Protokoll der Sitzung vom 17.08.2017

Ich hoffe, dass nun daraus gelernt wird und dass wir einen solchen Weg gemeinsam gehen, ohne dies zur parteipolitischen Profilierung - so habe ich das damals zumindest empfunden - zu nutzen und solch ein sinnvolles Projekt zu verhindern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Der Minister hat sich gemeldet. Herr Minister, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Birkner, in der Sache gibt es überhaupt keinen Dissens. Gerade weil es aus historischen Gründen Bundesländer gibt, in denen der Anteil der versicherten Personen deutlich höher ist - beispielsweise in den östlichen Bundesländern; auch Baden-Württemberg hat einen deutlich höheren Anteil an Versicherten -, haben wir schon 2013 nach dem Elbehochwasser gesagt: Wir dürfen nicht darauf bauen, dass der Bund nach einem Hochwasser einen Entschädigungsfonds auflegt. Denn die anderen Bundesländer, die einen höheren Versicherungsgrad haben, werden immer sagen: Warum findet denn keine Eigenversicherung statt?

Deswegen haben wir die ganze Zeit auch für eine Elementarschadenversicherung geworben, aber gleichzeitig auf Bundesebene in vielen verschiedenen Sitzungen versucht, durchzusetzen, dass es hier Mindeststandards oder möglicherweise sogar

eine Pflichtversicherung gibt. Da können wir gerne weiter an einem Strang ziehen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Dr. Gero Hocker [FDP]: Das war aber dünn, Herr Minister!)

Vielen Dank. - Eine Kurzintervention auf den Redebeitrag eines Ministers ist nicht möglich.

Wir sind am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung: federführend der Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen.

Wer so abstimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Der Beschluss ist einstimmig.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Wir treffen uns erst um 14.30 Uhr wieder, weil der Ältestenrat jetzt tagen muss.

(Unterbrechung der Sitzung von 12.43 Uhr bis 14.30 Uhr)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich hoffe, Sie hatten eine erholsame Mittagspause. Wir fahren jetzt in der Beratung fort.

(Unruhe)

- Ich bitte Sie, Platz zu nehmen und die Gespräche am Rand möglichst einzustellen. - Vielen Dank.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 15: 44. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 17/8570

Wie bereits festgestellt, liegen keine beratungsreifen Eingaben vor.

Deshalb rufe ich jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 16: Mündliche Anfragen - Drs. 17/8565

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich stelle fest: Es ist 14.31 Uhr.

Ich rufe auf die

Frage 1: Extremniederschläge und Hochwasserkatastrophe als Folge der Klimakrise?

Diese Frage wird gestellt von dem Abgeordneten Bajus. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ende Juli sorgten außerordentliche, anhaltende und ergiebige Niederschlagsmengen vielerorts für Überschwemmungen. In großen Teilen Ostniedersachsens, insbesondere des Harzes, gab es Dauerregen und in der Folge flussabwärts u. a. an der Innerste, der Oker, der Leine und der Aller Rekordpegelstände, die zu schweren Hochwasserereignissen führten.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gab in seinem Juli-Bericht 2017 für Niedersachsen bekannt:

„Mit rund 145 l/m² fiel diesmal das Doppelte des Monatssolls (73 l/m²). Vor allem Tief ‚Alfred‘ brachte sintflutartigen Regen vom 24. bis zum 26. Juli im Süden des Bundeslandes. Mehrere Stationen meldeten in 48 Stunden über 150 l/m², die Eckertalsperre im Harz in 72 Stunden sogar 302 l/m². An zahlreichen Messstellen entstanden neue Niederschlagsrekorde für den Juli. Große Fluten wälzten sich in der Folge einige Tage lang durch Städte und Dörfer. Auch der zum Weltkulturerbe zählende Marktplatz von Goslar stand unter Wasser.“

In der Folge wurde in Goslar und auch in Wolfenbüttel Katastrophenalarm ausgelöst. In Hildesheim wurden Menschen evakuiert und Häuser geräumt, weil die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner in Gefahr war. Glücklicherweise wurden Personen nicht in besonderer Weise verletzt; jedoch haben mehrere Tausend Anliegerinnen und Anlieger schwere Schäden erlitten. Auch öffentli

che Liegenschaften und Infrastruktur sind durch die Überschwemmungen geschädigt worden.

Das Kabinett hat in seiner Sitzung am 3. August 2017 einen Nothilfefonds im Umfang von 25 Millionen Euro beschlossen, der noch vom Landtag genehmigt werden muss. Damit sollen Kommunen unterstützt werden und Privatleute unbürokratisch Soforthilfe erhalten.

Für den Klimaforscher Professor Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel ist die „Häufung der Extremwetterlagen, die wir jetzt erleben,... ein Zeichen, dass der Klimawandel auf das alltägliche Wetter übergreift“ - so die HAZ vom 27. August 2017.

Und der DWD schreibt in seinem Fazit zur „Einordnung der Stark- und Dauerregen in Deutschland zum Ende eines sehr nassen Juli 2017“:

„Insgesamt betrachtet, entsprechen sowohl die Dürreperiode von Januar bis Mai als auch die im Anschluss geschehenen extremen Niederschläge dem Szenario eines extremeren Niederschlagsgeschehens in Deutschland, wie es der Weltklimarat in seinem fünften Sachstandsbericht aufgrund des Klimawandels bereits 2014 prognostiziert hat.“

1. Welche Angaben kann die Landesregierung zum Umfang der Hochwasser machen, und welche Überlegungen gibt es zur zukünftigen Abwendung von Hochwasserschäden und zur Hochwasservorsorge?

2. Die Landeregierung hat einen Arbeitsstab zur Aufarbeitung der Schäden und zur Bewältigung der Folgen eingesetzt und einen Nothilfefonds beschlossen. Wie sieht die Arbeit des Arbeitsstabs aus?

3. Wie sieht die Landesregierung den Zusammenhang zwischen den aktuellen Extremwetterereignissen, ihrer Häufung und dem Klimawandel, und welche Konsequenzen folgen daraus?

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bajus. - Für die Landesregierung antwortet Herr Umweltminister Wenzel.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einige Vorbemerkungen machen.

Das Tief „Alfred“ hat ab Montag, dem 24. Juli 2017, in einer Kombination aus Höhen- und Bodentief bis zum 26. Juli 2017 ergiebigen Dauerregen im südlichen Niedersachsen sowie im Harz und Harzvorland gebracht. Innerhalb von 48 Stunden sind Niederschlagsmengen von zum Teil über 150 mm registriert worden. An einigen Messstationen wurde mehr als das Doppelte, zum Teil sogar das Dreifache des durchschnittlichen Monatsmittels für den Monat Juli verzeichnet.

Als Folge dieser Niederschläge kam es in den Flusseinzugsgebieten der Aller mit dem Nebenfluss Oker und zugehörigen Okernebenflüssen im nördlichen Harzvorland sowie der Leine mit Innerste und zugehörigen Nebenflüssen im westlichen und nördlichen Harzvorland und in einigen Nebengewässern der Weser zu teilweise großflächigen Überflutungen.

Darüber hinaus haben die Niederschlagsmengen teilweise zur Überlastung der Kanalisationssysteme geführt, was ebenfalls zu Überflutungen in Siedlungsbereichen geführt hat. Hier kam es zum Teil zu erheblichen Schäden sowohl an privaten Gebäuden als auch der öffentlichen Infrastruktur und auf landwirtschaftlichen Produktionsflächen.

Die Regenereignisse des Juli 2017 fügen sich aus Sicht der Landesregierung in eine Reihe von Extremwetterlagen ein, die in Niedersachsen in den vergangenen Jahren beobachtet werden konnten. Auch wenn es in der Vergangenheit immer schon einzelne Extremereignisse gegeben hat - soweit es sich um Einzelereignisse handelt, können sie nicht direkt dem Klimawandel zugerechnet werden -, zeigt sich: In der Summe nehmen solche Ereignisse zu. Und die Klimawissenschaft ist sich einig: In Zukunft werden wir mit einem weiteren Anstieg der Häufigkeit und der Intensität von Extremwetterereignissen rechnen müssen.

Auch in Niedersachsen sind heute schon klimatische Änderungen messbar und die daraus resultierenden Folgen für Mensch und Umwelt spürbar. Neben dem Klimaschutz ist daher die Anpassung an die Folgen des Klimawandels die zweite zentrale Säule der Klimapolitik des Landes.

Zu Ihren Fragen:

Zu Frage 1: Die intensiven und lange andauernden Niederschläge führten insbesondere in Steillagen des Harzes wie im Bereich von Radau, Wintertalbach und Gose zu Sturzfluten und zum Ausufern kleiner Gewässer - z. B. die Abzucht in Goslar - und zu unmittelbaren Überflutungen von Harzrandstädten. Auch im Einzugsgebiet des Weserberglands und des Harzvorlandes konnten die Gewässer und Hochwasserschutzeinrichtungen die Niederschlagsmengen nicht dauerhaft aufnehmen. Zum Beispiel hatte der Einstau des Hochwasserrückhaltebeckens Nette - darüber hatten wir heute Vormittag schon kurz gesprochen - für die Ortslage Rhüden nur kurzzeitig - d. h. über einen Zeitraum von acht Stunden - zu einer Entlastung geführt; durch den sehr hohen Zufluss der Schildau wurden dort Rekordwasserstände gemessen.

Im weiteren Verlauf der Flüsse stiegen die Pegel schnell an und erreichten trotz größtmöglichen Rückhalts der Harztalsperren vielerorts Rekordwasserstände: Nette, Oker mit den Pegeln Schladen und Ohrum, Innerste mit dem Pegel Heinde.