Protokoll der Sitzung vom 16.12.2014

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat am 5. Dezember 2014 ihre Eckpunkte für eine Krankenhausreform vorgelegt. Wir müssen nun dafür sorgen, dass Niedersachsen die sich damit abzeichnenden Chancen nutzt. Das gilt auch für den geplanten Strukturfonds in Höhe von 500 Millionen Euro für Umstrukturierungen, an dem sich die Länder in gleicher Höhe beteiligen müssen. Indirekt eröffnet der Fonds für die niedersächsischen Krankenhäuser ohne größeren Umstrukturierungsbedarf zusätzliche Chancen, Mittel aus dem Krankenhausinvestitionsprogramm zu erhalten.

Viertens zur Pflege. Auch das neue SGB-XIPflegestärkungsgesetz vom November zielt auf die Beseitigung des Fachkräftemangels in der Pflege. Die Niedersächsische Landesregierung will zu diesem Zweck die Altenpflegeumlage zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen wieder einführen. Das ist aber zumindest voreilig. Die Pflegeberufe sollen sehr schnell neu geordnet werden. Wir haben inzwischen erfahren, dass das Bundesgesundheitsministerium schon bis Ende nächsten Jahres das Pflegeberufegesetz verabschieden will mit einer Grundpflegeausbildung für alle Pflegebe

rufe: Krankenpflege, Altenpflege, Kinderkrankenpflege. Das soll dann auch finanziell anders gestaltet werden, wahrscheinlich über einen Fonds, in den alle Beteiligten einzahlen. Unter den Umständen noch die Altenpflegeumlage einzuführen, ist nicht mehr zeitgemäß.

Noch ein wichtiges Stichwort zur verbesserten Gewinnung von Pflegekräften zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Es soll - das werden wir wohl Anfang des Jahres erleben - für die Auszubildenden in der Altenpflege ein Tarifvertrag zwischen den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen und der Gewerkschaft ver.di unterzeichnet werden, der eine gute Ausbildungsvergütung vorsieht. Das ist ein großer Fortschritt, der hoffentlich auch kommt.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn danach der Tarifvertrag Soziales für die Altenpflege in Niedersachsen abgeschlossen werden würde, wären wir noch einen großen Schritt weiter mit einer darauf abgestimmten Refinanzierung der Kostenträger, Pflegekassen und Kommunen. In der Freien Wohlfahrtspflege und auch bei den privaten Einrichtungsträgern nimmt das Interesse daran immer weiter zu. Viele Details müssen noch geregelt werden. Durch den Tarifvertrag Soziales für die Altenpflege würde erreicht werden, dass wir eher einen Leistungswettbewerb als einen Preiswettbewerb zwischen den Einrichtungen bekommen. Das wäre auch wieder ein großer Fortschritt zur Verbesserung der Personalgewinnung in der Altenpflege.

Noch einen wichtigen Punkt möchte ich ansprechen: das Bundesteilhabegesetz zusammen mit der Reform der niedersächsischen Sozialhilfeverwaltung. Da ist noch völlig offen, wo die geplanten 5 Milliarden Euro Bundesmittel ankommen, ob auf kommunaler Ebene oder auf Landesebene,

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Für welchen Zweck auch, ist die Frage!)

und wie es sich zu dem verhält, was die Verbesserung der Eingliederungshilfe bringen soll. Wir sind dafür, dass die Bedarfsprüfung für ein Bundesteilhabegeld zumindest bezogen auf Einkommen und Vermögen wegfällt und dass eine verbesserte Verknüpfung der Werkstätten für behinderte Menschen mit dem ersten Arbeitsmarkt auch mithilfe von Arbeitsassistenz erfolgt. Hier sind wir auf die Vorschläge der Landesregierung sehr gespannt, auch was die Neustrukturierung der kommunalen

Verantwortung in der Eingliederungshilfe angeht; die wollen wir gerne stärken.

Mehr tun wollen wir auf einer Reihe von Feldern, auf denen uns die Regierungsmehrheit leider nicht gefolgt ist. Dazu gehören die Schuldnerberatung, die Familienentlastenden Dienste, die hausärztliche Versorgung, Betreuungsvereine, Familienbildung und -erholung und Familienhilfen für die sozialpädagogische Betreuung junger Straftäter. Das war Ihnen leider nicht abzuringen. Wir werden auch im kommenden Jahr dafür sorgen, dass hier um das soziale Niedersachsen gerungen wird und dass wir Eckpfeiler schaffen, dass die Kernaufgaben erfüllt werden und wir damit wieder die Zustimmung der großen Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger gewinnen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Matthiesen. - Zu weiteren Schwerpunkten des Haushalts hat nun Frau Joumaah, auch von der CDU-Fraktion, das Wort. Frau Joumaah, Sie haben noch dreieinhalb Minuten. - Sie alle bitte ich weiter um Ihre Aufmerksamkeit!

Verehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich äußere mich zu einem Punkt, der vielleicht kein Haushaltsschwerpunkt ist. Aber ich meine, er ist von ganz großer Bedeutung, vor allem für uns Frauen. Er betrifft den von der CDU-Fraktion eingebrachten Antrag „Gewaltopfer kann jede(r) werden - Netzwerk ‚ProBeweis‘ zügig engmaschig ausbauen!“.

Diesen Antrag im Hinblick auf die von der Landesregierung angekündigte Bereitstellung von Haushaltsmitteln in Höhe von 270 000 Euro für erledigt zu erklären, erfährt in keinster Weise unsere Zustimmung; denn, meine Damen und Herren, dieser Antrag ist nicht erledigt. Damit kann gerade einmal die Umsetzung von Punkt 1 unseres Antrages - das heißt, das Netzwerk „ProBeweis“ über 2015 hinaus zu fördern und dauerhaft zu begleiten - finanziert werden, also nicht mehr und nicht weniger als die Fortführung des Projektes.

Der Punkt 2, für einen zügigen Ausbau des Netzwerks „ProBeweis“ in Niedersachsen dergestalt Sorge zu tragen, dass eine „ProBeweis“-Partnerklinik für Gewaltopfer in jedem Landkreis er

reichbar ist, und der Punkt 3, die weitere Vernetzung auch auf Gewaltberatungsstellen für Männer sowie Kinderschutz- und Jugendhilfeeinrichtungen auszudehnen, sind mit den eingestellten Mitteln sicher nicht finanzierbar und werden von Ihnen leider völlig ignoriert.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, man muss kein Haushälter sein, um zu wissen, dass die bisherigen Haushaltsmittel einfach nicht ausreichend sind, wenn wir über einen Ausbau, also über eine Erweiterung und über eine weitere Vernetzung sprechen. Deshalb muss zwangsläufig der Ansatz erhöht werden. Unser Haushaltsansatz sieht

40 000 Euro mehr vor. Wir können Sie nur mit Nachdruck dazu auffordern, den Haushaltsansatz auf 310 000 Euro zu erhöhen.

(Zustimmung bei der CDU - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Denn es kann doch keinen Zweifel daran geben, meine Damen und Herren, dass es für die Betroffenen unglaublich wichtig ist, die nächste Ambulanz schnellstmöglich zu erreichen - zum einen aus medizinischen Gründen. Beispielsweise lassen sich die Substanzen der bei Vergewaltigung häufig und übrigens zunehmend verabreichten K.-o.Tropfen nur verhältnismäßig kurz im Blut oder Urin nachweisen.

Zum anderen ist es unsere Auffassung, dass es Menschen, die Opfer einer Sexual- oder Gewaltstraftat geworden sind und sicherlich schwere psychische und physische Schäden erlitten haben, nicht zuzumuten ist, lange Wege zur Ambulanz hinzunehmen.

Ich darf im Übrigen darauf hinweisen, dass in einer ersten Bilanz der Modellphase durch das Institut für Rechtsmedizin der MHH im Mai dieses Jahres von einer - ich zitiere - „flächendeckenden Verbesserung der Gewaltopferversorgung in Niedersachsen“ die Rede war. In der Ankündigung der interdisziplinären Fachkonferenz am 9. und 10. Juni in der MHH lesen wir - ich zitiere wiederum -:

„Die Fachkonferenz soll einen interdisziplinären Austausch ermöglichen und idealerweise die Verbesserung bundesweiter und flächendeckender Strukturen der Gewaltopferversorgung vorantreiben.“

An dieser Stelle darf ich kurz einfügen, dass der im Sozialausschuss einvernehmlich gewünschten

Unterrichtung über das Ergebnis dieser Konferenz

bis heute seitens des Ministeriums nicht nachgekommen wurde.

Meine Damen und Herren, 13 Standorte sind in einem Flächenland wie Niedersachsen in keinster Weise ausreichend. Verbesserung bzw. Ausbau kostet mehr. Deshalb muss der Haushaltsansatz erhöht werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Uwe Schwarz das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst auch von uns der herzliche Dank an Frau Sozialministerin Rundt und an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die - wie immer - gute Vorbereitung und Begleitung unserer Haushaltsberatungen im Sozialausschuss.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe eben wieder zur Kenntnis genommen, lieber Max Matthiesen: Wenn bei der CDU-Opposition eines beständig ist, dann sind es die gewaltigen Gedächtnislücken hinsichtlich Ihrer Regierungshinterlassenschaften.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich fange mit dem Thema Krankenhäuser an. Als Sie die Regierung 2003 übernommen haben, lag der Investitionsbedarf bei 390 Millionen Euro. Hinterlassen haben Sie uns einen Investitionsstau von 1,2 Milliarden Euro. Sie haben die Investitionskosten im Jahr 2010 - - -

(Reinhold Hilbers [CDU]: Die sind doch in zehn Jahren entstanden! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Da Sie ja auch Haushaltsunterlagen kriegen und ich Ihnen unterstelle, dass Sie lesen können, sage ich: Machen Sie das einmal!

Sie haben die Investitionskosten 2010 auf 35 Millionen Euro gekürzt. Sie haben zehn Jahre lang kein einziges Strukturgespräch geführt. Die Folge: Fast zwei Drittel aller Krankenhäuser haben wirtschaftliche Probleme, und Ihr bisher einziger Lösungsvorschlag lautet: Einrichtung einer Enquetekommission.

Meine Damen und Herren, es gibt hier keine Erkenntnisdefizite, sondern es gibt hier das vollständige Versagen der Vorgängerregierung.

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Ge- nau!)

Insofern hat diese Landesregierung allein in diesem Jahr in zehn Regionen Strukturgespräche geführt. Wir haben 2014 4 Millionen Euro für Umstrukturierungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt, und 2015 werden es 6 Millionen Euro sein.

Wir haben exakt das eingeleitet, was die BundLänder-Arbeitsgruppe unter Bundesminister Gröhe jetzt für ganz Deutschland vorschlägt. Das gilt übrigens auch für viele andere Elemente der Arbeitsgruppe, die sich auch in unserem Entschließungsantrag hier im Parlament wiederfinden.

Wir sind Frau Ministerin Rundt wirklich außerordentlich dankbar für den erfolgreichen Einsatz in der Bund-Länder-Kommission auch aus niedersächsischer Sicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Da Sie gerade Salzgitter angesprochen haben, Herr Matthiesen: Die CDU-Fraktion sollte sich wirklich überlegen, ob sie sich bei Strukturveränderungen weiterhin an die Spitze der Protestbewegung stellt oder ob sie sich tatsächlich konstruktiv an der Sicherung einer wohnortnahen Versorgung beteiligt.

Wenn ich dieses Thema nehme, dann sage ich Ihnen: Noch einen setzt die FDP drauf. Ich weiß nicht, ob das dem permanenten Überlebenskampf geschuldet ist. Was machen Sie? - Sie sammeln 6 Millionen Euro für Strukturmaßnahmen aller Krankenhäuser ein, weitere 6 Millionen Euro bei den Uni-Kliniken und gaukeln so den Menschen in Salzgitter vor, diese Maßnahme direkt aus dem Landeshaushalt finanzieren zu können.

(Johanne Modder [SPD]: Unver- schämtheit!)

Sie machen das trotz eines anderslautenden Beschlusses des Krankenhausplanungsausschusses, an den sich bisher jede Vorgängerregierung gehalten hat,