Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

Die Länder sind zuständig für den Bereich der Investitionskosten. Die Vorschriften zu den Investitionskosten sind im Übrigen - anders als die Beträge, um die es geht und die auch gern einmal von Schwarz-Gelb abgesenkt wurden - kaum verändert worden, weil die Grundstruktur sachgerecht und konsensual ist.

Die Finanzierung der laufenden Kosten für Krankenhäuser aber hat der Bundesgesetzgeber 1993 mit marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen versehen. Ein böser Fehler, denn seitdem haben wir nichts als Ärger mit Nachjustierungsmodellen. Die Folgen erleben wir bis heute. Die Grund- und Regelversorgung ist chronisch unterfinanziert. Das Zweidrittelproblem wurde genannt. Krankenhäuser, die sich auf elektive Leistungen beschränken, haben dagegen ein gutes Auskommen. Es ist die stereotype Erfahrung unserer Regionalgespräche: Das Allgemeinkrankenhaus gerät wirtschaftlich auf Grundeis, während der meist gewerbliche Elektivanbieter nebenan sein gutes Auskommen hat.

Die spezialisierten Angebote sind lukrativ, sind Sahnehäubchen auf der Krankenhausentgelttorte. Besonders heftige Kämpfe erleben wir z. B. im Bereich der psychosomatischen Medizin: Klagen, Gegenklagen, Sofortvollzug, Klagen gegen den Sofortvollzug. Jeder will psychosomatische Medi

zin anbieten. Ich würde mir wünschen, dass die Anbieter, gerade die gewerblichen, auch einmal Interesse am Thema Geburtshilfe hätten.

Die Grundversorgung bleibt ein Zuschussgeschäft. Genau das ist der Teil, der von den kommunalen und kirchlichen Trägern wahrgenommen wird. Die Spezialversorger leisten - keine Frage - gute Arbeit. Dennoch hat der Bund sehenden Auges diejenigen Leistungsangebote unterfinanziert, für die letztlich die Kommunen einen Sicherstellungsauftrag haben, während er diejenigen Angebote stützt, die außerhalb der kommunalen Verantwortung meist durch gewerbliche Anbieter wahrgenommen werden.

Wir haben es mit offensichtlichen Fehlanreizen zu tun. Die Herren Bahr und Rösler haben das über die Jahre hinweg entweder ignoriert oder sogar gefördert. Herr Gröhe ist unter massiven Druck der Länder geraten, dies nun eindeutig zu ändern.

Wir haben erhebliche Probleme im Bereich der Krankenhäuser. Es ist niemandem geholfen, wenn wir endlose Diskussionen in einer Enquetekommission führen; die Nöte sind bekannt.

Vielleicht noch ein letzter Grund, warum es vielleicht sinnvoll sein könnte, eine Enquetekommission einzusetzen. Es wäre vielleicht sinnvoll, einmal zu schauen, was eigentlich im Jahr 2010 von der schwarz-gelben Landesregierung gemacht worden ist, nämlich nur noch die Anfinanzierung von Krankenhäusern in der Hoffnung: Wir finanzieren eine Baugrube und gucken einmal ob sich dann hinterher irgendwo ein Krankenhaus bildet. - Mit anderen Worten: Es wäre wirklich lohnenswert, das einmal aufzuarbeiten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir haben viel zu tun. Es gibt Regionalgespräche. Wir müssen auf der Bundesebene viel tun. Es gibt keinen Grund, Energien in einer Enquetekommission mit denen zu verschwenden, die jahrelang nichts getan haben, statt auf Bundes- und regionaler Ebene endlich Problemlösungen anzugehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir sind am Ende der Beratung angelangt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung unter Tagesordnungspunkt 5.

Ich hatte vorher vorgelesen, was empfohlen wird. Wer der Beschlussempfehlung des Ältestenrates folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/1979 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ältestenrates gefolgt worden.

Wir kommen zur Abstimmung unter Tagesordnungspunkt 6.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das erste War die Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratung: Visafreiheit für türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ermöglichen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1755 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 17/3078

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung.

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Mustafa Erkan von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Gerade läuft bei uns hier in Hannover die Cebit und in wenigen Wochen die HANNOVER MESSE. Wissen Sie, wie es bei Messen hier funktioniert?

(Zuruf von der SPD)

- Das wusste ich. Deswegen erkläre ich es Ihnen jetzt.

Die Unternehmen schicken ihren teuren Standaufbau aus der Türkei vorab hierher. Dann hoffen sie,

schnellstmöglich mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hinterherreisen zu können. Hier in Hannover stapeln sich in der Zwischenzeit die Kisten und warten darauf, ausgepackt und aufgebaut zu werden. Aber die Unternehmer und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen. Diese haben leider im letzten Moment kein Visum für ihre Einreise zu uns nach Deutschland bekommen. Das passiert leider noch viel zu oft und mit viel zu vielen.

Wir erwarten auf der bevorstehenden HANNOVER MESSE insgesamt rund 6 290 Aussteller, davon 230 Unternehmen aus der Türkei. Damit belegt die Türkei nach Deutschland, China, Italien und Indien den fünften Platz bei den Ausstellern auf der weltgrößten Messe hier bei uns in Hannover.

Unter anderem auch deshalb sollte sich Deutschland, sollten wir, einer der engsten und wichtigsten Wirtschaftspartner der Türkei, das Ganze nicht weiter mit einer Visapflicht erschweren.

(Björn Thümler [CDU]: Richtig!)

Der engste Wirtschaftspartner der Türkei schirmt sich so sehr ab, dass auch Freunde Mühe haben, einreisen zu können. Das wurde bei zahlreichen Messebesuchen und unseren Reisen in die Türkei immer wieder kritisiert.

Der Wunsch, die Forderung ist ganz klar: Türkische Staatsbürger müssen visafrei nach Deutschland einreisen können. Das wäre gut für die Wirtschaft, für die vielen Freundschaften, die Vereine und Verbände, die Städte und Gemeinden sowie die Familien hüben wie drüben.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

In der ersten Beratung in diesem Hohen Haus habe ich bereits alle für diesen Antrag wichtigen Punkte ausführlich dargestellt. Jetzt bin ich froh, dass inzwischen alle Fraktionen in diesem Landtag die Notwendigkeit einsehen, dass sich ändern muss. Alle stehen dazu, dass die Partnerschaft, die Freundschaft zwischen Deutschland und der Türkei auf allen Ebenen verankert und nachhaltig vertieft werden muss.

Die besondere Partnerschaft ist es uns wert, die Diskussion um die Visafreiheit auf die nächste Ebene zu bringen.

Wir stellen vier Kernforderungen auf: erstens Visafreiheit für Dienstreisen, zweitens Visafreiheit bei Familienbesuchen, drittens Vereinfachung der Visavergabe bei Delegationsreisen, Städtepartner

schaften sowie Sport- und Jugendreisen, viertens Visaliberalisierung auf europäischer Ebene.

Das tragen alle Fraktionen mit. Über diese Einigkeit bin ich sehr froh. Ich bedanke mich deshalb ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hohen Haus.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen

(Belit Onay [GRÜNE] eilt mit zwei Zet- teln zum Präsidium)

liegen vor. Sie kommen mit fliegenden Fahnen. - Jan-Christoph Oetjen, FDP-Fraktion, bitte schön! Sie haben das Wort, danach der Übergeber der Nachricht.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte vermutet, dass erst die Unionsfraktion dran ist.

Wir haben uns in der Tat - das hat der Kollege gerade richtig ausgeführt - nach den Beratungen zu diesem Entschließungsantrag, die wir in diesem Hause hatten, zusammengesetzt und darüber diskutiert, wie wir die besondere Beziehung zwischen Deutschland und der Türkei verbessern können, damit es weniger Beschränkungen, weniger Hindernisse für Menschen gibt, die hierher kommen wollen, um ihre Familie zu besuchen oder um die wirtschaftlichen Beziehungen zu pflegen.

Ich bin froh, dass alle sich bewegt haben - sowohl die Fraktionen von SPD und Grünen als auch die Fraktion der CDU und meine Fraktion - und wir gemeinsam zu einem Text gefunden haben. Wenn sich alle bewegen und kompromissbereit sind, dann kommt man zu guten Ergebnissen. Das ist in diesem Bereich der Fall.

Insofern finde ich gut, dass wir hier ein klares Signal setzen. Die Türkei ist ein wichtiger Partner. Wir wollen die Visavergabe verbessern, sie liberalisieren. Wir wollen Visafreiheit ermöglichen, wo das geht. Es gibt dazu eine Roadmap, die aus unserer Sicht noch nicht ganz ausreicht. Da muss noch mehr Energie reingesteckt werden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wie müssen uns auch angucken, wie bei der Visavergabe vor

Ort tatsächlich verfahren wird. Das eine ist das, was auf dem Papier geschrieben steht. Das andere ist das, was vor Ort in der Türkei bei der Visavergabe passiert. Wenn dort alle dem Beispiel folgen, das wir hier vorgeben, wenn sie sich gemeinsam an einen Tisch setzen und einen Kompromiss erarbeiten, um die Visavergabe zu verbessern, dann haben wir ein gutes Ergebnis.

In diesem Sinne vielen Dank für die Zusammenarbeit und dafür, dass wir heute ein gutes Signal für die deutsch-türkische Freundschaft geben können.