Vielen Dank, Herr Minister. - Ich greife das Wort „ignorieren“ auf. Vor dem Hintergrund der von uns in Wolfenbüttel in vielfältiger Weise unternommenen Aktivitäten - Blühstreifen, Pflanzung von spät blühenden Büschen und Bäumen - hatten wir auch hier im Hause Haushaltsanträge gestellt, um solche Projekte auf den Weg zu bringen, die dann wiederum den Wildbienen und Bienen sowie vielen anderen Insekten über die blüharme Zeit im Spätsommer helfen. Sie haben das, wenn ich das richtig sehe, ignoriert. Warum?
Vielen Dank, Herr Oesterhelweg, für diese Frage. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass Sie sich mit dem Thema ernsthaft befassen, auch in Form des Beitrags, den Sie eben geleistet haben. Ich hatte aber Ihren Kollegen Deneke-Jöhrens angesprochen, weil er hier eher den Eindruck erweckt hat, als meine er, das auf der humoristischen Seite abhandeln zu können.
Blühstreifen stellen einen sehr wichtigen Aspekt dar. Ich selbst bin für einige Jahre Imker gewesen. Dann geht man mit anderen Augen durch die Landschaft, weil man immer schaut, wo gerade Bienenfutterpflanzen stehen. Es kommt auch darauf an, dass nicht nur mal im Frühling und mal im Herbst eine da ist, sondern man braucht auch den ganzen Sommer über Futterpflanzen. Deswegen können Blühstreifen, gerade auch zu Zeiten, in denen sonst in der Natur nicht so viel blüht, eine gute Hilfe sein. Darauf komme ich gleich noch zu sprechen, weil die Strukturvielfalt in unserer Landschaft natürlich ein ganz wesentlicher Punkt ist. Wir müssen alles dafür tun, um die Strukturvielfalt in unserer Landschaft zu verbessern.
Herr Deneke-Jöhrens, Sie hatten auch gesagt: Immer geht es auf dieselbe Berufsgruppe! - Nein! In deren wohlverstandenen Interesse geht es um die Landwirte; denn ohne Blüten gibt es keine Imker. Auch sie sind Landwirte. Und ohne Blüten und Bestäubung - im Apfelbaum z. B. - gibt es keine Apfelbauern. Das ganze Alte Land wäre dann sozusagen seiner wirtschaftlichen Grundlage beraubt. Schauen wir uns das im Weltmaßstab an! 35 % unserer Nahrungsmittelproduktion hängen von der Bestäubungsleistung von Insekten ab. Auch die Fruchtbarkeit unserer Böden, auf die Landwirte existenziell angewiesen sind, würde es nicht ohne Bodenlebewesen geben.
Deswegen werbe ich sehr dafür, Herr DenekeJöhrens, dass gerade auch die Landwirte erkennen, welche Bedrohung besteht, auch für Ihren ureigenen Berufsstand. Deswegen wollen wir mit den Landwirten nach Lösungen suchen.
Wir haben uns aber auch für sehr genaue Beratungen mit den Insektenforschern und den Wissenschaftlern zusammengesetzt, die in den Bereichen Insekten und Vögel forschen. Dabei ergaben sich sehr interessante Erkenntnisse. Wir werden Ihnen das im Ausschuss genauer vortragen.
Die Handlungsebenen betreffen insbesondere das Monitoring, auch den Artenschutz. Die Insekten müssen besser geschützt werden, als das bislang der Fall ist. Wir müssen die Ursachenanalyse weiter verfeinern, damit unsere Maßnahmen tatsächlich zielgenau wirken. Wir müssen die Strukturvielfalt in den Lebensräumen insgesamt verbessern: ganz massiv verbessern im ländlichen Raum und im städtischen Bereich, meine Damen und Herren.
Wir müssen die Agrarumweltmaßnahmen prüfen, insgesamt die Agrarsubventionen. Hunderte von Millionen Euro werden in Niedersachsen als Subventionen ausgezahlt. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass sie zielgenau helfen, wenn es um die Erhaltung unserer Umwelt geht.
Last, but not least spielen die Pflanzenschutzmittel und die Zulassungen eine ganz zentrale Rolle. Wir müssen sehr genau prüfen, an welcher Stelle wir die Zulassungsverfahren verschärfen müssen, beispielsweise bei systemischen oder subletalen Wirkungen. Wir müssen auch prüfen, ob wir Mittel vom Markt nehmen müssen.
Wir brauchen auch Vorsorge, weil wir nicht so lange forschen dürfen, bis Populationen zusammengebrochen sind. Das hätte nämlich dramatische Folgen, nicht nur für die Natur, sondern auch für den Menschen und seine Nahrungsgrundlage.
Deswegen bitte ich Sie dringend - auch die CDU; aber ich sehe ja, bei Ihnen gibt es einige, die sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen, während andere das noch humoristisch nehmen - und ernsthaft, das Thema auf die Hörner zu nehmen.
Wollten Sie eine Zwischenfrage stellen? - Kurzinterventionen gibt es nicht, aber Sie haben zusätzliche Redezeit beantragt.
Aber jetzt haben Sie, Herr Brammer, das Wort. Dann spricht Herr Grupe, und dann Herr Dr. Deneke-Jöhrens. Sie haben noch einige Zeit zur Verfü
gung. Herr Grupe, Sie haben zwei Minuten, und Herr Dr. Deneke-Jöhrens, Sie erhalten dann zwei Minuten zusätzliche Redezeit. - Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich hatte gedacht, ich hätte hier das letzte Wort, aber das klappt nicht.
Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet. Ich habe vorhin ausdrücklich gesagt, mir geht es letztlich darum, dass alle Betroffenen hier etwas gemeinsam erarbeiten. Es hat sich im Laufe der Debatte jetzt wieder herauskristallisiert, dass sich wieder welche beschuldigt fühlen. Darum geht es nicht - zunächst jedenfalls nicht.
Ich gehe heute durch Naturbestandteile, die ich vor 30 Jahren irgendwann einmal kennengelernt habe. Da hat sich etwas verändert. Dann gucke ich mir das an, mache mir meine Gedanken darüber. Natürlich gibt es Ursachen. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir grundsätzlich auf irgendjemanden mit dem Finger zeigen und sagen: Du bist es gewesen. - Es geht darum, dass wir gemeinsam an einem Tisch sitzen, miteinander reden und uns fragen, wie wir eigentlich Lösungen finden.
Es geht hier auch nicht darum, dass immer gleich wieder kommt „Die Landwirtschaft will das ökonomisch regeln“ oder was auch immer.
Ich habe das vorhin deutlich gemacht: Wir haben 80 % unserer Insekten verloren. Das ist das Thema, an dem wir alle gemeinsam arbeiten müssen.
Am Ende müssen wir eine Verbesserung des Naturhaushaltes hinbekommen. Das ist das Ziel. Und dabei sind alle gefordert.
Ich freue mich auch auf alle. Bei uns vor Ort läuft das gut. Es ist besser, mit allen Betroffenen zusammenzukommen. Wir können über die Ängste der Einzelnen dann reden, kommen zu Lösungen, die am Ende von allen mitgetragen werden. Das ist unser Ziel. Dafür müssen wir arbeiten. Aber - bitte schön - hören Sie mit den Äußerungen auf, bei denen sich die Landwirtschaft immer gleich angegriffen fühlt. Darum geht es nicht.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie haben eben u. a. gesagt, man müsse mehr Ursachenanalyse betreiben. Das begrüßen wir sehr und unterstreichen es.
Der Kollege Deneke-Jöhrens hat schon gesagt, es gab ein Riesenproblem beim Maissaatgut. Die Inkrustierung war miserabel. Da gab es Stäube, wodurch es massive Schädigungen bei den Bienen gegeben hat. Das hatte man dann in kurzer Frist im Griff und hat das Problem - sage ich mal - zu 98 % gelöst.
Jetzt reden wir über Neonicotinoide auch beim Rapssaatgut und beim Rübensaatgut. Da muss man sich überlegen - das sollen die Wissenschaftler erklären; ich kann das letztlich nicht beurteilen -, ob, wenn es denn gut inkrustiert ist und - wie gesagt wurde - die Bienen damit nicht in Berührung kommen, das nicht der bessere Weg gegenüber Spritzungen sein kann, die wir sonst in der Folge natürlich gegen Schädlingen gezielt durchführen müssen.
Ich will, dass man das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet, indem man mit einem Begriff, den man stigmatisiert, in der Summe vielleicht doch
Sehr geehrter Herr Minister, humoristisch nehmen wir das Ganze überhaupt nicht, sondern wir versuchen sehr intensiv - ich habe es eben schon angedeutet -, die Dinge miteinander zu verbinden. Das Bewusstsein ist dafür sicherlich auch geschärft. Das ist gut und richtig so.
Jetzt möchte ich manche bitten, vielleicht einmal aus dem städtischen Umfeld herauszukommen - da muss man auch etwas tun, wie Sie gesagt haben - und einmal aufs Land zu kommen. Ich glaube, ganz so dramatisch, wie es manchmal beschrieben wird, ist die Situation nicht.
Als ich neulich mit dem Schlepper hinten auf den Hof gekommen bin, badeten dort 40 Schwalben. Meine Frau und ich bauen uns gerade ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude aus, in dem bisher die Schwalben genistet haben. Es ist uns nicht gelungen, sie von dort zu vertreiben. Wir müssen das Ganze etwas hinauszögern; denn das ist ihr angestammter Platz. Die sind in unseren Gebäuden überall vorhanden.