Protokoll der Sitzung vom 21.06.2019

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Susanne Victoria Schütz. Bitte schön!

Danke. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind ja zurzeit eine Menge Vorschläge zum Wohnungsbau auf dem Markt. Wir hatten das Thema heute Morgen schon. Fraktionen gehen in Klausur, zuständige Minister machen die einen Vorschläge, etwas weniger zuständige machen andere Vorschläge. Jetzt kommt die AfD mit ihren Vorschlägen. Na klar, es wurde uns ja auch schon erklärt. Seit heute Morgen spätestens war uns allen ohnehin klar: Das ist ein soziales Thema, passt in die neue Strategie.

Wohnraumoffensive. Aber ob die von der AfD vorgeschlagenen Maßnahmen wirklich zu mehr bezahlbarem Wohnraum führen und, wenn ja, zu welchem Preis, auch in politischer Hinsicht, darf und muss man anzweifeln.

Die Tatsache, dass die Kollegen von der AfD erneut die Geflüchteten als mit an der Situation Schuldige ausmachen, lasse ich jetzt einfach unkommentiert.

Als eine Maßnahme zur Schaffung günstigen Wohnraums wird die Idee vorgebracht, die Landesregierung solle von den Gemeinden die Umsetzung von Milieuschutzgebieten einfordern. - Oha!

Zum einen halten wir Liberale ja sehr viel vom Subsidiaritätsprinzip. In unseren Augen wissen die Gemeinden mit all ihren demokratischen Gremien am besten, ob und wo bei ihnen Mangel an welchem Wohnraum herrscht und wie dem im Einzelfall zu begegnen ist.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Auf die Idee, Maßnahmen seitens des Landes einzufordern, quasi über die Sachverständigen vor Ort hinweg, muss man erst einmal kommen. Den Antrag lehnen wir schon aus diesem Grunde ab. Darüber hinaus sind Milieuschutzgebiete auch kein Allheilmittel. Die Wirklichkeit ist mal wieder nicht ganz so einfach. Die Milieuschutzgebiete werden meist nicht als starkes Instrument eingestuft, und sie behindern auch den Erwerb von Eigentum, z. B. durch junge Familien, die sich dort etwas kaufen wollen. Es werden öffentliche Mittel für sehr wenige Mieter ausgegeben. Das kann man auch durchaus kritisch sehen.

Wenn die Stadt Berlin in ihrer Situation das so entscheidet, Immobilien in solchen Gebieten zu kaufen und dafür Steuergelder einzusetzen oder große Auflagen für die Sanierung zu erlassen, ist das deren Entscheidung. Ob das das Mittel der Wahl in Osnabrück oder Oldenburg ist, entscheiden die Kommunen vor Ort, und zum Glück nicht das Land.

Mit öffentlichen Geldern kann man auch auf andere Weise für günstigeren Wohnraum sorgen. Die Schaffung einer Landeswohnungsbaugesellschaft - das wurde schon angesprochen - lehnt die FDP-Fraktion ab. In unseren Augen kann eine zusätzliche bürokratische Einheit in keinem Fall mit vertretbarem Aufwand den Überblick über das ganze Land haben und vor Ort jeweils die richtigen Entscheidungen für den Wohnungsmarkt treffen. Auch hier liegt es in der Zuständigkeit und Verantwortung der Kommunen, zu entscheiden, ob und wie sie auf dem örtlichen Wohnungsmarkt mitmischen wollen. Unter Umständen können auch Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften in Nachbarstädten eine Lösung sein

Um den Leerstand auf dem Land zu bekämpfen, braucht es in unseren Augen mehr, auch bauliche Maßnahmen, als nur den Breitbandausbau. Sich

damit aber intensiver zu beschäftigen, hätte vielleicht den Rahmen Ihres Antrages gesprengt.

Einen Punkt möchte ich auch noch erwähnen: Bei den Forderungen der Dinge, die das Land umsetzen soll, gehen Sie - - -

Frau Schütz, ganz kurz, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Henze zulassen?

Ja.

Bitte, Herr Henze!

Vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. - Eine Landeswohnungsbaugesellschaft lehnen Sie ab. Es werden aber nicht alle Mittel abgerufen, die zurzeit für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt werden. Eine Landeswohnungsbaugesellschaft könnte, wenn wir eine hätten, dies auffangen und mit diesen Mitteln bauen. Sehen Sie das nicht so?

Das könnte sie. Sie nehmen zu Recht den Konjunktiv. Ich verstehe aber nicht, warum nicht auch das bisher vorgeschlagene Prozedere dazu führen soll, dass auch städtische Wohnungsbaugesellschaften, wenn sie denn da sind - - - Ich finde, das ist eine Entscheidung der Kommunen und nicht des Landes. Wie soll jemand zentral im Land am besten wissen, wie in den Ecken, wo es keine Wohnungsbaugesellschaften gibt, vor Ort die Hilfe erfolgen kann? Das halte ich für das falsche Instrument.

(Beifall bei der FDP)

Ich wollte noch auf Ihren Punkt, der Vorschriften zum Brand- und Schallschutz und zur Wärmedämmung betrifft, eingehen. Der Begriff „Dämmschutz“, wie er im Antrag steht, ist mir in meinem Leben jetzt das erste Mal begegnet. Das sind DINNormen. Diese und die Energieeinsparverordnung sind Bundesregelungen. Das Land hat nur sehr begrenzte Möglichkeiten, sich damit zu beschäftigen.

Ihr Antrag geht zur Beratung in den zuständigen Ausschuss. Aufgrund der von den Vorrednern und von mir vorgetragenen Kritik habe ich große Zwei

fel, ob er uns wirklich bei einer ernsthaften Suche nach Lösungen für mehr bezahlbaren Wohnraum in Niedersachsen weiterbringt.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Schütz. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Christian Meyer. Bitte, Herr Meyer!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorredner haben es schon gesagt: Wenn man sich den Antrag der AfD anschaut, liest man schon gleich im ersten Satz eine Fehlannahme. Sie schreiben zwar, dass die Wohnungsmieten seit Jahren steigen - das stimmt -, und danach wird nach der Ursache gefragt. Wer ist aus Sicht der AfD schuld daran, dass die Wohnungsmieten steigen? - Europa und die Ausländer.

Das ist sehr spannend. Im zweiten Satz heißt es, Grund für die steigenden Mieten seien die Massenzuwanderung und die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank.

Wenn Sie sich ansehen, wie die Mieten in den letzten Jahren gestiegen sind, und Sie gleichzeitig die Zuwanderung in Korrelation sehen, werden Sie merken, dass keinerlei Zusammenhang festzustellen ist.

Es ist spannend, dass zu Europa und zur Frage der Geflüchteten am Ende Ihrer Vorschläge, die ja in Teilen ein merkwürdiges Verhältnis zum Rechtsstaat darstellen - die Kollegin hat es schon angesprochen -, gar nichts kommt.

Die Kommunen zu zwingen, kommunale Milieuschutzsatzungen zu erlassen, wäre ein Eingriff in die kommunale Planungshoheit.

Herr Kollege Meyer, würden auch Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Henze zulassen?

Gut.

Ich möchte Ihnen zunächst erläutern, welche rechtsstaatswidrigen Forderungen Sie aufgestellt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Unter Punkt 7 schlagen Sie vor, einen Erlass zur Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren zu verfügen, der vorsieht, dass bis zur Genehmigung maximal 90 Tage vergehen dürfen. Das ist rechtsstaatswidrig. Das geht per Gesetz, nicht aber per Erlass. Das kann nur die Legislative beschließen.

Auch das zeigt ihr merkwürdiges Verständnis von kommunaler Planungshoheit, zum Rechtsstaat, aber auch zum Parlamentarismus, wenn Sie per Order eines Ministeriums verfügen wollen, wann ein Verfahren abzuschließen ist. Das geht in einem Rechtsstaat nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ihre Vorschläge im Konkreten sind sehr dürftig. Sie springen jetzt auf einen fahrenden Zug auf. Sie haben die Landeswohnungsbaugesellschaft nicht erfunden. Erstens hatten wir eine, zweitens fordern wir Grüne sie schon seit über einem Jahr. Die Landesarmutskonferenz und der DGB fordern sie ebenfalls. Wir haben schon mehrfach konkrete Vorschläge dazu gemacht; denn auch wir wollen, dass das Land mehr baut. Das haben wir in jeder Diskussion eingefordert, und das werden wir weiterhin einfordern. Es wird aber auch darum gehen, die Förderbedingungen zu verbessern, um beim sozialen Wohnungsbau voranzukommen.

Das, was die AfD macht, ist ein „Schwarzer Peter“Spiel. Das erinnert mich an die berechtigte Frage, warum wir beim sozialen Wohnungsbau nicht vorankommen. Nach den Zahlen der Bundesregierung sind 2018 nur 27 000 Sozialwohnungen gebaut worden. Das sind ein paar Hundert mehr als im Vorjahr. Es reicht bei Weitem nicht aus. Herr Seehofer gibt den Bundesländern die Schuld: Alle 16 Bundesländer sind daran schuld. Die Bundesländer sagen wieder: Der Bund ist schuld. So kommen wir nicht weiter.

Wir brauchen ein Bündnis für faires Wohnen. Wir brauchen eine gemeinsame Strategie, um das Menschenrecht auf soziales, angemessenes Wohnen zu erreichen. Das gelingt aber nicht durch das Ausspielen von Gruppen, sondern nur, wenn wir

uns gemeinsam für fairen und angemessenen Wohnraum einsetzen.

Stichwort „billige Kampagnen“: Wenn es um die Frage von Wohnraum und Parkmöglichkeiten in Hannover geht, muss man sich fragen, ob es nicht besser wäre, den Parkplatz vor dem Landtag nicht für eine billige Kampagne zu nutzen, sondern ihn den Anwohnern zur Verfügung stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Zuruf von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Für die CDUFraktion erhält Herr Abgeordneter Martin Bäumer das Wort. Bitte, Herr Bäumer!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt Anträge - ich lese sie auch -, die mich einfach nur fassungslos machen. Genauso wie mein Kollege Vorredner Herr Christian Meyer von den Grünen es vorhin gesagt hat, steht in Ihrem Antrag - ich zitiere -: Die Wohnungsmieten steigen seit Jahren, besonders in Städten und Ballungsgebieten. Grund ist die Verknappung des Wohnraums durch unkontrollierte Massenzuwanderung. - Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht nur menschenverachtend, das ist auch schlichtweg falsch.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes lebten in Niedersachsen - ich habe das hier schon einmal erklärt; man muss es anscheinend wiederholen, damit es auch hängen bleibt - im Jahr 2000 7 926 000 Menschen. Im Jahr 2014 - vor der Aufnahme von Menschen in Not - waren es 7 826 000 Menschen. Im Jahr 2017 waren es 7 962 000 Menschen. De facto waren es also im Jahr 2017 36 000 Einwohner mehr als im Jahr 2000.

Ich möchte die Zahl begreifbarer machen: Zu einer Gruppe von 220 Menschen ist in dieser Zeit eine Person dazugekommen. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, nennen das unkontrollierte Massenzuwanderung. Ich nenne das wissentliche Verbreitung von Fake News und kontrollierte Respektlosigkeit.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP - Wi- derspruch bei der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Vielzahl Ihrer Forderungen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ihr Antrag der aktuellen Entwicklung deutlich hinterherläuft.