Den Vorwurf, wir wüssten nicht, wie die Praxis aussieht, weise ich an dieser Stelle entschieden zurück.
Die Ausschussberatungen haben ganz eindeutig ergeben, dass sehr wohl Überlegungen dazu angestellt werden, wie dieser Tag optimiert werden kann. Ein Vertreter des Ministeriums war im Ausschuss anwesend und hat sehr deutlich gemacht, dass angestrebt ist, dass auch die Schulen überprüfen sollen, ob und wie die Erlasslage umgesetzt wird. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung rufen.
Ihren Ausführungen hat man im Grunde genommen entnehmen können, dass Sie diesen Tag gerne abschaffen würden. Das hat sich jedenfalls so angehört.
Sie haben einige Beispiele genannt. Ich denke aber, einen solchen Tenor in die Debatte zu bringen, ist mit Sicherheit der falsche Weg. Ich wiederhole auch im Hinblick auf Ihre Einlassung zu einer Kosten-Nutzen-Analyse: Eine klare Ansage in diesem Fall kostet gar nichts. Es geht darum, sich darauf zu verständigen, wie man mit dieser sinnvollen Einrichtung weiter umgeht. Unseren Lehrern - das noch einmal an Herrn Althusmann gerichtet - können wir das sehr wohl zumuten. Denn ich verstehe den Lehrerberuf immer noch als einen Beruf, der die Aufgabe hat, unsere Schülerinnen und Schüler fit fürs Leben zu machen.
Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt Frau Weddige-Degenhard das Wort. Sie haben ebenfalls anderthalb Minuten.
Liebe Kollegin Vockert, auch für mich klang es so, als ob Sie den Tag abschaffen wollten. Eigentlich waren wir uns doch darüber einig, dass ein solcher Anstoß doch sein muss. Wir brauchen einen Denkanstoß in den Schulen, und zwar immer wieder und jedes Jahr. Dieser Tag findet zwar nur einmal im Jahr statt, aber in der gesamten Schullaufbahn der Kinder ist es doch ein steter Tropfen, der den Stein höhlen kann. Das ist auch überhaupt
kein Widerspruch zu den Aktivitäten, die es in vielen Bereichen auf der kommunalen Ebene gibt. Es gibt sehr viele und gute Angebote von kommunalen Einrichtungen, von Universitäten und von sehr vielen Betrieben. Ich denke, diese beiden Dinge widersprechen sich überhaupt nicht.
Ich denke, in der Frage, dass wir früh anfangen müssen, sind wir uns alle einig. Der Genderaspekt muss in der gesamten Kindergarten- und Schulzeit berücksichtigt werden. Dabei haben wir noch große Anstrengungen zu unternehmen. Aber die Schulen sind nach wie vor ein guter Ansprechpartner. Der entscheidende Punkt ist die Vor- und Nachbereitung in den Klassen mit den Schülerinnen und Schülern, nicht mit den Unternehmern, Frau Vockert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte für meine Fraktion beantragt, den Zukunftstag abzuschaffen, wenn wir das gewollt hätten. Wir wollen das aber nicht. Deswegen haben wir im Ausschuss auch gesagt, dass er bestehen bleiben soll. Denn einige Schulen setzen ihn recht gut um, und es gibt Akzeptanz bei den Lehrkräften. Wenn über diesen Zukunftstag hinaus einzelne Projekte - ich habe eben einige genannt - stattfinden, dann ist das eine Bereicherung und Ergänzung.
Aber eine großartige Evaluation durchzuführen, ist - Entschuldigung - wirklich völliger Schwachsinn, das ist vergeudete Zeit, das - Stichwort „Kosten-Nutzen-Analyse“ - rechnet sich nicht.
In der Zielsetzung waren wir uns in den Ausschussberatungen einig. Frau Kollegin Twesten, ich war in allen Sitzungen dabei, auch in denen des mitberatenden Sozialausschusses. Dabei konnte ich sehr deutlich feststellen, dass sich zwar alle in der Zielsetzung einig waren, aber eigentlich niemand wirklich eine Idee hatte, wie dieser eine Tag so gestaltet werden soll, dass er überhaupt etwas bringt. Wir meinen, einfach nur daran fest
zuhalten, bringt nichts. Man muss auch andere Ansätze fahren. Es ist gut, wenn die Schulen und Lehrkräfte in der jetzigen Form dabei mitmachen. Damit sind wir insofern absolut zufrieden. Die Zielsetzung ist in Ordnung; wir wollen den Tag nicht abschaffen. Aber andere Projekte sind notwendig; das muss angefüttert werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich durchbreche jetzt einmal den geschlechtstypischen Kreis der Redner bei diesem Thema.
Der Zukunftstag hat das Ziel, Mädchen und Jungen die Augen für geschlechtsuntypische Berufe zu öffnen. In der Tat muss man sich die Frage stellen, ob das in den letzten Jahren gelungen ist oder nicht. Die Zahlen liefern ein durchaus differenziertes Bild. Der Frauenanteil in der dualen Ausbildung beträgt 42 % und liegt damit unter der Quote von 50 %. Das ist die positive Folge der Tatsache, dass weitaus mehr Mädchen als Jungen Abitur machen und in die Hochschulen gehen. 75,8 % der weiblichen Auszubildenden finden sich aber lediglich in 25 Berufen wieder. Davon sind lediglich zwei Fertigungsberufe, zum einen der Beruf der Mediengestalterin und zum anderen der Beruf der Köchin. Ansonsten werden überwiegend Berufe wie Kauffrau im Einzelhandel, Bürokauffrau, Friseurin oder medizinische Fachangestellte gewählt. Es ist durchaus noch kein vollständiger Wandel erkennbar.
Es gibt aber auch positive Tendenzen. So ist in den letzten Jahren die Zahl der weiblichen Ausbildungsanfänger in den Metallberufen um 11,2 % und in den Elektroberufen um 15,9 % gestiegen.
Natürlich muss man sich die Frage stellen, ob wir die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen haben. Ich glaube, dass der bisherige Erlass, wonach Schülerinnen und Schüler entsprechende Einblicke in verschiedene Berufsfelder erhalten und Veranstaltungen in Schulen, Betrieben und anderen geeigneten Einrichtungen für Mädchen und Jungen getrennte Angebote vorsehen sollen, durchaus richtige Rahmenbedingungen setzt. Aber
Diese sind in den Beratungen vonseiten des Ministeriums in Aussicht gestellt worden, und zwar dass wir zukünftig eine individuelle Unterrichtsbefreiung haben werden, dass wir zukünftig auch dadurch die Zielrichtung der jeweiligen Angebote wesentlich besser beobachten können und dass die Schulen zukünftig eigenverantwortlich darüber entscheiden, diesen Zukunftstag durchzuführen, und dass das Heranführen der Schülerinnen und Schüler an geschlechtsuntypische Berufe Gegenstand der gesamten Berufsorientierung in den Schulen wird.
In dem Wortbeitrag der Kollegin Vockert ist bereits deutlich geworden, dass es eben nicht dieser einzelne Tag ist, der diese verkrustete Rollenzuweisung in der Berufswelt aufbrechen kann, sondern es muss die gesamte Phase der Berufsorientierung sein, die den Schülerinnen und Schülern auch Perspektiven für geschlechtsuntypische Berufswahlen aufzeigt und eröffnet.
Deshalb sagen auch wir: Der Antrag der Grünen greift hier zu kurz. Wir sehen positiv den neuen Erlassbestimmungen des Ministeriums entgegen, die sicherlich die Berufsorientierung langfristig darauf ausrichten, auch geschlechtsuntypische Berufe zu ergreifen.
Auf die Einlassung von Herrn Försterling hat sich die Frau Kollegin Behrens von der SPD-Fraktion zu einer Kurzintervention gemeldet. - Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Försterling, Ihr Beitrag hat mich noch einmal in der Zeit und zur der Frage zurückversetzt, die wir schon seit 20 oder 30 Jahren in der Gesellschaft diskutieren. Wie bekommen wir es hin, die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ordentlich zu organisieren? Welche Möglichkeiten haben wir, und welche Möglichkeiten haben wir nicht? Das, was Sie vorhin beschrieben haben - das war an der einen oder anderen Stelle auch durchaus nachvollziehbar und richtig -, ist die gleiche Debatte, die in diesem Land seit 20 oder 30 Jahren geführt wird. Schon meine Mutter hat sie geführt, aber es hat sich seitdem leider nicht viel bewegt.
Ich möchte in diese Debatte einen Aspekt hineinbringen, den wir bisher noch nicht diskutiert haben. Warum ist es denn so, dass sich Frauen für sogenannte frauentypische Berufe - wenn es sie denn gibt - entscheiden und Männer nicht? Weil Männer und Frauen ihre Berufe ganz unterschiedlich aussuchen. Der Mann an sich schaut ein bisschen mehr darauf, was verdient er und wie kann er damit leben. Die Frau an sich tut das leider nicht. Das bedeutet, dass viele Berufe, für die sich Frauen entscheiden, schlecht bezahlt sind.
Warum ist es in unserer Gesellschaft eigentlich so, dass es besser bezahlt wird, wenn Sie an einem Auto herumschrauben, als wenn Sie mit Kindern im Kindergarten arbeiten? Warum wird ein KfzMechatroniker besser bezahlt als eine Kindergärtnerin oder eine Erzieherin? Das können Sie für ganz viele Berufe so weiter deklinieren.
Solange wir diese Ungerechtigkeit in der Bewertung von Arbeit und auch in der Bezahlung von Frauen und Männern nicht beseitigen, können wir uns mit vielen Bausteinen darum kümmern - der Zukunftstag ist einer von mehreren guten Bausteinen -, aber das Problem an sich werden wir nicht lösen.
Das haben Sie zu Recht auch gesagt. Sie haben also noch einmal herausstellen wollen, dass es diese Unterschiede gibt.
Die sind unbestritten, die lassen sich auch belegen. Aber ich glaube, es ist falsch, hier zu sagen, dass wir durch den Zukunftstag eine solche Änderung herbeiführen könnten. Das ist eben nicht entscheidend. Aber die gesamte Entwicklung und die Zielrichtung der gesamten Berufsorientierung muss doch beispielsweise auch aufgreifen und speziell den Jungen aufzeigen, dass es bei der Berufswahl nicht ausschließlich darum geht, zu schauen, wo
Denn ich werde dort möglicherweise mein ganzes Leben tätig sein, und ich muss mit dieser Berufswahl auch ein gewisses glückliches Umfeld haben. Das ist auch ein Ansatz, der über eine langfristige Berufsorientierung erfolgen kann, aber nicht an einem einzelnen Tag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Prinzip sind alle Argumente ausgetauscht. Lassen Sie mich aus der Debatte nur noch auf zwei, drei Argumente eingehen, die wichtig für die Weiterentwicklung des Zukunftstages sind.
Frau Weddige-Degenhard hat natürlich mit der Frage recht, wie es uns in den nächsten Jahren gelingen kann, wieder mehr Zeit für die Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen, damit sie sich individuell besser unseren Kindern zuwenden können. Dazu haben wir zum Teil auch schon sehr konkrete Vorstellungen entwickelt. Ich hoffe, dass diese am Ende in der Umsetzung im Wesentlichen unstrittig sein werden, auch zwischen den Fraktionen in diesem Haus.
Es wird darum gehen, die Fragen der Berichtspflichten der Schulen stärker in den Blick zu nehmen, nicht die statistische Unterrichtsversorgung als Bericht, sondern vielleicht auch Berichtspflichten im Zusammenhang von Umsetzung von Projekten und anderen Fragen.
Wir werden uns in Niedersachsen stärker der Frage der Vergleichsarbeiten zuwenden und auch hier über ein höheres Maß der Eigenverantwortlichkeit von Schulen nachdenken müssen. Wobei ich schon jetzt den Vorwurf der Opposition höre, wir würden uns irgendwelchen Vergleichen entziehen wollen. Darum kann es keinesfalls gehen. Wir werden auch die Schulinspektionen neu ausrichten, sodass an dieser Stelle möglicherweise im Rahmen des neuen Verfahrens auch mehr Zeit für die Schulen besteht, ohne die Inspektionen abzuschaffen.