Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

„Erfüllen die an der Notfallversorgung teilnehmenden Krankenhäuser ihre Aufgaben nicht, wird geprüft, ob sie im Krankenhausplan verbleiben können.“

Was ist daran eigentlich falsch? - Wir kriegen ständig Hinweise, dass schwer erkrankte Menschen mit dem Rettungswagen von einem Haus zum anderen gefahren werden, aber aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht aufgenommen werden, weil dort gerade das Budget erschöpft ist. Das können wir doch nicht wollen! Sie können doch nicht ernsthaft für jedes kleine Krankenhaus kämpfen und gleichzeitig zur Kenntnis nehmen, dass große ihre Tür nicht aufmachen, weil ein Budget ausgeschöpft ist. Solche Häuser haben im Kran

kenhausplan nichts zu suchen! Das muss man auch prüfen dürfen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU)

- Doch, das hat er gesagt!

Was nehmen wir denn zur Kenntnis? - Wir nehmen momentan einen massiven Verdrängungswettbewerb gerade zulasten von kleinen Krankenhäusern in der Fläche wahr, weil sie teilweise die gleiche Grund- und Regelversorgung abdecken. Sie befinden sich in einem Vernichtungswettbewerb. Das Ergebnis dieses Vernichtungswettbewerbs können Sie in einigen Regionen schon beobachten. So ist in meiner Heimatregion das Uslarer Krankenhaus vom Netz gegangen. Bei Herrn Schünemann ist das Krankenhaus in Stadtoldendorf vom Netz gegangen. In Göttingen ist die Hainberg-Klinik vom Netz gegangen. Alles unter Ihrer Ägide!

Wenn wir das so laufen lassen, bedeutet das: Drei kaputte Krankenhäuser werden vom Markt gehen, und die Region ist überhaupt nicht mehr versorgt! Oder es kommt ein Privater, kauft den Laden und macht dann wiederum nur einen Verdrängungswettbewerb zulasten der noch wenigen freigemeinnützigen Krankenhäuser. Das ist die Situation, die wir zurzeit vor Ort erleben.

Deshalb versuchen wir, mit Strukturpolitik, mit Gesundheitskonferenzen und mit sektorenübergreifender Versorgung vernünftig zu steuern. Jawohl, da muss man steuern! Nichts anderes, Herr Dr. Matthiesen, hat die Große Koalition mit ihrem Papier gemacht, wie man Krankenhäuser in Bund und Ländern zukunftsfähig ausgestalten kann. Warum nehmen Sie nicht endlich einmal an, was Ihre eigene Bundesregierung mitmacht? Dann wären Sie schon um Lichtjahre weiter! Sie machen hier alles kaputt, was gerade in Berlin ausgehandelt worden ist!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will Ihnen mal sagen: Die Tatsache, dass es für Strukturpolitik einen Sonderfonds von einer halben Milliarde Euro gibt und sich Niedersachsen bereit erklärt, sich mit seinem Anteil von 50 Millionen Euro an der Finanzierung zu beteiligen, dass in diesem Jahr 6 Millionen Euro für strukturverbessernde Maßnahmen in den Haushalt eingestellt worden sind - im letzten Jahr waren es 4 Millionen Euro für strukturverbessernde Maßnahmen -, ist genau das, was in Berlin ausgehandelt worden ist.

Zu Ihrer Zeit waren die Finanzierungen ganz anders; das wissen Sie. Die Tatsache, dass zum ersten Mal der Landesbasisfallwert auf fast 3 200 Euro erhöht worden ist und es 2016 sozusagen eine Gleichheit auf der Bundesebene gibt, ist ein Riesenerfolg! Warum machen Sie ihn mit kaputt? Es ist eine Riesenleistung von Frau Rundt, dass das erstmalig für die niedersächsischen Krankenhäuser erreicht worden ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

- Sie können da dazwischenrufen. Herr Hilbers, wir hatten schon einmal eine Bund-Länder-Konferenz. Die war im Jahr 2008. Damals hieß Ihre Sozialministerin Ross-Luttmann. Wissen Sie, was sie gemacht hat? - Sie ist überhaupt nicht dorthin gefahren!

Ich finde, wenn man sich ehrlich mit dem auseinandersetzt, was hier als Entschließung vorliegt, und wenn man das ernst nimmt, was Norbert Böhlke in der Einbringung hier ausgeführt hat, dann kann ich Sie nur noch einmal auffordern: Machen Sie bei einer vernünftigen Strukturpolitik für die Krankenhäuser mit! Versuchen Sie nicht, den Menschen zu erklären, jedes Krankenhaus könne am Netz bleiben! Das ist blanker Unsinn. Das wissen auch Sie. Sorgen Sie mit uns für eine anständige medizinische Versorgung in der Fläche und hören Sie mit dieser Frontalopposition auf! Das macht die medizinische Versorgung endgültig kaputt. Das kann doch nicht die Aufgabe einer Opposition sein, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es liegt eine Meldung zu einer Kurzintervention vor. Der Kollege Max Matthiesen hat das Wort. Bitte schön!

Lieber Kollege Uwe Schwarz, Sie zeichnen hier ein Zerrbild von der Wirklichkeit der Krankenhäuser in Niedersachsen. Natürlich gibt es Probleme, die wir lösen wollen. Dazu legen wir unsere Vorschläge vor. Aber Sie versetzen - umgekehrt - viele Krankenhäuser in Angst und Schrecken,

(Widerspruch von Petra Tiemann [SPD])

weil Sie dieses Damoklesschwert ins Gesetz einführen wollen, dass ein Krankenhaus aus dem

Plan genommen werden kann. Das ist doch der Hintergrund Ihres Antrags! Sie wollen Aufhebungsbescheide mit Rechtsbehelfsbelehrung ausstellen, damit ein Krankenhaus aus dem Plan geschossen werden kann. Das haben wir 2012 gegen Ihren Antrag abgelehnt.

Genau das ist der springende Punkt: Sie wollen diesen Krankenhausdirigismus. Natürlich sind wir dafür, dass sich Krankenhäuser an die Entwicklung anpassen, dass sie ihre Versorgungsangebote überprüfen, dass sie im Verbund arbeiten können, dass sie auch Spezialisierungen vornehmen. Aber das alles hat auch seine Grenzen. Die Grund- und Regelversorgung muss sichergestellt werden, und zwar nicht nur durch einige Zentren, die das dann machen können.

Darauf hatte mich gerade meine liebe Kollegin Gabriele Kohlenberg hingewiesen: Das Krankenhaus Springe soll geschlossen werden, aber die Notfallversorgung soll erhalten bleiben. - Dann möchte ich wissen, wie das überhaupt funktionieren kann. Das kostet viel Geld, wird aber kaum etwas bringen. Alles das, was jetzt kommt, sind unausgegorene Dinge.

Noch einmal zur Notfallversorgung: Sie können doch nicht unterstellen, dass die Krankenhäuser Geschäftemacher sind und deswegen keine Notfälle aufnehmen! Sprechen Sie darüber einmal in der Region Hannover mit Herrn Dr. Moesta, der für diesen Bereich verantwortlich ist und in einem Regionalgespräch auf Einladung der CDU gesagt hat, dass jeder, der in Not ist, auch notversorgt wird, selbst in einem Krankenhaus, das sich aus der Notfallversorgung abgemeldet hat. Aber es muss doch gewährleistet werden, dass ein Krankenhaus, das sehr gut angenommen wird, sich auch einmal abmelden kann, wenn die Finanzierung nicht verbessert wird.

Das alles sind Dinge! Sie greifen etwas heraus, und das ergibt keinen Sinn, außer dass Sie den Zentralismus in der niedersächsischen Krankenhausplanung durch ein Gesetz einführen wollen. Wir sind gespannt, was da kommt.

(Beifall bei der CDU - Renate Geuter [SPD]: Argumente aus der Mottenkis- te!)

Herr Kollege Schwarz!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Matthiesen, ich bin wirklich erschrocken, wie wenig Sie im Thema sind. Die Tatsache, dass man versucht, mit Portalkrankenhäusern Erstanlaufstellen für ernsthaft Erkrankte zu schaffen, um sie später in eine Spezialklinik zu verlegen - genau das wird für Springe angedacht -, ist heute wirklich ein gangbarer Weg, um eine optimale ländliche Versorgung zu erreichen, wenn man nicht mehr drei Häuser nebeneinander erhalten kann. Das alles müssten Sie wissen.

Sie arbeiten doch nur mit Schlagwörtern. Ich will Ihnen mal etwas vorlesen; denn ich weiß, dass Sie immer große Schwierigkeiten haben, sich an Ihre eigenen Beschlüsse zu erinnern. Diese alte Koalition hat 2009 - ich sage das bewusst im Zusammenhang mit der Debatte um Salzgitter - in einem Entschließungsantrag u. a. beschlossen, dass bei der Förderung für große Krankenhausbaumaßnahmen grundsätzlich an der gezielten Steuerung über Investitionsentscheidungen des Krankenhausplanungsausschusses festgehalten werden soll.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist ja richtig!)

- Es ist ja schön, wenn wir uns wenigstens da einig sind!

Denn es ist der Krankenhausplanungsausschuss, der einmütig beschlossen hat - das Land hat dort kein Stimmrecht -, welche Krankenhäuser keine Existenzgrundlage haben, wenn sich ihre wirtschaftlichen Ausgangslagen nicht deutlich verändern. Dazu gehört Salzgitter. Dazu gehören die Krankenhäuser, die hier in der Region gerade in der Diskussion stehen.

(Zurufe von der FDP)

Sie halten sich überhaupt nicht an Ihre eigenen Beschlüsse. Sie erklären den Leuten: Was interessiert mich mein Beschluss? Wir müssen versuchen, den Leuten einzureden, jedes Krankenhaus in Niedersachsen könne erhalten werden.

Das ist so etwas von unredlich und so etwas von unfair auch gegenüber der Bevölkerung! So kann man nicht Opposition machen, meine Damen und Herren. So erzeugt man Angst und macht die Versorgung endgültig kaputt. Sie sollten sich schämen wegen dieser Form von Politik.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU - Vom Rednerpult fällt ein Teil der Ver- blendung ab)

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Rundt hat sich zu Wort gemeldet. Frau Ministerin, bitte!

(Minister Pistorius stellt das abgefal- lene Teil der Verblendung an das Rednerpult)

- Herr Schwarz, was haben Sie da gemacht? Kriegen wir das wieder hin?

(Heiterkeit - Zurufe)

- Das war der Innenminister. Schwarz macht es kaputt, der Innenminister macht es heile. Ich bitte um Nachsicht.

Frau Ministerin Rundt, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es ganz symbolisch, dass von uns erst einmal Aufräumarbeiten erledigt werden müssen.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU - Zuruf von der CDU: Ihr Auf- räumen ist Kaputtmachen, Frau Minis- terin!)

Krankenhäuser sind ein existentieller Baustein der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Krankenhäuser leisten Arbeit, ohne die eine moderne und humanitäre Gesellschaft nicht denkbar ist. Krankenhäuser müssen in der Lage sein, ihren Auftrag für das Land wahrzunehmen. Es ist Aufgabe des Staates, für Rahmenbedingungen zu sorgen, damit genau dies möglich ist.

Insofern, lieber Herr Dr. Matthiesen, teile ich den größten Teil Ihrer Forderungen. Ich bin seitdem irgendwie etwas darüber irritiert, wie Sie es schaffen konnten, den vorliegenden Antrag so falsch zu verstehen und fehlzuinterpretieren, wie Sie es gerade getan haben.

Die Frage, die sich mir gestellt hat, ist: Wem wollen Sie mit Ihren Interpretationen eigentlich Angst machen? Ich sage ganz klar und ganz deutlich: Wir brauchen zumindest den allergrößten Teil der Krankenhäuser, die es in Niedersachsen gibt, und wir brauchen insbesondere auch kleinere Kran

kenhäuser in der Fläche. Auch das sagen wir deutlich und überall.

Genauso sagen wir auch sehr klar, dass es wichtig ist, dass Krankenhäuser zukunftsfähig sind und dass es nur Sinn macht, Investitionsmittel, die weiß Gott knapp sind, in Strukturen zu stecken, die zukunftsfähig sind.

Genau deshalb führen wir Regionalgespräche, und genau deshalb, weil wir zukunftsfähige Strukturen brauchen, besprechen wir mit allen Akteuren vor Ort, wie es aussehen kann. Genau deshalb, weil wir Krankenhäuser im ländlichen Raum brauchen, habe ich mich so vehement für Sicherstellungszuschläge für Krankenhäuser im ländlichen Raum eingesetzt, und zwar zusätzlich zu dem Budget, das im Land sonst vorhanden ist.

Wenn Herr Staatssekretär Röhmann zum Krankenhaus Springe gesagt hat, dass es hierbei auch um Investitionsmittel geht, dann ganz sicherlich so, wie er es immer sagt, nämlich: Investmittel gibt es dann, wenn zukunftsfähige Strukturen aufgebaut sind und wenn diese untereinander geklärt sind, nicht aber für die Schließung eines Krankenhauses.

Die Länder sind zuständig für den Bereich der Investitionskosten. Die Vorschriften zu den Investitionskosten sind im Übrigen - anders als die Beträge, um die es geht und die auch gern einmal von Schwarz-Gelb abgesenkt wurden - kaum verändert worden, weil die Grundstruktur sachgerecht und konsensual ist.