Ich glaube, wenn wir diesen Gesetzentwurf so bewerten wollen, wie es sich gehört, nämlich zum Schutz des kulturellen Erbes - darin gebe ich Ihnen
vollkommen recht, Frau Ministerin -, dann geht das mit der derzeitigen Vorlage noch nicht. Aber die Beratung im Ausschuss, die Anhörung und der Diskurs miteinander dienen ja dazu, die Schwachstellen, die dieser Gesetzentwurf hat, auszuräumen. Die SPD wird sich daran konstruktiv beteiligen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz wurde im Jahr 1978 geschaffen. Es bezog sich auf unsere niedersächsische Tradition und die Erfahrungen anderer Bundesländer. Die letzten Veränderungen des Gesetzes wurden im Jahr 2004 durchgeführt.
Das, was in der nun von der Landesregierung vorgelegten Neufassung enthalten ist, hat sich vom Grundsatz her bewährt. Es bleibt beim zweistufigen Aufbau. Das MWK ist die oberste Denkmalschutzbehörde mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege als Fachaufsicht. Die untere Denkmalschutzbehörde ist weiterhin bei den Kommunen angesiedelt.
Verschiedene Entwicklungen - dazu zählen Veränderungen und neue Erkenntnisse bei der Archäologie, Erfahrungen mit den Weltkulturerbestätten und energetische Maßnahmen auch bei Denkmälern - machen eine Überarbeitung erforderlich.
Neu ist, dass die Eigentümer vor der Eintragung in das Denkmalverzeichnis angehört und über Veränderungen sofort informiert werden. Ihnen wird nunmehr eine Klagemöglichkeit eingeräumt. Wir erhoffen uns davon eine höhere Akzeptanz bei den Betroffenen für den Denkmalschutz.
Ich meine, dies ist ein bürgerfreundlicher Teil des Gesetzes. Bislang konnte man sich kaum dagegen wehren, in die Denkmalliste eingetragen zu werden. Das war teilweise ein enteignungsgleicher Eingriff. Das ist jetzt nicht mehr möglich.
Wir haben in Niedersachsen eine Anzahl von Weltkulturerbestätten: Der Hildesheimer Dom mit Sankt Michaelis, die Altstadt Goslar zusammen mit dem Rammelsberg und dem Oberharzer Wasserregal und hoffentlich ab diesem Sommer die Faguswerke in Alfeld. Um Vorgänge wie in Dresden auszuschließen, müssen diese Stätten bei Planungen und Maßnahmen mit berücksichtigt werden. In Zukunft können wir auch Denkmale der Erdgeschichte deklarieren. Damit können u. a. die Tropfsteinhöhlen im Harz besser geschützt werden.
Aus Erfahrung muss man lernen. Dazu zählt nun die Möglichkeit, dass bewegliche Kulturgüter bereits unter Schutz gestellt sind, wenn eine Eintragung in das Verzeichnis zu erwarten ist. Bei diesen Formulierungen haben sicherlich besondere Erfahrungen im Land Niedersachsen bei bekannten Versteigerungen Pate gestanden. Das Land befindet sich jetzt nicht mehr im Zugzwang. Kurzfristige und somit teure Rettungskäufe können hierdurch verhindert werden.
Klarer und deutlicher wird geregelt, dass nach dem Verursacherprinzip Investoren und Privatleute die Kosten im Falle einer Zerstörung zu tragen haben. Dazu zählen erforderliche Dokumentationen und Untersuchungen. Das Zumutbarkeitsprinzip bleibt hierbei allerdings erhalten. Bei diesen Regelungen ist es jetzt möglich, gerade beim Fernstraßenbau die Kosten vom Land auf den Bund abzuwälzen. Diese Möglichkeit ruft bei uns sicherlich besonders große Freunde hervor. Damit einhergehend sind aber auch Land und Bund allein nicht mehr privilegiert.
Der Denkmalschutz gerät immer stärker an seine Grenzen, wenn er sich zu rigide verhält. Denkmale können nur erhalten werden - hier sind hauptsächlich Gebäude gemeint -, wenn sie von den Menschen genutzt werden. Dazu gehören energetische Verbesserungen, behindertengerechte Lösungen und der Einsatz erneuerbarer Energien. Hierbei wird es immer wieder eines Abwägungsprozesses bedürfen, um festzustellen, ob die Anforderungen der energetischen Sanierung von Gebäuden höherwertiger sind als die Anforderungen des Denkmalschutzes.
Das illegale Raubgräbertum muss besser bekämpft werden. Bislang stand Findern, egal wie sie zu dem Fund kamen, 50 % des Fundguts zu. Dies ist künftig nicht mehr der Fall. Da ist es eine bessere Lösung, dem ehrlichen Finder einen Finderlohn nach entsprechender Würdigung zu überlassen.
Klar und deutlich wird in dem Gesetz festgelegt, dass nur Flächen mit Kulturdenkmalen von herausragender Bedeutung - dazu zählt z. B. die Pfalz Werla an der Oker im Harzvorland - unter Schutz gestellt werden können. Die bisherige Privilegierung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entfällt hierbei.
Die Landesregierung hat diesen Gesetzentwurf eingebracht. Die CDU-Fraktion unterstützt dieses Vorhaben. Die Beratung wird im Wissenschaftsausschuss federführend fortgesetzt. Wir regen an, dass im Ausschuss eine Anhörung zum Gesetzentwurf durchgeführt wird.
Wir haben einen Entwurf, der auf einem bewährten Gesetz aufbaut, und die Erfahrungen der letzten Jahre als erforderliche Veränderungen aufgenommen hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun liegt sie also vor, die lang angekündigte Novelle des Denkmalschutzgesetzes. Den ersten Aufschlag gab es hier zu einer Zeit, als noch Herr Nacke diesen Bereich für die CDU-Fraktion vertrat und der zuständige Minister Herr Stratmann war. Als diese beiden Kollegen im Juni 2009 den Entwurf der Grünen kommentierten, sagten sie, dass auch auf Regierungsseite über den Denkmalschutz nachgedacht werde.
Das Ergebnis, das wir nun nach der Wartezeit lesen können, ist aber recht dünn. Die Regierung ist zu der Überzeugung gekommen, dass das Gesetz an die europäische Vereinbarung zum Schutz des archäologischen Erbes anzupassen ist. Diese völkerrechtlich verbindliche Vereinbarung wurde am vergangenen Sonntag bereits 19 Jahre alt. Ferner wird ein Verweis auf das UNESCO-Weltkulturerbe eingeflochten, was von uns ebenfalls begrüßt wird.
Schließlich hat man an einigen weiteren Punkten vermeintlich bewährte Vorgaben aus anderen Landesgesetzen übernommen und in den Gesetzentwurf hineingeschrieben. Das war es dann aber auch schon.
Ich möchte deshalb in der aktuellen Debatte an meine Äußerung in der Debatte zum GrünenGesetzentwurf anschließen. Damals hatte die Linke als einzige Fraktion kritisiert, dass die Grünen die Thematik der energetischen Sanierung und der Verwendung erneuerbarer Energien bei dem Gesetzentwurf umschifft haben. Dabei spielt dies in den aktuellen Genehmigungsverfahren immer häufiger eine Rolle. Ich bin deshalb froh, dass zumindest dies Eingang in den Gesetzentwurf der Landesregierung gefunden hat, wenn auch nur sehr vorsichtig.
Es gibt ja immer wieder Fälle, bei denen die Interessen des Klimaschutzes gegen die des Denkmalschutzes abgewogen werden müssen. Der Vorschlag der Landesregierung wirft in diesem Zusammenhang vor allem jedoch Fragen auf, anstatt Antworten zu geben und Klarheit zu schaffen.
Wird hier nun nur ein Placebo formuliert, oder kann es tatsächlich Fälle geben, in denen die energetische Sanierung oder der Einsatz erneuerbarer Energien den Eingriff in ein Kulturdenkmal zwingend erfordert?
Welche Kriterien sind dafür maßgeblich? Bis zu welcher Eingriffsschwelle gelten diese Kriterien? Das sind Fragen, über die der Ausschuss beraten sollte.
Mein zweiter Punkt betrifft die Barrierefreiheit. Aus Sicht der Linken muss der Anspruch von Menschen mit Behinderungen zur Teilhabe am kulturellen Leben stärker gefasst werden.
Das Ziel muss hier sein, dass der Zugang zu Denkmalen schrittweise barrierefrei und behindertengerecht zu gestalten ist.
Meine Damen und Herren, aus Sicht der Linken müssen auch die Strukturen des Denkmalschutzes in Niedersachsen in Augenschein genommen werden. Die Forderung des Niedersächsischen Heimatbundes, eine Evaluation der Denkmalschutzbehörden durchzuführen, wird von uns unterstützt. Eine landesweite Bestandsaufnahme von Kapazitäten und Kompetenzen insbesondere bei den unteren Denkmalschutzbehörden ist notwendig, um abgesicherte Informationen zu bekommen, wie es vor Ort mit der Wahrnehmung der Aufgaben für den Denkmalschutz bestellt ist und ob hier Optimierungsbedarf besteht.
Denn es hilft nicht, hier ein noch so freundliches Gesetz zu beschließen, solange die Aufgaben laut Gesetz fast alle unter Haushaltsvorbehalt stehen und die Sicherung erhaltenswerter Güter faktisch davon abhängig ist, ob man in einem reicheren oder in einem ärmeren Landkreis lebt.
Meine Damen und Herren, was nicht gut ist, kann noch gut werden. In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatungen und hoffe, dass die offenen Fragen und die Kritikpunkte im Ausschuss ergebnisoffen diskutiert werden.
Danke schön, Herr Perli. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Kollegin Polat das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast zwei Jahren, liebe Kollegin Frau Behrens, hat meine Fraktion dem Landtag einen Entwurf für ein grünes Denkmalschutzgesetz vorgelegt. Mit Hinhaltetaktiken und der Ansage, unseren Gesetzentwurf ohne Anhörung sofort abzulehnen, bat man uns, auf den Gesetzentwurf der Landesregierung zum niedersächsischen Denkmalschutz zu warten.
Es wurde Sommer, Herbst und Winter. Dann hieß es, der große Wurf komme im Frühjahr 2010. Falls Sie sich erinnern: Damals ereilte uns eine ganz andere denkmalschutzpolitische Debatte, nämlich zum Landtagsneubau. Trotz vieler Appelle, trotz heftiger Kritik entschied die Mehrheit in diesem Hause gegen die Stimmen meiner Fraktion - lassen Sie mich ergänzen: hier waren wir dagegen -,
Damit genehmigten die Hüter des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes, die das kulturelle Erbe zu wahren haben, selber den Abriss eines Denkmals im Landeseigentum. Die Landtagsmehrheit hat sich damit über die klare rechtliche und fachliche Stellungnahme der Fachbehörde, des Landesamtes für Denkmalpflege, und Gutachten und die Einwände aller einschlägigen Verbände sowie sehr vieler Bürgerinnen und Bürger im
Dann wurde es wieder Frühling, und kein Gesetzentwurf war in Sicht. Stattdessen bekommen wir eine neue Ministerin. Die Ministerin versuchte, die Baustellen ihres glücklosen Vorgängers abzuräumen. Nur an den Scherbenhaufen im Bereich Denkmalschutz wagte auch sie sich nicht heran. In der Zwischenzeit veräußerte der Finanzminister weiter munter denkmalgeschützte Gebäude, die im Eigentum des Landes standen. Ich verweise auf unsere regelmäßigen Kleinen Anfragen. Da ist sehr schön dokumentiert, wie der Ausverkauf von denkmalgeschützten Gebäuden im Landeseigentum aussieht.
Meine Damen und Herren, das neue Jahr ist angebrochen. Im neuen Jahrzehnt, fast zwei Jahre nach Einbringung unseres Gesetzentwurfs, legt die Landesregierung nicht den versprochenen großen Wurf, sondern nur eine kleine Novelle vor. Was Sie als kleine Novelle anpreisen, sind doch im Wesentlichen völkerrechtliche Anpassungen. Die Konvention von Malta wurde erwähnt. Es werden überfällige Standards wie die Berücksichtigung des UNESCO-Weltkulturerbes oder die Paläontologie ins Gesetz aufgenommen. Eine Neuerung bieten Sie doch. Als Clou präsentieren Sie die Niedersächsische Denkmalschutzplakette. Meine Damen und Herren, die Fördermittel des Landes für die Denkmalpflege erreichen neue Tiefstände. Sie ersetzen Geld durch schicke Schilder.
Mehr Bürgerfreundlichkeit, wie Sie es mit der Änderung des Verfahrens bei der Denkmalliste vorgeben, werden Sie mit solchen Regelungen nicht erreichen. Frau Ministerin, was Sie dort vorhaben, ist nach unserer Einschätzung unpraktikabel, führt zu mehr Bürokratie und ist damit weniger bürgerfreundlich.