Protokoll der Sitzung vom 17.12.2019

- Doch, ich habe sehr wohl gesagt: Das Erste, was wir als wichtig erachten, ist die Erteilung von Unterricht - sprich: eine Unterrichtsversorgung von nicht knapp 100 %, sondern von 110 % und damit die Schaffung einer Vertretungsreserve. Wenn das gegeben ist, kann man alle anderen Punkte der Reihe nach angehen. Aber bevor man sie angeht, sollte man sich von der ganzen Liste vielleicht die

Hälfte der Punkte heraussuchen und für ihre Umsetzung ausreichend Mitteln vorsehen. Das wäre unser Ansatz gewesen. Aber, wie gesagt: Herr Minister Tonne verfolgt einen anderen Ansatz.

Jetzt zu den Punkten, die ich eigentlich ansprechen wollte: Herr Tonne hat mir eben zum Thema Inklusion vorgeworfen, wir würden hier ein Menschenrecht negieren. Praktiker sagen: Die Inklusion funktioniert in der Praxis nicht; Kinder mit Lernbehinderungen und auch mit anderen Behinderungen werden viel besser gefördert und sind viel besser aufgehoben, wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, eine Förderschule zu besuchen.

Ich formuliere das jetzt bewusst auch einmal so: Wenn es darunter Kinder gibt, die dem normalen Unterricht folgen können, haben wir als AfD überhaupt nichts dagegen. Es geht darum, dass für die meisten Kinder die Förderschule tatsächlich der bessere Ort ist, um schließlich einen Platz in der Gesellschaft zu finden und am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Sie als Landesregierung wollen diesen Kindern und ihren Eltern diese Möglichkeit nehmen. Das finde ich, ehrlich gesagt, menschenverachtend, und nicht die Position der AfD.

Ich komme zum zweiten Punkt - zu den Studien. Zum einen habe ich die amerikanische NICHDStudie zitiert. Dort wurden über 15 Jahre 1 300 Kinder untersucht. Zum anderen habe ich eine Studie aus Kanada zitiert. In Quebec hat man ein umfassendes Krippensystem eingeführt und in einer Längsschnittstudie die Auswirkungen untersucht. Anschließend war man sehr ernüchtert. Das Ganze, wie ich schon sagte, ist in die Bielefelder Empfehlungen eingegangen, die ja nun bekannt sein sollten. Wir haben das auch in einem Bericht der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung gefunden, die das ebenfalls so gesehen hat.

Über das Thema Unterrichtsausfallerfassung haben wir bereits gestern gesprochen. Herr Minister Tonne sagte, dass dadurch keine einzige Unterrichtsstunde mehr in das System komme. Dem musste ich schon in der letzten Debatte darüber im Plenum widersprechen. Natürlich bekommen wir dadurch keine zusätzlichen Stunden in das System, aber die, die wir haben, können wir viel zielgenauer einsetzen. Aber Sie sind ja ein Verfechter der Gießkanne, und Sie verteilen diese Stellen auch gerne auf Schulen, in denen diese Vertretungslehrkräfte gar nicht so notwendig sind, während Sie dafür die Schulen, bei denen es ganz

stark brennt, im Regen stehen lassen. Ich finde, das ist eine schlechte Idee.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Just in time. - Der Wunsch nach einer Zwischenfrage, Herr Kollege Rykena, seitens des Abgeordneten Nacke liegt vor. Möchten Sie diese noch zulassen?

(Harm Rykena [AfD]: Ja!)

- Dann kommen Sie bitte wieder nach vorne, damit der Kollege seine Zwischenfrage stellen kann. Anschließend dürfen Sie sie beantworten.

Herr Kollege Nacke, bitte sehr!

Herr Kollege Rykena, ich bin nicht ganz sicher, ob ich das gerade richtig verstanden habe. Haben Sie gerade für sich in Anspruch genommen, dass die Hanns-Seidel-Stiftung hinsichtlich der Einschätzung der Auswirkungen einer Unterbringung von Kindern in Krippen dieselbe Position vertreten hat, wie Sie sie hier gerade vorgetragen haben?

Zumindest eine ähnliche, ja.

Dann werden wir das mal prüfen. Sie können sich darauf verlassen, dass wir das hier noch einmal zur Sprache bringen.

Danke schön, Herr Nacke - keine Diskussion! - Jetzt hat sich, kurz entschlossen, Herr Minister Tonne noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur eine Zusammenfassung der eben gerade von Herrn Rykena zitierten Studie geben:

„Zusammenfassend wird festgestellt, dass den Befunden der NICHD Early Child Care Studie zufolge eine außerfamiliäre Betreuung als solche weder positive noch negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern habe. Teilweise werden sogar kognitive

sowie soziale Vorteile bei Krippenkindern beschrieben.“

(Zurufe von den GRÜNEN: Ach!)

Ihre Ausführungen zu den negativen Auswirkungen sind falsch. Sie haben hier eine Studie falsch zitiert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP - Anja Piel [GRÜNE]: Unglaublich!)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Zur Geschäftsordnung hat sich der Kollege Nacke gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Herr Kultusminister. Ich denke, damit ist relativ schnell deutlich geworden, dass Sie, Herr Kollege Rykena, an diesem Rednerpult schlicht die Unwahrheit gesagt haben. Dieses Haus ist dafür da, ernsthaft miteinander politische Positionen auszutauschen. Es darf aber nicht passieren, dass man sich hier hinstellt und seriöse Einrichtungen wie die Hanns-Seidel-Stiftung für eigene Positionen, die schlicht falsch und so nicht zu halten sind, anführt. Ich erwarte, dass Sie sich dafür entschuldigen. Das wird Thema im Ältestenrat sein.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Das Wort hat jetzt der Kollege Rykena. Bitte sehr!

Ich habe leider nicht den Personalstab, um hier so schnell Unterlagen vorlegen zu können.

(Johanne Modder [SPD]: Wenn Sie zi- tieren, müssen Sie ja wissen, was Sie zitieren! - Anja Piel [GRÜNE]: Zitieren Sie freihändig? Man muss doch Stu- dien richtig zitieren! - Unruhe - Glocke des Präsidenten - Ulf Thiele [CDU]: Er hat die Unwahrheit gesagt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Piel! Herr Kollege Thiele! Ich bin gerne bereit, die Sitzung zu unterbrechen, damit Sie sich beruhigen können, ansonsten hat der Kollege

Rykena die Möglichkeit, das zu klären, vielleicht auch, sich zu entschuldigen. Aber die Möglichkeit sollten wir ihm schon geben. Bitte sehr, Herr Kollege!

Ich habe nicht die personellen Ressourcen, um das jetzt hier vor Ort zu belegen. Ich kann Ihnen aber versichern, als ich die Rede geschrieben habe, hatte ich die entsprechenden Studienergebnisse vorliegen. Ich kann sie Ihnen gerne nachreichen, in welcher Form auch immer.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Sie sagen hier die Unwahrheit!)

Diese Studie haben wir nicht unwahr wiedergegeben, sondern die ist richtig wiedergegeben.

(Eva Viehoff [GRÜNE]: Heißt das, Herr Tonne hat gelogen, oder was?)

Dabei bleibe ich, und das kann ich Ihnen demnächst vorlegen.

(Zuruf von der SPD)

- Ich werde es Ihnen vorlegen. Einigen wir uns darauf: in der nächsten Kultusausschusssitzung.

(Wiard Siebels [SPD]: Heute noch!)

- Von mir aus gerne heute noch.

(Beifall bei der AfD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege. - Sie werden dann auch die Möglichkeit haben, das hier entsprechend richtigzustellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Bereich Kultus gibt es keine weiteren Wortmeldungen.

Damit verlassen wir diesen Bereich jetzt und kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 35: Haushaltsberatungen 2020 - Haushaltsschwerpunkt Justiz

Für die CDU-Fraktion hat sich der Kollege Christian Calderone zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Kollege!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU - Wi- derspruch von Helge Limburg [GRÜ- NE] - Anja Piel [GRÜNE]: Das ist nicht die Reihenfolge, die vereinbart war!)

- Herr Kollege Limburg, nur, dass das klar ist: Der Meldezettel von Herrn Kollegen Calderone - und auch noch ein anderer - war deutlich vor Ihrem hier oben.

(Zurufe von Anja Piel [GRÜNE] und Helge Limburg [GRÜNE])

Ich habe das vorhin gerade noch mal mit der Landtagsverwaltung geklärt. Unserer Ansicht nach hier oben im Präsidium und auch nach Ansicht der Verwaltung ist das so korrekt.

Bitte schön, Herr Kollege Calderone!