Dem kann man nicht begegnen, indem man mehr Studienplätze schafft. Es ist auch nicht so, Herr Wulf, wie gesagt wird, dass sie sich dort niederlassen, wo sie studieren. Dann müsste es ja in Greifswald und Rostock sehr gut aussehen. Das tut es aber nicht. Auch dort ist die Zahl derer, die sich niederlassen, begrenzt.
Die Regionen, die Sie in Ihrem Antrag als Beispiel genannt haben, also Lüchow-Dannenberg oder Peine, liegen gerade in einem Dreieck von großer medizinischer Ausbildungskapazität, nämlich im Dreieck des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, der MHH in Hannover und Magdeburg. Trotzdem gibt es dort eine Unterversorgung bzw. keine zielgerichtete Versorgung. Das heißt, das komplexe Problem muss angegangen werden. Dazu gibt es keine einfache Lösung. Es gibt Analysen und Untersuchungen. Der einfache Schluss, mehr Medizinstudienplätze könnten das Problem lösen, ist also vom Grundsatz her falsch.
Ich habe heute früh schon gesagt, es gibt kein Sonderprogramm zur Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze. Es gibt die Absicht, darüber zu diskutieren. Aus dem Kreis derer, die diese Absicht haben, klinken sich immer mehr Länder aus. Meines Wissens sind nur noch zwei Länder dabei; aber da will ich mich nicht so genau festlegen. Wir wollen uns daran nicht beteiligen. Warum nicht? - Würden wir die Kapazitäten in Göttingen oder in Hannover erhöhen, dann bräuchten wir dort mehr
Patienten. Die Zahl der Patienten ist die Begrenzung. Darauf basiert auch die Kapazitätsberechnung. Das kann man nicht einfach einmal von einem Jahr zum anderen abstellen. Daher bleibe ich bei der Aussage von heute früh: Es gibt Bereiche - zu nennen ist beispielsweise die Veterinärmedizin -, in denen wir weit über den Bedarf des Landes Niedersachsens hinaus ausbilden. Im Bereich der Medizin stehen wir nicht schlecht da. Wir stehen wesentlich besser da als z. B. Rheinland-Pfalz oder andere Länder. Wir werden die Kapazitäten dort nicht erhöhen.
Ich komme dann zu der Frage, was denn nun mit Oldenburg ist, also mit der European Medical School. Das ist ein ganz anderer Gesichtspunkt. Für das Ins-Spiel-Bringen dieses Ansatzes gibt es zwei Gründe. Ein Grund ist ein regionaler; denn dort gibt es einen großen weißen Fleck, weil sich Bremen kein Universitätsklinikum leistet. Die Supramaximalversorgung ist dort also nicht gesichert. Das ist der eine Grund. Der ist sehr wohl zu akzeptieren.
Der zweite Grund ist, dass das Medizinstudium in Deutschland als stark reformbedürftig eingeschätzt wird. Wir führen lange Diskussionen im Wissenschaftsrat. Es gibt eine ganze Reihe von Punkten, an denen man etwas ändern müsste oder an denen es Probleme gibt. Es gibt Modellstudiengänge, z. B. in Hannover. Aber alle Modellstudiengänge greifen punktuell den einen oder anderen Aspekt auf und zielen darauf, diesen zu verbessern. Als Beispiel nenne ich eine engere Verbindung mit den Patienten von Anfang an.
Die Idee, eine Bachelor-/Masterausbildung zu machen, ist bei diesen Modellstudiengängen nicht vorhanden. Wenn ich vorhin auch gesagt habe, dass es bei uns keinen Mangel an Ärzten gibt, so möchte ich doch darauf hinweisen, dass ein Viertel aller ausgebildeten Mediziner Deutschland im letzten Jahr verlassen haben, weil sie anderswo besser verdienen, weniger Bürokratie und andere Dinge vorfinden.
Aufgrund der Normen der Europäischen Union ist es möglich, dass sich jemand, der in Ungarn - oder wo auch immer - im Rahmen eines Bachelor-/ Masterstudiengangs ausgebildet worden ist, hier anmeldet, um hier Assistenzarzt zu werden. Das kann er mit dieser Ausbildung tun. Unsere „eigenen“ Leute aber dürfen es nicht. Deswegen glaube ich, dass es von großem Interesse ist, bei uns eine Bachelor-/Mastervariante auszuprobieren, viel
Der Medizinausschuss des Wissenschaftsrates war zuerst sehr dagegen. Er hat seine Meinung inzwischen geändert. Es gibt aber, Herr Wulf und Frau Heinen-Kljajić, noch keine Empfehlung des Wissenschaftsrates, sondern es gibt nur einen Vorentwurf. Wir diskutieren noch in der Wissenschaftlichen Kommission und in der Verwaltungskommission darüber. Auch in diesem Vorentwurf werden grundlegende Mängel festgestellt. Bis man es durchführen kann, ist - einmal abgesehen vom Geld - noch eine Reihe von Dingen zu klären.
Zu klären ist natürlich mit dem Bundesgesundheitsminister die Frage des Staatsexamens bzw. der Approbationsordnung.
Die Grundtendenz im Wissenschaftsrat ist positiv. Es gibt ein großes Interesse daran, das einmal an einer Stelle auszuprobieren. Andere können dann schauen, wie es dort mit der Erprobung über eine bestimmte Anzahl von Jahren aussieht.
Kritisch ist natürlich die Frage der Finanzierung. Es ist hier die Frage gestellt worden, ob die Landesregierung dahintersteht. Die Diskussionen über diesen Studiengang sind schon in meiner Anwesenheit im Wissenschaftsrat geführt worden. Das war im Mai auf der Tagesordnung. Mit dem Generalsekretär und dem Chef des Wissenschaftsrates haben wir separat hier in Hannover diskutiert.
Diesen Antrag hätte die Universität Oldenburg nie stellen können, wenn das Wissenschaftsministerium dies nicht gewollt hätte. Eine einzelne Hochschule stellt keinen Antrag, sondern das macht das Land.
Aber die Details der Antragstellung sind natürlich Aufgabe der Hochschule. Die Universität Oldenburg hat in den Antrag geschrieben, dass sie Ressourcen nutzen will. Sie hat angeboten, Professuren aus anderen Bereichen umzuwandeln. Das war erst einmal das Angebot der Hochschule.
- Nein, aber ich will damit sagen: Dass Ängste da sind, kann man schon verstehen, weil man nicht genau einschätzen kann, welche Auswirkungen das hat.
Allerdings sagt der Wissenschaftsrat in seiner Vorempfehlung, dass diese Überlegungen nicht stichhaltig sind, weil dann andere Bereiche - so wie jetzt von der Universität vorgesehen -, wie der Mathematik- und Naturwissenschaftenbereich, so schmal würden, dass es da Probleme geben würde.
Sie haben gesagt, man könnte doch ein bisschen Anschubfinanzierung leisten. - Wissen Sie, was eine normale medizinische Fakultät für ein Personalvolumen hat? - Dort lehren normalerweise allein 60 oder 70 Professoren, an der MHH sind es 100. Und 60 Professoren bezahlt man nicht aus der Portokasse und nicht mit gutem Willen. Das kostet jährlich viele Millionen Euro. Wir befinden uns jetzt in der Phase, in der uns die Universität eine Rechnung über ein realistisches Finanzvolumen vorlegen muss - das muss die Universität leisten; in der Vorstellung von Frau Simon wird eine halbe Fakultät usw. gerechnet -, das nicht so schmal sein darf, dass man danach nicht damit auskommt.
Grundlegende Punkte sind also zu klären. Es geht nicht nur um eine Anschubfinanzierung, sondern wenn man so etwas beginnt und Professoren beruft, dann muss man das langfristig finanzieren. Wie will man denn Qualität erreichen, wenn klar ist, dass nach fünf Jahren Schluss ist und die Professoren nur für eine Probephase beschäftigt werden? - Das geht überhaupt nicht.
Eine gewaltige Finanzsumme ist also notwendig. Für ihre Erbringung ist im Moment nicht erkennbar Vorsorge getroffen.
- Wir haben dazu sogar Parteitagsbeschlüsse. Aber das ist hier überhaupt nicht das Thema. Ich glaube, ich habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich mit den Verantwortlichen diskutiert habe.
Ich habe darauf hingewiesen, dass diese Schnellschussvarianten nach dem Motto „Fangen wir erst mal nächstes Jahr an“, obwohl noch vieles unklar ist, nicht sinnvoll sind. Es ist auch noch absolut unklar, wie die Oldenburgischen Kliniken bei einer Konstruktion wie dieser den universitären Teil der Ausbildung leisten sollen und wie das finanziert werden soll. Der Wissenschaftsrat ist sehr, sehr skeptisch. Dafür lassen sich sicherlich Lösungen finden; das muss man wollen. Aber diese Fragen können nicht beantwortet werden, indem wir jetzt sagen: Wir machen das mal, im nächsten Jahr geht es los. - Wir haben ein großes Interesse daran, und auch die Bundesbildungsministerin hat ein großes Interesse daran. Wir würden damit an einer bestimmten Stelle im medizinischen Bereich ein Tor aufstoßen. Das muss nicht flächendeckend sein. Aber es wäre eine Möglichkeit, die auch dem Image von Niedersachsen nicht schaden würde.
Aber, wie gesagt, es sind noch hohe Hürden zu bewältigen. Wir sollten uns dabei keine Vorhaltungen machen, sondern gemeinsam versuchen, diese Hürden abzubauen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt liegt keine weitere Wortmeldung vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu beiden Punkten. Federführend soll der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur sein, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer so entscheiden möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Es ist so beschlossen worden.
Ich möchte Ihnen zur besseren Übersicht noch einmal mitteilen, dass wir heute noch die Tagesordnungspunkte 33, 34 und 36 behandeln werden. Alle anderen Tagesordnungspunkte sollen direkt überwiesen werden.
Humanität und Solidarität statt menschenverachtender Ausgrenzung - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/2869
Einvernehmlich kommen wir zur Ausschussüberweisung, wenn niemand widerspricht. - Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Federführend soll der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration sein, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. - Spricht jemand dagegen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. - Enthält sich jemand? - Dann ist so beschlossen worden.
Erste Beratung: Jetzt PPP-Projekt für das neue Zentralgebäude an der Lüneburger Universität stoppen - Transparenz unverzüglich herstellen - Landesinteressen sichern - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/2868 neu
Einbringen wird diesen Antrag der Kollege Perli von der Fraktion DIE LINKE, dem ich gleich das Wort erteilen möchte, wenn ein wenig mehr Ruhe eingekehrt ist. Einen kleinen Moment noch, Herr Perli. - Herr Kollege Rickert, Herr Kollege Zielke, das sind beides ältere Kollegen aus der FDPFraktion.
Herr Kollege Zielke, ich möchte Herrn Perli jetzt das Wort erteilen. - Herr Perli, Sie haben das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Leuphana Universität in Lüneburg plant ein neues Zentralgebäude auf ihrem Campus. Um es gleich voranzustellen: Die Linke ist der Überzeugung, dass zu guter Lehre und guter Forschung an Hochschulen auch eine ansprechende Architektur gehört. Die Frage, die sich aktuell in Lüneburg stellt, ist nicht, ob ein Neubau kommt, sondern auf welche Art und Weise. Nach den aktuellen Aussagen soll das Gebäude als ÖPPProjekt betrieben werden. Das Land will den Bau mit 21 Millionen Euro unterstützen. Dazu sollen
laut Haushaltsentwurf 2011 Eigenmittel der Stiftungsuniversität, also weitere Steuermittel Niedersachsens, kommen.
Die Diskussionen um die Sinnhaftigkeit des Konzepts und um die finanziellen Risiken laufen symptomatisch für ÖPP-Projekte ab. ÖPP steht für die Kooperationen der öffentlichen Hand mit einem privaten Investor.