Protokoll der Sitzung vom 16.05.2018

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Abschließend kann ich nur das wiederholen, was Ministerin Reimann letztes Mal gesagt hat. Wahlfreiheit wird nicht durch Ihren Antrag hergestellt, sondern der familienpolitische Rechtsanspruch führt jetzt zur Wahlfreiheit. Denn die, die arbeiten gehen wollen, können das endlich tun. Die 80jährige Tante meines Mannes sagt: Ich möchte das nicht bezahlt bekommen und ich wollte das nie bezahlt bekommen. Ich habe die Kinder für mich bekommen und nicht für den Staat. Es ist meine Entscheidung, wenn ich zu Hause geblieben bin. Und jetzt könnte ich endlich, wenn ich Kinder hätte, entscheiden, noch arbeiten zu gehen. Welch ein Fortschritt!

Damit schließe ich.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. Sie hatten einen Tuck mehr Redezeit, aber da war so viel Beifall. Das musste man ja irgendwie berücksichtigen. - Zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Emden gemeldet. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist schon erstaunlich, auch gerade dieser aufbrandende Beifall hier. Ich habe das Gefühl - das habe ich immer wieder, und das habe ich bei dieser Debatte ganz besonders; das hatte ich auch beim letzten Mal schon -, dass Sie hier alle irgendwie in Ihrem Wolkenkuckucksheim sitzen, dass Sie hier bar jeder Realität Scheindebatten führen.

(Lachen bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

- Sie wissen gar nicht, was draußen los ist, oder aber Sie sind nicht in der Lage,

(Zurufe)

unseren Antrag zu verstehen. Lesen Sie einmal den Antrag, durchdringen Sie ihn bitte einmal!

(Zurufe von der SPD)

Dann würde sich sicherlich vieles von Ihren Wortbeiträgen in Luft auflösen.

Noch einen kurzen Punkt, einen kurzen Hinweis: Ein Kita-Platz kostet wesentlich mehr als 500 Euro. Insofern können Sie nicht sagen, dass das, was wir vorschlagen, teurer und nicht bezahlbar ist.

(Zuruf von Johanne Modder [SPD])

Im Gegenteil würde es sogar den Haushalt entlasten.

Ich glaube, Sie sind nicht in der Lage - ich habe es beim letzten Mal schon gesagt; da war es mir auch anhand dessen, was hier an Protest aufbrandete, aufgefallen -, sich einmal in die Situation einer alleinerziehenden berufstätigen Mutter hineinzuversetzen,

(Johanne Modder [SPD]: Ach je!)

die eben nicht das Kind schon nach sechs oder acht oder zehn Monaten in die Kita geben möchte, sondern die vielmehr erst einmal das Kind bei sich zu Hause erziehen möchte. Genau um diese Personen geht es.

Nun zum ALG II-Bezug: Auch hier fehlt Ihnen offensichtlich das Verständnis. Natürlich muss man in der Diktion unseres Antrages diese Leistungen gegenrechnen. Denn es geht gerade darum, den Leuten, die zum Erhalt ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit arbeiten müssen, aber eben der Kinder wegen eigentlich in den ersten Jahren darauf verzichten wollen, die Brücke zu bauen,

(Zuruf von den GRÜNEN)

damit sie genau diese Entscheidung treffen können. Das, was Sie hier äußern, ist schlicht weltfremd.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Kollege Emden. - Frau Kollegin Bruns möchte antworten. Bitte sehr!

Interessant ist, Herr Kollege Emden, dass bei Ihnen immer die Männer wissen, was für die Frauen gut ist, dass da die Frauen weniger für sich selbst sprechen können. Aber das muss man auch so hinnehmen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Zweitens frage ich mich, in welchem Wolkenkuckucksheim Sie denn leben. Wo leben Sie, dass Sie glauben, dass ein Großteil der Mütter nicht arbeiten möchte? Das frage ich mich wirklich. - Wahrscheinlich ist das die Blase, in der Sie sich ständig befinden. Aber das ist ja ein grundlegendes Problem.

Drittens. Wovon lebt denn die alleinerziehende Mutter? Alleinerziehende Mütter leben doch großenteils vom ALG-II-Bezug. Ihre Argumentation erschließt sich mir überhaupt nicht, dass es richtig ist, das auszuschließen. Wenn Sie mit dem Anspruch herangehen und sagen, Sie wollen Erziehungsleistungen würdigen, dann wird das entweder bei allen gewürdigt oder bei keinem gewürdigt. Ansonsten müssten Sie das noch einmal durchdenken.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Kollegin Hamburg. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD möchte nun also Wahlfreiheit schaffen, und wir fragen uns: Für wen eigentlich? Für den Durchschnittsverdiener, der 3 770 Euro brutto im Monat verdient? Bleibt der für Ihr Erziehungsgeld zu Hause? - Wohl eher nicht.

Die alleinerziehende Mutter, die dann Sozialleistungen bekommt, weil sie zu Hause bleibt, und die das Landeserziehungsgeld gar nicht behalten darf, weil es gegengerechnet wird, von der Sie hier immer sprechen? - Wohl eher nicht. Denn da ist es reine Symbolpolitik, linke Tasche, rechte Tasche. Ihr wird das Geld auf der anderen Seite wieder genommen. Es ist ein Nullsummenspiel, das Sie hier betreiben.

Hat das Landeserziehungsgeld irgendeine sinnvolle und steuernde Wirkung? - Auch die kann man nicht sehen. Es ist ein reiner Mitnahmeeffekt für genau eine Personengruppe, für die Sie ja Politik machen, nämlich den gut verdienenden Mann, dessen Frau zu Hause bleibt und dafür noch 500 Euro bekommt. Das ist die Gruppe, für die Ihr Politikantrag an dieser Stelle wirkt, und das kann man einfach nicht gutheißen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD sowie Zustimmung bei der CDU)

Natürlich müssen wir auch über die negativen Folgewirkungen reden. Denn wenn wir nämlich das Geld da investieren, dann schaffen wir eben keine Wahlfreiheit. Das, was Frau Bruns eben ausgeführt hat - die mangelnden Plätze in den Kitas auf dem Land, die schlecht ausgestatteten Kitas und der Fachkräftemangel -, sind ja die Probleme, die die Leute hier in Niedersachsen massiv umtreiben. Viele sagen: Wir können unsere Kinder nicht in die Kita geben, denn entweder gibt es keine oder es gibt keine mit angemessenen Öffnungszeiten, meine Kita hat geschlossen, weil das Personal fehlt, oder sie sind mir zu schlecht ausgestattet. - Da müssen wir Wahlfreiheit schaffen. Das ist die Aufgabe, die derzeit ansteht.

Dazu sagen Sie aber keinen Ton. Im Gegenteil, Sie wollen das Geld anderweitig ausgeben.

Noch ein anderer wichtiger Punkt: Natürlich ist die Anerkennung von Fürsorgezeiten - darin sind wir uns, glaube ich, hier im Hause alle einig - ein wichtiges Thema, dem wir politisch begegnen wollen. Aber wie erreicht man denn das, liebe Kolleginnen und Kollegen? Wir erreichen doch nicht die Akzeptanz von Care/Fürsorge, also auch von Pflegezeiten, durch das Landeserziehungsgeld. Wir reden ja hier immer nur vom Landeserziehungsgeld.

Es geht aber auch um Menschen, die beispielsweise ihre Angehörigen, die im hohen Alter sind, pflegen. Wie schafft man es, dass diese CareZeiten anerkannt werden? Nicht mit einem Landeserziehungsgeld, sondern z. B. mit Familienzeitmodellen, also mit der Weiterentwicklung des Elterngeldes, indem man sagt: Familienzeiten fallen immer einmal an, nicht nur in den ersten 14 Monaten, sondern vielleicht auch dann, wenn das Kind eingeschult wird oder wenn ich einmal meine Mutter, die im hohen Alter ist, pflegen muss.

Das muss man anerkennen. Man muss diskutieren, wie Fürsorgezeiten bei Rentenansprüchen noch besser anerkannt werden. Oder man muss diskutieren, welche Jobsharing-Modelle vorangebracht werden können, um es beispielsweise auch Menschen im Schichtdienst zu ermöglichen, nebenbei ihre Kinder zu versorgen, und dort vernünftige Angebote machen.

Nicht zuletzt schafft man Wahlfreiheit für alle damit, dass man einmal über den Familienbegriff grundsätzlich diskutiert. Was ist denn heute eine Familie? - Doch nicht mehr, dass Verheiratete - Mann, Frau und zwei Kinder - eine Familie bilden,

(Lachen bei der AfD)

sondern Familien sind Alleinerziehende, Familien sind Regenbogenfamilien, Familien sind Patchworkfamilien. Darüber müssen wir diskutieren, denn für den Vater in einer Patchworkfamilie, dessen Kinder nicht die leiblichen sind, gilt nicht das Urlaubsgeld, da gelten nicht diese Krankheitstage, der hat überhaupt keine Ansprüche. Da schaffen wir Wahlfreiheit, wenn wir einfach einmal akzeptieren, dass Familie heutzutage nicht mehr nur Vater, Mutter, Kind ist. Darüber könnten Sie sich einmal Gedanken machen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der FDP sowie Zustim- mung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin Liebelt. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bothe, ich scheine in meiner letzten Rede ja ganz viel richtig gemacht zu haben. Wenn Sie mich so oft zitieren und angreifen, dann zeigt mir das, dass ich genau auf dem richtigen Weg war.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung bei den GRÜNEN und von Dirk Toepffer [CDU])

Wir als SPD-Fraktion werden Ihren Antrag zum Landeserziehungsgeld heute mit Überzeugung ablehnen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Dieser Antrag ist rückwärtsgewandte Gleichstellungspolitik, rückwärtsgewandte Familienpolitik, rückwärtsgewandte Bildungspolitik und ist auch aus finanzpolitischer Sicht völlig unsinnig.

Die Antragsteller möchten Wahlfreiheit schaffen, indem Eltern, die ihre Kinder im Alter von einem bis drei Jahren nicht in einer öffentlich subventionierten Einrichtung der Kindertagespflege betreuen lassen, eine Herdprämie in Höhe von 500 Euro bezahlt wird; das Ganze natürlich unabhängig vom Einkommen - außer bei denjenigen, die Sozialleistungen beziehen. Die sind natürlich ausgeschlossen.

Dazu kommt auch noch, dass die Eltern mindestens zwölf Monate in Niedersachsen gewohnt haben müssen.