(Beifall bei der AfD - Zuruf von der SPD: Selbstüberschätzung! - Helge Limburg [GRÜNE]: Wenn es Ihnen gut tut, Frau Kollegin, sei es Ihnen ge- gönnt!)
Was ist denn passiert? Warum nehmen Sie sich dieses Themas plötzlich an? - Zu viel Druck aus der Parteibasis? Ärger mit der Wählerschaft? - Alles möglich!
„Der Landtag begrüßt, dass sich stattdessen mehrheitlich moderne Sichtweisen in den Religionsgemeinschaften durchsetzen, die das Schächten mit z. B. der Elektrokurzzeit
Das begrüßen auch wir. Dies bedeutet jedoch, dass Sie sich mit einer Ablehnung eines generellen Verbots betäubungslosen Schächtens den Vorstellungen einer kleinen fundamentalistischen Minderheit unterordnen. Einen religiösen Zwang kann man kaum als gegeben hinnehmen, wenn in den Religionsgemeinschaften mehrheitlich die Sichtweise vorherrscht, dass es auch anders geht.
Um es nicht ganz so durchschaubar zu lassen, befassen Sie sich zusätzlich mit der Thematik von Nottötungen in landwirtschaftlichen Betrieben und mangelhafter Betäubung in Schlachthöfen.
Das sind wichtige Themen, die im Sinne des Tierschutzes angegangen werden müssen. Seien Sie sich unserer Unterstützung sicher! Wir werden einen guten Antrag nicht ablehnen, nur weil er von Ihnen kommt.
Bedauerlicherweise ist nur der Ansatz Ihres Antrages gut gemeint. Sie fordern die Entwicklung einer Strategie. Bis wann? - Verpflichtende Fortbildung für Tierhalter! Ab wann? Mit welchem Inhalt? Wer soll diese durchführen? Was gibt es für Sanktionen bei Nichteinhaltung? Woher kommt das Personal, welches die Kontrollfunktion übernimmt? Wer soll es bezahlen?
Eine Bundesratsinitiative wird gefordert. Diese soll Alternativen zur CO2-Betäubung untersuchen und weiterentwickeln. Bis wann? An welche Alternativen denken Sie? Wann soll es ein Ergebnis geben?
Die Landesregierung soll die Behörden, die für die Überwachung des Tierschutzes in den Schlachtbetrieben zuständig sind, anweisen, diese Überwachung zu verstärken. Mit welchen Kontrolleuren? Wo sind die Mittel für die zusätzlichen Neueinstellungen? Woher bekommen Sie das fachlich versierte Personal?
Schon am 15. März 2016 berichtete das Magazin „Panorama“ des NDR, dass bereits 2016 im Landkreis Cloppenburg 50 Fleischkontrolleure bei ihrem zuständigen Veterinäramt Alarm schlugen, da es
dort schon vor zwei Jahren zu Überlastungen durch Personalabbau kam. Eine ordnungsgemäße Kontrolle des Fleisches, das in den Handel kommt und gegessen wird, sei nicht mehr gegeben. Es ist von Druck auf Veterinärämter die Rede, von Schlachthofbetreibern, die den Kontrolleuren die Richtung vorgeben, und nicht umgekehrt.
Hat sich die Situation in den Veterinärämtern seitdem verbessert? Woher sollen die Ressourcen für weitere Maßnahmen kommen?
Es bleibt nur zu hoffen, dass die Menschen, die Ihnen aus Tierschutzaspekten Ihre Stimme gegeben haben, dieses schäbige Feigenblatt erkennen, mit dem Sie hier die Tatsache verschleiern wollen, dass Sie vollumfänglich damit einverstanden sind, dass erst im letzten Jahr 221 Schafen in Niedersachsen bei vollem Bewusstsein die Kehle durchgeschnitten wurde.
Ebenso, dass Ihr Antrag, den Schlachttieren in Niedersachsen ein tierschutzkonformes Ende zu ermöglichen, weder einen echten Plan noch eine zeitliche Regelung und schon gar keine greifbare Lösung enthält. Aber er hört sich erst mal gut an. Die AfD-Fraktion stimmt Ihrem Antrag trotzdem zu.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde angesprochen: Wir haben einen Änderungsantrag zu dem Antrag der Fraktion der Grünen eingebracht. Der Antrag der Fraktion der Grünen geht weit über das Thema, das eigentlich unter diesem Tagesordnungspunkt besprochen wird, hinaus. Er beschäftigt sich vollumfänglich mit dem Tierschutz und müsste deshalb im Ausschuss beraten werden. Es müsste eine Expertenanhörung dazu stattfinden usw. Das findet im Ausschuss zu ähnlichen Themen aber bereits statt.
Wir wollen uns heute mit dem speziellen Thema des betäubungslosen Tötens von Tieren beschäftigen und haben deswegen den ersten Teil und den Schlusssatz des Antrags der Fraktion der Grünen in unserem Änderungsantrag aufgegriffen. Wir sind der Auffassung, dass in dem Antrag die Sachverhalte sehr zutreffend geschildert worden sind, nämlich dass bei den fortschrittlichen Menschen in den in Rede stehenden Religionsgemeinschaften die Kurzzeitbetäubung als eine Methode angesehen wird, die mit den religiösen Vorschriften vereinbar ist.
Wir alle sind der Meinung, dass natürlich nicht ein einziges Tier unnötig leiden soll. Deswegen weisen wir die Kritik, die eben wieder von Frau Guth geäußert wurde, in jeder Form zurück. Das sind wirklich sehr boshafte Unterstellungen, die Sie eben gemacht haben. Wenn Sie sagen, dass hier religiösen Zwängen nachgegeben werden soll, will ich nur darauf hinweisen - ohne das zu weit auszuwalzen -, dass es sich dabei um ein im Grundgesetz garantiertes Gut handelt, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat.
Das muss Sie nicht kratzen, aber uns schon. Denn wir stehen auf dem Boden des Grundgesetzes dieses Landes.
Richtig ist - und das wird im Antrag dargestellt -, dass auch der Schutz der Tiere als Staatsziel festgeschrieben ist - nicht als ganz so hohes Gut, aber es ist auch festgeschrieben, und dem fühlen wir alle uns verpflichtet.
Ich will nur kurz auf das unsägliche Video, das Sie ins Netz eingestellt haben, eingehen. Sie versuchen nicht nur mit Worten, sondern auch mit Bildern, mit furchtbaren Bildern den Eindruck zu erwecken, als wären Sie allein gegen das Schächten und die anderen dafür. Ich weise das sicherlich für alle Fraktionen in aller Form zurück. Und um klarzustellen, dass das nicht so ist, haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht, damit nicht irgendein Mensch in diesem Land auf diese Rattenfängerei reinfällt.
Sie haben ja die Zahl genannt. Es werden Millionen von Tieren geschlachtet. Aber, wie gesagt, nicht ein einziges Tier soll unnötig leiden. Deswegen möchten wir, dass die Landesregierung mit den Religionsgemeinschaften darüber spricht, dass möglichst die Elektrokurzzeitnarkose als Methode allgemein anerkannt wird, damit möglichst kein Tier mehr ohne vorherige Betäubung geschlachtet wird.
Insofern sprechen wir uns klipp und klar dafür aus, den Tierschutz mit allen Mitteln voranzubringen. Aber wir achten auch die Religionsfreiheit. Ihre Versuche, Menschen zu stigmatisieren, an den Pranger zu stellen, indem Sie sich dieses vergleichsweise sehr kleine Segment herausgreifen, um damit Ihre ausländerfeindliche Gesinnung darzulegen, weisen wir in aller Form zurück.
(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Klaus Wichmann [AfD]: Das ist eine Unterstellung! Eine Beleidigung!)
Vielen Dank, Herr Grupe. - Jetzt kommt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Miriam Staudte hat das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann ganz vielem von dem zustimmen, was Herr Grupe gerade angeführt hat.
Wir haben den vorliegenden Antrag eingebracht, weil es wichtig ist, auch über das Lebensende von Tieren, über das Schlachten, über die Zustände in den Schlachthöfen zu sprechen und nicht nur über die Haltungsbedingungen, wie wir es in den letzten Jahren sinnvollerweise bereits sehr häufig getan haben.
Tausende von Tieren sterben in deutschen Schlachthöfen, und zwar nicht schnell und schmerzfrei, sondern tatsächlich langsam und qualvoll. Und das liegt nicht daran, dass sie geschächtet werden, sondern daran, dass die Versuche, sie zu betäuben, kläglich misslingen.
755 Millionen Tiere werden jährlich in Deutschland geschlachtet, ein Großteil davon im Agrarland Niedersachsen. Die vorgeschriebenen Betäubungen sind allerdings häufig fehlerhaft. Je nach Betäubungsart und Schlachthof geht man von Fehlbetäubungsraten von 0,1 bis 12 % aus.
Bei den Größenordnungen, die ich gerade genannt habe - 755 Millionen Tiere im Jahr -, sind es 75 000 bis 9 Millionen Tiere jährlich, die beim Schlachten nicht richtig betäubt sind: Rinder, bei denen das Bolzenschussgerät nicht richtig angesetzt worden ist; Hühner, die an den Füßen aufgehängt werden und deren Kopf in ein Elektrowasserbad kommt, wo sie einen Stromschlag bekommen, sind nicht richtig betäubt, wenn sie zu sehr flattern.
Erschreckend finde ich auch die Methode, mit der Schweine betäubt werden sollen: Sie fahren in einer Art Paternoster hinunter in eine CO2-Blase - CO2 ist ja schwerer als Luft - und erleben dort bis zu 20 Sekunden lang das Gefühl eines Erstickungstodes - und das, obwohl es Betäubungsgase gibt, die eher einschläfern, also betäuben. Die sind aber teurer.
Tiere werden also zu spät, falsch oder gar nicht betäubt. Dasselbe gilt für Nottötungen. Beim letzten Plenum haben wir die Studie der Tierärztlichen Hochschule zu diesem Thema diskutiert. Darin ist problematisiert worden, dass Nottötungen nicht richtig durchgeführt werden. Im schlimmsten Fall sind lebendige Tiere unter den Tierkadavern, die in die Tierkörperbeseitigungsanlagen kommen.
Das alles sind schlimme Zustände mit einem immensen Ausmaß. Aber die AfD problematisiert das nicht in ihrem Antrag, mit dem sie suggerieren möchte, dass sie eine tierschutzfreundliche Partei wäre. Sie ignoriert diese Missstände und hat aus dem gesamten Bereich des Schlachtens und Tötens einen Aspekt herausgegriffen, und zwar den des Schächtens.
Wenn ich an die Aktuelle Stunde von heute Morgen denke, in der Sie quasi suggeriert haben, dass alle Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, Terroristen sind,
dann bestätigt dies das, was in der letzten Plenardebatte gesagt worden ist, nämlich dass Ihre Motivation, diesen Antrag einzubringen, eine ganz einfache ist: Ausländerhass zu schüren.
(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: Genau so ist es!)