Protokoll der Sitzung vom 27.10.2017

Hochverehrter Herr Bundespräsident! Verehrte Frau Büdenbender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Heute, denke ich, ist ein großer Tag für die niedersächsische Demokratie. Dieser unser Landtag erhält einen neuen Plenarsaal. Das ist etwas Besonderes und wird gekrönt durch die Anwesenheit unseres Staatsoberhauptes. Deswegen gilt Ihnen, Herr Bundespräsident, und Ihrer lieben Gattin unser erster Willkommensgruß. Wunderbar, dass Sie heute dabei sind!

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Anwesende, zu unserem Festakt anlässlich der Einweihung dieses neuen Plenarsaals heiße ich Sie alle ganz herzlich willkommen - im Namen des ganzen Präsidiums, insbesondere auch im Namen der Vizepräsidenten Dr. Andretta, Bachmann und Klare.

Alle über 500 Gäste, die hier anwesend sind, hätten natürlich eine namentliche Begrüßung verdient. Sehen Sie es mir nach, dass ich sie zum Teil in toto, zum Teil namentlich begrüße und Sie danach allen den gebührenden Applaus spenden.

Wir begrüßen ganz besonders unseren Besuch aus unseren Partnerländern. Ich begrüße Madam Speaker Kiviet aus Eastern Cape, Südafrika, Frau Präsidentin Zybach vom Großen Rat aus Bern und Herrn Jacek Pilawa, den Vorsitzenden des Ausschusses für internationale Angelegenheiten im Sejmik von Niederschlesien.

Ich begrüße den Präsidenten unseres Staatsgerichtshofs, Herrn von Nieuwland.

Ich begrüße die Damen und Herren Abgeordneten des noch amtierenden Landtages der 17. Wahlperiode sowie die neugewählten Kolleginnen und Kollegen des Landtages der 18. Wahlperiode. Wir freuen uns auch über die Anwesenheit einiger Kollegen aus dem Bundestag und aus dem Europäischen Parlament. Stellvertretend für unsere ehemaligen Kollegen begrüße ich die Herren Landtagspräsidenten a. D. Rolf Wernstedt und Hermann Dinkla. Ich freue mich über die Anwesenheit eines Kollegen aus dem Berliner Abgeordnetenhaus: Herzlich willkommen, Herr Präsident Wieland!

Für die Mitglieder der früheren Landesregierung sowie der amtierenden Landesregierung begrüße ich Herrn Ministerpräsident a. D. Gerhard Glogowski und Herrn Ministerpräsident Weil.

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Meine Damen und Herren, wir freuen uns, dass das ganze Land heute durchgängig hochrangig vertreten ist, sei es durch die Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften, durch Vereine und Verbände oder durch Vertreter der Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und der Landesbehörden.

Und schließlich heiße ich die zahlreichen Vertreter der kommunalen Gebietskörperschaften willkommen. Ich nenne stellvertretend Herrn Regierungspräsident Jagau und Herrn Oberbürgermeister Schostok.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun ist es also soweit. 55 Jahre nach der Einweihung des ersten Plenarsaals an dieser Stelle durch Bundespräsident Lübke dürfen wir Niedersachsen erneut einen Plenarsaal einweihen und unser Staatsoberhaupt hier begrüßen. Nach drei Jahren Bauzeit kehrt der Landtag aus dem lieb gewonnenen Provisorium im Georg-von-Cölln-Haus zurück ins Leineschloss.

Herr Bundespräsident, es ist uns eine besondere Ehre und große Freude, dass Sie es Ihrem Vorgänger gleichtun und dem neuen Plenarsaal die Ehre erweisen, ihn mit uns einzuweihen. Aber irgendwie hat Ihre alte Wirkungsstätte auf Sie wohl auch eine gewisse Anziehungskraft: Es ist schon das dritte Mal in diesem Jahr, dass Sie hier sind. Es lohnt sich, denke ich, jedes Mal.

Für Ihr Kommen danke ich Ihnen auch deshalb, weil Sie damit ein deutliches Zeichen für den parlamentarischen Föderalismus setzen. Es sind die deutschen Länder, die sich 1949 zur Bundesrepublik Deutschland zusammengeschlossen haben und sie seitdem tragen.

Mancher scheint unseren starken Föderalismus inzwischen als Belastung zu begreifen. Dem möchte ich entgegentreten. Keine Staatsform, kein Gemeinwesen wird je vollkommen organisiert sein. Wer davon geträumt hat, ist regelmäßig im Totalitarismus aufgewacht. Bei aller Unvollkommenheit, bei allem Knirschen im Alltagsgetriebe: Der föderale und demokratische, parlamentarisch regierte Rechtsstaat hat den bisher höchsten Grad an Freiheitlichkeit, Gleichberechtigung und Wohlstand für seine Bürgerinnen und Bürger erreicht.

Unser bundesstaatliches System von Checks and Balances ist so fein austariert, dass elementare Veränderungen nur im breiten Konsens und mit großer Kompromissbereitschaft durchgesetzt werden können. Das ist anstrengend und wird im Einzelfall häufig als ärgerlich empfunden. Das Gesamtergebnis aber überzeugt. Der Vergleich mit vielen anderen Demokratien weltweit zeigt es: Unsere föderal aufgebaute Demokratie hat Deutschland, hat Niedersachsen stabil, stark und wohlhabend gemacht.

Die deutschen Länder und ihre Parlamente tragen zu diesem Gesamtergebnis viel bei. Das gilt auch für Niedersachsen - unter den 16 Ländern immerhin eines der vier größten. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass der Landtag als die gewählte Vertretung des Volkes seinen Sitz nicht in einem reinen Funktionsbau hat. Jedem muss klar sein: Über das Parlamentsgebäude und seine Architektur drückt sich auch das Demokratieverständnis einer Volksvertretung aus.

Das haben schon die Gründerväter unseres jungen Landes vor 70 Jahren erkannt und sich daher für das geschichtsträchtige Leineschloss als Landtagssitz entschie

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den. Es steht wie kein anderes Gebäude für die Staatlichkeit Niedersachsens; es ist zum unverwechselbaren Wahrzeichen unseres Landes geworden. So wie der Reichstag als Gebäude das Symbol der deutschen Demokratie ist, so ist das Leineschloss das Sinnbild unserer gelungenen Demokratie in Niedersachsen.

Der Landtagsarchitekt Dieter Oesterlen lag vor 60 Jahren genau richtig. Er wollte durch die geschickte bauliche Synthese aus Königsschloss und modernem Parlamentsbau Identität für das neu gegründete Land Niedersachsen stiften. Ich denke, das ist geglückt.

Verschleiß und veränderte Ansprüche an ein Parlamentsgebäude haben allerdings eine umfassende Neuinterpretation der Ideen Oesterlens nötig gemacht. Jahrzehntelang wurde im Landtag und in der hannoverschen Stadtgesellschaft darum gerungen, wie die unumstritten notwendige Erneuerung des Plenarsaals vonstattengehen sollte. Auch das ist ein Beispiel für unsere manchmal langsame, am Ende aber erfolgreiche und solide Entscheidungsfindung in der vielleicht doch nicht so schlechten Konsens- und Kompromissdemokratie.

Heute ernten wir den Lohn für alle diese Mühen, und ich denke, die meisten - vielleicht alle - werden mir beipflichten: Dieser Lohn ist kein kleiner.

An einem so wichtigen und prominenten Projekt wie der Um- und Neugestaltung des wichtigsten öffentlichen Gebäudes in unserem Land waren viele beteiligt: Politiker, Architekten, Handwerker und Behörden. Stellvertretend möchte ich einige besonders hervorheben:

Zunächst möchte ich meinem Vorgänger, Herrn Landtagspräsidenten a. D. Dinkla, danken. Er hat in seiner Amtszeit zielstrebig und beharrlich die Grundlagen geschaffen, auf denen wir 2013 mit dem Bauen beginnen konnten.

(Beifall)

Fast ging es ihm dabei wie Mose: Er hat uns an die Grenze des Gelobten Landes geführt, in das wir heute - zum Glück gemeinsam mit ihm - eintreten können.

Besonderen Dank verdient auch Herr Dr. Bissen - aus Tokio angereist - als Inhaber der Urheberrechte von Dieter Oesterlen. Herr Dr. Bissen, ich danke Ihnen dafür, dass Sie die Planung und Umsetzung dieses Umbaus stets wohlwollend und konstruktiv begleitet haben.

(Beifall)

Den kongenialen Entwurf für die Weiterentwicklung des Werkes von Dieter Oesterlen verdanken wir dem Architekturbüro Blocher partners, namentlich dem federführenden Architekten Wolfgang Mairinger und seinem Team. Auch Ihnen darf ich für die gute Zusammenarbeit herzlich danken.

(Beifall)

Mein eigener Beitrag zum Gelingen des Baus wäre nicht denkbar gewesen ohne die fachliche und praktische Unterstützung der gesamten Landtagsverwaltung, deren Arbeit während der letzten drei Jahre buchstäblich im laufenden Baubetrieb geleistet werden musste. Insbesondere möchte ich mich bei meinem wichtigsten Mitarbeiter bedanken, Herrn Direktor beim Landtag Udo Winkelmann. Seine Hartnäckigkeit und

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Konsequenz haben uns zu einem Gespann gemacht, ohne das manche Hürde kaum zu nehmen gewesen wäre.

(Beifall)

Gleiches ließe sich auch über Sie, Herr Minister Schneider, sagen. Als Finanzminister waren Sie der zweite Bauherr und Dienstvorgesetzte des ausführenden Staatlichen Baumanagements. Während der gesamten Bauphase habe ich die Zusammenarbeit mit Ihnen als ausgesprochen kollegial, zielführend und angenehm empfunden. Vielleicht war es für den Bauerfolg kein Nachteil, dass zwei Politiker unterschiedlicher Couleur gemeinsam für das Projekt verantwortlich waren. Und dass wir beide nicht ganz neu im Geschäft sind, hatte auch seine Vorteile. Angesichts jüngster Entwicklungen waren wir möglicherweise der Zeit einfach nur ein bisschen voraus.

(Heiterkeit und Beifall)

Wertvoll, meine Damen und Herren, war auch die Zusammenarbeit mit der Baukommission - alle Mitglieder sind hier -, die das Projekt von Anfang an zielführend begleitet hat.

Schließlich darf ich allen beteiligten Unternehmen und Handwerkern für ihre Leistungen danken. Es war für Sie nicht immer einfach, an einem Bau mitzuwirken, der so stark im Licht der Öffentlichkeit steht. Insbesondere in den letzten Tagen haben Sie dabei eine Geschwindigkeit an den Tag gelegt, die fast schwindelerregend war.

(Heiterkeit)

Während der vier Jahre, in denen wir zuerst am provisorischen, dann hier am neuen Plenarsaal gebaut haben, durften sich viele immer wieder persönlich davon überzeugen, wie wichtig mir die termin- und kostengerechte Fertigstellung war. Sollte ich dabei gelegentlich einen uncharmanten Ton getroffen haben oder irgendjemandem zu nahe getreten sein, bitte ich dafür um Nachsicht.

Das Ziel, das ich damit verfolgt habe, ist erreicht. Wir haben gemeinsam bewiesen: Es ist möglich, öffentliche Großprojekte im Zeit- und Kostenrahmen fertigzustellen!

(Beifall)

Selbst die vorgezogene Landtagswahl konnte uns keinen Strich mehr durch die Rechnung machen. Im Gegenteil: Dadurch sind wir in die bemerkenswerte Lage gekommen, dass der 17. und der 18. Niedersächsische Landtag die heutige Einweihung gemeinsam feiern können. Während die neu gewählten Abgeordneten noch als Gäste bei uns sind, ist dieser Festakt für die ausscheidenden Mitglieder des Landtages die 140. und wohl letzte Sitzung dieser Wahlperiode.

Ich denke, mit einem guten Gefühl übergeben wir Abgeordnete der 17. Wahlperiode diesen Plenarsaal an die Abgeordneten der 18. Wahlperiode. Möge seine Architektur - die freundlich, hell, klar, lichtdurchflutet, inklusiv und irgendwie niedersächsisch ist, die viel Transparenz vermittelt - die Debatten und Entscheidungen in diesem Hause im Sinne unserer Demokratie und zum Wohle des Landes Niedersachsen begünstigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Anwesende, ich denke, wir sind uns einig: Wir erleben heute einen schönen und historisch einmaligen Ausklang einer Wahlperiode.

(Beifall)

Georg Friedrich Händel (1685 - 1759) Ouvertüre aus „Music of the Royal Fireworks“

(Beifall)