Protokoll der Sitzung vom 13.06.2017

Das Wichtigste ist aber: Wenn wir verhindern wollen, dass Wolfsburg das Detroit von morgen wird, und erreichen wollen, dass die Wertschöpfung eines verkauften Autos zukünftig auch bei uns und nicht ausschließlich in China oder Japan stattfindet, dann muss es gelingen, die VW-Batteriefertigung in Niedersachsen aufzubauen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Die Batterie ist nämlich das Herz des Autos der Zukunft und auch der Wertschöpfung - gerade in Kombination mit erneuerbaren Energien. Denn hier in Niedersachsen ist die Energiewende zu Hause. Und wer, wenn nicht wir in Niedersachsen als Technologieführer beim Thema „erneuerbare Energie“, schafft die Verknüpfung von Branchen und Techniken, z. B. Energiespeicher und auch Wasserstoff, und wird diese Potenziale für die Zukunft heben?

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Westphely. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Besprechung zur Regierungserklärung beenden kann.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 17/7673 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 17/8227 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/8272

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Ich eröffne die Beratung. Das Wort hat für die FDP-Fraktion Herr Kollege Dr. Birkner. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne Not und mutmaßlich auch, ohne es wirklich zu wissen, haben SPD und Grüne im Jahre 2015 bei der Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes die akzessorische Verleihung des Diplomgrades an Absolventen des ersten juristischen Staatsexamens abgeschafft. Das war fahrlässig und bedauerlich.

Das Diplom konnten die Studierenden bis zu diesem Zeitpunkt auf Antrag erhalten. Die Nachfrage danach ist in den vergangenen Jahren deutlich

gestiegen. Die Abschaffung des Diploms traf die Studierenden zur Unzeit.

(Unruhe)

Einen Moment, bitte, Herr Kollege Dr. Birkner! Die Zeit wird angehalten. - Alle Kollegen und Kolleginnen, die jetzt nicht der Debatte folgen wollen, bitte ich, zügig den Plenarsaal zu verlassen. Es ist sehr viel Unruhe. - Bitte fahren Sie fort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Die Karrierewege der heutigen Studierenden der Rechtswissenschaften sind aber längst nicht mehr so vorgezeichnet, wie das noch vor zehn Jahren der Fall war. Wer ein Studium mit dem Ziel des ersten und zweiten Staatsexamens beginnt, entscheidet sich im Laufe der Studienjahre womöglich um und strebt nicht länger die Befähigung zum Richteramt und damit auch zur Anwaltschaft an. Die akzessorische Verleihung des Diploms war daher unter diesen Umständen ein starkes Zeichen, dass jemand, der das erste Staatsexamen erlangt hat, nicht nur den halben Weg gegangen ist, sondern tatsächlich einen echten Studienabschluss erreicht hat.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das stimmt! - Heiterkeit)

- Nicht wahr, Herr Kollege?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja! Mein Reden! - Gegenruf von Christian Dürr [FDP]: Aber Nachfolgende sollen nicht davon profitieren!)

In der ersten Beratung des Gesetzentwurfes führte der Kollege Ottmar von Holtz sinngemäß aus: Früher hat es auch nur das erste und zweite Staatsexamen gegeben. Insoweit ist der Weg dahin, bundesweit wieder nur das erste und das zweite Staatsexamen zu haben, schon der richtige. Dann hat gar keiner ein Diplom, und alle können sich mit dem ersten Staatsexamen bewerben. - Mit anderen Worten: Man sagt den Studierenden, sie hätten doch ein erstes Staatsexamen und könnten sich dann damit bewerben.

Das verkennt aber die Realitäten und die aktuelle Situation von Absolventen der Rechtswissenschaften auf dem Arbeitsmarkt. Zum einen leben wir nämlich in einer globalisierten Welt. Auch deutsche Juristen arbeiten mit dem ersten Staatsexamen -

nach unserer Vorstellung dann mit dem Diplom - im Ausland. Sie können den deutschen Juristen zwar einen akademischen Grad verwehren. Das Ausland nimmt am Ende darauf aber keine Rücksicht. Versuchen Sie einmal, im Ausland zu erklären, wie das nun mit dem ersten und zweiten Staatsexamen ist!

Rücksicht nehmen auch die anderen Bundesländer darauf nicht. Deren Universitäten können nämlich weiterhin den Diplomgrad akzessorisch verleihen. Die Abschaffung des Grades an niedersächsischen Universitäten führt somit zu einem Standortnachteil für die niedersächsischen Universitäten.

Selbst die Grünen räumen ein, dass die Entscheidungen für die Abschaffung in Niedersachsen zu schnell gefallen seien. Sie haben aber eben nicht nur zu schnell entschieden, meine Damen und Herren; Sie haben falsch entschieden.

Meine Damen und Herren, Sie werden nun gleich darauf hinweisen, Sie hätten mit der von Ihnen vorgeschlagenen Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes im Rahmen der Novelle des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes eine Lösung gefunden. Das haben Sie nach unserer Überzeugung aber gerade nicht getan. Einerseits wollen Sie den Diplomgrad für Juristen abschaffen. Sie wollen ihn nicht mehr haben. Das haben Sie mehrfach bekundet. Andererseits wollen Sie dessen Verleihung bis 2025 weiter ermöglichen.

(Zuruf von Ottmar von Holtz [GRÜNE])

- Herr von Holtz, gerade Sie haben das bekundet, indem Sie gesagt haben: Uns reichen die Staatsexamina. - Sie wollen die Verleihung also bis 2025 weiter ermöglichen.

Kurzum: Sie wollen, dass Ihnen das Thema bei der Wahl nicht auf die Füße fällt, indem Sie allen aktuellen Jurastudierenden das Diplom ermöglichen, den Nachfolgenden dann aber nicht mehr. Diese Taktik, meine Damen und Herren, ist leicht zu durchschauen und ist irreführend.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist ja noch ein paar Jahre hin!)

Wenn Sie wirklich der Überzeugung sind, dass das Juradiplom überflüssig ist, dann stehen Sie dazu! Legen Sie dann eine überzeugende Alternative vor! Wenn Sie inzwischen aber zu der Einsicht gekommen sind, dass das Diplom ohne Alternative ist, dann stimmen Sie heute unserem Gesetzentwurf zu! Aber ersparen Sie uns und vor allem den

Studierenden die taktischen Spielchen. Deren Zukunft sollten Sie im Blick haben, nicht aber nur Ihre eigene.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Es geht nicht um taktische Spielchen! Es geht um den Bologna- Prozess! Es geht darum, gemeinsam bundesweit eine Lösung zu finden!)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. Wir fahren fort. Das Wort hat nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege von Holtz.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Dr. Birkner, ich muss einmal mit einem Märchen aufräumen. Wir haben mit der NHGNovelle keineswegs den Grad des Diplom-Juristen abgeschafft.

(Zurufe von der CDU und von der FDP: Doch!)

Die letzte NHG-Novelle hatte zentral zum Ziel, den Bologna-Prozess konsequent umzusetzen und allgemein die Diplomstudiengänge umzuwandeln sowie festzuschreiben, dass die Studiengänge künftig als Bachelor- und Masterstudiengänge mit den entsprechenden Titeln geführt werden.

Ich muss nicht alles das wiederholen, was ich hierzu schon im Plenum gesagt habe. Es ging um die Umsetzung des Bologna-Prozesses und die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Das ist das, was wir gemacht haben.

Einen Diplom-Juristen-Studiengang gab es nie. Etwas, was es nicht gegeben hat, können wir auch nicht abschaffen. Das ist das zweite Märchen, mit dem ich hier aufräumen möchte.

(Zuruf von Jörg Hillmer [CDU])

Im Ausschuss haben wir nachgefragt - dort hat auch die FDP nachgefragt -

(Zurufe von Christian Dürr [FDP])

Herr Dürr, bitte!

- welche Diplom-Studiengänge es noch gibt, um uns abzusichern, dass wir mit der NHG-Novelle

das richtig auf den Weg bringen, was wir tun wollen. Damals ist der Diplomstudiengang für Juristen nicht Teil der Diskussion gewesen. Was es nicht gibt, kann man nicht abschaffen.

(Christian Dürr [FDP]: Sie haben es einfach nicht gemerkt! Das war hand- werklich schlecht! - Jörg Hillmer [CDU]: Worüber reden Sie eigent- lich?)

Wenn Sie jetzt darüber diskutieren, den Diplomgrad allgemein zu ermöglichen, wie es Ihr Gesetzentwurf für Staatsexamen - nicht nur im Bereich der Rechtswissenschaften, sondern auch in anderen Bereichen - vorsieht, begeben Sie sich auf dünnes Eis. Damit wird durch die Hintertür die Debatte darüber geöffnet, ob wir Diplomabschlüsse brauchen oder nicht.

Sie sagen, es gebe Wettbewerbsnachteile - das haben uns auch Leute aus den Fachschaften erzählt -, weil in anderen Bundesländern nach wie vor Diplomstudiengänge oder Studiengänge für Diplom-Juristen akzessorisch ausgezeichnet werden können. Wir sind zu der Überzeugung gelangt: Wenn das so ist, dann geben wir den Absolventinnen und Absolventen des ersten juristischen Staatsexamens in den Rechtswissenschaften eine großzügige Übergangsregelung. Herr Dürr, ich sage voraus, dass auch die anderen Bundesländer konsequent den Bologna-Prozess umsetzen werden. Dann haben wir - spätestens 2025, so hoffe ich - die Situation, dass wir bundesweit einheitliche Regelungen treffen können und nicht, um eine akzessorische Auszeichnung zu ermöglichen, eine Lex Diplom-Juristen fahren müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ihr Gesetzentwurf erfüllt zwei Kriterien nicht. Er bedeutet eine Öffnung für weitere Studiengänge. Ich weiß nicht, was Sie dabei im Kopf hatten. Vielleicht auch für Medizin? Keine Ahnung. Er stellt keine Übergangsregelung dar, sondern eine dauerhafte Regelung. Dem können wir nicht zustimmen. Deswegen werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.