Vielen Dank, Frau Staudte. - Jetzt hat sich der Kollege Dammann-Tamke zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten, Herr Dammann-Tamke.
Frau Kollegin Staudte, ich hatte gestern den Eindruck, dass hier im Plenum breiter Konsens dahin gehend besteht, dass wir in existenzielle Not geratenen Landwirten helfen wollen. Die Festlegung des nationalen Notstandes und diese Hilfsmaßnahmen beruhen auf den Ernteschätzungen, die aus den verschiedenen Bundesländern zusammengetragen wurden.
Sie haben eben gesagt, Niedersachsen hätte ein Drittel der Schäden, würde aber bezüglich des Kontingents der Hilfsmaßnahmen verhältnismäßig schlecht wegkommen, und hier sei schlecht verhandelt worden.
Fakt ist doch, Herr ehemaliger Landwirtschaftsminister Meyer, der Sie ganz maßgeblich für die Landwirtschaftspolitik der vergangenen Jahre Verantwortung getragen hat: Die Landwirtschaft in Niedersachsen ist sehr stark, weil sie flächenunabhängig produziert und weil die Landwirte auch Geflügel und Schweine haben und Biogasanlagen betreiben. Sie betreiben genau die Diversifizierung, die Sie einfordern, weil das ja krisenunabhängig macht. Deshalb sind die Schäden für die niedersächsische Landwirtschaft, die sie wirklich in existenzielle Not treiben, mit Sicherheit andere als die in den großen Anlagen in Ostdeutschland, wo irgendjemand 2 000 Kühe melkt und jetzt kein Futter mehr hat.
Insofern tun Sie uns einen Gefallen! Lassen Sie uns bei dem Konsens, dass wir in Existenznot geratenen Landwirten helfen wollen, keine parteipolitischen Spielchen treiben und uns nicht auseinanderdividieren!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Dammann-Tamke, auch mich würde sehr interessieren, zu erfahren, wie genau sich die Lan
desregierung vorstellt, diese Nothilfen zu verteilen. Nur die in ihrer Existenz gefährdeten Betriebe sollen etwas kriegen. Das hört sich erst einmal richtig an. Aber was ist denn da die Definition?
- Nein, es ist nie genau dargelegt worden, wie eigentlich berechnet werden soll, wer in seiner Existenz gefährdet ist. Der BDM - das ist der Bund Deutscher Milchbauern - hat z. B. den Vorschlag gemacht,
dass nicht die gewerblichen Tierhalter, sondern nur die landwirtschaftlichen Tierhalter unterstützt werden sollen. Ich finde, das ist ein sehr guter Vorschlag. Mich würde interessieren, wie die Landesregierung dazu steht. Ganz ehrlich: Ich höre heute zum ersten Mal, dass Niedersachsen ein Vorreiter bei der Diversifizierung in der Landwirtschaft sei. Mich würde interessieren, wie genau es zu diesem Verteilungsschlüssel gekommen ist. Es ist, finde ich, zu kurz gesprungen, hier einfach nur Behauptungen aufzustellen. Ich bin aber sicher, dass wir das im Agrarausschuss sehr ausgiebig diskutieren werden.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon erstaunlich, was alles für Ideen hier auf den Tisch kommen. Aber eines ist erst einmal zu begrüßen, und zwar dass jetzt die Zahlen in Bezug darauf auf den Tisch gekommen sind, wie Sie als Landesregierung die Situation einschätzen. Sie haben uns gesagt, dass Sie den Schaden für die Landwirtschaft in Niedersachsen einschließlich des Schadens in der Waldwirtschaft auf 1,3 Milliarden Euro schätzen. Die Hilfen sollen 80 Millionen Euro betragen. Man kann es leicht ausrechnen: Das sind 6 %.
Ich möchte nur einmal Folgendes feststellen: Die Ergebnisse dieses Jahrhundertereignisses bzw. dieser schlimmen Dürre haben die Bauern zu 94 % selbst zu tragen. Wer ihnen da noch einen Vorwurf macht und sagt, sie würden nur die Hand aufhalten und seien Subventionsempfänger, der sagt - um es sehr vorsichtig auszudrücken - etwas völlig Falsches.
Eben wurden die Fragen angesprochen: Was heißt denn „existenzgefährdend“? Wie ist das nachzuweisen? Es ist in Bezug auf irgendwelche Einzelfälle eine Hilfe angedacht, die 6 % des Gesamtvolumens betragen soll.
Meine Damen und Herren, uns wird hier nun ein Antrag vorgelegt, über den ich heute abstimmen könnte; denn er besteht aus einer Mischung von Dingen, über die es Konsens gibt, aber auch aus Dingen, die nun wirklich völlig abzulehnen sind, meine Damen und Herren.
Es gibt Menschen, die meinen, aus der Landwirtschaftskammer eine Handelsorganisation machen zu können. Der Vorschlag, bei dem Volumen von 6 % den gesamten Futterhandel so abzuwickeln, ist so sehr abenteuerlich, dass man sich als Bauer nur schüttelt. Ich hätte so viel sozialistische Planwirtschaft bei der AfD nun nicht verortet.
Ich komme zum zweiten Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nach dem Antrag soll es Hilfe nur für die Beschaffung von Futter geben. Die Betriebe, die Futter produzieren, aber nicht selber Tiere halten, sondern das Futter an die Kollegen verkaufen, können demnach also, auch wenn sie existenziell gefährdet sind, „in die Tonne fahren“.
Meine Damen und Herren, wir können uns, wenn wir wollen, mit dem Antrag beschäftigen. Diese Vorschläge aber bringen uns keinen Schritt weiter.
Im Übrigen geht es nicht vorrangig nur um Mais, den Sie silieren wollen, sondern es geht auch um strukturreiches Grundfutter, das überall händeringend gesucht wird. Es gibt Getreide und Eiweißfutter. Das kann man käuflich erwerben. In der Futtermischung kann man den Mais weitestgehend ersetzen. Es ist schön, wenn man genug Mais hat. Wir wissen aber noch nicht, wie viel wir haben werden; denn die Ernte hat - jedenfalls bei uns - bestenfalls gerade erst begonnen. Es geht also um strukturreiches Grundfutter. Aber auch da gibt es überhaupt keinen Anreiz.
Ich möchte Ihnen, Frau Staudte, noch Folgendes sagen: Sie haben angemahnt, diese Nothilfe zu definieren. Des Weiteren haben Sie auf die Vorschläge der Grünen in Bayern verwiesen. In diesem Bundesland gibt es ja jemanden, der Ihrer Bundestagsfraktion vorsteht. Wenn der von einem pauschalen Handaufhalten der Bauern spricht,
sollten wir einmal mit der Aufklärung anfangen. Vielleicht fangen Sie bei dieser Person - das ist Anton Hofreiter - an. Er prangert die Bauern an und gießt Spott und Hohn über sie aus. Das haben wir nun wirklich nicht verdient. Diejenigen, die diese Lasten zu tragen haben, sind mit so vielen unqualifizierten Äußerungen bedacht worden. Es sollte wirklich abgestellt werden, dass man durch solche Äußerungen bei der anhaltenden Wasserknappheit den Brunnen vergiftet.
Wie wir schon gehört haben, hat die Fraktion der AfD für ihren Antrag in der Drucksache18/1406 beantragt, die zweite Beratung und damit die Entscheidung über den Antrag sofort anzuschließen.
Der Landtag kann dies nach § 39 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung beschließen, sofern nicht gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung mindestens 20 Mitglieder des Landtages für eine Überweisung des Antrages in einen oder mehrere Ausschüsse votieren.
Ich frage daher entsprechend unserer Geschäftsordnung, wer für eine Ausschussüberweisung stimmen möchte. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Das erforderliche Quorum von 20 Mitgliedern des Landtages hat somit für eine Ausschussüberweisung gestimmt. Sie ist folglich zustande gekommen.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz federführend und an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Mitberatung zu überweisen. Wer dieser Empfehlung nun folgen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist auch das entschieden.
Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung: Hausärztliche Versorgung flächendeckend in Niedersachsen sicherstellen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/1401
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Menschen in Niedersachsen stellen uns die Frage, ob in Zukunft die flächendeckende hausärztliche Versorgung sichergestellt ist. Dieses Thema berührt uns alle. Diese Sorgen nimmt die CDU ernst. Sie hat schon in der vergangenen Legislaturperiode dazu einen Antrag eingebracht. Diese Arbeit setzen wir nun gemeinsam mit der SPD fort. Da heute meine Kollegin, Frau Dr. Wernstedt, nicht hier sein kann, möchte ich es nicht versäumen, mich bei ihr herzlich für die gute Zusammenarbeit zu bedanken.
Zunächst muss festgestellt werden, dass 20 % der Hausärzte Niedersachsens in den kommenden Jahren altersbedingt ausscheiden werden. Dann wird es in einer alternden Gesellschaft mehr chronisch Kranke geben, die einen Hausarzt benötigen. Schließlich werden sich Ärztinnen und Ärzte zwar weiterhin engagiert einsetzen, sie müssen sich aber weiterbilden. Auch wollen sie sich mehr um ihre Familien kümmern und Urlaub haben. Dadurch bleibt weniger Zeit für Sprechstunden. Zudem nimmt die Teilzeitarbeit bei den Ärzten zu.
Wir schlagen nun ein Bündel von Maßnahmen vor, um die hausärztliche Versorgung sicherzustellen. Wir wollen nicht den Mangel verwalten, sondern ausreichend Mediziner ausbilden. Dazu haben wir eine deutliche Aussage in der Koalitionsvereinbarung. Ich danke unserem Wissenschaftsminister Björn Thümler herzlich für seinen engagierten Einsatz, 200 Studienplätze mehr im Bereich der Medizin zu schaffen.
Es reicht aber nicht aus, mehr Mediziner auszubilden. Sie sollen sich nicht nur in den Städten der Unikliniken niederlassen. Deshalb ist es wichtig, dass die jungen Menschen in den klinischen Semestern in unseren hervorragenden Krankenhäusern in der Fläche studieren und so Erfahrungen sammeln. Studentinnen und Studenten erleben dann, wie viele schöne Orte es in Niedersachsen gibt. Einige werden sicherlich dort bleiben.
Das Interesse für den Beruf des niedergelassenen Arztes soll durch verschiedene Maßnahmen geweckt werden. Es soll eine verstärkte Ausbildung in den Praxen ermöglicht werden. Wir wollen Ärztinnen und Ärzte durch ein Modell bei der Kassenärztlichen Vereinigung beim Übergang vom Studium zur Weiterbildung und von der Weiterbildung zur Niederlassung begleiten und unterstützen. Vorhandene Anreize sollen zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung weiterentwickelt werden. Hier hat unsere Sozialministerin Carola Reimann schon Aktivitäten entfaltet.
Übrigens hat im Jahr 2016 die Zahl der Praxisgründungen in den ländlichen Regionen und in den Kleinstädten mit bis zu 20 000 Einwohnern anteilig insgesamt um rund 4 % zugenommen. Auch eine angemessene Bedarfsplanung für die Niederlassung von Ärzten muss erfolgen, um eine gute Verteilung in den Landkreisen zu erreichen. Mehr Studienplätze, eine stärkere Zusammenarbeit mit den Kliniken in der Fläche und Anreize für eine Tätigkeit im ländlichen Raum sind unsere Antwort zur Sicherstellung der Versorgung.
Mit dem Masterplan Medizinstudium 2020 können nun Landarztquoten festgelegt werden. Dieser Diskussion möchte ich nicht ausweichen. Ich stimme mit Ministerpräsident Stephan Weil darin überein, dass sich die Frage einer Landarztquote erst dann stellt, wenn sich alle jetzt getroffenen Maßnahmen als nicht ausreichend erweisen.
Die Bedenken von Wissenschaftsminister Björn Thümler teile ich. Kann die Tätigkeit auf dem Land nach dem Studium trotz einer Vereinbarung erzwungen werden? Ist es erstrebenswert, junge Mediziner im ländlichen Raum zu haben, die dort nicht praktizieren wollen und die Vereinbarung nur unterzeichnet haben, weil sie Medizin studieren wollten? Kann so eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in der Fläche gewährleistet werden? Ist solch ein System gerecht? Für die Kinder wohlhabender Eltern wird es ein Leichtes sein, die Vertragsstrafen zu zahlen, sparen sie so doch die Kosten für ein Studium im europäischen Ausland.
Um flächendeckend die Versorgung zu gewährleisten, muss die Attraktivität aller Regionen erhöht werden. Hier sind auch die Kommunen z. B. bei den Kultur- und Bildungsangeboten gefragt. Auch die Kinderbetreuung muss weiter verbessert werden. Das Land hat hier mit der Beitragsfreiheit gehandelt. Die Mobilitätsangebote müssen bedarfsgerecht ausgebaut werden.
Zur Entlastung von Hausärzten schlagen wir die weitere Förderung des Einsatzes von Versorgungsassistentinnen und -assistenten sowie eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit Pflegediensten vor.