Merken Sie das eigentlich nicht? Sind Sie so resistent, so wenig empfindsam für diesen Wahnsinn, der da stattfindet, meine Damen und Herren?
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Jens Na- cke [CDU]: Herr Schminke, werden Sie doch mal ernsthaft! Das ist doch ein wichtiges Thema! Damit kann man so doch nicht umgehen!)
- Ernsthaft, Herr Nacke: Der neue Landwirtschaftsminister hat ja mehrfach, auch auf Nachfragen zu einer Dringlichen Anfrage heute Morgen, beteuert, es müsse sich eigentlich nichts ändern. Agrarwende? - Ach, woher denn! Alles bleibt, wie es ist. So ist es angesagt. Was soll eigentlich noch alles schiefgehen? Was für Skandale brauchen wir eigentlich noch, damit die Verantwortlichen von CDU und FDP endlich bemerken, dass der Schutz weniger Agrarlobbyisten den Menschen in Niedersachsen insgesamt nicht gut tut? - Die nackte Angst geht um im Lande, meine Damen und Herren. Das ist die Realität, der Sie sich stellen sollten.
Meine Damen und Herren, Ihr Antrag ist deshalb eine Nullnummer. Sie wollten ein wenig Buntes in das dunkle Schwarz Ihrer Agrarpolitik hineinmogeln. Mehr nicht.
Apropos schwarz, Frau Klopp. So sieht ein Schwarzer Pinsel aus. Die Landwirtschaftskammer als Selbstverwaltungsorgan der niedersächsischen Landwirtschaft wurde jüngst mit diesem Preis, einem Negativpreis ausgezeichnet. Man erhält ihn, wenn man der Imkerei nachhaltig geschadet hat. Die Berufs- und Erwerbsimker haben der niedersächsischen Landwirtschaft mit dem Schwarzen Pinsel bescheinigt, dass sie bienenfeindlich ist. Dem schließe ich mich rückhaltlos an, meine Damen und Herren.
Doppelt hält bekanntlich besser. Herr Lindemann, Sie sehen, Sie haben noch ganz, ganz viel zu tun. Überlegen Sie sich gut, wie Sie in der neuen EU-Förderperiode die EU-Mittel nutzen, um eine wirklich nachhaltige Agrarpolitik zu betreiben.
Wir meinen, Sie müssten ausmisten, wie Sie es ja auch angekündigt haben. Weg mit dem Mist, es lebe der Honig!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schminke, wenn Sie hier schon so einen Preis hochhalten, dann sollten Sie auch den richtigen hochhalten. Der Schwarze Pinsel, den die Imker verleihen, sieht völlig anders aus. Ich bin nämlich Träger dieses Preises.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Traurig genug, Herr Kollege! Traurig genug!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss nicht erst Albert Einstein bemühen, um zu begreifen, dass nach der Biene der Mensch stirbt. Das begreift auch ein Viertklässler. Einsteins prognostizierte Vier-Jahre-Galgenfrist nach dem anthropogenen Bienenmorden ist allerdings schon ernster zu nehmen.
Dass sich Schwarz-Gelb nun dieses Themas annimmt, ist aber sicherlich nicht dem Umstand geschuldet, dass die Biene ein gleich gefärbtes Gewand oder Herr Möllring einen Schwarzen Pinsel trägt, nein, es ist schlicht die Erkenntnis, dass eine Politik nach dem Motto „Der Dieb schreit: Haltet den Dieb“ noch eine kleine Chance bietet, vom eigenen Versäumnis - oder sagen wir besser: vom eigenen Handeln - abzulenken.
Obwohl längst ein Antrag der Grünen in der Beratung ist, der eigentlich alles Richtige und Wichtige enthält, sind sich CDU und FDP nicht zu schade, zunächst einmal nicht unerhebliche Passagen daraus abzuschreiben. Wer allerdings der Ansicht ist, dass der Beitrag zum volkswirtschaftlichen Nutzen der Bienen auf 2 Milliarden Euro zu reduzieren ist, der macht sich die typisch menschliche Hybris zu eigen, die der Ansicht ist, Löcher in existenziellen Kreisläufen mit Geld stopfen zu können.
Sie listen eine Menge Fakten auf, die unstrittig sind, z. B. die Bestäubung von 80 % der Kulturpflanzen durch Bienen und die Blühlücke im Frühsommer. Sie vergessen aber wohlweislich den Verlust vieler tausend Bienenvölker durch Spritz- und Beizmittel, die Schwächung des Immunsystems der Bienen durch gentechnisch veränderte Pflanzen, die Kontaminierung von Honig durch Genpollen, um nur einiges zu nennen. Ebenso lassen Sie unerwähnt, dass es doch gerade Ihre Agrarpolitik ist, Frau Klopp, die zu diesem Dilemma führt.
Wer wie Sie noch vor einem Jahr die laschesten Wasser- und Naturschutzgesetze durchgepeitscht hat und damit das artenvernichtende „Weiter so“ geradezu in Stein gemeißelt hat, Herr Bäumer, wer Intensivst- und Massentierhaltung so vorantreibt wie Sie, wer Monokulturen wie Mais wohlwollend
Es ist Ihr fatales Reservatsdenken, das glauben machen will, all diese ausgeräumte und vergiftete Landschaft sei durch ein paar temporäre Blühstreifen am Rande eines staksigen Maisackers zu heilen. Statt Kompensationsmaßnahmen z. B. bei der Bauleitplanung dort vorzuschreiben, wo der Eingriff erfolgt, wollen Sie mit ablassgleichen Ersatzgeldern irgendwo ein paar Quadratmeter heile Welt installieren.
Meinen Sie denn, Herr Langspecht, dass ein paar Handvoll Blumensamen, gestreut in karge Grünrabatten vor kommunalen Rathäusern, die Welt retten? Warum tun Sie nicht energisch etwas gegen das massenhafte Wegpflügen von Weg- und Ackerrändern, also gegen die Vernichtung natürlicher Blühstreifen?
Warum schaffen Sie nicht sofort Heckenschutzmaßnahmenprogramme, die das Herausreißen von insektenfreundlichen Biotopnetzen endlich unterbinden?
Die Biene ist das sensible Zeigerinsekt für den Zustand der Natur. 80 Millionen Jahre lebt die Biene in unmittelbarer Symbiose mit Blühpflanzen. In 80 Jahren schafft es der Mensch mit seinem blinden Verwertungswahn, seine eigene Lebensgrundlage zu gefährden, und zwar nicht nur bei der Biene als Nutztier, sondern gleichzeitig bei zahllosen Wildinsekten, Hummeln, Fliegen, Schmetterlingen und über die Nahrungsketten dann auch bei Vögeln usw. gleich mit.
bestenfalls doktern Sie an Symptomen herum und wollen mit diesem Antrag den ökologischer werdenden Zeitgeist benebeln. Unter dem Strich bedienen Sie fatalerweise aber wieder einmal vorrangig Bayer und Monsanto.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Klopp, Sie haben ja nur sehr wenig aus unserem guten Antrag abgeschrieben. Natürlich teilen wir all Ihre Feststellungen dazu, wie wichtig die Biene für den Naturhaushalt ist. Viele andere Forderungen betreffend Monokulturen und eine andere Mischung bei Biogasanlagen, die in unserem Antrag stehen, stehen in Ihrem Antrag dann aber nicht mehr. Bei Ihnen geht es nur um Kompensationsflächen.
Wenn man wirklich auf die Imkerinnen und Imker hört, dann fehlen in Ihrem Antrag zwei Dinge völlig. Das sind - das haben meine Vorredner bereits angesprochen - die Pestizide und die Gentechnik.
Der Schwarze Pinsel ist eben schon erwähnt worden; ich habe ihn mir einmal ausgeliehen und ihn mitgebracht. Der Schwarze Pinsel wird vom Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund verliehen. In diesem Jahr hat ihn die Landwirtschaftskammer erhalten. Herr Möllring hat ihn auch schon bekommen, wie er gesagt hat.
Der Schwarze Pinsel ist eine fragwürdige Auszeichnung für Leute oder Institutionen, die der Imkerei durch ihre Entscheidungen geschadet haben. Nach Ansicht der Jury hat die Landwirtschaftskammer nicht genug unternommen, um die Landwirte so aufzustellen, dass die Bienenvergiftung entscheidend zurückgeht. Damit liegt Niedersachsen an der Spitze der Bienenvergiftungswelle.
Wenn man sich einmal im Internet anschaut, was die Imkerinnen und Imker am meisten bewegt, dann sind das die Pestizide. Herr Thümler, Sie haben ja gefordert, beim Mais wieder Neonicotinoide zuzulassen; so stand es jedenfalls in der Zeitung. Dieses Beizmittel ist ein bienengefährli
cher Stoff, der mit dazu beiträgt, dass wir bei den Bienen einen so großen Rückgang zu verzeichnen haben.
Sie wissen, dass Clothianidin - auch dieser Stoff ist ein Neonicotinoid - im letzten Jahr das große Bienensterben verursacht hat. Herr Thümler, auch damit sollten Sie sich einmal beschäftigen.
Ich möchte Ihnen auch noch verraten - Herr Sander spricht ja gerade dazwischen -, wer bei der Verleihung des Schwarzen Pinsels auf dem zweiten Platz stand. In der Meldung des Imkerbundes heißt es: Ein weiterer Kandidat - für den Schwarzen Pinsel - war Hans-Heinrich Sander von der FDP, da er Saat von nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen in herkömmlichem Saatgut tolerieren will. Herr Sander wollte sogar im Biosphärenreservat Elbtalaue, und hier auch noch in der höchsten Schutzzone, Genmais zulassen - bis die Bevölkerung Sie gestoppt hat, indem sie den Acker besetzt und den Landwirt überzeugt hat.
Herr Sander, Sie wollen immer wieder auf die Gentechnik setzen. Wir wissen, dass Genpflanzen Bienen schädigen können, gerade Genmais; das ist nachgewiesen. Da ist Frau Aigner Ihnen sogar wieder einmal ein Stück voraus.