sich dafür ausgesprochen. Heute hat eine Abgeordnete der Grünen hier erklärt, es solle kein einkommens- und vermögensunabhängiges Betreuungsgeld gezahlt werden. Gelegentlich möchte ich gerne einmal erklärt haben, worin grundsätzlich der Unterschied liegt.
Es bleibt dabei, dass Sozialpolitik dort stattfinden muss, wo die Menschen Unterstützung brauchen, weil sie sich aus eigenen Kräften nicht helfen können. Das muss immer der Grundsatz bleiben.
Meine Damen und Herren, der Antrag, den wir heute abzuwehren haben, kommt zur Unzeit. Er ist auch schlecht begründet. Nach meinem Kenntnisstand gibt es überhaupt keine Pläne der Bundesregierung zur Einführung eines Betreuungsgeldes. Wohl aber existiert ein Koalitionsvertrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, die miteinander die Bundesregierung tragen. Darin ist Folgendes niedergelegt:
„Um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen, soll ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150,- Euro, gegebenenfalls als Gutschein, für Kinder unter drei Jahren als Bundesleistung eingeführt werden.“
Wer sind wir denn, um im Niedersächsischen Landtag den Bund vorbeugend davor zu bewahren, Wohltaten zu verteilen, wenn er sie denn finanzieren kann?
Wer sind wir denn, um drei Jahre vor dem Zeitpunkt, für den so etwas überhaupt erst angekündigt ist, dem Bund in den Arm zu fallen und zu sagen: Unsere Kinder sollen dieses Geld nicht bekommen? - Das möchte ich heute aber lieber nicht beschließen, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, bei dieser Diskussion steht hoffentlich für uns alle das Kind im Mittelpunkt und nicht die Eltern und nicht die Einrichtung. Es muss um das Kind gehen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann sollten Sie zustimmen! - Uwe Schwarz [SPD]: Dann können Sie ja zustim- men!)
Deswegen ist die Positionierung der FDP richtig, dass ein Gutscheinmodell der richtige Ansatz sein könnte. Das Gutscheinmodell beantwortet u. a. besser die offene Frage, ob die Leistung bei Sozialhilfeempfängern als Einkommen angerechnet würde. Meiner Ansicht nach nämlich nicht.
Außerdem wäre die Ausgestaltung mit Gutscheinen eine Möglichkeit, die Kommunen finanziell zu entlasten, die bislang aus guten Gründen Sozialstaffeln für die Kinderbetreuungseinrichtungen haben. So könnte man auf Kosten des Bundes eine bessere Kostendeckung für die Kindertagesstätten erreichen. Was könnten wir uns denn Besseres wünschen?
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Für die Kinder ändert sich also gar nichts!)