Protokoll der Sitzung vom 13.11.2018

Darüber hinaus stellt sich nach wir vor die generelle Frage, weshalb die handelnden Organe einer Kommune getrennt voneinander gewählt werden sollen, jedoch während der laufenden Legislaturperiode bzw. Wahlperiode, wie es im Kommunalrecht heißt, zu einem guten Miteinander verpflichtet sind.

Und noch eines: Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Landrätinnen und Landräte - das haben Sie eben, meine ich, nicht richtig dargestellt - sind Mitglieder des Rates. Sicherlich ist der Verwaltungsausschuss jeweils der oberste Dienstvorgesetzte, dennoch sind sie Mitglied des Rates bzw. des Kreistags.

Last but not least ist es zweifelsfrei ein Plus für die Demokratie, wenn die Bürgerinnen und Bürger alle fünf Jahre statt, wie Sie es wünschen, alle acht Jahre an die Wahlurne gehen und das Oberhaupt ihrer Kommune wählen dürfen.

(Hermann Grupe [FDP]: Warum nicht jährlich?)

Nun ist allgemein bekannt, dass Sie schon im Jahr 2013 - das haben Sie eben deutlich gemacht - wenig von diesen Änderungen gehalten haben. Deshalb verstehe ich es gut, dass Sie Ihr Ansinnen in dieser Legislaturperiode noch einmal vortragen. Aber angesichts dessen, dass es bis heute noch nicht flächendeckend gelungen ist, die Synchronität in allen Kommunen wiederherzustellen - Sie wissen genauso gut wie wir, dass dies erst 2021 der Fall sein wird -, finde ich es ein Stück weit vermessen, dass Sie sagen, diese Regelung habe sich bisher nicht bewährt.

(Belit Onay [GRÜNE]: Ja, genau! Das stimmt!)

Aber vielleicht können wir uns in den Ausschussberatungen noch einmal darüber austauschen, wie Sie zu derartigen Rückschlüssen kommen. Andererseits muss ich zugeben, dass es mich doch beeindruckt, dass dieser Blick für Sie möglich ist. Es gibt Dinge, die sicherlich zu Recht kritisiert werden können, wenn wir sie uns in den Ausschussberatungen anschauen. Was nicht dazugehört, ist die Aussage, dass es sich nicht bewährt habe.

Aber ich kann auch kaum erkennen, dass zusätzliche Wahltermine nicht zwangsläufig zu mehr Demokratie führen bzw. die Demokratie beleben sollen, wie Sie sagen. Nicht zuletzt, um die sonst eher maue Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen ein Stück weit anzukurbeln, verknüpfen wir den Wahltermin möglichst oft mit für Bürgerinnen und Bürger durchaus bedeutungsvolleren Wahlen. So wäre es z. B. sinnvoll, bei der kommenden Kommunalwahl hier in Niedersachsen im Jahr 2021 darüber nachzudenken, den Wahltermin mit dem der Bundestagswahl zusammenzufassen. Und zur Europawahl im Mai: Wenn Sie zur Wahl stehen, Herr Oetjen, versuchen auch andere Bundesländer, diesen Wahltermin für ihre Kommunalwahlen bzw. Landtagswahlen zu nutzen. In zehn anderen Bundesländern finden neben der Europawahl weitere Wahlen statt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn unsere erneute Debatte im Ausschuss noch aussteht, steht für uns, ohne eine genaue Absprache zu treffen, fest, dass eine Rückkehr zu den alten Regeln zusätzliche Kosten verursachen würde - Kommunalwahlen kosten nämlich auch Geld -, die kommunale Demokratie dadurch geschwächt werden würde, und die Wahlfreudigkeit der Bürgerinnen und Bürger würde ein weiteres Mal strapaziert.

Eine Aussage zur Gewinnung von Kandidatinnen und Kandidaten: Sie meinen, dass diese kurzen Wahlzeiten nicht attraktiv seien. Dann muss ich fragen, warum es für so viele Menschen attraktiv ist, für den Bundestag, der nur für eine Wahlperiode von vier Jahren gewählt wird, bzw. für unser Hohes Haus mit einer Legislaturperiode von fünf Jahren zu kandidieren, warum sich immer noch genügend Kandidatinnen und Kandidaten finden. Im Übrigen ist die Absicherung für Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamte auch geregelt, wenn sie eine Wahlperiode im Amt gewesen sind.

In diesem Sinne freue ich mich auf den Gedankenaustausch im Ausschuss. Vielleicht gelingt es Ihnen dort, mir zu erklären, wie das mit dem Blick

in die Zukunft funktioniert. Dann habe ich an der Stelle noch etwas dazugelernt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion der CDU spricht nun der Kollege Bernd-Carsten Hiebing. Bitte sehr!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen am heutigen Tage u. a. über das Thema, das uns hier im Plenum schon des Öfteren beschäftigt hat, nämlich über das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz. Wie vor fünf Jahren tun wir dies auch heute, und es wird uns wahrscheinlich auch in Zukunft noch häufiger beschäftigen. Wie damals geht es um die Wahlzeiten für die Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten. Damals wie heute gab bzw. gibt es verschiedene Sichtweisen, die möglicherweise auch schwer in Einklang zu bringen sind.

Meine Damen und Herren, die damalige rot-grüne Landesregierung hat im Jahr 2013 das derzeit gültige Regelwerk auf den Weg gebracht und in Kraft gesetzt. Dazu wurden den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und den Landrätinnen und Landräten kürzere Amtszeiten verordnet, statt acht Jahre, wie bisher, fünf Jahre. Man wollte die Amtszeit mit den Vertretungen synchronisieren.

Kürzere Amtszeiten gibt es in anderen Bundesländern nicht. Damals ist dieser Vorstoß auch auf breite Ablehnung gestoßen. Ich verhehle nicht, dass wir uns als CDU damals vehement dagegen gewehrt haben.

(Belit Onay [GRÜNE]: Ich kann mich noch gut erinnern!)

- Ich auch, Herr Kollege.

Auch aus den Kreistagen und den Räten kam Kritik, die von den kommunalen Spitzenverbänden durchaus geteilt wurde.

Wie Sie wissen, haben wir uns damals nicht durchgesetzt, und die rot-grüne Landesregierung hat die Änderung gegen Widerstände vollzogen. Begründet wurde dies mit einer Stärkung der Wahlen insgesamt und damit auch der ehrenamtlichen

Parlamente. Einheitliche Wahltermine sollten die Kommunalwahlen aufwerten, indem damit eine größere Aufmerksamkeit erzielt werden sollte. Wenn Niedersachsens Bürgerinnen und Bürger in kürzeren Abständen die Chance hätten, Landräte oder Bürgermeister zu wählen, hätten sie mehr Möglichkeiten, auf die Politik Einfluss zu nehmen, war ein weiterer Aspekt, der vorgebracht wurde. Im Übrigen sollte eine verkürzte Amtszeit auch mehr Demokratie bringen.

Gegner wiederum haben angeführt, dass die Verkürzung eine Schwächung der Kommunen bedeuten könnte. Das Amt des Hauptverwaltungsbeamten verlöre an Attraktivität. Das ist eben vom Antragsteller, von der FDP, auch gesagt worden.

Meine Damen und Herren, es gibt viele Argumente, die bei uns nach wie vor durchaus auf Widerhall stoßen. Wenn Amtszeiten nur noch fünf Jahre dauern, gibt es eine höhere Fluktuation im Amt, auch mit höheren Versorgungslasten. Das ist, glaube ich, unstrittig. Gerade bei Großvorhaben ist zudem eine gewisse Kontinuität durchaus von Bedeutung. Wie man aber durch eine Entkoppelung der Wahltermine einer Entfremdung von Bürgern und Politik entgegenwirkt, wie es der Antrag formuliert, vermag ich nicht nachzuvollziehen.

Meine Damen und Herren, die FDP hat möglicherweise einen durchaus interessanten Vorschlag gemacht. Rein sachlich sind die Darlegungen für eine fünfjährige Amtszeit hier und da nachvollziehbar, eine fünfjährige Amtszeit ist vielleicht auch aus unserer Sicht besser.

(Lachen bei der FDP)

- Meine Damen und Herren von der FDP, ich werde versuchen, Ihnen zu begründen, weshalb wir Ihrem Vorschlag dann doch nicht folgen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Aber ich sage ganz deutlich: Die Koalition aus SPD und CDU hat sich aus verschiedenen Gründen entschieden, das Thema nicht schon wieder anzufassen. Eine erneute Änderung nach so kurzer Zeit führt, glaube ich, zu Rechtsunsicherheit und bei den Kommunen dann auch zu dem Gefühl, möglicherweise schon wieder etwas gegen ihren Willen verändern zu wollen.

Natürlich müssen wir auch analysieren, ob das, was versprochen worden ist, auch erfüllt wird. Ich glaube, dass es noch zu früh ist, darüber nachzu

denken, das alles wieder zu ändern. Es lassen sich Tendenzen erkennen, aber eine verlässliche Bewertung ist zum jetzigen Zeitpunkt kaum möglich. Denn es gibt darüber noch keine Erfahrung. Das werden auch Sie wissen. Deshalb ist ein abschließendes Fazit in diesem Punkt noch zu früh.

Meine Damen und Herren, Sie argumentieren, das jetzige Gesetz habe sich nicht bewährt. Man kann noch nicht so recht beweisen, dass es sich nicht bewährt hat. Daher kann man es auch erst einmal noch lassen.

Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen. Der Landkreis Emsland wählt im Frühjahr des nächsten Jahres einen neuen Landrat oder eine Landrätin. Die Wahlzeit dieser Person beträgt dann noch sieben Jahre. Jedes Gesetz hat lange Übergangsfristen. Man kann also den Schluss, dass das Ganze nichts taugt, noch nicht so recht ziehen.

(Belit Onay [GRÜNE]: Wir sprechen 2030 noch einmal!)

Meine Damen und Herren, ich glaube, deshalb hat die Koalition aus SPD und CDU das Ganze in den Koalitionsverhandlungen nicht so hoch aufgehängt. Wir waren kompromissbereit. Das mag man dieser Stelle kritisieren oder auch nicht. Ich glaube aber, es wird der FDP zumindest in diesem Punkt nicht gelingen, einen Keil zwischen SPD und CDU zu treiben.

(Jörg Bode [FDP]: Warten Sie mal ab!)

Von daher warten wir auf eine interessante Debatte in den Ausschüssen.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich nun der Kollege Onay gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP fährt jetzt ja schon seit ein paar Landtagssitzungen regelrecht eine kommunalpolitische Offensive.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Jetzt, wo Sie es sagen!)

Erst hatten wir zwei Initiativen zum Kommunalabgabengesetz. Dabei ging es eher darum, die Kommunen in ihren Kompetenzen ein Stück weit zu beschneiden.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Jetzt kommt eine Art Charmeoffensive, um die HVB doch noch ein wenig zu umgarnen. Ob das so klappt? - Wir schauen mal, wie es im Ausschuss weitergeht.

Die Ausführungen dazu, wie das Gesetz so zustande gekommen ist, sind ja schon gemacht worden.

Die Amtszeit ist schon wichtig, wenn es um demokratische Gesichtspunkte geht. Da geht es nicht nur um theoretische Überlegungen. Sie schreiben übrigens auch in der Begründung Ihres Antrages, nämlich auf der letzten Seite im zweiten Absatz, dass Sie, wenn auch an einer anderen Stelle, schon eine Rechtsfertigungsproblematik im Zusammenhang mit demokratischen Gesichtspunkten erkennen können.

Die meisten Landtage und auch der Bundestag sind auf vier bzw. fünf Jahre gewählt. Das ist eine Zeitspanne, die für viele gerechtfertigt erscheint. Auch die Amtszeit des Bundespräsidenten beträgt fünf Jahre. Das ist übrigens auch international ähnlich, z. B. beim Europaparlament, lieber JanChristoph Oetjen. Das erwähne ich, um keine falschen Erwartungen aufkommen zu lassen.

(Heiterkeit)