Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 7:

Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/3208

Zur Einbringung erteile ich Frau Ministerin Wanka das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kulturdenkmale bewahren kulturelle Traditionen und speichern unsere Geschichte.

Alle wichtigen und sehr unterschiedlichen Denkmale hier in Niedersachsen - beispielhaft erwähnen möchte ich die archäologischen Funde am Harz, die den Blick auf die gesamte römischgermanische Geschichte verändern, den Hildesheimer Dom als UNESCO-Weltkulturerbe, das Osnabrücker Rathaus, die Bauten der Nachkriegszeit wie z. B. das Ministerium, in dem ich arbeiten darf, bedeutende Sammlungen wie z. B. die Sammlung der 45 000 Vögel im Braunschweiger Naturkundemuseum oder die Saurierspuren im Steinbruch, die weltweit Aufmerksamkeit erregt haben - verbindet eines:

Sie wecken bei den Menschen in den betreffenden Regionen Stolz und bewirken eine Identifizierung mit der Heimatregion, was gerade in einer globalisierten Welt sehr wichtig ist. Außerdem hat dies Auswirkungen auf den Tourismus und die Wirtschaft, sodass man sagen kann: Wir tragen - auch wenn das Interesse am Denkmalschutzgesetz vielleicht nicht so ausgeprägt ist wie das Interesse an anderen Dingen - die politische Verantwortung für dieses kulturelle Erbe.

Die Ausgestaltung geschieht durch Denkmalschutzgesetze. Gesetze wie etwa das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz müssen, wenn sie schon lange in Kraft sind, ab und zu auf den Prüfstand. Denn es gibt Rahmenbedingungen, die sich verändern. Aber nicht nur die Rahmenbedingungen verändern sich, sondern es gibt auch positive Anregungen z. B. aus anderen Bundesländern.

Schließlich zeigt sich in der Praxis manchmal auch, dass sich etwas nicht bewährt hat und deshalb verändert werden sollte.

Aus all diesen Gründen legt die Landesregierung heute eine Novelle zum Denkmalschutzgesetz vor. Sicherlich haben diese Gründe vor einiger Zeit auch schon die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen veranlasst, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Ausgemacht war, dass beide Gesetzentwürfe gemeinsam im Landtag beraten werden.

Wenn man jetzt beide Gesetzentwürfe nebeneinander legt, kann man feststellen, dass sie eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten aufweisen. Die Grünen gehen mit ihrem Gesetzentwurf manche Dinge genauso an wie wir mit unserem Gesetzentwurf, manchmal auch mit einer sehr ähnlichen Stoßrichtung. Beispielhaft erwähnen möchte ich die Einrichtung eines großen Schatzregals, die Maßnahmen gegen Raubgräbertum oder aber auch die Verbesserung des Schutzes des Weltkuturerbes, wobei hier aber unterschiedliche Akzente gesetzt werden.

(Unruhe)

Ja, die Akustik ist hier etwas schwierig. Es gibt hier ein Grundgemurmel. Insofern wäre es ganz ratsam, wenn Sie sich bei der Einbringung eines Gesetzentwurfs durch die Landesregierung etwas ruhiger verhalten würden.

Vielen Dank. - Beide Gesetzentwürfe sehen - allerdings mit unterschiedlichen Intentionen - eine Verbesserung des Schutzes des UNESCO-Weltkulturerbes vor. Während die Grünen immer denken, dass man dann, wenn Veränderungen vorgenommen werden sollen, immer schnell bei der Welterbekommission anfragen soll, ist es uns sehr wichtig, dass die kommunale Planungshoheit gesichert wird, aber trotzdem ein stärkerer Blick des Landes zum Tragen kommt.

Ferner nenne ich die Einführung einer neuen Kategorie. Die Grünen haben dies für paläontologische Spuren vorgesehen. Wir jedoch wollen eine Ausdehnung auf geologische Spuren, aber eben solche mit besonderer Bedeutung.

Das heißt: Es gibt eine Reihe von Gemeinsamkeiten und ähnlichen Intentionen. Es gibt aber auch grundlegende Unterschiede.

In der Vorprämisse des Gesetzentwurfs der Grünen ist immer wieder von einer Stärkung der unteren Denkmalschutzbehörde die Rede. Im Gesetzentwurf selbst findet sich davon aber an keiner Stelle etwas. Im Gegenteil: Die in Niedersachsen ausgeprägten Rechte der unteren Denkmalschutzbehörde werden dadurch beschnitten, dass eine Reihe von Benehmens- und anderen Regelungen eingeführt werden soll, die eigentlich einen Schritt zurückgehen und nicht zur Vereinfachung beitragen, sondern de facto zu einer weiteren Vermischung führen bis hin zu der Absicht, aus dem Fachamt wieder eine Mittelinstanz zu machen.

Oder aber: Die Art und Weise, in der Sie eintragen bzw. mit Denkmaleintragungen umgehen wollen, ist konträr zu dem, was es in Niedersachsen bisher gibt und wir auch anstreben. Dadurch würde ein riesiger bürokratischer Aufwand entstehen, der auch sehr viel Geld kosten würde - Geld, das man für die Instandhaltung von Denkmalen sicherlich eher einsetzen könnte.

Meine Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, zwei Punkte Ihres Gesetzentwurfs haben mich verblüfft. Zum einen hat mich verblüfft, dass bei Ihnen ein Thema, das Sie ja sonst immer sehr stark auf Ihre Fahnen schreiben, überhaupt keine Beachtung findet, noch nicht einmal erwähnt wird. Das sind dieses Zukunftsthema „Energetische Verbesserung von Baudenkmalen“ und der Einsatz der erneuerbaren Energien auch im Bereich von Denkmalen, also Solardächer auf Denkmale etc. Dazu gibt es nicht einmal eine Anmerkung.

Das zweite Thema, das Sie immer vor sich her tragen, betrifft die Gleichberechtigung bzw. Gleichstellung. Diesem Landtag legen Sie nun aber einen Gesetzentwurf vor, der überhaupt nicht gegendert ist. Das ist für Bündnis 90/Die Grünen doch mehr als ungewöhnlich und sehr verblüffend.

Warum hat der Denkmalschutz immer eine so große Öffentlichkeitswirksamkeit? - Ganz einfach: Viele Menschen sind davon betroffen, und viele sind auch unzufrieden und haben das Gefühl, dass sie Denkmalschutzbehörden, auch wenn sie etwas Richtiges wollen, ausgeliefert sind.

Deshalb ist für mich sehr wichtig, dass wir das deklaratorische Prinzip, also die Art und Weise, in der in Niedersachsen Denkmale eingetragen und geschützt werden, was im größten Teil der Bundesländer genauso wie in Niedersachsen üblich ist, beibehalten.

Gleichzeitig müssen wir nach den vielen Praxisjahren aber auch überlegen, wie die Rechte des einzelnen Denkmalbesitzers gestärkt werden können.

Deshalb haben wir diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit bewidmet und dort auch eine Veränderung vorgenommen, die ein bisschen in Richtung konstitutives Prinzip geht.

In Zukunft soll nicht einfach mehr nur eingetragen und irgendwann benachrichtigt bzw. gewartet werden, bis der Betroffene selbst in die Liste schaut, sondern es soll sehr transparent verfahren werden.

Der Betreffende soll vorher informiert werden, damit er Gründe dafür angeben kann, dass eine Unterschutzstellung nicht sachdienlich oder korrekt wäre, was z. B. dann der Fall wäre, wenn an dem betreffenden Haus schon sehr viele Umbauten oder Veränderungen vorgenommen worden sind, die die Fachbehörde nicht kennt.

Wenn aber eine Eintragung des Denkmales erfolgt ist, dann wird nach Verabschiedung unseres Gesetzentwurfs in Niedersachsen der Einzelne, dem für seine Immobilie die Denkmaleigenschaft zugesprochen worden ist und der dann also ein Kulturdenkmal besitzt, das Recht auf einen Bescheid haben, sodass ein Gericht feststellen kann: Ja, das ist rechtens. Es ist ein Denkmal oder nicht. - Diskussionen werden in Zukunft also nicht erst dann entstehen, wenn er an diesem Denkmal Veränderungen vornehmen will.

Dieser stärkere Rechtsschutz ist sehr wichtig. Den findet man formal auch im Gesetzentwurf der Grünen. Aber, meine Damen und Herren, als ich mir den Gesetzentwurf angeschaut habe, kam er mir überraschenderweise sehr bekannt vor. Er ist aus unterschiedlichen Gesetzen zusammengestellt, und die Hauptsachen sind aus dem brandenburgischen Denkmalschutzgesetz.

(Zuruf)

- Zufall. Das war ja nun vor der Zeit - -

(Weiterer Zuruf)

Aber Sie haben nur einfach abgeschrieben und formal etwas übertragen und damit richtig Unheil angerichtet.

Sie schreiben, dass man den Rechtsanspruch auf einen Bescheid für jedes Denkmal hat. In Brandenburg ginge das. Da hatte man vorher das konstitutive System, und da hatte man immer einen Verwaltungsakt und einen Bescheid. Also bezieht sich diese Regelung nur auf Neueintragungen.

Bei uns in Niedersachsen sind 80 000 Denkmale eingetragen. Wenn man für die, so wie Sie es in Ihrem Gesetzentwurf formuliert haben, keine Grenze, keinen Stichtag und nichts anderes festlegen würde, könnten wir die Fachbehörde auflösen. Dann streckt die die Hände hoch. Das ist einfach nicht zu bewältigen.

Meine Damen und Herren, es ist mir sehr wichtig, dass man nicht versucht, Rezepte einfach nur zu übernehmen; die gibt es nicht. Man sollte vielmehr schauen, wie die Bedingungen hier in Niedersachsen sind und was für uns klug und vernünftig ist.

Ich glaube, wir sollten auch klären, gerade in der Gesetzesberatung und im Anhörungsverfahren, welche Fragen im Gesetz gut geregelt sind - z. B. die Frage der Zumutbarkeit -, aber nicht entsprechend gehandhabt werden. Wir sollten überlegen, wie man das verbessern kann, wie man das verändern kann, ob nun durch Verordnung oder anderes. Ich bin auch gern bereit, über Fragen zu diskutieren, die ich für sinnvoll halte, bei denen ich aber unsicher bin, ob das für die niedersächsische Situation das geeignete Instrument ist, z. B. Sammelgutachten oder Genehmigungsfiktionen.

Über all das, meine Damen und Herren, sollten wir im Zusammenhang mit dieser Gesetzesnovelle und unserer Gesetzesnovelle diskutieren. Wir sollten dabei heftig streiten, aber nicht aus dem Auge verlieren, dass wir ein gemeinsames Anliegen haben, nämlich dass es um die Bewahrung des reichen kulturellen Erbes dieses Landes Niedersachsen geht.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Für die SPDFraktion hat sich Frau Kollegin Behrens zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass die Novelle des Denkmalschutzgesetzes jetzt vorliegt. Wir haben lange darauf gewartet. Vor ungefähr eineinhalb Jahren haben die Grünen ihren Gesetzentwurf eingebracht, und jetzt geht es darum, im Ausschuss eine konstruktive Debatte zu führen, damit wir zu guten Ergebnissen kommen.

Einige Inhalte des Gesetzentwurfs kann die SPDFraktion mittragen. Die Anpassung zur Umsetzung

des völkerrechtlich verbindlichen Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes ist dringend notwendig. Damit wird das sogenannte Verursacherprinzip auch europaweit anerkannt. Im § 6 des Gesetzentwurfs ist es ausdrücklich verankert.

Wir unterstützen auch ausdrücklich die Aufnahme des neuen § 22 a, der die Landeskommission für Denkmalpflege sowie für den Bereich der Bodendenkmalpflege die Archäologische Kommission als wichtige Beratungsgremien anerkennt und benennt. Ich darf Sie daran erinnern, geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir als SPD im Sommer 2008 die Einrichtung eines Landesdenkmalrates gefordert haben. Im Jahr 2009 hat der damalige Minister eine solche Kommission eingerichtet. Es ist gut und wichtig, dass wir sie mit diesem Gesetz rechtlich absichern wollen.

Interessant ist auch die Aufnahme der neuen Kategorie Denkmale der Erdgeschichte in § 3. Damit können herausragende geologische und paläontologische Befunde geschützt werden. Dadurch werden aber auch, Frau Ministerin, große Erwartungen geweckt. Wir müssen in den Beratungen klären, wie wir die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen, um diese wichtige kultur- und wissenschaftspolitische Aufgabe entsprechend dem Gesetz erfüllen zu können.

Bei der Beurteilung eines Gesetzentwurfes ist man immer gut beraten, auch das Urteil von Experten einzuholen. Wir haben im Ausschuss eine Anhörung vor uns. Ich bin gespannt, was aus den einzelnen Bereichen dazu gesagt werden wird. Vor allem der Niedersächsische Heimatbund hat in seiner Roten Mappe immer wieder wichtige Vorschläge zur Denkmalpflege formuliert. Die meisten dieser Vorschläge finden sich in dieser Gesetzesnovelle noch nicht wieder. Aber das mag man in der Beratung gemeinsam ausräumen.

Kritisch muss man bei dieser Änderung des Denkmalschutzgesetzes die Arbeit von Denkmalpflege und Denkmalschutz auf der Landes- sowie auf der kommunalen Ebene diskutieren. Der Gesetzentwurf enthält an vielen Stellen unmittelbar kommunalrelevante Regelungen, die die Kommunen als untere Denkmalschutzbehörden vor neue Aufgaben stellen bzw. die Beteiligung des Landesamtes vorsehen, wenn die unteren Denkmalschutzbehörden nicht mit entsprechendem Fachpersonal besetzt sind. Damit wird ein für den Denkmalschutz durchaus positiver, besserer und neuer Standard gefordert. Wir müssen aber

schauen, ob die Kommunen und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege diese Standards auch erfüllen können. Ich glaube, das ist ein Fall der Konnexität, den wir in den Beratungen klären müssen. Wir erwarten von den unteren Denkmalschutzbehörden sehr viel. Angesichts der Haushaltslage der niedersächsischen Kommunen und der Ausstattung der unteren Denkmalschutzbehörden in den Landkreisen müssen wir sehr genau schauen, ob das, was in diesem Gesetzentwurf als hehrer Anspruch formuliert ist, umgesetzt werden kann.

Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege - das kann man diesem Gesetzentwurf ganz klar entnehmen - soll aufgewertet werden. Wenn man aber von der Aufwertung eines Landesamtes mit neuen Aufgaben sprechen will, dann müssen wir auch klären, wie derzeit die Situation des Landesamtes für Denkmalpflege aussieht. Ich erinnere Sie daran, dass es vor eineinhalb oder zwei Jahren einen öffentlich gewordenen Brandbrief der damals scheidenden Präsidentin gab, die wirklich erhebliche Schwächen und Mängel beim Landesamt ganz klar benannt hat. Wenn man sich die Entwicklung noch einmal anschaut, dann muss man sehen, dass das Beschäftigungsvolumen beim Landesamt für Denkmalpflege in den Jahren von 2003 bis 2010 um 30 % reduziert worden ist. Bei den Vollzeitbeschäftigteneinheiten gab es eine Reduzierung von 119 auf 84 Stellen. Wenn wir uns den Haushaltsplan 2011 anschauen, sehen wir, dass der Mitteleinsatz noch einmal um 3 %, also um 360 000 Euro, reduziert worden ist.

Ich sehe nicht, wie der Anspruch der Gesetzesnovelle, in der eine Stärkung des Landesamtes vorgesehen ist, mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung gebracht werden soll. Auch das müssen wir kritisch diskutieren. Ich finde es positiv, das Landesamt für Denkmalpflege in enger Abstimmung mit den unteren Denkmalschutzbehörden aufzuwerten, um es stärker als Beratungs- und Expertengremium zu nutzen. Ich glaube aber, in der Realität ist dieser theoretische Anspruch zurzeit nicht umsetzbar. Auch das müssen wir im Ausschuss kritisch diskutieren.

Die größte Baustelle dieser Gesetzesnovelle ist, dass die Auswirkungen der Verwaltungsreform und die damit einhergehende Reduzierung der Stellenzahl beim Landesamt nicht berücksichtigt wurden.

Ich glaube, wenn wir diesen Gesetzentwurf so bewerten wollen, wie es sich gehört, nämlich zum Schutz des kulturellen Erbes - darin gebe ich Ihnen