Meine Damen und Herren, die Opposition versucht nicht, Systemfehler zu erkennen und abzustellen. Sie greift nach Personenfehlern, genau wie es der Hamburger Skandalforscher Steffen Burkhardt heute in der HAZ beschreibt. Ich fordere die Opposition auf, den Klamauk zu beenden und endlich ihre Aufgaben als Opposition anzugehen.
Liebe Opposition, Sie wollen eine Agrarwende. Aber dann beantworten Sie bitte folgende Fragen: Wenn sich nach der Wende ein neuer Vorfall wie dieser ereignet, fordern Sie dann auch die Wende der Wende? Woher sollen die Menschen das Geld für Lebensmittel nehmen? Wie groß dürfen die Betriebseinheiten sein? Wovon sollen die kleinen flächenarmen Betriebe denn leben?
Werden wieder unterschiedliche Grenzwerte toleriert? Wie viele Kontrolleure werden Sie zusätzlich beim LAVES einstellen, wenn, wie Sie sagen, auch kleinste Chargen in kleinsten Betrieben untersucht werden müssen?
Meine Damen und Herren, sobald es konkret wird, kneift die Opposition. Sie sollten diese Fragen beantworten. Nur Mut! Aber angesichts dieser Anträge befürchte ich: Die Opposition hat nichts dazu gelernt. Es ist immer dasselbe bei ihr: Wer wenig weiß, muss viel glauben.
Ganz herzlichen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kriminelle Machenschaften Einzelner - das scheint so gut wie bewiesen - haben dazu geführt, dass einer der größten Lebens
mittelskandale, die wir in Deutschland hatten, zutage getreten ist. Der Kollege Große Macke hat schon richtigerweise darauf hingewiesen: Wir haben es hier mit einem sehr großen Verlust des Verbrauchervertrauens zu tun. Gerade im Agrarland Nummer eins muss uns das sehr nachdenklich machen.
Das muss bei uns die Frage aufwerfen, was wir denn nun tatsächlich tun sollen. Es entsteht nun aber nicht Nachdenklichkeit, und es gibt auch keine genaue Analyse, sondern es werden hier Reflexe hervorgerufen.
Ich möchte da als Erstes auf foodwatch eingehen, die den allerersten Reflex in diesem Skandal gezeigt und gesagt haben: Dieser Dioxineintrag kommt aus den Pflanzenschutzmitteln. - Seit heute, meine Damen und Herren, wissen wir, er kommt nicht aus den Pflanzenschutzmitteln, sondern aus der Biodieselproduktion.
Ich sage Ihnen sehr deutlich, wir sollten aufhören, mit solchen Reflexen zu arbeiten, und uns darum kümmern, dass wir auf sachlich fundierter Basis argumentieren. Darum muss es doch gehen, meine Damen und Herren.
Nun stellt sich die Frage - Sie haben das gefordert -: Muss jetzt tatsächlich die Wende in der Landwirtschaft herbeigeführt werden? Brauchen wir jetzt nur noch Biolandwirtschaft? - Heute ist das Ergebnis einer Umfrage von Emnid veröffentlicht worden: 21 % der Verbraucherinnen und Verbraucher fordern mehr auf Bio umzustellen. Die große Mehrheit in Deutschland aber vertraut dennoch der konventionellen Landwirtschaft
und sagt, wir müssen unsere Systeme verbessern, und wir müssen die Kontrollen verbessern. Sie hat keine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber der konventionellen Landwirtschaft. Das ist auch richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren; denn Dioxin ist kein Problem der konventionellen Landwirtschaft.
Es kann genauso in der Ökolandwirtschaft auftreten. Das hat der Kollege Dammann-Tamke vorhin schon sehr richtig gesagt.
Die Konsequenzen, die wir ziehen müssen - das hat mein Fraktionsvorsitzender Christian Dürr schon in der Aussprache zur Regierungserklärung am Mittwoch dargestellt -, müssen sich auf die Kontrollen im Bereich der Futtermittel konzentrieren. Sie müssen sich auf den Verbraucherschutz konzentrieren.
Deswegen haben wir frühzeitig, nämlich bereits Anfang Januar, Vorschläge dazu gemacht. Die Eigenkontrollen sollen rechtlich verbindlicher gemacht und mit einer Meldeverpflichtung versehen werden. Die Dioxindatenbank soll beim Bund eingerichtet werden. Zu nennen ist ferner die Positivliste für Futtermittel. - Das sind nur drei Punkte aus einem umfangreichen Katalog, den wir schon vorgelegt haben und der jetzt durch die Ministerkonferenz gemeinsam mit der Bundesministerin beschlossen wurde.
Ich möchte hier deutlich sagen: Wir müssen im Hinblick auf den Verbraucherschutz natürlich unsere Konsequenzen ziehen. Natürlich müssen wir handeln, und CDU und FDP handeln auch. Das ist der Unterschied zu Ihnen. Auf der einen Seite gibt es heiße Luft, und auf der anderen Seite wird gehandelt. Das ist der Unterschied zwischen CDU und FDP auf der einen und der Opposition auf der anderen Seite.
Ich möchte noch einmal betonen, dass wir sachlich analysieren sollten, wie wir solche Vorkommnisse, dass Dioxin durch menschliches Versagen oder durch kriminelle Energie in die Futtermittel und damit in die Lebensmittel kommt, in Zukunft verhindern können. Dazu gibt es gute sachliche Vorschläge, die wir diskutieren sollten. Die Fraktionen von CDU und FDP haben dazu ein eigenes Papier erarbeitet. Ich sage Ihnen: CDU und FDP handeln im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher, im Sinne der Bauern.
Wir werben um Vertrauen in die Landwirtschaft; wir wollen dieses zurückgewinnen. Da sind wir auf einem guten Weg. Dem sollten wir weiter vorangehen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Anfang kurz auf angeblich neue Erkenntnisse eingehen, die heute früh zu neuer Unruhe und Besorgnis geführt haben.
Nach Meldungen verschiedener Medien soll sich aus neuen Messungen des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ergeben haben, dass mehr Futterfettlieferungen von der Firma in Schleswig-Holstein ausgeliefert worden seien, als bisher bekannt war.
Diese Meldung, meine Damen und Herren, entspricht nicht dem Kenntnisstand der Behörden in Niedersachsen. Es liegen auch nicht die behaupteten neuen Hinweise vor.
Das Ministerium hat alle Untersuchungsergebnisse, die in Niedersachsen für die Risikobewertung von Futtermitteln vorliegen, veröffentlicht. Dafür werden alle von Harles und Jentzsch gelieferten einzelnen Futterfettlieferungen chargenweise untersucht. Die Menge an Futterfett - 2 400 kg - und der Zeitraum, in dem die Lieferungen stattfanden, ändern sich dadurch nicht.
So weit zu den neuen Meldungen. Mir geht es nur darum, dass da wieder ein bisschen Sachlichkeit Einzug hält.
Nun zu den Entschließungsanträgen. Beide Entschließungsanträge sind in einer Reihe von Punkten nahezu kongruent. Sie nehmen zudem eine Reihe von zwischenzeitlich auch hier im Parlament bereits ausgiebig behandelten Teilthemen auf. Ich will deswegen nicht erneut darauf eingehen. Andererseits sind in ihnen aber auch einige Aspekte aufgegriffen und in Schlussziehungen verknüpft worden, die durchaus noch einer Erörterung bedürfen.
Zunächst sollten wir alle uns unabhängig von der politischen Einbindung und der weltanschaulichen Vorstellung darüber im Klaren sein, dass wir als Europäer aus guten Gründen Rechtsvorgaben unterliegen, die europaweit für die Lebensmittelkette einheitlich umzusetzen sind. Die Futtermittel gehören per se in diese Kette. Ich will damit sagen: Wer besondere Regelungen für Deutschland oder
Niedersachen bei den Kontrollsystemen will, der kann zwar an internen, nur für Deutschland geltenden Stellschrauben drehen; er wird aber nicht die von der EU vorgegebenen Prinzipien ändern können.
Auf der anderen Seite ist es aber - das will ich genauso deutlich sagen - eine Illusion anzunehmen, der Staat könne etwa die Preise für landwirtschaftliche Produkte von sich aus festsetzen. Das marktwirtschaftliche System können und wollen wir nicht abschaffen.
Wir werden und wir wollen auch nicht die nach Artikel 17 der EU-Lebensmittelbasisverordnung festgelegten Grundprinzipien der Kontrolle der Kontrolle ändern. Dort ist zum einen für die Unternehmer die Eigenverantwortlichkeit für alles das, was sie tun, festgeschrieben. Um diese Eigenverantwortung wahrzunehmen, müssen sie tragfähige Eigenkontrollsysteme installieren, und das nicht etwa, wie die SPD hier vorgetragen hat, freiwillig. Sie müssen es tun, sie sind dazu verpflichtet.
Zum anderen hat der Staat die Aufgabe, die Funktionalität der Eigenkontrolle zu überwachen. Nicht mehr, aber definitiv auch nicht weniger. Dazu muss er - da haben Sie allerdings uneingeschränkt recht - ebenfalls tragfähige Systeme einrichten und sie, wenn sie sich als nicht hinreichend herausgestellt haben, anpassen.
Im Futtermittelsektor ist - das ist auch in der Gemeinsamen Erklärung der Verbraucherschutz- und Agrarminister vom 18. Januar festgehalten - sowohl bei den Unternehmen als auch bei der amtlichen Überwachung einiges neu zu überdenken und neu zu organisieren.
Es hieße allerdings, das Kind mit dem Bade auszuschütten, wenn wir auf Zuruf der Opposition unsere auf Bund-, Länder- und auch auf europäischer Ebene wohl gut reputierte Überwachungsstruktur und -organisation in Gänze infrage stellen würden. Dazu gibt es keinen Grund.
Ich wiederhole mich ungern, weise aber, weil es offenbar erforderlich ist, noch einmal darauf hin: Das im aktuellen Vorgang in Niedersachsen praktizierte System des Krisenmanagements hat nach allem, was mir schriftlich vorgelegen hat und von den handelnden Verantwortlichen erläutert wurde, im Ganzen richtig und effizient funktioniert.