Protokoll der Sitzung vom 20.09.2017

Es gäbe noch eine ganze Menge anderer Punkte, die man erwähnen könnte. Ich sage nur: Neustart mit Schwarz-Gelb? - Besser nicht! Wir werden am 15. Oktober Rot-Grün fortsetzen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die Besprechung der Aktuellen Stunde der FDP-Fraktion ist somit beendet.

Ich eröffne die Besprechung zur Aktuellen Stunde der CDU-Fraktion:

d) Wölfe in Niedersachsen - Bauernaufstand gegen Nordrudel. Gerissene Tiere verenden elendig. Spielt Tierschutz für die Landesregierung keine Rolle mehr? - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/8732

Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun Herr Kollege Oesterhelweg.

(Zurufe von der SPD: Hast du das Gewehr mit vorn?)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Spielt Tierschutz für die Landesregierung keine Rolle mehr? - Nein, meine Damen und Herren, nur der Wolf ist wichtig. Der Wolf sollte ein Symbol für den Naturschutz in Niedersachsen sein. Jetzt ist er ein Symbol für das klägliche Versagen der Regierung Weil-Wenzel.

(Zustimmung bei der CDU)

Ihre Wolfsromantik, meine Damen und Herren, ist geplatzt wie eine Seifenblase im Herbstwind. Bauern gehen auf die Barrikaden. Familien sind frustriert, Kinder verstört, Dorfgemeinschaften verunsichert.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Von Ihnen!)

Wir lesen und hören Unglaubliches und sehen schreckliche Bilder. Ich weiß nicht, Herr Kollege Bajus, ob Ihnen bei diesen Bildern nicht das Lachen vergehen sollte; denn für diese Bilder sind u. a. Sie und Ihre Politik verantwortlich.

(Der Redner zeigt zwei Fotos von ge- rissenen Schafen mit großen, klaffen- den Wunden - Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Oesterhelweg, lassen Sie eine Frage des Kollegen Bajus zu?

Dann fahren Sie bitte fort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Zuruf von der SPD: Das wurde hier aber zugelassen! - Widerspruch bei der SPD - Unruhe - Glocke der Präsi- dentin)

ich weiß, dass Sie - - -

Herr Oesterhelweg, ich habe jetzt das Wort. - Wir fahren erst fort, wenn hier Ruhe eingekehrt ist. Alle Fraktionen haben noch die Möglichkeit, hier vorne zu reden. Nun hat Herr Oesterhelweg das Wort. Ich bitte Sie um Ihre Aufmerksamkeit. Erst dann fahren wir hier fort. - Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Ich weiß, dass diese Bilder wehtun. Ich freue mich, ehrlich gesagt, sogar darüber, dass Sie Ihnen wehtun. Deswegen will ich sie Ihnen nicht weiter zumuten. Aber Sie muten diese Bilder den Landwirten und ihren Familien in Niedersachsen zu, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Am Jahresende werden dem Wolf vielleicht schon 1 000 Haus- und Nutztiere zum Opfer gefallen sein. Bauernfamilien zahlen den Preis für Ihre Blauäugigkeit, ein Raubtier könne ohne regelnde Eingriffe und ohne Bejagung inmitten unserer Kulturlandschaft problemlos leben, also mit uns leben.

Wir haben hier oft genug auf dieses Problem hingewiesen. Ganze Herden werden - entschuldigen Sie diesen Ausdruck - exekutiert: Schafe, Muffel, Ziegen, Rinder. Sie degradieren Schafhalter und ihre Familien zu Futterproduzenten des Wolfs. Dabei haben diese Menschen oft ein sehr enges

Verhältnis zu ihren Tieren. Sie muten ihnen zu, unsägliches Tierleid miterleben zu müssen.

Der NDR berichtete von einem Halter, der seine durch 2 m hohe Zäune gesicherten Schafe gerissen vorfand. Eines hat stundenlang mit heraushängendem Gedärm herumgelegen. Der Tierhalter hat das Tier nicht erlösen dürfen, erst ein Wolfsberater schläferte das erbarmungswürdige Tier ein.

(Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Unmög- lich!)

Lässt Sie das wirklich kalt? Möchten Sie persönlich so etwas erleben, beispielsweise mit Ihrem Hund? Möchten Sie so etwas Ihrer Familie zumuten? Wenn Ihnen Ähnliches passieren würde, säßen Sie dann - das betrifft nur wenige; ich bitte um Nachsicht - genauso herablassend und milde lächelnd hier, wie das eben der Fall ist? - Lachen Sie auch noch, wenn der erste Mensch zu Schaden kommt?

(Johanne Modder [SPD]: Was soll das denn jetzt? - Anja Piel [GRÜNE]: Jetzt wird es unverschämt! Kein bisschen Niveau! - Unruhe - Glocke der Präsi- dentin)

Sie wollen Weidetierhaltung. Herr Meyer kokettiert damit. 2 m hohe Zäune, Schutzhunde, Schutzesel, all das allein, meine Damen und Herren, funktioniert nicht. Schafe sollen unsere Deiche pflegen, aber Sie können diese Schafe nicht schützen. Sie wollen sanften Tourismus in ländlicher Idylle. Sollen sich unsere Gäste grausam zugerichtete Tierkadaver hinter 2 m hohen Zäunen in unserer Landschaft anschauen? Soll übrigens unser Wild zum Äsen Spazierwege und in Zukunft nicht mehr die Grünländereien benutzen?

(Glocke der Präsidentin)

Wenn der Wolf in Niedersachsen eine Zukunft haben soll, dann müssen Sie jetzt handeln!

Die Landeszeitung berichtete am 12. September von der Hofschule Wendisch-Evern, die nach einem Wolfsriss die Schafhaltung eingestellt hat:

„Eine Schülerin schenkte der Hofgemeinschaft ihr Stoffschaf als Erinnerung und schrieb im Namen aller einen kurzen Abschiedsbrief: ‚Ich oder wir alle hatten traurige Schaftage, und damit wir zumindest ein Schaf in Erinnerung haben, schenk‘ ich das euch.‘“

Meine Damen und Herren, soll das - - - Herr Bajus lacht schon wieder. Ich finde es sehr interessant, wie Sie sich über die Wahrnehmung eines Kindes und über eine Familie lustig machen, die ihre Schafhaltung deswegen eingestellt hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Volker Bajus [GRÜNE]: Die Nummer, die Sie hier abziehen, ist doch pein- lich! Unglaublich peinlich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, soll das alles sein, was dem Schäfer bleibt? Ein Stoffschaf? - Die Menschen wollen diesen Unsinn, dieses Tierleid, diese zynische Politik nicht mehr. Sie haben Angst.

Letzter Satz!

Sie haben es satt. Wir haben viele Lösungsvorschläge gemacht. Sie haben sie abgelehnt. Wenn Sie nicht bereit sind zu handeln, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden es tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Nach der Rede werden das noch weniger wollen!)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Janßen.

(Zuruf von der CDU: Schwerer Gang!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Konflikte um den Wolf, um gerissene Schafe und Rinder sind immer sehr emotional. Das ist auch verständlich, zumal der Wolf erst seit wenigen Jahren hier wieder heimisch ist und wir den Umgang mit diesem Tier erst noch wieder erlernen müssen. Das wird aber nicht leichter, wenn hier reißerische Schlagzeilen heruntergebetet werden. Ihre heutige Überschrift entstammt aus der BildZeitung. Man muss wissen, ob man damit so umgehen will oder nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich denke, bei aller Emotionalität sollten wir versuchen, das Thema sachlich anzugehen. Da hilft ein Blick auf die Realität und auf die Rechtslage durchaus sehr.

Der 2 m hohe Zaun, von dem Sie gesprochen haben - das wissen sicherlich mittlerweile auch Sie -, war kein Elektrozaun. Er ist auch nicht übersprungen worden. Er ist aller Wahrscheinlichkeit nach überklettert worden, weil die Elektrolitzen fehlten. Darauf muss man achten. Da muss man sehr genau hinschauen und hier nicht einen Popanz aufbauen!

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Der Landwirt wieder! - Weitere Zurufe)

Eine Anfrage auch von Niedersachsen hat ergeben: Der Wolf ist in Deutschland weiterhin in einem schlechten Erhaltungszustand.

(Unruhe)

Einen Moment, bitte! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war klar: Es wird eine emotionale Debatte. Aber wir alle sollten einander zuhören.